Datum des Eingangs: 14.10.2016 / Ausgegeben: 19.10.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5267 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2117 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/5077 Stromregelungskonzeption für die Oder Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: 2014 wurde von der Bundesanstalt für Wasserbau eine aktualisierte „Stromregelungskonzeption für die Grenzoder“ vorgelegt, die auch Gegenstand eines Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Verbesserung der Situation an den Wasserstraßen im Grenzgebiet von 2015 ist. Ziel ist es, eine durchgängige Wassertiefe von mindestens 1,80 Meter in der Oder zu erreichen. Dieses Ziel soll oberhalb der Warthemündung zu 80 %, unterhalb zu 90 % der Zeit erreicht werden. Die Konzeption enthält unter anderem Regelungen zu einer neuen Gestaltung der Buhnen. Dies hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die Strukturvielfalt des Flusses und steht damit im Konflikt zu Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie. In Beantwortung einer Kleinen Anfrage (Ds. 18/8337) bestätigt die Bundesregierung, dass die aktualisierte Stromregelungskonzeption die aktuelle Grundlage für die Unterhaltung der Grenzoder ist (Frage 19). Andererseits wird darauf verwiesen, dass eine Prüfung der Verträglichkeit mit den EU-Richtlinien erst nach einer konkreten Maßnahmenplanung vorgenommen werden könne (Fragen 21-23). In der Konzeption selbst ist angegeben, dass die Umsetzung weitgehend im Rahmen der laufenden Unterhaltung erfolgen soll (S. 26). Für die Umsetzung der naturschutz- und wasserrechtlichen Vorschriften sind das Land bzw. die Landkreise zuständig. Frage 1: Wie grenzen sich laufende Unterhaltungsmaßnahmen von genehmigungspflichtigen Ausbaumaßnahmen ab? Wäre beispielsweise die Neugestaltung von Buhnen oder die Errichtung von Parallelbauwerken Unterhaltung oder Ausbau? zu Frage 1: Nach § 67 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist Gewässerausbau die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Die Gewässerunterhaltung umfasst die Pflege und Entwicklung eines oberirdischen Gewässers unterhalb der Schwelle zum Gewässerausbau. § 68 WHG regelt die Verpflichtung zur Planfeststellung oder Plangenehmigung von Vor- haben des Gewässerausbaus. Nach § 14 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) ist die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes (hier: GDWS Außenstelle Ost) Planfeststellungs- und Genehmigungsbehörde. Somit ist die GDWS auch zuständig für die Abgrenzung von Unterhaltungs- und Ausbaumaßnahmen im konkreten Einzelfall an der Bundeswasserstraße Oder. Frage 2: Würden Maßnahmen, die grundsätzlich der Gewässerunterhaltung zuzurechnen wären, den Projektbegriff der FFH-Richtlinie erfüllen, wenn sie gegenüber den bisher regelmäßig durchgeführten Maßnahmen eine deutliche Intensivierung mit neuen Auswirkungen auf die Schutzgüter bewirken? Zu Frage 2: Der Projektbegriff ist in Bundesnaturschutzgesetz, FFH- und Vogelschutzrichtlinie nicht definiert. Deshalb gilt mittlerweile ein durch die Rechtsprechung geprägter wirkungsbezogener Projektbegriff. Es ist für jedes Vorhaben im Einzelfall festzustellen, ob es aufgrund seiner Wirkungen möglicherweise geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Die Tatsache, ob ein Vorhaben der Unterhaltung zuzuordnen ist oder darüber hinausgeht, ist für die Projekteigenschaft nicht entscheidungserheblich. Frage 3: Wurden nach Kenntnis der Landesregierung bereits Umgestaltungsmaßnahmen im Sinne der Stromregelungskonzeption begonnen? Wurde die in diesem Jahr durchgeführte Unterhaltung der Buhnen unterhalb von Hohensaaten bereits nach den neuen Stromregelungsgrundsätzen (u. a. Kopfneigung von 1 : 10) durchgeführt ? Zu Frage 3: Nach Kenntnis der Landesregierung gibt es mit der Instandsetzungsmaßnahme Reitwein eine Maßnahme, die als Teil der Stromregelungskonzeption bereits umgesetzt wird. Diese Maßnahme ist bereits planfestgestellt. Ob die in diesem Jahr durchgeführten Unterhaltungsmaßnahmen den neuen Stromregelungsgrundsätzen entsprechen, ist der Landesregierung nicht bekannt. Frage 4: Liegen nach Kenntnis der Landesregierung Genehmigungsanträge für Maßnahmen im Rahmen der Stromregelungskonzeption vor? Zu Frage 4: Der Landesregierung liegen derzeit keine Genehmigungsanträge für Maßnahmen der Stromregelungskonzeption vor. Frage 5: In welcher Weise ist die Landesregierung in die Umsetzung der Konzeption, insbesondere über die Festlegung der konkreten Maßnahmen eingebunden? Welche Rolle spielen dabei die naturschutz- und wasserrechtlichen Belange? Zu Frage 5: Die Umsetzung der Konzeption obliegt der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Im Rahmen der Deutsch-Polnischen Grenzgewässerkommission findet ein regelmäßiger Informationsaustausch mit der WSV statt. Maßnahmen der WSV müssen