Datum des Eingangs: 15.12.2016 / Ausgegeben: 20.12.2016 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5718 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2264 des Abgeordneten Benjamin Raschke der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 6/5464 Klare Spree - Bewirtschaftung der Talsperre Spremberg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Die Talsperre Spremberg wird durch das Landesamt für Umwelt bewirtschaftet. Sie leistet einen großen Beitrag zur Wasserregulierung bei den Spree-Anliegern unterhalb der Talsperre, ganz besonders beim Hochwasserschutz. Seit dem zunehmenden oberflächennahen Austreten von Eisen übernimmt die Talsperre mit Vor- und Hauptsperre zusätzlich die Funktion als Absatzbecken bzw. Flusskläranlage für Eisenhydroxid. Die Fließgeschwindigkeit verringert sich und Eisenhydroxid setzt sich als Schlamm (EHS) in der Vorsperre Bülow, aber auch in der Hauptsperre ab. Schätzungsweise bis zu 7.000 kg Eisen erreichen täglich die Talsperre Spremberg. Bürger, Verbände und Bürgerinitiativen zeigen sich zunehmend besorgt, inwieweit die Talsperre bei einem Hochwasserereignis die ständig anwachsende EHS-Menge zurückhalten kann. Es besteht die Sorge, dass bei einem Hochwasserereignis das EHS mobilisiert und ausgetragen wird und sich dann insbesondere im Biosphärenreservat Spreewald mit ökologisch schädlichen Auswirkungen absetzen wird. Vorbemerkung: Die Landesregierung arbeitet derzeit gemeinsam mit den nachgeordneten Behörden unter Beteiligung der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) an einer Konzeption, die sowohl die praktischen Erfordernisse als auch die Finanzierung zur Behandlung der Eisenockerproblematik in der Talsperre Spremberg festlegen soll. Absetzverhalten des Eisenockers in der Talsperre Frage 1: Wie viel Eisenhydroxid setzt sich im Durchschnitt der letzten drei Jahre täglich in der Talsperre Spremberg ab (bitte Angabe in kg/d)? Wie viel des ankommenden Eisenockers setzt sich in der Vorsperre und wie viel in der Hauptsperre ab (bitte Angaben in kg/d für Vorsperre und Hauptsperre)? zu Frage 1: Aus den bisherigen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Eisenhydroxid (EHS) - Behandlung und Beräumung der Vorsperre Bühlow wird deutlich, dass täglich durchschnittlich 5.000 kg EHS in die Vorsperre gespült werden. Zur Hauptsperre liegen keine vergleichbaren Erhebungsergebnisse vor. Frage 2: Inwieweit erwartet die Landesregierung, dass sich der Durchschnittswert der letzten drei Jahre in den nächsten 10 und 20 Jahren ändern wird? zu Frage 2: Der Eintrag von Eisen in die Spree oberhalb von Spremberg erfolgt überwiegend über den diffusen Grundwasserzustrom im Gebiet der Spreewitzer Rinne im Freistaat Sachsen. Mit den gegenwärtig in Planung bzw. Umsetzung befindlichen Maßnahmen der LMBV soll in diesem Gebiet in den nächsten 5 bis 8 Jahren eine Reduzierung der derzeitigen Eisenkonzentration bis maximal 50 % erreicht werden . Darüber hinaus laufen weitere Untersuchungen, um diese Konzentrationen weiter senken zu können. Da der bergbaulich bedingte Grundwasserwiederanstieg allerdings noch nicht abgeschlossen ist, kann der Eiseneintrag in die Fließgewässer auch noch variieren. Frage 3: Wie viele Jahre kann die Hauptsperre EHS ohne Ausbaggerung unter Beibehaltung der Rückhaltefunktion bei Hochwasser aufnehmen? zu Frage 3: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Ablagerung ist immer abhängig von den dafür maßgeblichen Randbedingungen, z. B. von den einströmenden Wassermengen, der Strömungsverteilung in der Hauptsperre sowie der Windbeeinflussung. Hochwasserschutz Frage 4: Kam es in der Vergangenheit bereits zu Vorfällen, dass Eisenhydroxid aus der Talsperre in die unteren Flussläufe ausgetreten ist? Wenn ja, wann und in welcher Menge? zu Frage 4: Eisen (gesamt) wird in Konzentrationen zwischen 0,3 und 1,0 mg/l ständig aus