Datum des Eingangs: 20.09.2016 / Ausgegeben: 26.09.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5120 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2046 des Abgeordneten Dr. Andreas Bernig der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/4932 KITZ Teltow-Seehof Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Am 10. November 2010 beschloss die Bundesregierung die „Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 – Unser Weg zu einer bio-basierten Wirtschaft“ mit der durch ganzheitliche Ansätze eine Brücke zwischen Technologie, Ökonomie und Ökologie geschlagen werden soll. Damit wird an eine auch von der EU verfolgte und geförderte Strategie angeknüpft. Im Rahmen dieses Bundesprogrammes wurde u.a. auch das Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. gefördert. Dieses Institut ist bereits seit 20 Jahren am Standort Teltow -Seehof erfolgreich in der Erforschung von Alternativen zum Erdöl tätig und international anerkannt. In einer von der EU und dem Land finanzierten „Potenzialanalyse für nachhaltige organische polymere Materialien und Spezialchemikalien für die Entwicklung einer wertschöpfungsorientierten Kunststoff- und Chemieindustrie in Brandenburg “ wird die Bedeutung dieser Verfahren und Technologien für den Strukturwandel in der Lausitz und für das landwirtschaftlich geprägte Land Brandenburg herausgearbeitet (Endbericht vom 05.06.2015). BASF und landwirtschaftliche Betriebe haben bereits großes Interesse gezeigt, erste Pilotprojekte sind realisiert. Das Ministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt laut Aussage des Landkreises Potsdam- Mittelmark (PM) das von ihm geplante Kompetenz-und Innovationszentrum für Biomaterialien . Die ILB hat die Bewilligung eines Förderantrages in Höhe von 3,5 Mill € avisiert. Allerdings ist jetzt die Rede von einem Gründer- und Technologiezentrum, das Platz für potentielle Spin-offs aus dem Helmholtz-Institut für Biomaterialforschung schaffen soll (vgl. MAZ vom 24.06.2016). Das scheint im Widerspruch zum Kreistagsbeschluß vom 24.04.2014 zu stehen, der die Errichtung des o.g. KITZ und zu diesem Zweck u.a. die Ertüchtigung eines Gebäudes vorsah, welches nunmehr nach Aussagen des Landkreises PM aus bautechnischen Gründen abgerissen werden soll. Dem Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. und der biorefinery .de GmbH wurden im Rahmen der Umsetzung des KITZ Neubaus die Mietverträge gekündigt und Räumungsklagen angekündigt, ohne dass bis zum heutigen Tag reale Alternativen zur Durchführung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten den Gekündigten angeboten werden konnten und können. Frage 1: Wie sehen die Förderbedingungen der EU und des Landes aus, wenn es um die Förderung von Kompetenz- und Innovationszentren bzw. um die Förderung von Gründer- und Technologiezentren geht? Gibt es hier Unterschiede? zu Frage 1: Die Errichtung oder Modernisierung von Gewerbezentren (Forschungs-, Telematik-, Technologie-, Gründerzentren bzw. -parks und ähnlichen) durch die Landesregierung erfolgt im Rahmen der Förderung der wirtschaftsnahen kommunalen Infrastruktur aus Mitteln des Bund-Länder-Programms Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW-I). Die beihilferechtliche Grundlage stellt der jeweils geltende Koordinierungsrahmen GRW des Bundes dar. Die Förderbedingungen sind in der Landesrichtlinie GRW-I geregelt (vgl. https://www.ilb.de/de_1/pdf/richtlinie_71425.pdf). Aufgrund der Vorgaben des Bundes sollen vorrangig kleine Unternehmen sowie kleine und innovative Unternehmen die Gewerbezentren als Mieter nutzen, nachrangig mittlere Unternehmen. Die maximale Mietdauer beträgt acht Jahre. Eine Verlängerung darf nur ausnahmsweise