Datum des Eingangs: 13.12.2016 / Ausgegeben: 19.12.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5644 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2270 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/5474 Putenhaltung in Roddahn Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Ende September 2016 berichtete das Fernsehmagazin „Panorama“ über filmisch belegte Missstände in verschiedenen Tierhaltungsanlagen in Deutschland, darunter auch in einer Putenmastanlage in Roddahn (Ostprignitz-Ruppin). Frage 1: Gab es nach Kenntnis der Landesregierung vor oder nach der Berichterstattung Kontrollen des zuständigen Veterinäramtes in der Putenmastanlage? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? zu Frage 1: Das Bild- und Filmmaterial stammt laut Mitteilung des zuständigen Veterinär - und Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin (VLÜA) aus dem Jahr 2015. Die Berichterstattung in der Presse und im Fernsehen erfolgte am 23. September 2016. Im Zeitraum vor der Berichterstattung fanden zwischen dem 1. Januar 2015 und 31. August 2016 insgesamt 36 Betriebsbesuche und -kontrollen durch das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt in 4 Betriebsteilen statt. Alle Kontrollen innerhalb dieses Zeitraumes verliefen jeweils ohne Beanstandungen. Im Jahr 2015 wurden ca. 256.000 sowie bis zum 31. August 2016 ca. 166.000 Mastputen nach Lebendtierbeschau durch den Amtsveterinär ausgestallt . Aufgrund eines geplanten QS-Audits fand am 19. September 2016 unter Beteiligung eines Auditors, der bestandsbetreuenden Tierärztin und der Ehefrau des Firmeninhabers sowie eines Amtstierarztes eine Kontrolle in der Gut Jäglitz GmbH & Co. KG in Roddahn statt. Bei dem am Vormittag durchgeführten Stalldurchgang wurde u.a. festgestellt, dass es in einem der sieben Ställe Waschbären gibt, wodurch die Tiere beunruhigt wurden. In jedem Stall gab es auffällige Tiere mit Flügelverletzungen . Nicht in jedem Stall war, wie vorgeschrieben, ein Krankenabteil vorhanden. Aufgrund der Feststellungen wurde die weitere Auslieferung der Tiere zum Schlachthof sofort gestoppt. Die Betriebsleitung organisierte einen erneuten zweiten Stalldurchgang , wobei hier bereits alle festgestellten Abweichungen von den gesetzlichen An- forderungen abgestellt waren. Zwischenzeitlich waren ca. 55 verletzte Tiere selektiert bzw. in Krankenabteile verbracht worden. Vom Amtstierarzt wurde angekündigt, dass die vorgefundene Situation bei der Kontrolle die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens erforderlich macht. Als Ursachen der erhöhten Anzahl an verletzten Tieren wurden ein Vitamin-A-Mangel und technische Probleme bei der Fütterung angesehen (beim Streuen kein Hochziehen der Futterlinien). Das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt verfügte unter Zwangsgeldandrohung eine dauerhafte Einrichtung von Krankenabteilen in jedem Stall sowie verletzte Tiere unverzüglich zu selektieren bzw. in Krankenabteile umzusetzen. Dem Geschäftsführer wurde aufgegeben , regelmäßige Schulungen und Belehrungen der Mitarbeiter zum tierschutzgerechten Umgang mit den Tieren durchzuführen und aktenkundig zu dokumentieren. Nachkontrollen fanden durch das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt zeitnah und unangemeldet statt. Alle Auflagen der Ordnungsverfügung wurden durch den Tierhalter erfüllt. Weiterhin wurden keine gravierenden Mängel festgestellt. Sachkundeschulungen für die Mitarbeiter waren bereits durchgeführt worden. Zusätzlich wurden Gespräche mit der bestandsbetreuenden Tierärztin geführt. Frage 2: Trifft die Presseberichterstattung zu, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat? In welchem Verfahrensstadium befinden sich ggf. diese Ermittlungen ? zu Frage 2: Die Amtstierärztin des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes arbeitet derzeit der Staatsanwaltschaft Neuruppin zu. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird geprüft, ob ein Anfangsverdacht wegen Tierschutzverstößen gegen den Geschäftsführer vorliegt. Frage 3: In der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind – im Gegensatz zu anderen Nutztierarten – für Puten keine konkreten Anforderungen an die Haltungsbedingungen vorgeschrieben. Nach welchen Kriterien beurteilen die Veterinärbehörden bei der Zulassung und bei Kontrollen, ob die Haltung artgerecht erfolgt? zu Frage 3: Die Beurteilung der Tierschutzgerechtheit von Putenhaltungen erfolgt unter Beachtung von: - Tierschutzgesetz i.V.m. - Europaratsempfehlungen für die Haltung von Puten - Allgemeine Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, - Verwaltungsvorschrift „§ 16 Tierschutzgesetz - Tierschutzrechtliche Beurteilung der Mast von Junghühnern (Broiler, Masthähnchen), Mastputen und Pekingmastenten“, Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung vom 14. Juni 2000 - Selbstverpflichtung des Betriebes – Freiwillige Vereinbarung der Geflügelzüchter nach den Bundeseinheitlichen Eckwerten für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen (März 2013). Frage 4: Anwohner der Putenmastanlage haben 2011 bei Landesamt für Umwelt einen Antrag auf Erlass einer nachträglichen Anordnung gestellt, um Geruchsemissionen im direkten Umfeld zu mindern. Wie ist der Bearbeitungsstand und wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? zu Frage 4: Die vor Erlass einer nachträglichen Anordnung durchzuführende Sachverhaltsermittlung und in Folge die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Anla- genbetreibers durch das Landesamt für Umwelt sind erfolgt. Nach Abschluss der derzeit laufenden rechtlichen Prüfung der anzuordnenden Maßnahmen wird die Anordnung zeitnah, voraussichtlich noch in diesem Jahr erlassen.