Datum des Eingangs: 01.09.2016 / Ausgegeben: 06.09.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5013 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2023 der Abgeordneten Iris Schülzke der BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/4851 Kosten für die Differenzierung der Umlagen von Gewässerunterhaltungsbeiträgen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Kosten für die Gewässerunterhaltung der Gewässer II. Ordnung gerechter zu gestalten und regionale Besonderheiten und das Verursacher-und Verteilerprinzip stärker zu berücksichtigen. Insbesondere sollen versiegelte Flächen oder Waldflächen anders in die Berechnung einfließen. Regelmäßig können bisher wohl kaum rechtssicher Flächendaten genutzt werden, weil seit einigen Jahren auch durch Wasserscheiden Flurstücke geteilt sind, und diese geteilt berechnet werden müssen. Diese Teilung wird regelmäßig in Frage gestellt, für die Gemeinden ergab sich zusätzlich die Mitgliedschaft in verschiedenen Verbänden, daraus resultierte ein weiterer erheblich zusätzlicher Verwaltungsaufwand, für die als Inkassobüro auftretende Gemeinde. Es wird befürchtet, dass durch die neuen vorgeschlagenen bzw. angedachten so genannten „gerechteren Verteilungen der Kosten“ ein noch höherer Verwaltungsaufwand in den Gemeinden entsteht, andererseits sich durch die Differenzierungen weitere Fehler bzw. Ungenauigkeiten einschleichen. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Verteilung der Kosten für die Gewässerunterhaltung der Gewässer II. Ordnung auf die Grundstückseigentümer gerechter zu gestalten und regionale Besonderheiten und das Verursacher- und Vorteilsprinzip stärker zu berücksichtigen (vgl. Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2014 bis 2019). Ausweislich des Entwurfes der Wasserrechtsnovelle sollen künftig Waldflächen begünstigt werden, für versiegelte Flächen wird keine Sonderregelung getroffen. Mit Wirkung vom 01.01.2014 wurden die Verbandsgebiete neu zugeschnitten. Grund für diesen Neuzuschnitt war die vorhergehende Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, die eine Korrektur der Gebiete zwingend erforderte. Die Rechtsprechung forderte eine starke Orientierung der Verbandsgebiete an den Gewässereinzugsgebieten, die zum damaligen Zeitpunkt nicht in hinreichendem Maße gewährleistet war. Folge des Neu- zuschnitts ist, dass sich Verbandsgrenzen durch einzelne Grundstücke ziehen und diese dann prozentual mehreren Verbänden zugeordnet werden. Die erforderlichen Daten, d. h. die genauen Flächenzuordnungen pro Flurstück, werden den Verbänden jährlich aktualisiert zur Verfügung gestellt. Frage 1: Wenn seit über 10 Jahren, den Gewässerunterhaltungsverbänden nach Waldverzeichnisverordnung die Daten für die einzelnen Flurstücke detailliert vorliegen , warum müssen dann nach wie vor die Gemeinden als Inkassobüro die Beiträge für die Gewässerunterhaltung einziehen und nicht die Verbände selbst? zu Frage 1: Das Waldverzeichnis enthält keine Angaben zu den Eigentumsverhältnissen im gesamten Landesgebiet. Es bietet mithin keine Basis für die Ermittlung aller Grundstückseigentümer. Das Waldverzeichnis soll künftig lediglich für die geplante differenzierende Beitragserhebung für Waldflächen herangezogen werden. Frage 2: Warum wurden diese Daten den Gemeinden bisher nicht zur Verfügung gestellt und ist beabsichtigt, den Gemeinden zukünftig diese Daten zur Verfügung zu stellen? zu Frage 2: Da die Beiträge bisher aufgrund des einheitlichen Flächenmaßstabs erhoben werden, war die Nutzung des Waldverzeichnisses