der Talsperre Spremberg (Messstelle: Bräsinchen) in die darunter liegende Spree ausgetragen. Die höchste Eisenkonzentration im Auslauf der Talsperre wurde mit bis zu 1,5 mg/l beim Junihochwasser 2013 gemessen. Sie wurde vor allem durch die kurze Verweilzeit und die entsprechend verringerte Oxidationsrate von Eisen(II) verursacht. Der Eisengehalt (gesamt) ist auf der Internetseite des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) unter der Rubrik Messpunkte Spree dokumentiert : http://www.geo.brandenburg.de/monitoring_spree Frage 5: Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Landesregierung vor, welche belegen, dass eine Mobilisierung von EHS am Boden der Talsperre bei einem Hochwasserereignis nicht stattfindet? Insofern der Landesregierung keine wissenschaftlichen Gutachten zur Sedimentation bzw. Mobilisierung von Eisenhydroxid in der Vor- und Hauptsperre bei einem Hochwasserereignis vorliegen, welche wissenschaftlichen Untersuchungen sind geplant, um eine fachliche Einschätzung zum Risiko der EHS-Mobilisierung bei einem Hochwasserereignis zu erlangen und daraus entsprechende Schutz- und Bewirtschaftungsmaßnahmen abzuleiten? zu Frage 5: Die vorliegenden Studien untersuchten das Retentionsverhalten von EHS. Die Sedimentuntersuchungen haben dabei gezeigt, dass sich kein lockerer Eisenschlamm auf dem Grund der Talsperre akkumuliert. Die Eisenausfällungen vermischen sich mit den mineralischen Schwebstoffen und den organischen Sinkstoffen und bilden ein vergleichsweise kompaktes Sediment (Fortführung der Studie zur Talsperre Spremberg; Abschlussbericht: Dezember 2013). Resuspensionen wurden aber nicht explizit behandelt. Wissenschaftliche Untersuchungen sind dazu bisher nicht geplant. Frage 6: In welcher Konzentration (EHS/m³ Wasser) und in welchen Mengen könnte Eisenhydroxid bei einem Hochwasserereignis aus der Talsperre ausgetragen werden? zu Frage 6: Die Konzentrationen an gesamtem Eisen lagen bei dem Hochwasser im Juni 2013, ein etwa 20-jährliches Hochwasserereignis der Spree, bei 0,5 – 1,5 mg/l. Bei höheren Hochwasserereignissen können noch geringfügig höhere Konzentrationen bis ca. 2,0 mg/l auftreten. Wegen der sehr starken Verdünnungswirkung im Zulauf (< 2 mg/l) und der geringen Wahrscheinlichkeit von Eisenausträgen nach Remobilisierungen wird die Konzentrationssteigerung eher gering ausfallen. Die Frachten im Abfluss sind prinzipiell abhängig von der Durchflussmenge und können bei 7 – 70 t / Tag liegen. Frage 7: Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, dass bei einem Hochwasserereignis EHS aus der Talsperre mobilisiert wird, aus der Talsperre austritt und sich in den Fließen des Spreewaldes absetzt? Bitte die Einschätzung fachlich begründen. Frage 8: Welche ökonomischen und ökologischen Auswirkungen für Mensch und Umwelt sind aus Sicht der Landesregierung für das Biosphärenreservat Spreewald bei einem Austreten von EHS bei einem Hochwasserereignis zu erwarten? Zu den Fragen 7 und 8: Eine zusätzliche Gefährdung des Spreewaldes durch hochwasserbedingte EHS-Einträge ist als gering einzuschätzen. Aus dem etwa 20- jährlichen Hochwasserereignis der Spree im Sommer 2013 ist ableitbar, dass es bis zu diesen Hochwasserabflüssen keine am Abfluss aus der Talsperre wirksame Remobilisierung von EHS gab. Auch gezielte Nachsuchen im Nachgang des Hochwasserereignisses 2013 nach frischen Ablagerungen von EHS in jeweils mehreren Fließen im Oberspreewald und im Unterspreewald verliefen negativ. Als Ursache wurden die hohen Strömungsgeschwindigkeiten während des Hochwassers eingegrenzt, abgesetzter Schlamm wurde demnach aus den natürlichen, durchströmten Armen der Spree ausgetragen und in den Neuendorfer See verfrachtet. In den kaum durchströmten künstlichen Fließen und Querverbindungen (Kahnfahrten) waren die Umlagerungsprozesse an Schlamm deutlich weniger intensiv bzw. nicht