Datum des Eingangs: 15.11.2016 / Ausgegeben: 21.11.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5440 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2187 des Abgeordneten Dieter Dombrowski der CDU-Fraktion Drucksache 6/5283 Unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe des Landesumweltamtes bei der Genehmigung zweier Windparks in der Gemeinde Milower Land? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Für Diskussionen sorgen derzeit zwei Windparks in der Gemeinde Milower Land, die derzeit in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft werden. Einerseits handelt es sich um den Bau von 13 Windkraftanlagen durch das Unternehmen Enercon in einem Waldstück bei Großwudicke und andererseits um Windenergieanlagen der Windpark Schmetzdorf KG, welche die von der Gemeinde favorisierten Anlagen auf einem Feld bei Schmetzdorf errichten will. Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe hinsichtlich des Schutzes des Schwarzstorches. Da Schwarzstörche in der Nähe ihres Horststandortes äußerst störungsempfindlich sind, ist nach den Tierökologischen Abstandskriterien ein Schutzbereich von mindestens 3.000 Meter um den Horst einzuhalten. Der Vorhabenstandort der Windpark Schmetzdorf KG befindet sich etwa 3.400 Meter nordöstlich des im Rahmen von Vogelgutachten ermittelten Standorts des Schwarzstorchhorstes. Die von der Enercon beantragten Anlagen sollen sich innerhalb des Horst-Schutzbereiches von 3.000 Meter befinden. Eine Anlage soll sogar nur eine Entfernung von rund 200 Metern zum Horststandort aufweisen. Presseberichten zufolge, misst das Landesamt für Umwelt hier mit zweierlei Maß und verlangt insbesondere von dem Windpark-Vorhaben, welches den Schwarzstorch am geringsten beeinträchtigt, zahlreiche ornithologische Gutachten. Vorbemerkung: Im Landesamt für Umwelt finden keine unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe bei der Beurteilung vorhabenbezogener Beeinträchtigungen von Vogelarten Anwendung. Die Beurteilung erfolgt bei jedem Windpark gleichermaßen auf Basis der Vorgaben des „Erlasses des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 1. Januar 2011 zur Beachtung naturschutzfachlicher Belange bei der Ausweisung von Windeignungsgebieten und bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“. Die Tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg (TAK) sind Anlage 1 dieses Erlasses. Frage 1: Welche Entfernungen zum Horststandort des Schwarzstorches weisen die Windpark-Vorhaben der Firma Enercon und der Firma Windpark Schmetzdorf KG jeweils auf? Zu Frage 1: Zurzeit wird ermittelt, ob eine Verlagerung des Schwarzstorchbrutplatzes innerhalb des 6 km-Radius um den jeweils zu betrachtenden Windpark stattgefunden hat. Das abschließende Ergebnis, ob und wenn ja wo sich der Schwarzstorchhorst im 3 km- bzw. im 6 km-Radius um den Windpark Großwudicke (Fa. ENERCON GmbH) befindet, steht noch aus. Eine Entfernungsangabe ist daher nicht möglich. Gleiches trifft auf den Windpark Schmetzdorf zu. Das Genehmigungsverfahren ruht derzeit. Frage 2: Welche ornithologischen Gutachten mussten auf Verlangen der Genehmigungsbehörde (Landesamt für Umwelt) von der Enercon einerseits und der Windpark Schmetzdorf KG andererseits bis wann beigebracht werden? Zu Frage 2: Die Antragstellerinnen hatten im Antrag Gutachten zum Vorkommen geschützter Vogelarten nach dem im Vortext genannten Erlass vorzulegen. Im Genehmigungsverfahren der Firma ENERCON GmbH waren von der Antragstellerin bis zum 15.03.2016 und erneut bis zum 14.10.2016 naturschutzfachliche Unterlagen wegen festgestellter Defizite u. a. bei der Erfassung der Avifauna (Erfassung der Brutvogelarten nach Anlage 1 im Schutzbereich (Windkrafterlass, Anl. 2 Nr. 1) / Horsterfassung im 1.000 m-Radius (Windkrafterlass, Anl. 2 Nr. 3)) nachzureichen. Zwischen dem 19.04.2011 und dem 14.07.2016 wurden insgesamt 5 Nachforderungen erhoben. Die letzten beiden wurden mit Schreiben vom 15.04.2015 unter Fristsetzung bis zum 30.06.2015 zu ganzjährig geschützten Niststätten im Bereich der neu geplanten Zuwegung und mit Schreiben vom 14.07.2016 zur Brutvogelart Rotmilan , speziell zu Vorkommen im Untersuchungsgebiet erhoben. Die Nachforderungen wurden wegen zwischenzeitlich geänderter Sach- und