nicht notwendig. Das Waldverzeichnis wird bei den unteren Forstbehörden geführt. Die Forstbehörde stellt jedermann , d. h. auch den Gemeinden, auf Antrag Auszüge aus dem Waldverzeichnis zur Verfügung (vgl. § 2 Absatz 2 Waldverzeichnisverordnung). Frage 3: Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Daten aus dem „Waldkataster “ mit geringem Aufwand abgleichen lassen, um diese für die Berechnung der Beitragsbescheide zu verwenden. Woher wird diese Gewissheit entnommen (Bitte im Detail erläutern) und in welchen Gemeinden sind dazu Probeläufe erfolgt? (Bitte diese Gemeinden auflisten!) Zu Frage 3: Da den Gewässerunterhaltungsverbänden jährlich aktuelle Listen der zum Verbandsgebiet gehörenden Flurstücke vorliegen, ist ein Abgleich mit den Daten des Waldverzeichnisses, die auch als Geoinformationssystem(GIS)–Daten vorliegen , mit geringem Aufwand möglich. Die Berechnungsgrundlage wird den Gemeinden mit den Beitragsbescheiden im Rahmen der Begründung des Bescheides von den Gewässerunterhaltungsverbänden unterbreitet. Frage 4: Welche Abstimmungen und Vorbereitungen gibt es mit Entwicklern entsprechender Softwareprogramme, um die differenzierten Berechnung umsetzen zu können ? Frage 6: Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Softwareprogramme, um die Berechnung und Erstellung der Bescheide ausführen zu können? (Bitte die Kosten für die jährlich folgenden Updates separat aufführen!) Zu den Fragen 4 und 6: Neue Softwareprogramme sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht notwendig. Frage 5: Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Aktualisierungen der Katasterunterlagen für die Gemeinden, da diese kostenpflichtig zu beschaffen sind? (Bitte nach Landkreisen auflisten!) Zu Frage 5: Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Frage 7: Die Berechnungen für bebaute Flurstücke in Ortschaften betrifft oft Flurstücksgrößen von etwa 500m², wobei in der Grundberechnung bei 9€/ha Beitrag somit 45 Cent zu zahlen wären und sind. Regelmäßig sind in den Gemeinden mehrere tausend Eigentümerbescheide in dieser Größenordnung betroffen, wobei der Verwaltungsaufwand jeweils unverhältnismäßig ist. In welcher Form soll in Zukunft der Verwaltungsaufwand in diesen Fällen umgelegt werden? Zu Frage 7: In diesem Punkt ist keine Änderung der bisherigen Rechtslage vorgesehen . Nach § 80 Absatz 2 Satz 3 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG), der u. a. auf § 13 Absatz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) verweist, können die Gemeinden von der Erhebung und/oder der Erstattung von Beiträgen und Verwaltungskosten absehen, wenn der Betrag niedriger als 10 Euro ist und die Kosten der Einziehung oder Erstattung außer Verhältnis zu dem Betrag stehen, es sei denn, dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles eine Einziehung geboten ist. Im Übrigen können die Gemeinden sich aber auch anstelle der Umlage der Verbandsbeiträge für eine „andere Art der Finanzierung“ entscheiden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG), z. B. für eine Finanzierung über die Grundsteuer. Frage 8: Wie groß ist das jährliche Defizit, das den Gemeinden aus Nichtzahlung von Gewässerunterhaltungsverbandsbeiträgen entsteht? (Bitte die Summen die aus Rechtsstreitigkeiten entstehen mit aufführen!) Zu Frage 8: Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Frage 9: Wer finanziert diese Defizite, wird dazu auch das allgemeine Steueraufkommen der Gemeinde in Anspruch genommen? Zu Frage 9: Die Gemeinde hat für finanzielle Defizite, die aus der Nichtzahlung von