Datum des Eingangs: 07.11.2016 / Ausgegeben: 14.11.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5396 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2159 des Abgeordneten Rainer Genilke der CDU-Fraktion Drucksache 6/5212 Einnahmesituation im SPNV Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Seit 2012 wird der SPNV im Land Brandenburg mit Ausnahme der S-Bahn Berlin aufgrund von Verkehrsverträgen erbracht, die als „Brutto -Verträge“ konzipiert sind. Bei Brutto-Verträgen trägt der Aufgabenträger, also das Land Brandenburg, das Risiko bezüglich der Höhe der Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf . Das Eisenbahnverkehrsunternehmen liefert alle Fahrkartenerlöse beim Aufgabenträger ab und erhält einen festen Preis für die Erbringung der Verkehrsleistung . Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des SPNV kommt daher dem fortlaufenden Controlling der Fahrkartenerlöse im SPNV eine ganz erhebliche Bedeutung zu. Die folgenden Fragen beziehen sich nur auf den Schienen-Regionalverkehr in der Aufgabenträgerschaft des Landes Brandenburg, also den SPNV im Land Brandenburg ohne die Berliner S-Bahn. Falls Teile der Einnahmen unter den Ländern Berlin und Brandenburg nicht Ländergrenzen-scharf abgerechnet werden, beziehen sich die Fragen auf die Einnahmen beider Aufgabenträger, Berlin und Brandenburg . Frage 1: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass sich der Aufgabenträger, mit der Übernahme der Chancen und Risiken der Erlöse aus dem SPNV- Fahrkartenverkauf, in der Verpflichtung sehen muss, die Entwicklung dieser Erlöse fortlaufend zu beobachten und ggf. steuernd einzugreifen, sei es durch Fortentwicklung des Preissystems oder durch Sonderangebote und Marketingmaßnahmen? zu Frage 1: Die Erlösentwicklung wird im Auftrag der Länder durch die VBB GmbH beobachtet. Grundlage sind die verkehrsvertraglichen Einnahmemeldungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Die VBB GmbH überwacht nicht nur die Aufteilung des VBB-Tarifs sondern auch die sachgerechte/angemessene Beteiligung der EVU am bundesweiten DB-Tarif. Die Fortschreibung und Weiterentwicklung des VBB-Tarifs erfolgt gemeinsam mit den im Verbund zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen und den Aufgabenträgern in den Gremien des VBB. Im weiteren Verlauf erfolgt eine Beschlussfassung im VBB-Aufsichtsrat. Das Land Brandenburg beobachtet nicht nur die Erlösentwicklung im SPNV, sondern ist am Tarifentwicklungsverfahren im VBB aktiv beteiligt. Die Ausgestaltung von Sonderangeboten ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des § 12 Abs. 2 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) möglich und wird im VBB auch praktiziert (vgl. die Antworten zu den Fragen 3 bis 5 sowie 14). Frage 2: Wie ist die Sichtweise der Landesregierung auf die Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf im Fall von Brutto-Verträgen im SPNV? Wer ist verantwortlich für die vorgenannten Aufgaben der Steuerung dieser Erlöse? zu Frage 2: Die Übernahme der Erlös-Chancen und -Risiken durch die Aufgabenträger wird durch verkehrsvertragliche Regelungen beschränkt. Jedes von den Ländern beauftragte EVU ist danach verpflichtet, sich so zu verhalten, als würde es das vollständige Erlösrisiko selbst tragen. Damit bleibt das EVU für die Erlöse und die Erlössituation operativ verantwortlich. Die VBB GmbH ist durch die Länder wiederum beauftragt, die in diesem Zusammenhang von den EVU zu erbringenden Leistungen zu kontrollieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 3: Welche Maßnahmen zur fortlaufenden Beobachtung der Erlösentwicklung unternimmt die Landesregierung? Frage 4: Liegen Untersuchungen oder Auswertungen zur Wirkung von Tarifmaßnahmen , zur Zielgenauigkeit von Sonderangeboten und zu neuen Sonderangeboten vor? Falls ja, mit welchem Inhalt? Frage 5: Gibt es andere