Datum des Eingangs: 03.11.2016 / Ausgegeben: 08.11.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5376 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2152 des Abgeordneten Dieter Dombrowski der CDU-Fraktion Drucksache 6/5198 Novellierung der wasserrechtlichen Vorschriften im Land Brandenburg - Umfang von Grundstücken ohne bekannten Eigentümer Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: In der Anhörung des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft am 14.09.2016 zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung der wasserrechtlichen Vorschriften wurde von einigen kommunalen Vertretern und von Gewässerunterhaltungsverbänden angeführt, dass nicht alle Eigentümer von Grundstücken ermittelt werden könnten, weil bei den Kataster- und Vermessungsämtern der Landkreise bzw. den Grundbuchämtern entsprechende Daten nicht in jedem Einzelfall vorliegen würden. Sie äußerten, dass hierdurch Probleme bei der Erhebung von Beiträgen für die Gewässerunterhaltung entstehen könnten, sollten die Kommunen aus ihrer Mitgliedschaft in den Wasserund Bodenverbänden durch eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften ganz oder teilweise entlassen und auch Grundeigentümer Mitglieder in den Gewässerunterhaltungsverbänden werden. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung hat in dem Gesetzentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften (Landtags- Drucksache 6/4520) ausgeführt, dass ein rechtssicherer Vollzug der Einzelmitgliedschaft der Grundstückseigentümer in den Gewässerunterhaltungsverbänden aufgrund fehlender Daten aktuell nicht möglich ist. Die Landesregierung bezieht sich dabei auf das Ergebnis einer gutachterlichen Machbarkeitsuntersuchung, an der fast alle Gewässerunterhaltungsverbände und 146 Gemeinden in Brandenburg teilgenommen haben. Nach den Feststellungen des Gutachters sind einer deutlichen Mehrheit der Gemeinden nicht alle Grundstückseigentümer bekannt (siehe Sienz, Ergebnisbericht vom 8. April 2015 zum Planspiel „Neue Modelle der Beitrags- und Umlageerhebung für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung in Brandenburg“, Seite 38/39, veröffentlicht unter mlul.brandenburg.de). Einige Gemeinden bezifferten den Anteil der ihnen nicht bekannten Grundstückseigentümer auf 1 % bis 10 %. Als wesentliche Ursachen für die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Grundstücksei- gentümer werden insbesondere ungeklärte Eigentumsverhältnisse infolge unbekannter /nicht ermittelbarer Erben und weitere Probleme in der Eigentümerermittlung benannt . Das Vorhandensein herrenloser Grundstücke ist ein Teil dieses Problems. Frage 1: Wie viele „herrenlose“ Grundstücke/Flurstücke sind bei den Grundbuchämtern bzw. Katasterämter registriert? (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten auflisten) zu Frage 1: Die Auswertung erfolgte auf der Basis der Angaben des Amtlichen Liegenschaftskataster -Informationssystems – ALKIS®. Es werden landesweit 637 Flurstücke als herrenlos/Eigentümer unbekannt geführt. Die Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Flurstücke Barnim 19 Brandenburg an der Havel 10 Cottbus 25 Dahme-Spreewald 48 Elbe-Elster 74 Frankfurt (Oder) 14 Havelland 13 Märkisch-Oderland 28 Oberhavel 13 Oberspreewald-Lausitz 56 Oder-Spree 39 Ostprignitz-Ruppin 15 Potsdam 4 Potsdam-Mittelmark 60 Prignitz 27 Spree-Neiße 65 Teltow-Fläming 70 Uckermark 57 Landesweit 637 Frage 2: Wie groß ist die kumulierte Fläche dieser Grundstücke/Flurstücke in jedem Landkreis bzw. in den kreisfreien Städten? zu Frage 2: Die Auswertung erfolgte auf der Basis der Angaben des Amtlichen Liegenschaftskataster -Informationssystems – ALKIS®. Landesweit werden Flurstücke mit einer Gesamtfläche von 1, 572 km² als herrenlos/Eigentümer unbekannt geführt. Dies entspricht einem Anteil von 0,005 % der Landesfläche. Die Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Landkreis/kreisfreie Stadt Fläche der Flurstücke pro Landkreis /kreisfreie Stadt in qm Barnim 113.251,00 Brandenburg an der Havel 29.265,00 Cottbus 14.483,00 