erfolgen . Unterschiede bei der Förderung zwischen „Kompetenz- und Innovationszentren “ und „Gründer- und Technologiezentren“ bestehen nicht. Frage 2: Welchen Stellenwert bzw. welche Verbindlichkeit hat die o.g. Potenzialanalyse für die Landesregierung? zu Frage 2: Im Ergebnis der Potenzialanalyse liegen Aussagen zu derzeit im Land Brandenburg produzierten Spezialchemikalien, Biopolymere sowie Leichtbauprodukten inklusive der dazugehörigen Verbundwerkstoffe vor. Die Unterlage bildet eine fundierte Grundlage für die weitere Schwerpunktsetzung in der Entwicklung der oben genannten drei Handlungsfelder des Clusters Kunststoffe und Chemie Brandenburg, um die Wettbewerbsfähigkeit der brandenburgischen Chemie- und Kunststoffunternehmen im Hinblick auf sich künftig ergebende globale Wettbewerbsherausforderungen weiter zu stärken. Bei Entscheidungen der Landesregierung, die die oben angeführten Handlungsfelder betreffen, stellt die Potenzialanalyse eine Handlungsempfehlung und damit ein Kriterium für die Meinungsfindung dar. Es wird jedoch darauf verwiesen, dass etwaige Entscheidungen nicht nur anhand der Ergebnisse einer Studie getroffen werden, sondern insbesondere unter Abwägung sämtlicher Tatsachen , die entscheidungsrelevant sind. Eine Aussage über die Evaluierung des möglichen Stellenwertes der Potenzialstudie bzw. sich daraus ableitender potenzieller Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung kann deshalb nicht getroffen werden. Frage 3: Welche Bedeutung kommt den sogenannten „Grünen Technologien /Raffinerien“ beim Strukturwandel in der Lausitz zu? zu Frage 3: Für den Strukturwandel in der Lausitz kommt aus Sicht der Landesregierung auch den grünen Technologien eine hohe Bedeutung zu. Frage 4: Wie bewertet die Landesregierung den Stellenwert dieser Verfahren und Technologien für die brandenburgische Landwirtschaft? zu Frage 4: Die Bearbeitung von fachlich inhaltlichen Fragestellungen im Bereich Grüne Technologien/Raffinerien hat für die brandenburgische Landwirtschaft Bedeutung im Sinne der Schaffung von Einkommensalternativen außerhalb des Food Bereiches . Durch die biotechnologische Konversion agrarischer Produkte können höherpreisige Erzeugnisse dem Markt angeboten werden. So werden im Rahmen des Bundesprogrammes Bioökonomie im Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. industrielle Verfahren zur Erzeugung von organischen Säuren aus Getreide, vorzugsweise Roggen und Mais, entwickelt. Diese Produkte sind Bestandteil der Aufbauphase einer biobasierten Wirtschaft im nachgeschalteten Agrarbereich. Frage 5: Gibt es für den Standort Teltow-Seehof ein Konzept für die Entwicklung des Standortes, dass die unterschiedlichen Eigentums- und Vertragsverhältnisse zwischen staatlich geförderten Forschungsinstituten, wie dem Helmholtz-Zentrum und dem Fraunhofer-Institut sowie außeruniversitären gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen berücksichtigt? zu Frage 5: Die Entwicklung der Bund-Länder-geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtungen am Standort Teltow-Seehof wird vom Ministerium für Wissenschaft , Forschung und Kultur des Landes Brandenburg begleitet und unterstützt. Darüber hinausgehende Eigentums- und Vertragsverhältnisse obliegen den jeweiligen Vertragspartnern. Frage 6: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass in unmittelbarer Nähe von Teltow-Seehof – in Berlin Dahlem – ebenfalls ein Technologie- und Gründerzentrum mit einer Nutzfläche von 14.221 qm und für 60 bis 85 förderfähige Unternehmen mit 700 Arbeitsplätzen geschaffen wird, um die Entwicklung u.a. der Schwerpunkte Gesundheitswirtschaft, sowie Materialwissenschaften zu fördern? zu Frage 6: Die Landesregierung