Anstrengungen, um durch Marktforschung die Wirkung von zusätzlichen Angeboten oder einer Einschränkung der Angebote auf die Höhe der Einnahmen abzuschätzen? zu Fragen 3 bis 5: Die VBB GmbH berichtet den Ländern auftragsgemäß über die Erlösentwicklung. Die Einnahmenentwicklung und damit auch die Wirkung der VBB- Tarifmaßnahmen sind regelmäßig Gegenstand der Beratungen in den Gremien der VBB GmbH. Für einnahmerelevante verbundübergreifende Angebote, wie etwa dem Regio120-Ticket der DB Regio AG liegen gleichermaßen Informationen über die Erlösentwicklung vor. Im DB-Tarif waren seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes Rückgänge zu verzeichnen. Aktuelles Ziel ist es, dem Trend zurückgehender Verkäufe entgegenzuwirken. Erste Ergebnisse zeigen eine positive Entwicklung. Die Entwicklung der Fahrgastnachfrage sowie die Einnahmeentwicklung werden nicht nur vom tariflichen Angebot sondern von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren beeinflusst , die im Rahmen von Marktforschungen ebenfalls zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören u.a. - das verkehrliche Angebot, - die Information zum verkehrlichen Angebot, - die Information zum tariflichen Angebot, - die Zugangsmöglichkeiten zum tariflichen Angebot. Die VBB GmbH führt aus diesem Grund in der Regel anlassbezogene Untersuchungen zu ausgewählten Fragestellungen durch. In den letzten drei Jahren waren dies u.a.: - Zufriedenheit mit Bussen und Bahnen, - Akzeptanz des Vertriebswegs Handytickets, - Optimierung des Tarifberaters, - Chancen integrierter Angebote entlang der Reisekette mit Mobilitätskarten (Gemeinschaftsprojekt). Zur Analyse der Einnahmenentwicklung wird auch auf die verkehrsvertraglich verpflichtenden Einnahmenmeldungen der EVU zurückgegriffen. Sowohl das EVU als auch die VBB GmbH analysieren kontinuierlich die Einnahmensituation. Frage 6: Wie viel Personal wird für diese Aufgaben bei der Landesverwaltung oder dem VBB eingesetzt? Wie qualifiziert ist dieses Personal? Werden darüber hinaus externe Kräfte beschäftigt? zu Frage 6: Die Aufgaben werden im Rahmen des Vertragscontrollings durch das Center für Nahverkehrs- und Qualitätsmanagement bei der VBB GmbH (Center) bearbeitet , im Center werden sowohl im kaufmännischen Bereich ausgebildete Fachkräfte als auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen für diese Aufgaben eingesetzt , in Einzelfällen werden auch externe Gutachter hinzugezogen. Frage 7: Wie wird im Fall des Personals beim VBB sichergestellt, dass dieses Personal ausschließlich die Interessen des Landes Brandenburg als Aufgabenträger im Sinne von mehr Fahrgästen und mehr Einnahmen vertritt und sich nicht durch die Interessen von Verkehrsunternehmen, die Interessen anderer Aufgabenträger oder die Organisationsinteressen des VBB beeinflussen lässt? zu Frage 7: Das Center handelt in enger Abstimmung mit den Ländern Berlin und Brandenburg, die im VBB gemeinsam ihre Verantwortung als Aufgabenträger für den SPNV wahrnehmen. Das Center ist organisatorisch vom sogenannten klassischen Bereich der VBB GmbH getrennt. Frage 8: Welchen Umfang hatten die Einnahmen des Landes Brandenburg aus Fahrkarteneinnahmen und Einnahmen aus der Einnahmenaufteilung im VBB-Tarif aus Brutto-Verträgen im SPNV für die bestellten Linien im Jahr 2015 (bzw. dem letzten Jahr, für das eine komplette Abrechnung vorliegt)? zu Frage 8: Mit Stand 31.12.2015 ergeben sich Gesamteinnahmen im VBB-Tarif in Höhe von 1,344 Mrd. €. Auf das Land Brandenburg entfallen rund 237 Mio. €. Frage 9: Wie haben sich diese Einnahmen in den zehn Jahren zuvor jeweils entwickelt (bitte nach jährlichen Angaben aufschlüsseln)? zu Frage 9: Aussagen über diesen Zeitraum sind nicht möglich, die Verkehrsverträge im SPNV werden erst seit jüngerer Zeit als Bruttoanreizverträge geführt. Bis dahin waren die Länder über die Einnahmedaten nicht