Dahme-Spreewald 146.930,00 Elbe-Elster 207.855,00 Frankfurt (Oder) 23.390,00 Havelland 12.136,00 Märkisch-Oderland 77.584,00 Oberhavel 25.308,00 Oberspreewald-Lausitz 119.827,00 Oder-Spree 90.055,00 Ostprignitz-Ruppin 65.052,00 Potsdam 28.863,00 Potsdam-Mittelmark 58.090,00 Prignitz 30.082,00 Spree-Neiße 216.687,00 Teltow-Fläming 43.197,00 Uckermark 270.264,52 Gesamtfläche 1.572.319,52 Frage 3: Wie hoch ist der Anteil der „herrenlosen“ Grundstücke/Flurstücke im Innenund im Außenbereich und welcher Nutzungsart unterliegen die Grundstücke /Flurstücke? zu Frage 3: Die Auswertung der Nutzungsarten erfolgte auf der Basis der Angaben des Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystems – ALKIS®. Aus den Nutzungsarten kann keine direkte Ableitung nach Innen- und Außenbereich erfolgen. Hierfür wäre eine Betrachtung jedes einzelnen Flurstücks in Bezug auf das Baurecht mit nicht zu vertretendem Erhebungsaufwand in den verschiedenen Ressorts erforderlich . Aufgrund der Nutzungsart sind jedoch Informationen ableitbar, ob Flurstücke in Siedlungsgebieten (z. B. Wohnbaufläche, Industrie- und Gewerbe), Verkehrsbereichen (z. B. Wege, Straßen) oder in Vegetationsgebieten (z. B. Landwirtschaft, Wald) liegen. Die Verteilung nach den einzelnen Nutzungsartenbereichen ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Nutzungsarten Fläche der Nutzungsarten aller herrenlos geführten Flurstücke in qm der Nutzungsarten an der Gesamtfläche der herrenlos geführten Flurstücke %-Anteil Siedlungsbereich Industrie und Gewerbefläche 252.943,00 16,09% Wohnbaufläche 94.930,52 6,04% Fläche gemischter Nutzung 72.732,00 4,63% Sport-, Freizeit-, und Erholungsfläche 60.655,00 3,86% Tagebau, Grube, Steinbruch 26.520,00 1,69% Friedhof 1.725,00 0,11% Fläche bes. funktionaler Prägung 1.248,00 0,08% Platz 494,00 0,03% Verkehrsbereich Weg 27.847,00 1,77% Straßenverkehr 26.771,00 1,70% Flugverkehr 23.303,00 1,48% Bahnverkehr 1.375,00 0,09% Vegetationsbereich Landwirtschaft 507.419,00 32,27% Wald 304.893,00 19,39% Gehölz 94.449,00 6,01% Unland, vegetationslose Fläche 24.591,00 1,56% Sumpf 9.667,00 0,61% Gewässerbereich Fließgewässer 31.730,00 2,02% Stehendes Gewässer 9.027,00 0,57% Gesamt 1.572.319,52 100,00% Frage 4: Welche Möglichkeiten haben die Kommunen, um Grundstücke bzw. Flurstücke , bei denen der Eigentümer unbekannt ist, wieder verkehrsfähig zu machen? zu Frage 4: Für Kommunen besteht die Möglichkeit, das Land – zuständig ist hier der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen – zu befragen, ob es beabsichtigt, das ihm nach § 928 Abs. 2 BGB zustehende Aneignungsrecht für ein herrenloses Grundstück auszuüben. Solche Anfragen erhält das Land häufig, weil es – als Fiskus – oft nicht zeitnah, teilweise auch gar nicht über einen Eigentumsverzicht unterrichtet wird. Sofern das Land von der Ausübung seines Aneignungsrechts absehen sollte, könnte sich jeder Dritte, damit auch die Belegenheitskommune, das Grundstück aneignen. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen, d. h. bei werthaltigen Grundstücken , oder sofern das Land oder die Belegenheitskommune Wert darauf legen, Einfluss auf die Person des Erwerbers zu haben, behält sich das Land einen Verkauf des Aneignungsrechts vor. Frage 5: Hält es die Landesregierung für rechtlich zulässig, dass Kommunen private Dritte beauftragten, um die Grundeigentümer von bislang herrenlosen Grundstücken /Flurstücken ausfindig zu machen und somit die Verkehrsfähigkeit wiederherzustellen ? zu Frage 5: Ein Grundstück wird als herrenlos bezeichnet, sofern der Eigentümer sein Eigentum wirksam aufgegeben hat. Da die Herrenlosigkeit Rechtsfolge der Eigentumsaufgabe ist, kann auch kein privater Dritter einen Eigentümer eines herrenlosen Grundstücks ermitteln. Die polizeirechtliche Störereigenschaft des ehemaligen Eigentümers bleibt allerdings auch nach einem Eigentumsverzicht bestehen. Ist die- ser bzw. sein Aufenthalt unbekannt, kann er nach dessen Ermittlung weiterhin polizeirechtlich herangezogen werden. Verkehrsfähig wird das Grundstück dadurch aber nicht.