Beiträgen entstehen, aufzukommen. Woraus die Gemeinde diese deckt, obliegt ihrer eigenen Entscheidungsbefugnis. Die Praxis in den Gemeinden ist der Landesregierung nicht bekannt. Frage 10: Wie viele Widerspruchsverfahren und wie viele gerichtliche Rechtsstreitigkeiten sind zur Zeit bei den Gemeinden anhängig, bei denen Beitragspflichtige gegen die Bescheide Rechtsmittel eingelegt haben? Zu Frage 10: Dies ist der Landesregierung nicht bekannt. Frage 11: Aus den Gemeinden wurde berichtet, das die Nutzungsarten in den überwiegenden Fällen seit vielen Jahren nicht aktualisiert wurden, wie oft erfolgt die Aktualisierung der Nutzungsarten verschiedener Flächen und an wen müssen sich die Gemeinden wenden, wenn diese zum Zwecke der Beitragserhebung für die Gewässerunterhaltungsverbände diese Daten benötigen? Zu Frage 11: Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf werden lediglich die Waldflächen privilegiert, andere Nutzungsarten sind nicht beitragsrelevant. Das Waldverzeichnis wird von den unteren Forstbehörden geführt und fortlaufend aktualisiert. Änderungsanträge hinsichtlich des Waldverzeichnisses sind an die untere Forstbehörde zu richten . Hinsichtlich des Zugangs zu den Daten wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen . Frage 12: Zunehmend wird von Biberschäden in Gräben berichtet, welche Kosten sind den Gewässerunterhaltungsverbänden in den Jahren seit 2010 durch Biber entstanden (Bitte nach einzelnen Verbänden auflisten!)? Zu Frage 12: Im Jahr 2014 wurden von den Gewässerunterhaltungsverbänden folgende – geschätzte – biberbedingte Mehraufwendungen angegeben: Gewässerunterhaltungsverband Kosten/Jahr in Euro Prignitz 30.000 Dosse-Jäglitz 30.000 Rhin-/Havelluch 12.000 Oberer Rhin/Temnitz 8.000 Uckermark-Havel 28.000 Schnelle Havel 20.000 Uckerseen 22.200 Welse 114.500 GHHK-Havelkanal-Havelseen 17.200 Plane-Buckau 2.000-5.000 Nuthe-Nieplitz 4.000 Dahme-Notte 5.000 Finowfließ 20.000 Oderbruch 111.500 Schlaubetal/Oderauen 22.000 Mittlere Spree 25.000 Untere Spree 30.000 Spree-Neiße 39.700 Nördlicher Spreewald 7.000 Obere Dahme/Berste 2.500 Kremitz-Neugraben 2.000-15.000 Kleine Elster-Pulsnitz 40.000 Zu vorhergehenden Zeiträumen liegen keine Daten vor. Frage 13: Wer kommt für diese Kosten auf und fließen diese Kosten in die Umlagen von den Verbänden an die Gemeinden mit ein, so dass letztendlich die Grundstückseigentümer dafür aufkommen? Zu Frage 13: Handelt es sich um Biberschäden an Gewässern II. Ordnung, die zu Mehraufwendungen bei der Gewässerunterhaltung führen, so sind diese grundsätzlich Teil der Gewässerunterhaltungskosten, die von den Mitgliedern im Rahmen der Beiträge zu tragen sind. Allerdings wird den Gewässerunterhaltungsverbänden auf Grundlage des sogenannten Sieben-Punkte-Programms des Ministeriums für Landwirtschaft , Umwelt und Ländliche Entwicklung seit 2015 ein Teil der biberbedingten Mehraufwendungen vom Land erstattet. Sie erhalten unter bestimmten Vorausset- zungen eine Kostenbeteiligung zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Biberschäden bei der Gewässerunterhaltung II. Ordnung (vgl. auch Verwaltungsvorschrift http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/vv_kostenbeteiligun g_biber.pdf.). Frage 14: Gibt es zur Gewässerunterhaltung Erfahrungsaustausche mit Sachsen und welche Bemühungen gibt es, ein vergleichbares System wie in Sachsen zu entwickeln ? Zu Frage 14: Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch aller Bundesländer findet statt. Die Landesregierung sieht keinen Anlass, dem sächsischen System zu folgen.