die an sie gestellten naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Anforderungen erfüllen. Die WSV prüft maßnahmenbezogen, ob eine Planfeststellungs- oder Genehmigungspflicht sowie eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht und ob eine Beteiligung von Behörden des Landes Brandenburg oder des Staates Polen erforderlich ist. Zur Wahrung der Belange der Landeskultur und der Wasserwirtschaft bedarf die WSV bei Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen des Einvernehmens mit dem zuständigen Landesamt für Umwelt. Bei allen anderen Maßnahmen an Bundeswasserstraßen ist insoweit die örtlich zuständige untere Wasserbehörde Einvernehmensstelle (§ 126 a Brandenburgisches Wassergesetz). Frage 6: In einem von der Weltbank unterstützten Projekt plant die polnische Regierung , die Einlass- und Auslaufbauwerke an den seit 1945 ungenutzten polnischen Polderflächen instand zu setzen und die Vorflutverhältnisse in den Poldern zu verändern . Auch dies hätte gravierende Folgen für die Ökologie der grenzübergreifenden Feuchtgebiete, aber laut Projekt auch für den Hochwasserschutz im unteren Odertal. Ist die Landesregierung, beispielsweise durch Beteiligung an einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Rahmen der deutsch-polnischen Grenzgewässerkommission, mit dem Vorhaben befasst oder gibt es dazu Konsultationen mit der polnischen Seite? Zu Frage 6: Weder eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch eine Absichtserklärung einer solchen ist der Landesregierung gegenwärtig bekannt . Im Rahmen der Deutsch-Polnischen Grenzgewässerkommission wird in einer Arbeitsgruppe generell über Maßnahmen der Westpommerschen Verwaltung für Melioration und wasserbauliche Anlagen informiert. Es ist geplant, durch Informationsgespäche mit den zuständigen polnischen Fachbehörden mehr Details über polnische Maßnahmen mit möglichen Auswirkungen auf Brandenburger Gebiet zu erfahren . Frage 7: Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkungen a) der „Stromregelungskonzeption für die Grenzoder“/ des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Verbesserung der Situation an den Wasserstraßen im Grenzgebiet von 2015; b) des Weltbank-Projektes der polnischen Regierung für das Zwischenoderland zwischen West- und Ostoder und c) der in letzter Zeit immer wieder geäußerten Ausbaupläne der polnischen Regierung für die Oder auf den Nationalpark Unteres Odertal? Gibt es dazu jeweils eine abgestimmte Position der brandenburgischen Landesregierung und wie sieht diese aus? Zu Frage 7: Eine abgestimmte Position der Landesregierung gibt es zu allen drei Unterfragen derzeit noch nicht. Frage 8: Für die Koordinierung der Schutzgebietsentwicklung auf deutscher und polnischer Seite im unteren Odertal wurde 1992 ein deutsch-polnischer Programmrat ins Leben gerufen. Vertreter welcher Institutionen sind von beiden Seiten Mitglied dieses Programmrates? Wie häufig hat er in den letzten Jahren getagt? Wie bewertet die Landesregierung die Perspektive der weiteren Arbeit? Zu Frage 8: Gemäß Beschluss des Deutsch-Polnischen Umweltrates vom 11.12.1992 gehören dem Programmrat je ein Vertreter des Bundesumweltministeriums , des Umweltministeriums der Republik Polen, des brandenburgischen Umweltministeriums und des Woiwodschaftsamtes Stettin sowie die Direktoren der beiden Teile des Schutzgebietes (grenzüberschreitendes Schutzgebiet „Unteres Odertal“, bestehend aus Nationalpark Unteres Odertal und dem polnischen Landschaftsschutzpark Unteres Odertal) an. Die letzte Zusammenkunft des Deutsch-Polnischen Programmrats für das grenzüberschreitende Schutzgebiet „Unteres Odertal“ hat 2007 auf der deutschen Seite stattgefunden. Gemäß Statut des Programmrats hätte die nächste Sitzung in Polen unter polnischem Vorsitz stattfinden müssen. In den letzten drei Jahren hat das brandenburgische Umweltministerium gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium intensive Gespräche und Abstimmungen mit dem polnischen Umweltministerium geführt, mit dem Ziel die Arbeit des Programmrats wieder aufzunehmen. Als Ergebnis liegt ein abgestimmter Beschlussentwurf vor, der im Rahmen der Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrats am 24./25.10.2016 verabschiedet werden soll. Dieser sieht die Neuausrichtung des Wirkungskreises, der Aufgaben und der Zusammensetzung des Deutsch-Polnischen Programmrats vor. Frage 9: Sieht die Landesregierung perspektivisch Chancen für die Realisierung eines grenzübergreifenden deutsch-polnischen Nationalparks im unteren Odertal? Zu Frage 9: Ein grenzübergreifender deutsch-polnischer Nationalpark setzt die Ausweisung eines Nationalparks durch das polnische Umweltministerium im Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen voraus. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass auf der polnischen Seite diesbezügliche Absichten bestehen.