Datum des Eingangs: 30.11.2016 / Ausgegeben: 05.12.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5549 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2237 der Abgeordneten Raik Nowka und Prof. Dr. Michael Schierack der CDU-Fraktion Drucksache 6/5375 Pharmazeutisches Institut im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Apotheker/innen und Experten warnen vor einem zukünftigen Fachkräftemangel im Bereich der Arzneimittelversorgung in Brandenburg . Nach der Analyse der Beschäftigtenstruktur in brandenburgischen Apotheken kommt die ZAB zu dem Schluss, dass ein Bedarf an Apothekern im Land besteht, der nicht durch Universitäten außerhalb Brandenburgs abgedeckt werden kann und empfiehlt daher die Etablierung eines eigenen Pharmaziestudienganges. In Brandenburg könnten zudem durch vielfältige bereits vorhandene Ressourcen an Hochschulen und außeruniversitäre Kooperationsmöglichkeiten die Kosten eines Pharmaziestudiengangs vergleichsweise niedriger als sonst ausfallen. Vorbemerkungen der Landesregierung: Bei der ZAB handelt es sich um die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Brandenburg, welche im Rahmen ihrer regulären Dienstleistungen die „Analyse des Fachkräftebedarfs in Brandenburger Apotheken“ in Kooperation mit dem Partner - Landesapothekerkammer Brandenburg - erstellt hat. Im Wesentlichen wurde im Rahmen der Analyse die Arbeitsmarktsituation der Apothekerinnen und Apotheker sowie der Pharmazieingenieurinnen und - ingenieure in den Blick genommen. Darüber hinaus wurde auf Basis einer Status- Quo-Projektion dargestellt, wie sich der entsprechende Fachkräftebedarf unter den Bedingungen stabiler Rahmenbedingungen in Brandenburg entwickeln würde, d.h. wie ist der Bedarf, wenn die Verhältnisse von 2015 auch 2025 noch gelten sollten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade das Apothekenwesen umfassend EU- und bundesrechtlich reguliert ist. Damit sind zukünftige Rahmenbedingungen nicht immer vorhersehbar. Der Autor der Analyse stellt heraus, dass das Land Brandenburg vor besonderen Herausforderungen hinsichtlich der Fachkräftesicherung steht. Die Analyse der ZAB lässt offen, welche Effekte der Aufbau eines Studiengangs Pharmazie in Brandenburg auf die Studierneigung der Brandenburgerinnen und Brandenburger hätte und ob eine landeseigene Ausbildung bei der Bewältigung der Herausforderungen der Fachkräftesicherung in den ländlichen Regionen einen relevanten Beitrag leisten könnte. Frage 1: Teilt die Landesregierung die Auffassung der ZAB, dass in Brandenburg Bedarf für ein Pharmazeutisches Institut besteht? Wenn nein, was spricht nach Auffassung der Landesregierung gegen die Errichtung eines Pharmazeutischen Instituts im Land? zu Frage 1: Die Analyse der ZAB vertritt nicht die Auffassung, dass im Land Brandenburg Bedarf an einem pharmazeutischen Institut besteht. Die derzeitige Hochschulentwicklungsplanung bis zum Jahr 2025 sieht die Einrichtung eines Pharmazeutischen Studiengangs nicht vor. Eine Änderung ist nicht beabsichtigt. Nach Kenntnis der Landesregierung sind die Absolventenzahlen der 22 Pharmazeutischen Institute, ebenso wie die Zahl der Pharmaziestudierenden in den letzten Jahren steigend. Die Anzahl der approbierten Apotheker/innen ist seit Jahren konstant mit leicht steigender Tendenz. In ihrer Analyse hat die ZAB neben der reinen Datenaufbereitung mögliche Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Akteure/innen formuliert. Ziel dieser Empfehlungen ist es, den arbeitsmarktpolitischen Diskurs in den verschiedenen Bereichen der Fachkräftesicherung anzuregen und denkbare Gestaltungsspielräume zur Diskussion zu stellen. Frage 2: Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über aktuelle und künftige Bedarfe der Arzneimittelversorgung im Bereich der Apotheken? zu Frage 2: Die 573 öffentlichen Apotheken im Land Brandenburg (Stand 31.10.2016) sichern am Tag und auch im nächtlichen Notdienst sowie an Sonn- und Feiertagen eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Die Zahl der Apotheken im Land Brandenburg lag in den zurückliegenden drei Jahren im Jahresmittel konstant bei 576 Apotheken. Negative Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung sind nicht zu erkennen, wenn statistisch gesehen eine Apotheke im Land Brandenburg unwesentlich mehr Patienten /Patientinnen versorgt als in vergleichbaren Bundesländern. Die konstante Zahl an Apotheken trägt zur wirtschaftlichen Stabilität der Einzelbetriebe bei. Es sind für einen mittelfristigen Zeitraum bis 2020 keine substantiellen, nachteiligen Veränderungen zu erwarten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Rahmenbedingungen für die inhabergeführten Apotheken erhalten bleiben. Die Präsenz einer Apotheke korreliert u.a. mit der Präsenz von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten vor Ort. Auch lässt sich derzeit nicht abschätzen, wie sich bundes- und EU- rechtliche Rahmenbedingungen