Datum des Eingangs: 23.09.2016 / Ausgegeben: 28.09.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5152 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2049 der Abgeordneten Frank Bommert, Dieter Dombrowski und Andreas Gliese der CDU-Fraktion Drucksache 6/4937 Gemüseanbau in FFH-Gebieten oder auf daran angrenzenden Flächen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: In Brandenburg gibt es 27 Vogelschutz- und 607 FFH-Gebiete, die sich auf rund 26 Prozent der Landesfläche erstrecken. Innerhalb der FFH-Gebiete muss aufgrund europäischer und nationaler Bestimmungen gewährleistet werden, dass sich die Qualität dieser Gebiete nicht verschlechtert. Vielerorts ist die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung schutzgebietsprägend . Nach Auskunft der Landesregierung soll eine Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft künftig aber nur noch möglich sein, wenn sich diese Nutzungen nicht nachteilig auf die Lebensräume oder den Bestand an Arten auswirken. Dabei sind viele Lebensraumtypen und Habitate erst durch die Landnutzung über Jahrzehnte hinweg entstanden. Hierbei spielt es keine Rolle, ob diese Tätigkeit innerhalb eines FFH- Gebiets oder daran angrenzend stattfand. Dies verunsichert immer mehr Landwirte, die z.B. Spargel anbauen oder ihre Anbauflächen erweitern wollen. Frage 1: Wie hoch ist der Anteil an Grünland-, Acker- und Forstflächen in den ausgewiesenen NATURA 2000-Gebieten im Land Brandenburg? zu Frage 1: Die Gesamtfläche und die sich daraus ergebenden Flächenanteile sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen, die Angaben beziehen sich auf das Jahr 2010 bzw. 2015. Natura 2000 Wald Ackerland Grünland ha gesamt 780.033,98 297.399,00 220.402,65 153.579,55 Anteil in Prozent 38,13 28,26 19,69 Quelle: LGB-Datenbankauswertung 2015 für den Teil Natura Ackerland und Grünland; der Teil Wald: MIL „Biologische Vielfalt in den Wäldern Nordostdeutschlands“, Potsdam 2010 Frage 2: Wie viele Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche werden innerhalb von FFH- Gebieten für den Anbau von Gemüse, wie z.B. Spargel, genutzt? zu Frage 2: Die Flächengröße ausgewiesener FFH-Gebiete beträgt 337.681 ha. Für den Gemüseanbau wurde 2015 eine Fläche von 17,67 ha genutzt. Der Anbau teilt sich wie folgt auf: Gemüse-Kürbisgewächse 5,8650 Gurken 0,0029 Gartenkürbis 0,0065 Möhre 1,3428 Mangold, Rote Beete/Rote Rübe 0,1501 Fenchel 8,6341 Erdbeeren 0,6673 Spargel 1,0018 17,6705 Angaben in ha Frage 3: Wie hat sich die Gemüseanbaufläche innerhalb von FFH-Gebieten bzw. daran angrenzend in den vergangenen 10 Jahren entwickelt? zu Frage 3: Durch den Fragesteller ist nicht näher bestimmt worden, was unter angrenzend zu verstehen ist, daher beziehen sich die nachstehenden Angaben auf Flächen die innerhalb von FFH-Gebieten liegen. Auswertbare Daten liegen erst ab dem Jahr 2006 vor. Danach betrug der Gemüseanbau in FFH-Gebieten: 2006 48,16 ha 2010 103,49 ha 2015 17,67 ha Frage 4: Wie steht die Landesregierung zu Forderungen von einzelnen Umweltschutzverbänden , wonach der Gemüse- bzw. Spargelanbau in Schutzgebieten oder daran angrenzend einer (nachträglichen) FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege oder zumindest angezeigt werden müsse? Zu Frage 4: Die Anzeigepflicht für ansonsten genehmigungsfreie Tätigkeiten ergibt sich aus § 34 Abs. 6 Bundesnaturschutzgesetz. Sie gilt für alle Tätigkeiten, die möglicherweise geeignet sind, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Mittels der Anzeigepflicht wird die Einhaltung des Verschlechterungsverbots sichergestellt . Die Landesregierung hat auf die Anzeigepflicht und auf das Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung bei der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes bereits bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 3672 vom 14.07.2014 hingewiesen. Frage 5: Sind der Landesregierung Fälle im Land Brandenburg bekannt, in denen die unteren Naturschutzbehörden oder andere Beteiligte (Betroffene, Behörden oder Verbände) die Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung oder die Anzeige von Gemüse- bzw. Spargelanbau forderten? Zu Frage 5: Die Landesregierung hat Kenntnis von einer Tagung der Grünen Liga am 2.4.2016, bei der in einem