verfügungsberechtigt. Frage 10: Welche Prognosen für die weitere Entwicklung werden den Planungen zugrunde gelegt? zu Frage 10: Für die zukünftige Planung werden vom Center Prognosen für den VBB- sowie für den DB-Tarif erstellt. Grundlage dafür sind historische Daten zur Erlösentwicklung . Frage 11: Sind liniengenaue Angaben zu den Einnahmen möglich? zu Frage 11: Nein, die Meldung der Einnahmen erfolgt auf Ebene der Verkehrsverträge . Sie ist damit netzbezogen. Frage 12: Welcher Erlössatz in Eurocent pro Personenkilometer ergibt sich aus der Einnahmenaufteilung im VBB-Tarif für den Regionalverkehr im Land Brandenburg insgesamt? zu Frage 12: Der vorläufige SPNV-Erlössatz beruhend auf dem Datenpool Berlin ABC, Regional und Lokal beträgt in 2014 für Brandenburg ca. 0,065 € (Brutto) und für den Verbundraum ca. 0,071 € (Brutto). Die Angaben beziehen sich auf den SPNV-Regionalverkehr, ohne S-Bahn. Frage 13: Wie verhält sich dieser Satz zum Erlössatz in Eurocent pro Personenkilometer im Fall der Gesamtheit aller Verkehrsunternehmen? zu Frage 13: Das Land Brandenburg ist nur Aufgabenträger für den SPNV und kann daher die Frage zur Erlösergiebigkeit im übrigen ÖPNV nicht beantworten. Die Werte sind auch nicht unmittelbar vergleichbar, da im „übrigen ÖPNV" die Reiseweiten deutlich geringer sind als im SPNV und somit der Erlös je PKM tendenziell höher ist. Frage 14: Welche neuen Angebote werden derzeit untersucht, um weitere Marktpotentiale zu heben und zusätzliche Fahrgäste und/oder Einnahmen zu generieren? zu Frage 14: In diesem Jahr wurde das „Stadt-Land-Meer-Ticket“ eingeführt sowie das „Regio120-Ticket“ bis nach Berlin ausgeweitet. Beide Angebote stellen eine günstige Angebotserweiterung für Fahrten zwischen Berlin und Mecklenburg- Vorpommern sowie Berlin und Sachsen-Anhalt dar. Im nächsten Jahr wird in Kombination mit den mitteldeutschen Ländertickets und dem Regio120-Ticket ein „Lutherticket " angeboten. Kundinnen und Kunden erhalten damit im Jahr 2017 zu einem günstigen Preis zusätzliche Fahrtmöglichkeiten. Des Weiteren werden im VBB- Tarifentwicklungsverfahren kontinuierlich Marktpotentiale und Angebote untersucht. Frage 15: Hält die Landesregierung die bisherigen Bemühungen, durch Marketing mehr Fahrgäste und mehr Einnahmen für den Regionalverkehr generieren, für ausreichend ? zu Frage 15: Die SPNV-Verkehrsverträge enthalten Anreizkomponenten zum Zweck der Fahrgast- und Einnahmensteigerung. Im Rahmen des Anreizsystems werden Fahrgastzuwächse und Einnahmensteigerungen belohnt. Fahrgastrückgänge und Schlechtleistungen (z. B. Verspätungen, Zugausfälle) hingegen werden negativ in Ansatz gebracht. Darüber hinaus sind die EVU verpflichtet, ihre Marketingmaßnahmen mit der VBB GmbH abzustimmen. Ein Großteil der Maßnahmen dient der Kundenbindung und Neukundengewinnung. Die Gesamtwirkung aus Anreizsystem und Marketingmaßnahmen wird als positiv bewertet und untermauert durch Einnahmensteigerungen und Fahrgastzuwächse. Frage 16: Hält die Landesregierung die fortlaufende Beobachtung der Einnahmenentwicklung für angemessen und ausreichend? zu Frage 16: Ja. Frage 17: Beabsichtigt die Landesregierung, den Landtag über die Einnahmen aus Fahrkartenverkauf und Einnahmenaufteilung im VBB-Tarif für den Regionalverkehr mit Bruttoverträgen künftig fortlaufend detailliert (d.h. liniengenau) zu informieren? Frage 18: Falls dies nicht der Fall ist: Wie wird die Verweigerung der Bereitstellung dieser Informationen begründet? zu Fragen 17 und 18: Eine fortlaufende liniengenaue Information ist nicht möglich, da die Meldung der Einnahmen nur aggregiert auf der Ebene der jeweiligen Verkehrsverträge erfolgt (siehe Antwort zu Frage 11). Eine Veröffentlichung ist zudem aus wettbewerblichen Gründen nicht möglich, da nicht alle Verbundverkehrsunternehmen Bruttoanreizverträge halten und daher Wettbewerber der EVU im Fahrgastmarkt sind.