Datum des Eingangs: 29.08.2016 / Ausgegeben: 05.09.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/4976 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2021 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/4849 Impfungen geflüchteter Menschen durch Gesundheitsämter Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Beschäftigte des Gesundheitsamtes des Landkreises Havelland nahmen bis mindestens Ende Mai dieses Jahres keine gemäß Ständiger Impfkommission (STIKO) empfohlener Impfungen an geflüchteten Menschen vor. Als Begründung wurden haftungsrechtliche Bedenken genannt. Es bestand die Sorge, dass die geflüchteten Menschen aufgrund fehlender Sprachkenntnisse nicht in ausreichendem Maße über Sinn und Nebenwirkungen der Impfungen informiert werden könnten. Die Fachaufsicht liegt bei beim Ministerium für Arbeit, Soziales , Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) bzw. dem ihm nachgeordneten Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG). Auf Nachfrage erklärten Ministerin Golze sowie ein Mitarbeiter des MASGF dazu im Sozialausschuss , dass die Bedenken der Beschäftigten des Gesundheitsamtes unbegründet seien. Zum einen werde bereits im Rahmen der Erstuntersuchung in der Erstaufnahme eine Impfberatung durchgeführt, auch wenn dort noch nicht die Impfung erfolge . Zum anderen gebe es Bögen zu einer ausreichenden Impfaufklärung des Robert -Koch-Institutes in 13 Sprachen. Weiterhin bestehe die Möglichkeit, eine SprachmittlerIn hinzuzuziehen, sofern diese Informationen nicht sicherstellend zur Impfberatung geeignet seien. Frage 1: Verfügt das MASGF bzw. das LAVG über aktuelle Daten zu Impfungen bzw. Impfsprechstunden in den Gemeinschaftsunterkünften? Bitte für alle Landkreise und kreisfreie Städte angeben. Wenn nein, warum nicht? zu Frage 1: Daten zu Impfungen und Impfsprechstunden liegen der Landesregierung nicht vor, da diese Daten nicht erhoben werden. Frage 2: Haben das MASGF bzw. das LAVG im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht Informationen darüber, dass von Seiten der Gesundheitsämter von der STIKO empfohlene Impfungen bei Geflüchteten nicht durchgeführt werden? Womit wird diese Weige- rung begründet? Bitte vollständig und unter Angabe des Landkreises, der kreisfreien Stadt angeben. Wenn nein, warum nicht? zu Frage 2: Das LAVG hat in Bezug auf das Angebot von Impfungen keine Aufsichtspflicht gegenüber den Gesundheitsämtern. Dem MASGF liegen keine Informationen darüber vor, dass Gesundheitsämter Impfungen bei Asylsuchenden nicht vornehmen . Mit einem Runderlass vom 3. Juni 2016 an alle Landkreise und kreisfreien Städte hat das MASGF ausgeführt, dass Impfsprechstunden in Gemeinschaftseinrichtungen eine gesetzliche Aufgabe der Gesundheitsämter nach dem Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetz sind. Die Ärztinnen und Ärzte der Gesundheitsämter , die im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben die Impfungen durchführen, genießen insoweit persönlichen Haftpflichtdeckungsschutz nach Maßgaben der AV Haftpflicht des Kommunalen Schadensausgleiches. Die Bedenken des Gesundheitsamtes im Landkreis Havelland konnten damit vollständig ausgeräumt werden. Frage 3: Welche Maßnahmen ergreifen das MASGF bzw. das LAVG, um ein flächendeckendes Impf- bzw. Impfsprechstundenangebot für geflüchtete Menschen in den Kommunen sicherzustellen? Welche Interventionen plant die Landesregierung, damit ein ausreichendes Impfangebot durch die kommunalen Gesundheitsämter erfolgt ? zu Frage 3: Im Rahmen der Erstuntersuchung der Asylsuchenden durch Kliniken in der Umgebung der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) bzw. deren Außenstellen wird grundsätzlich der Impfstatus erhoben und eine Beratung zu den empfohlenen Impfungen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch- Institut durchgeführt. Der Befund wird den Asylsuchenden aus Datenschutzgründen in einem verschlossenen Umschlag ausgehändigt. In der ZABH sowie den Außenstellen werden Impfsprechstunden angeboten. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, auch die niedergelassenen Vertrags-ärztinnen und Vertragsärzte in den Kommunen für Impfungen aufzusuchen. Auch die Gesundheitsämter bieten Impfsprechstunden an. Sie impfen jedoch entsprechend dem Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetz subsidiär und sind nicht für die Sicherstellung eines flächendeckenden Impfangebotes für Asylsuchende verantwortlich. Der Impfstatus wird durch die Gesundheitsämter standardmäßig bei Einschulungsuntersuchungen und Untersuchungen von Schulquereinsteigern unter den Asylsuchenden erhoben. Dabei werden fehlende Impfungen gegebenenfalls nachgeholt. Im Rahmen der Amtsärztedienstberatungen wurden die Amtsärztinnen und Amtsärzte vom Gesundheitsressort gebeten, für den Impfschutz der Asylsuchenden Sorge zu tragen. Frage 4: Gibt es in den Landkreisen und kreisfreien Städten