verändern werden. Zum Beispiel ist derzeit nicht absehbar, wie sich der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln mit Blick auf das aktuelle EuGH-Urteil entwickeln wird und welche langfristigen Auswirkungen dies auf bestehende Strukturen haben könnte. Frage 3: Sind in den Kreisen des Landes unterschiedliche Bedarfe feststellbar und wenn ja, worin unterscheiden sich diese in den jeweiligen Regionen? zu Frage 3: Die Zahl der brandenburgischen Apotheken ist seit vielen Jahren stabil. Pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern stehen im Land Brandenburg durchschnittlich 25 Apotheken zur Verfügung. Nach Auskunft des Apothekerverbandes Brandenburg stellt sich die Versorgungslage in den Kreisen und kreisfreien Städten des Landes nur geringfügig differenziert dar: - Uckermark, Barnim, Potsdam-Mittelmark, Havelland, Spree-Neiße und Teltow- Fläming: 23 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern - Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Märkisch-Oderland, Brandenburg/Havel, Potsdam, Elbe-Elster, Dahme-Spreewald und Oder-Spree: 24 bis 25 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern - Prignitz, Oberspreewald-Lausitz, Cottbus und Frankfurt: 26 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern Im Zeitraum von 2005 bis 2015 war die überwiegende Mehrheit der Apothekerinnen und Apotheker im Land Brandenburg als Selbstständige oder sozialversicherungspflichtig Angestellte in öffentlichen Apotheken tätig, wobei der Anteil der selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker rückläufig ist: - 2005 900 Apotheker/innen, davon 503 Selbstständige (= 55,9%) und 397 (= 44,1%) Angestellte - 2015 1.135 Apotheker/innen, davon 453 Selbstständige (= 47,9%) und 682 (= 52,1%) Angestellte Hinsichtlich der Altersstruktur sind bei den über 55-jährigen Apothekerinnen und Apothekern regionale Unterschiede zu beobachten, in einzelnen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten liegt dieser Anteil mit mehr als einem Drittel deutlich über dem Landesdurchschnitt (21,7%). Die regionale Perspektive zeigt, dass vor allem die selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker durch einen hohen Anteil Älterer geprägt sind. Frage 4: Welches konkrete Konzept hat die Landesregierung über diese Erkenntnisse hinausgehend zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln im Land Brandenburg? zu Frage 4: Im Land Brandenburg ist die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sichergestellt, die Zahl der öffentlichen Apotheken liegt seit einigen Jahren stabil bei 570 – 580. Die Versorgungslage zu erhalten, ist der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Das Land Brandenburg finanziert auch deshalb seit Jahren die Ausbildung des Pharmazeutisch-Technischen Assistenten (PTA) durch Förderung der Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe e.V. Eisenhüttenstadt. Diese Förderung ist freiwillig und geschieht mit Blick auf den Fachkräftebedarf in Apotheken. Der Apothekerberuf ist ein Heilberuf mit Niederlassungsfreiheit. Diese Freiheit bedeutet auf der anderen Seite, dass jegliche regulierenden Planungen des Staates einen Eingriff in die Berufsfreiheit gem. Art 12 Grundgesetz bedeuten können. Niedergelassene Apothekerinnen und Apotheker sind zwar zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben hinsichtlich des Apothekenbetriebs verpflichtet, eine gesetzliche Vorgabe mit Blick auf den Niederlassungsort der Apotheke besteht dagegen nicht. Apothekerinnen und Apotheker sind Heilberufler und Kaufleute in Personalunion. Sie sind in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Apotheke abhängig von der örtlichen Infrastruktur. Von Relevanz sind dabei z.B.: - Art und Anzahl der vor Ort ansässigen Ärztinnen und Ärzte sowie ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen - Anzahl bereits niedergelassener Apotheken im Umkreis - Entfernung zu Niederlassungen der Arzneimittelgroßhändler - Bevölkerungsstruktur mit Hinblick auf Umsatzerwartungen und auf potentielle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Apotheke Für die junge, nachrückende Generation von Apothekerinnen und Apothekern ist langfristige Planungssicherheit ein essentielles Kriterium. Neben den wirtschaftlichen Aspekten spielen zugleich solche Faktoren eine Rolle, die das soziale und gesell- schaftliche Umfeld betreffen. Dazu gehören gerade für junge Familien die Kinderbetreuung , Angebote für Schulen und kulturelle Aktivitäten. Die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen und Anreize für junge Menschen, als selbstständige Apothekerinnen und Apotheker tätig zu sein, stellt eine strukturelle Herausforderung dar, die in den Kommunen bzw. Regionen erörtert und gesteuert werden muss. Der wichtige Diskurs zur Arzneimittelversorgung im Land Brandenburg mit seinen unterschiedlichen Bezügen wird von der Landesregierung weiterhin aktiv unterstützt werden.