Datum des Eingangs: 27.10.2016 / Ausgegeben: 01.11.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5338 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2143 der Abgeordneten Andrea Johlige der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/5172 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Nach Medienberichten haben bisher unbekannte Täter in der Nacht zu Freitag in mehreren Brandenburger Landkreisen Ortseingangsschilder mit flüchtlingsfeindlichen Parolen beklebt. Dabei wurden in den Landkreisen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin in etwa 60 Orten fremdenfeindliche Aufkleber entdeckt . Auf den gelben Aufklebern steht in schwarzer Schrift: „Bitte flüchten sie weiter! Es gibt hier nichts zu wohnen! Refugees not welcome!“ Auch die Landratswahl in Potsdam-Mittelmark war Ziel der Aktion. Mehrere Großplakate, vor allem von der SPD, aber auch von CDU, Linke und Piraten, wurden quer überklebt mit der Aufschrift : „Wählt keine Volksverräter!“. Auch im benachbarten Sachsen–Anhalt tauchten solche Plakate auf. Vorbemerkung der Landesregierung: Zur Erhebung der Fallzahlen für den Betrachtungszeitraum 01.01.2016 bis 30.09.2016 (mit Stand vom 04.10.2016) wurden alle im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität “ (KPMD-PMK) gemeldeten Straftaten berücksichtigt. Nach folgenden Themenfeldern wurde recherchiert und die Sachverhalte anschließend manuell ausgewertet : - Ausländer-/Asylthematik - gegen Asylbewerber/Flüchtlinge - fremdenfeindlich - Kommunalwahlen An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine Eingangsstatistik handelt, in der die Fälle aufgrund der laufenden Verfahren nicht tagaktuell sondern im weiteren Verlauf eingepflegt werden. Polizeilich werden Ordnungswidrigkeiten nicht erfasst. Aus diesem Grunde wurden darüber hinaus Erkenntnisse der im Vorbemerkungstext aufgeführten Landkreise abgefragt und zusammengeführt. Ebenfalls ist eine Prüfung im Einsatzleitsystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (ELBOS) vorgenommen worden. Daraus sind Einsatzmeldungen der Polizei mittels Freitextrecherchen im Sachzusammenhang herausgefiltert worden . Es finden alle hier vorliegenden Daten mit Stand vom 12. Oktober 2016 mit entsprechendem Aussagegehalt zur Beantwortung der einzelnen Fragen Verwendung. Frage 1: In welchen Orten wurden die benannten Aktivitäten an wie vielen Tatorten festgestellt? Wann wurden nach bisherigen Erkenntnissen die Taten begangen? Welche Straftatbestände wurden durch die Aktionen erfüllt bzw. in welchen Fällen handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten? (Bitte einzeln auflisten!) zu Frage 1: Im „Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) sind in diesem Sachzusammenhang bislang zwei Fälle erfasst. Hier brachten unbekannte Täter in Eisenhüttenstadt am 26.05.2016 mehrere Aufkleber an die Scheiben sowie der Eingangstür des Büros des MdB (Herrn Patzelt) an. Unter anderem wurde ein Aufkleber mit dem Spruch „Bitte weiterflüchten hier gibt es nichts zu wohnen“ (Schreibweise übernommen). Eine Anzeige wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB) wurde aufgenommen. In Pritzwalk wurden am 23.09.2016 durch die Straßenmeisterei auf mehreren Ortseingangsschildern Aufkleber mit dem Wortlaut "Flüchten sie weiter, hier gibt es nichts zu wohnen, Refugees not welcome" festgestellt. Die Anzeigenerstattung erfolgte durch die Straßenmeisterei über die Internetwache (§ 303 StGB). Täter konnten in beiden Fällen bisher nicht ermittelt werden. Darüber hinaus erhielten im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme (Verkehrskontrolle) am 23.09.2016, gg. 03:00 Uhr, Einsatzkräfte Kenntnis darüber, dass an den Ortseingangsschildern der Orte Wustrau und Langen Aufkleber mit der Aufschrift „BITTE FLÜCHTEN SIE WEITER!", "ES