zusätzliche Impfangebote , wenn ja, durch wen? zu Frage 4: Die Gesundheitsämter des Landes Brandenburg bieten Impfungen direkt in Gemeinschaftseinrichtungen für Asylsuchende an, beispielsweise in den Landkreisen Barnim, Dahme- Spreewald und Teltow-Fläming, sowie in der Landeshauptstadt Potsdam. Vor der letzten Grippesaison wurden u. a. vom Gesundheitsamt des Landkreises Potsdam-Mittelmark Grippeschutzimpfungen in einer Gemeinschaftseinrichtung für Asylsuchende angeboten. Zum Jahresende 2015 haben niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich Grippeschutzimpfungen in Gemeinschaftseinrichtungen für Asylsuchende in Brandenburg an der Havel und im Havelland angeboten. Frage 5: Wie erfolgt die Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten der Erstaufnahmeeinrichtung und denen in den kommunalen Gesundheitsämtern bei der Impfberatung geflüchteter Menschen? Wie wird dargestellt, ob eine ausreichende Impfberatung durchgeführt wurde, und wie, ob bereits Impfungen durchgeführt wurden, insbesondere wenn mehrere Impfstoffdosen verabreicht werden müssen? zu Frage 5: In der Erstaufnahmeeinrichtung liegen die Impfberatung und Durchführung von Impfungen in der Hand der vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Ambulanzen . Diese stellen die internationalen Impfaus-weise aus. Für einen darüber hinausgehenden Informationsaustausch mit den kommunalen Gesundheitsämtern wurde bislang kein Bedarf gesehen, zudem steht die ärztliche Schweigepflicht einem solchen Austausch entgegen. Für die Erstaufnahmeeinrichtung wird derzeit ein Controlling zu den unter-breiteten Impfangeboten und den verabreichten Impfungen aufgebaut . Frage 6: Sind die fremdsprachlichen Aufklärungsbögen des Robert-Koch-Instituts in ausreichendem Maße sowohl in der Erstaufnahmeeinrichtung als auch in den Gesundheitsämtern verfügbar? zu Frage 6: Die im Internet abrufbaren Aufklärungsbögen des Robert Koch-Institutes werden vor Ort nach Bedarf in der benötigten Sprachversion ausgedruckt und den Asylsuchenden ausgehändigt. Frage 7: Sind die MitarbeiterInnen der kommunalen Gesundheitsämter aus Sicht der Landesregierung ausreichend über das Verfahren des Hinzuziehens einer/eines SprachmittlerIn informiert? Gibt es aus Sicht der Landesregierung ausreichend SprachmittlerInnen, die im Bedarfsfall zu einer Impfberatung in den Kreisen und kreisfreien Städten hinzugezogen werden können? Wenn nein, bitte angeben, welche Abhilfemöglichkeiten die Landesregierung vorsieht. zu Frage 7: Sprachmittlerinnen und Sprachmittler müssen auf der kommunalen Ebene für viele Ämter zur Verfügung stehen und sind damit auch für das Gesundheitsamt verfügbar. Die Impfaufklärung sollte aus Sicht der Landesregierung auf der Grundlage des RKI-Aufklärungsmaterials, welches in den wichtigsten Sprachen vorhanden ist, erfolgen. Soweit dies im Einzelfall als nicht ausreichend erscheint, sollte eine sprachkundige Person hinzugezogen werden. Hier werden sowohl entsprechende Sprachkompetenzen anderer Asylsuchender als auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gesundheitsämter genutzt. Die Gesundheitsämter wurden auch über weitere Hilfsangebote zur Übersetzung informiert. Frage 8: Hat die Landesregierung eine Übersicht darüber, wie viele Geflüchtete nicht im Rahmen der Erstuntersuchung in der Erstaufnahmeeinrichtung geimpft werden? Wenn möglich, bitte für dieses und das vergangene Jahr aufgeschlüsselt nach Erwachsenen /Kindern sowie einzelnen Impfungen angeben. Wenn nein, warum nicht? zu Frage 8: Die Unterbreitung von Impfangeboten und die Durchführung von Impfungen innerhalb der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgt nicht während der Erstuntersuchung , sondern obliegt – wie in der Antwort zu Frage 5 ausgeführt – den vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Ambulanzen. Entsprechende Daten liegen erst nach Einführung der sich derzeit noch in der Entwicklung befindlichen Controllingmechanismen vor. Frage 9: Sind aus Sicht der Landesregierung Impflücken bei geflüchteten Menschen entstanden? Wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, diese zu schließen? zu Frage 9: In der Bundesrepublik Deutschland besteht keine Impfpflicht. Die Asylsuchenden werden bereits bei der Erstuntersuchung über die empfohlenen Impfungen der Ständigen Impfkommission informiert. Es liegt in der persönlichen Entscheidung der Asylsuchenden, die empfohlenen Impfungen vornehmen zu lassen. Daten zu den durchgeführten Impfungen und zu möglichen Impflücken werden nicht erhoben. Im Übrigen hat die Gesundheitsministerkonferenz im Juni 2016 in einem Beschluss das Bundesministerium für Gesundheit gebeten, das Robert Koch-Institut zu beauftragen, den fachlichen und finanziellen Aufwand und Nutzen eines bundesweiten Impfregisters darzustellen und darzulegen, welcher Modalitäten es bedarf, gegebenenfalls ein bundesweites Impfregister zu etablieren.