Datum des Eingangs: 24.10.2016 / Ausgegeben: 01.11.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5319 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2148 des Abgeordneten Danny Eichelbaum der CDU-Fraktion Drucksache 6/5184 Multimediaboxen für Strafgefangene? Wortlaut der Kleinen Anfrage 2148 vom 30. September 2016 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: In der Ausschusssitzung am 14. April 2016 berichtete Staatssekretär Dr. Pienkny, das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz beabsichtige in der Justizvollzugsanstalt in Brandenburg an der Havel im Rahmen einer Pilotierung neue Gefangenentelefonieeinrichtungen zu erproben . Die möglichen Anbieter arbeiteten mit sogenannten Multimediaboxen. Ziel sei es, die Kontrolle der Gefangenentelefonie zu verbessern und die Handhabung zu vereinfachen, insbesondere die Nichtöffentlichkeit der Gespräche im Hinblick auf Mitgefangene zu gewährleisten. Die Multimediaboxen sind technisch dazu in der Lage , neben der Telefonie und dem Empfang von Radio- und Fernsehsendern auch den Zugang zum Internet zu gewährleisten. Der Staatssekretär versicherte im April, dass ein Internetzugang vorerst nicht vorgesehen sei. In der Ausschusssitzung im September stellte sich heraus, dass das Ministerium überlege, auch die E- Mailkommunikation zuzulassen. Im Übrigen gebe es keine neuen Entwicklungen innerhalb der vergangenen fünf Monate zu berichten. Frage1: Welche Multimediazugänge will die Landesregierung den Inhaftierten ermöglichen ? zu Frage 1: Die in den Hafträumen einzusetzenden Multimediaboxen bilden die zentrale Komponente eines möglichen späteren Haftraum-Mediasystems. Die Multimediaboxen sind manipulationssicher hinsichtlich der eingesetzten Hard- und Software. Mechanisch werden die in den Multimediaboxen eingebaute Technik wie auch das Linux Betriebssystem durch ein Metallgehäuse geschützt, welches mit Senkkopfschrauben , sogenannten „Snake Eye“ Sicherheitsschrauben, verschlossen ist und zusätzlich durch einen Open-Case-Alarm geschützt wird. Die Metallboxen sind dar- über hinaus mit einem Kontaktschalter ausgerüstet, der Manipulationsversuche signalisiert und automatisch bei Manipulationsversuchen alle Dienste der Multimediabox deaktiviert. Eine erneute Freigabe der Funktionen ist erst nach Prüfung durch die Anstalt möglich. Bei Anschluss entsprechender Peripheriegeräte liefert die Multimediabox die Dienste Fernsehen, Radio und Telefonie. Zusätzlich können unter Nutzung der Multimediabox der Zugang zu Informationsseiten der Anstalt, ein eingeschränkter Internetzugang oder auch der E-Mail-Verkehr technisch ermöglicht werden . Frage 2: Soll der Zugang zu E-Mails gewährt werden? zu Frage 2: Derzeit ist über die Möglichkeit, E-Mails zu senden und/oder zu empfangen , noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Geplant ist jedoch insoweit ein Pilotprojekt in der JVA Brandenburg an der Havel zu starten. Frage 3: Soll auch der Empfang von Fernseh- und Radioprogrammen über die Multimediaboxen erfolgen? zu Frage 3: siehe Antwort zu Frage 1. Frage 4: Soll der Zugang zu Internetseiten gewährt werden? Wenn ja: wie soll er genau ausgestaltet sein? Welche Maßnahmen werden ergriffen, damit ein Umgehen von Zugangssperren o. ä. bestimmter Seiten verhindert wird? zu Frage 4: Nein. Frage 5: Soll jeder Inhaftierte die Multimediabox mieten können oder soll es „Zugangsvoraussetzungen “ geben? zu Frage 5: Zugangsvoraussetzungen zur Nutzung der Multimediaboxen sind nicht vorgesehen. Frage 6: Wie hoch ist die Miete der Boxen veranschlagt? zu Frage 6: Die Multimediaboxen werden durch die beauftragten Konzessionsnehmer für jeden Haftraum kostenfrei bereitgestellt. Frage 7: Mit was für einer Inanspruchnahme rechnet die Landesregierung – gerade im Hinblick auf die Kosten, die auf die Inhaftierten zukommen werden? zu Frage 7: Da mit der Bereitstellung der Multimediaboxen in jedem Haftraum die Möglichkeit der ungestörten Telefonie und des Radio- und TV-Empfanges auf dem Haftraum gegeben ist, wird mit einer hohen Inanspruchnahme gerechnet. Dabei entscheidet jeder Gefangene durch sein Telefonverhalten oder die Buchung eines entsprechenden TV-Paketes selbst, welche Kosten zu tragen sind. Frage 8: Wurde vorab erhoben, ob bei Strafgefangenen – gerade im Hinblick darauf, dass dann nur noch drei Fernseh- und Radioprogramme kostenfrei zu empfangen sind – ein grundsätzliches Interesse an den Multimediaboxen besteht? zu Frage 8: Nein. Für die Gefangenen ist das Angebot jedoch attraktiv, da zukünftig die Ausgaben für die Anschaffung eigener TV-Geräte entfallen. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. Frage 9: Gibt es ein Konzept, wie die Aktivitäten der Gefangenen kontrolliert werden sollen? zu Frage 9: Ja. Frage 10: Wenn ja: Wie sieht es aus? zu Frage 10: Die Auswahl der TV-Sender erfolgt in Absprache mit der Justizvollzugsanstalt . Die Bereitstellung des Telefonzugangs für die Gefangenen im Haftraum erfolgt personalisiert unter Freischaltung einer Whitelist. Bis zu zehn geprüfte Rufnummern können für Anrufe freigegeben werden. Darüber hinaus besteht technisch die Möglichkeit auch das Gesprächsbudget, die Gesprächsdauer, den Gesprächszeitraum und die Gesprächsanzahl zu reglementieren. Weiterhin können durch die Anstalt aus Gründen des Missbrauchs oder der Sicherheit die Telefonanschlüsse je Haftraum, je Bereich wie auch komplett abgeschaltet werden. Der Versand von E- Mails soll, soweit im Pilotprojekt vorgesehen, über einen gesonderten Server des Anbieters erfolgen und nur an vorher geprüfte und freigegebene Empfänger möglich sein. Es können nur reine Textnachrichten versandt oder empfangen werden. Anhänge zu den Nachrichten sind in jeder Hinsicht nicht möglich und werden vom System unterdrückt. Von dem Projekt sollen Untersuchungshaftgefangene aus Gründen der Verfahrenssicherung ausgenommen sein. Frage 11: Wenn nein: Was sind die Gründe dafür, dass zunächst eine Ausschreibung für die Einführung der Multimediaboxen und erst danach (eventuell?) erarbeitet wird, wie die genaue Ausführung, insbesondere die Kontrolle aussehen soll? zu Frage 11: Entfällt. Frage 12: Kann der Zugang individuell reguliert werden? Nach welchen Kriterien soll eine derartige etwaige Regulierung erfolgen? zu Frage 12: Siehe Antwort zu Frage 10. Frage 13: Wie wird sichergestellt, dass etwaige Sperrungen von Funktionen nicht technisch umgangen werden können? zu Frage 13: Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, sind die Multimediaboxen mechanisch geschützt. Manipulationsversuche an der Box werden angezeigt und führen zu Abschaltung aller Dienste der Multimediabox. Frage 14: Welche Zuschlagskriterien für die Ausschreibung werden/wurden festgelegt ? zu Frage 14: Die Leistungskriterien der Ausschreibung werden in Obergruppen zusammengefasst : Fernsehen/Radio, Telefonie, Informationsportal, Internet /Mail/Antragswesen. Diese Obergruppen werden prozentual untereinander gewichtet , wobei die Obergruppen Fernsehen/Radio und Telefonie den Schwerpunkt bilden. In jeder der Obergruppen werden wiederum prozentual gewichtete Leistungsanforderungen hinsichtlich der Sicherheit, des Angebotsumfangs und der Preise festgeschrieben. Diese Anforderungen werden den Bietern im Detail mit der Ausschreibung bekannt gegeben und anschließend bewertet. Frage 15: Wie lang soll die Testphase laufen? zu Frage 15: Nach den derzeitigen Planungen erscheint eine Testphase von einem Jahr als sinnvoll, sofern die Ausschreibung erfolgt ist und mit dem ausgewählten Bieter ein Vertrag geschlossen werden kann. Frage 16: Wie soll die Evaluierung am Ende ausgestaltet sein? Erfolgt sie durch einen externen Sachverständigen? zu Frage 16: Beabsichtigt ist, durch eigenes Personal im Rahmen eines begleitenden Verfahrens das System zu optimieren und gegebenenfalls auf die speziellen Bedürfnisse der JVA Brandenburg an der Havel anzupassen. Frage 17: Welche Kosten kommen auf das Land im Zusammenhang mit der Ausschreibung , Durchführung und Evaluation dieses Pilotprojekts zu? zu Frage 17: Kosten für das Land entstehen durch die Vergabe der Konzessionsleistungen nicht. Die Ausschreibung der Leistung und die Vergabe erfolgen durch die Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel selbst. Bestandteil der Ausschreibung ist, dass dem Konzessionsnehmer ausschließlich die vertraglich vereinbarten Exklusivrechte zum Vertrieb eingeräumt werden und dieser auf eigene Rechnung und eigenes wirtschaftliches Risiko die vereinbarten Leistungen anbietet. Frage 18: Wie viele Justizvollzugsanstalten sollen in welchem zeitlichen Rahmen mit den Multimediaboxen ausgestattet werden? zu Frage 18: Zurzeit ist der Einsatz von Multimediaboxen mit erweitertem Angebot im Hinblick auf die E-Mail-Nutzung und weitere Möglichkeiten (Info-Portal) nur für die JVA Brandenburg an der Havel geplant. In der JVA Neuruppin-Wulkow und der JVA Wriezen werden die gegenwärtig vorhandenen Angebote für Fernseh- und Radioempfang sowie für die Telefonie technisch ertüchtigt. Der Konzessionsnehmer nutzt hierfür Mediaboxen, die technisch für eine Nutzung als Multimediabox vorgerüstet sind, diese Funktionen (E-Mail, Internet) aber nicht zulassen. Bei den weiteren Justizvollzugsanstalten ist derzeit keine Umrüstung geplant. Frage 19: Welche Schritte wurden seit der Rechtsausschusssitzung am 14. April 2016 durchgeführt, um das Konzept der Einführung von Multimediaboxen weiter voranzutreiben , insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle? zu Frage 19: Die Ausschreibung der JVA Brandenburg an der Havel wurde finalisiert. Hinsichtlich der Kontrolle siehe Antwort zu Fragen 9 und 10. Frage 20: Erfolgt eine Kooperation oder Abstimmung mit Berlin, das ein ähnliches Projekt durchführt? zu Frage 20: Nein.