Rechtslage und Zeitablauf notwendig. Frage 3: Wie bewertet die zuständige Genehmigungsbehörde die von den zwei Windpark-Vorhaben ausgehende Beeinträchtigung des Schwarzstorches a) am Horststandort und b) hinsichtlich der Freihaltung seiner Nahrungsflächen in der Havelniederung und der Gewährleistung der Erreichbarkeit dieser Flächen? Frage 4: Kreuzen die Flugbewegungen des Schwarzstorches vom Horst zur Havelniederung die beantragten Windpark-Vorhaben? Wenn ja, welches Projekt stört diese ? Zu Fragen 3 und 4: Die Fragen können derzeit nicht beantwortet werden, da der aktuelle Brutplatz nicht bekannt ist. Frage 5: Beide Windpark-Vorhaben sind über die Landesstraße L 97 erreichbar. Aus welchen Gründen genehmigte der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg von der Enercon beantragte Ausfahrten auf die L 97 und warum wurde der Antrag der Windpark Schmetzdorf KG abgelehnt? Zu Frage 5: Der Landesbetrieb Straßenwesen (LS) Brandenburg hatte gegenüber dem Landesamt für Umwelt im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu den jeweiligen Anträgen der Vorhabenträger Windpark Schmetz- dorf KG und ENERCON GmbH Stellung zu nehmen. Dabei hatte der LS die beiden Anträge jeweils in Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen (WEA) unter anbaurechtlichen Belangen und der verkehrlichen Erschließung zu prüfen. Nach § 24 Absatz 1 Ziffer 2 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG) dürfen außerhalb von Ortsdurchfahrten längs der Landes- und Kreisstraßen bauliche Anlagen jeder Art, die über Zufahrten an Landes- oder Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden, nicht errichtet werden. Allerdings kann die Straßenbaubehörde nach § 29 Absatz 9 BbgStrG im begründeten Einzelfall Ausnahmen vom Verbot nach Absatz 1 zulassen, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe der Allgemeinheit die Abweichung erfordern. Die Ausnahmen können mit Bedingungen und Auflagen versehen werden. Die für die jeweiligen Windpark-Vorhaben vorgesehenen Areale der Windpark Schmetzdorf KG und der ENERCON GmbH werden zwar jeweils durch die L 97 durchschnitten. Gleichwohl sind die jeweiligen Areale der Antragsteller ganz unterschiedlich gelegen. Die verkehrliche Erschließung beider Windpark-Vorhaben musste daher vom LS auch unterschiedlich beurteilt werden. Das Areal für das Vorhaben der Windpark Schmetzdorf KG liegt auf offener Feldflur und näher am Ort Schmetzdorf. Entsprechend den dortigen örtlichen Gegebenheiten wurde durch den LS dem abgeändert vorgelegten Erschließungskonzept der Windpark Schmetzdorf KG mit einer rückwärtigen verkehrlichen Erschließung über die Kreisstraße (K) 6319 und über die öffentliche Gemeindestraße in Schmetzdorf zugestimmt. Für die geplante temporäre verkehrliche Erschließung der WEA während der Bauphase wurden Baustellenzufahrten von der L 97 in Aussicht gestellt. Demgegenüber liegt das Areal für das Vorhaben der ENERCON GmbH weiter nördlich Richtung Großwudicke in einem zusammenhängenden Waldgebiet. Für die Errichtung und den Betrieb der WEA der ENERCON GmbH bei Großwudicke konnte nur für die geplanten WEA 10 und 13 eine rückwärtige verkehrliche Erschließung für Wartungsfahrzeuge über die öffentliche Gemeindestraße von Kleinbuckow erfolgen. Aufgrund der örtlichen Situation (zusammenhängendes Waldgebiet, Bahntrasse, keine weiteren öffentlichen Gemeindestraßen usw.) kam eine verkehrliche Erschließung der übrigen WEA des Vorhabens der ENERCON GmbH nur von der L 97 über bestehende Forstzufahrten in Betracht. Dem vom Antragsteller vorgelegten Erschließungskonzept für die Errichtung und den Betrieb der WEA wurde daher seitens des LS unter Auflagen zugestimmt . Frage 6: Wie ist der aktuelle Sachstand der jeweiligen Genehmigungsverfahren? Zu Frage 6: Im Genehmigungsverfahren der Firma Enercon GmbH wurden die Behörden , deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Abschließende Stellungnahmen liegen dem Landesamt für Umwelt noch nicht von allen beteiligten Behörden vor. Am 18.10.2016 fand ein Erörterungstermin statt. Das Genehmigungsverfahren der Firma Windpark Schmetzdorf KG ist auf Antrag der Vorhabenträgerin derzeit ruhend gestellt, bis das OVG Berlin-Brandenburg über den Regionalplan Havelland-Fläming 2020 entschieden hat.