GIBT HIER NICHTS ZU WOHNEN!", "REFUGEES NOT WELCOME!" und "REFUGEES BRING YOUR FAMILIES HOME!" [sic!] durch Unbekannt aufgebracht wurden. Im weiteren Nachtverlauf wurden in den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz- Ruppin, Havelland, Potsdam-Mittelmark sowie in den kreisfreien Städten Potsdam und Brandenburg an der Havel insgesamt 87 gleichgelagerte Plakatierungen festgestellt. Die Aufkleber/Plakate enthielten keinerlei Hinweise auf den Verursacher und/oder die Urheber. Darüber hinaus konnten an zehn Wahlplakaten der Partei SPD in den örtlichen Bereichen von Potsdam und Potsdam-Mittelmark Plakatüberklebungen mit dem Inhalt „Wählt keine Volksverräter“ festgestellt werden. Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung gem. § 303 StGB wurden aufgenommen und werden durch die Kriminalpolizei der Polizeidirektionen Nord und West bearbeitet. Nach einer Freitextrecherche in ELBOS zu entsprechenden Plakatierungen für den 23.09.2016 sowie Meldung des Landkreises Prignitz und der Gemeinde Kleinmachnow waren folgende Orte betroffen: Altfriesack, Babekuhl, Bad Wilsnack, Birkenfelde, Breese, Brüsenhagen, Buchow-Karpzow, Cumlosen, Dabergotz, Darritz, Dammkrug, Dergenthin, Dierberg, Düpow (Litfaßsäule), Etzin, Falkenrehde, Ferbitz, Gartz, Glövzin, Gottberg, Grieben, Groß Breese, Groß Lüben, Groß Pankow, Groß Welle, Gühlen-Glienicke, Gumtow, Haaren, Herzberg, Karstädt, Kemnitz, Ketzin, Kerzlin, Klein Lüben, Kleinmachnow, Klosterheide, Kränzlin, Kuhblank, Kyritz, Köpernitz, Langen, Lanz, Lenzen, Lindow, Lockstädt, Lüchfeld, Nebelin, Neuruppin, Manker, Markee, Mötrich, Müggendorf, Palzow, Perleberg, Premslin, Pritzwalk, Protzen, Quitzow, Radensleben, Rägelin, Reetz, Retzow, Rheinsberg, Rheinsberg-Glienicke, Ribbeck, Rohrlack, Schönberg, Steinberge (an einem Glascontainer), Wahlendorf, Walchow, Walsleben, Werder, Wildberg, Wittenberge, Wustrau, Zarrenthin, Zühlen. Weiterhin wurden 15 Plakatierungen an mehreren Ortseingangsschildern im Bereich der Bundesstraße 1 zwischen Potsdam und Brandenburg an der Havel (Töplitz, Leest, Grube, Werder) festgestellt. Wie bereits angeführt, werden die polizeilichen Ermittlungen bislang wegen Verdachtes auf Sachbeschädigung geführt. Frage 2: Welche Schäden sind jeweils entstanden? Welcher Aufwand musste bzw. muss durch die Kommunen betrieben werden, die Ortseingangsschilder wieder herzustellen ? zu Frage 2: Dazu liegen derzeit noch keine abschließenden Informationen vor. In einem Fall wurde mitgeteilt, dass in einer Gemeinde (vier betroffene Orte in zwei Ortsteilen) zur Beseitigung 300 Euro für einen vierstündigen Arbeitsaufwand sowie einschließlich dazu genutzter Fahrzeuge und Materialien aufgewandt wurden. In einem weiteren Fall wurde die Beseitigung mit sehr geringem Aufwand unmittelbar veranlasst. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung derzeit zu den Personen oder Gruppierungen, die mit den Taten in Verbindung stehen bzw. diese begangen haben? zu Frage 3: Bislang konnte noch kein Tatverdächtiger zu den Taten identifiziert werden . Die Ermittlungen dauern an. Frage 4: Welche Erkenntnisse gibt es über ähnlich gelagerte und zeitlich im Zusammenhang stehende Aktionen in anderen Bundesländern? zu Frage 4: Am 30.09.2016 erfolgte eine bundesweite Anfrage im Kontext der Frage 1. Durch das LKA Baden-Württemberg wurde darüber Antwort erteilt, dass seit Ende 2015/Anfang 2016 in Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation vermehrt kritische oder auch fremdenfeindliche Farbschmierereien/Flugblätter/Aufkleber in Baden- Württemberg festgestellt wurden, auch unter Verwendung des Slogans „Refugees not welcome“. Im Vorfeld der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2016 wurden die Wahlplakate verschiedener Parteien u. a. mit dem Wort „Volksverräter“ beschmiert.