Brandenburg hat ihre Wirtschafts- und Innovationspolitik an den Clustern und Masterplänen der Gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg und der Regionalen Innovationsstrategie des Landes Brandenburg ausgerichtet. Auf diese Weise verfolgt sie das Ziel, durch den Aufbau eines innovationsfördernden Umfelds das wirtschaftliche Wachstum zu verbessern, attraktive Arbeitsplätze zu schaffen sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu befördern. Die Technologiestandorte in der Hauptstadtregion spielen dabei eine wichtige Rolle. Für alle Technologiestandorte – so auch Teltow-Seehof – gilt, dass diese teilweise miteinander kooperieren und teilweise untereinander im Wettbewerb stehen. Universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit Sitz im Land Brandenburg behaupten sich im nationalen und internationalen Wettbewerb erfolgreich in unterschiedlichen Feldern über die hohe Qualität ihrer Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung. Die sehr enge räumliche Anbindung an wissenschaftliche Einrichtungen in Brandenburg und Berlin ist hierfür eine wesentliche Voraussetzung . Solche integrativen, den gesamten Innovationsprozess umfassenden Ansätze ermöglichen es, den maximalen Nutzen für alle Beteiligten zu generieren, strategische Partnerschaften aufzubauen und das Ansiedlungsgeschehen im Land Brandenburg zu stärken. Frage 7: Hält es die Landesregierung für gerechtfertigt, dass im Interesse von zukünftig zu erwartenden Spin-offs im Bereich der Biomaterialforschung, das seit Jahren erfolgreiche Forschungsinstitut FI Biopos e.V. und die Ausgründung biorefinery .de GmbH ihren Standort aufgeben müssen, was mit einer Vernichtung der von ihnen getätigten mit Fördermitteln unterstützten hohen objekt-, sach-, und wirkungsbezogener Investitionen einhergeht und damit ihre Existenz bedroht? Frage 8: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, das Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. und biorefinery.de GmbH beim Erhalt des Standortes bzw. bei der Suche nach langfristigen und funktionsfähigen Alternativen zu unterstützen , um die 20- jährige Forschungserfahrung, die von EU, Bund und Land geförderten Investitionen weiter im Interesse des Landes gemäß den Zuwendungsbescheiden (20 Jahre Bindung bis 2029) nutzen zu können sowie die Kontinuität der Arbeiten auf dem Gebiet der Bioökonomie zu sichern? zu den Fragen 7 und 8: Die Materialwirtschaft, insbesondere im Bereich Biomaterialforschung , ist ein Zukunftsfeld im Rahmen der Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg und der Regionalen Innovationsstrategie des Landes Brandenburg, das kontinuierlich ausgebaut wurde und wird. Das Technologiezentrum Teltow-Seehof, das im Frühjahr 2016 sein 25-jähriges Jubiläum feierte, steht stellvertretend für diese erfolgreiche Politik. Die Einschätzung, dass dort Fördermittel vernichtet würden, teilt die Landesregierung daher nicht. Die maximale Mietdauer im Technologiezentrum Teltow-Seehof ist aufgrund von Bundesvorgaben zeitlich begrenzt (siehe Antwort zu Frage 1). Seit 1990 wurden dort über 170 Unternehmen erfolgreich aufgenommen. Heute belegen ehemalige Unternehmen aus dem Technologiezentrum Teltow-Seehof in der nahen Region über 14.000 qm Fläche. Alle Unternehmen, auch die in den Fragen 7 und 8 genannten, wurden und werden bei der Standortsuche unterstützt. Frage 9: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass inzwischen von wichtigen Vorgaben des Kreistagsbeschlusse vom 24.04.2014 zur Errichtung des KITZ abgewichen wird? zu Frage 9: Die Bewertung von Kreistagsbeschlüssen einschließlich eventueller Abweichungen von gefassten Beschlüssen fällt nicht in die Zuständigkeit der Landesregierung .