Vortrag der Bürgerinitiative Landschaft ohne Folie e.V. gefordert wurde, das zulässige Maß des Unter-Folie-Anbaus durch eine unabhängige Verträglichkeitsprüfung festzulegen. Frage 6: Sind der obersten Naturschutzbehörde Anfragen von den unteren Naturschutzbehörden hinsichtlich der naturschutzfachlichen Bewertung des Gemüseanbaus , insbesondere von Spargel, bekannt? Wenn ja, zu welcher Bewertung kam die oberste Naturschutzbehörde hinsichtlich des Gemüseanbaus in ausgewiesenen FFH-Gebieten? Zu Frage 6: Der obersten Naturschutzbehörde ist eine Anfrage aus dem Landkreis Teltow-Fläming zur naturschutzrechtlichen Beurteilung des Spargelanbaus sowie der Errichtung von baulichen Anlagen im Zusammenhang mit dem Anbau von Spargel bekannt. Hinsichtlich des Spargelanbaus in Natura 2000-Gebieten verwies die oberste Naturschutzbehörde auf das generelle Verschlechterungsverbot sowie auf die Anzeigepflicht gem. § 34 Abs. 6 BNatSchG. Dies gibt der Naturschutzbehörde die Möglichkeit , die erforderlichen Entscheidungen zur Gewährleistung der Erhaltungsziele zu treffen. Frage 7: Gibt es Handlungsempfehlungen des Agrar- und Umweltministeriums an die Landkreise zum Umgang mit der Gemüseproduktion in FFH-Gebieten bzw. in Gebieten , die an FFH-Gebiete angrenzen? Wenn ja, was besagen diese Handlungsempfehlungen im Einzelnen? Zu Frage 7: Derzeit liegen keine Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der Gemüseproduktion in FFH-Gebieten vor. Für eine den Erhaltungszielen angepasste Bewirtschaftung kann der Managementplan oder der Bewirtschaftungserlass des jeweiligen Gebietes herangezogen werden. Frage 8: In welchen zeitlichen Abständen erfolgt eine Bestandsaufnahme bzw. ein Monitoring jener Lebensräume und Arten, zu deren Schutz das jeweilige FFH-Gebiet ausgewählt wurde? Zu Frage 8: Für die meisten FFH-Gebiete erfolgte die Erfassung der dort vorkommenden Lebensraumtypen (LRT) und Arten im Rahmen der Gebietsmeldungen. Eine Aktualisierung der Kartierung von LRT und Arten erfolgt sukzessive bis voraussichtlich 2020. Im Rahmen der Berichtspflichten nach Art. 17 der FFH-Richtlinie, für die alle 6 Jahre ein Nationaler Bericht zu erstellen ist, werden nach einer bundesweit abgestimmten Methodik für alle LRT des Anhangs I und Arten des Anhangs II der FFH-RL Flächen in einem Stichprobenmonitoring erfasst. In der Regel erfolgt dort die Erfassung einmal im Berichtszeitraum, bei einigen Arten häufiger. Vorkommen von extrem seltenen und vom Aussterben bedrohten Arten der FFH-RL werden in der Regel jährlich überprüft. Von diesen Arten gibt es zumeist nur ein oder wenige Vorkommen in Brandenburg. Frage 9: Welche Konsequenzen zieht es nach sich, wenn ursprünglich im Standartdatenbogen erfasste und gemeldete Lebensraumtypen bzw. Arten der Anhänge I, II oder IV der FFH-Richtlinie im Rahmen des Monitorings nicht mehr nachweisbar sind? Zu Frage 9: Ist ein als Erhaltungsziel gemeldeter Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine gemeldete Art des Anhangs II nicht mehr nachweisbar, ist zunächst zu prüfen, ob ein wissenschaftlicher Fehler bei der Meldung des Gebietes oder ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot vorliegt. Wird ein wissenschaftlicher Fehler ausgeschlossen , sind die Gründe für das Verschwinden zu ermitteln und Erhaltungsmaßnahmen zur Wiederherstellung vorzusehen, sofern dies aufgrund der standörtlichen Gegebenheiten möglich ist. Ist eine Wiederherstellung nicht möglich, können Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ (Kohärenzsicherungsmaßnahmen ) erforderlich werden. Diese Maßnahmen müssen die beeinträchtigten Funktionen des betroffenen Schutzgebietes im Netz „Natura 2000“ wiederherstellen . Frage 10: Stimmt sich das Land Brandenburg hinsichtlich der Beurteilung des Gemüseanbaus in Schutzgebieten mit dem Bund und/oder anderen Bundesländern ab? Wenn ja, in welchem Stand befinden sich die Konsultationen und welche Position nehmen der Bund und/oder die anderen Länder ein? Wenn nein, warum gibt es keine Abstimmung mit dem Bund/den anderen Bundesländern? Zu Frage 10: Das Land Brandenburg stimmt sich hinsichtlich der Beurteilung des Gemüseanbaus in Schutzgebieten nicht mit dem Bund oder anderen Bundesländern ab, da jeweils eine Einzelfallbetrachtung erfolgt.