feststellbar. Frische Ockerspuren fanden sich jedoch auch hier nicht. Beräumungskonzept Frage 9: Bitte geben Sie einen Überblick, welche Arten der Beräumung für die Vorsperre und für die Hauptsperre technisch bestehen, z.B. Beckenart, Art der ausgebaggerten Sedimente, geographische Ausdehnung der Beräumung. zu Frage 9: Die Beräumung der Vorsperre erfolgt im Saugspülverfahren, eine andere Technologie ist aufgrund der bestehenden Randbedingungen nicht möglich. Die Beräumung der Hauptsperre war nie vorgesehen und wäre auch aufgrund der dafür notwendigen Voraussetzungen (z. B. Flächenbedarf der dafür erforderlichen Absetzbecken oder anderen Entwässerungseinrichtungen) nicht sinnvoll. Die größten Ablagerungen in der Hauptsperre befinden sich im südlichen Beckenbereich. Frage 10: Wie oft wurde die Vorsperre Bülow in den letzten 20 Jahren beräumt? zu Frage 10: Die Vorsperre Bühlow wurde in diesem Zeitraum zweimal beräumt. Frage 11: Wann fand die letzte Räumung der Vorsperre statt und welche Teile der Vorsperre wurden genau beräumt? zu Frage 11: Die Vorsperre Bühlow wurde von April bis November 2012 komplett beräumt. Frage 12: Welche Kosten entstanden bei der letzten Beräumung der Vorsperre und von wem wurden diese getragen? zu Frage 12: Für die Beräumung der Vorsperre Bühlow wurden insgesamt 6,3 Mio € ausgegeben. Finanziert wurde dieses Vorhaben vom Landesamt für Umwelt (LfU). Frage 13: Wie oft wäre eine Ausbaggerung der Vorsperre durch die zusätzliche Sedimentation des Eisenockers fachlich notwendig? zu Frage 13: Nach aktuellen Erkenntnissen werden im Durchschnitt jährlich etwa 30.000 m³ EHS und 20.000 m³ Sedimente in der Vorsperre abgelagert. Bei einem Fassungsvermögen von 200.000 m³ wäre die Vorsperre nach spätestens 4 bis 5 Jahren wieder zu beräumen. Die nächste Beräumung ist in 2017 vorgesehen. Baggergut – Lagerung und Verwertung Frage 14: Welche Mengen an Baggergut fallen durchschnittlich bei einer Ausbaggerung der Vorsperre und einer Räumung der Talsperre an? zu Frage 14: Die Vorsperre Bühlow kann 200.000 m³ Ablagerungen aufnehmen. Die Vorsperre wird in der Regel nach der vollständigen Füllung des Absetzraumes beräumt . Die Beräumung der Talsperre ist nicht vorgesehen, siehe Antwort zu Frage 9. Frage 15: Wo und wie wurde das Baggergut in der Vergangenheit und in Zukunft gelagert? Ergeben sich durch den Eintrag des Eisens andere Anforderungen an die Lagerung des Baggergutes insbesondere unter der Berücksichtigung einer zukünftigen Verwertung des eisenhaltigen Baggergutes? Wenn ja, welche? Frage 17: Welcher Art der Verwertung wurde das Baggergut in der Vergangenheit zugeführt? Wie hoch war der Anteil des zu verwertenden und des zu deponierenden Baggergutes in der Vergangenheit? Zu den Fragen 15 und 17: Das Baggergut aus der Vorsperre Bühlow wurde in der Vergangenheit teilweise für Geländeprofilierungen genutzt (bis 1990). Danach wur- den die Sedimente deponiert bzw. auch als Abdeckmaterial für eine Deponie nahe Spremberg genutzt. Durch den Eintrag des reinen Eisenhydroxids ergeben sich keine zusätzlichen Anforderungen. Die konkreten Anteile des verwerteten und deponierten Baggerguts liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 16: Welche Untersuchungen des Baggergutes werden in der Regel durchgeführt? Wo sind die Untersuchungsergebnisse des Baggergutes einsehbar? zu Frage 16: Die Untersuchung des Baggergutes wird nach den Regelungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) ausgeführt. Die Ergebnisse der letzten Beräumung der Vorsperre können im LfU eingesehen werden. Frage 18: Welche neuen Arten der Verwertung des Baggergutes ergeben sich durch den zunehmenden Anteil des Eisens im Baggergut? Wie hoch ist schätzungsweise der Anteil des zu verwertenden und des zu deponierenden Baggergutes mit dem zukünftigen Blick auf einen zunehmenden Anteil an Eisen im Baggergut? zu Frage 18: Das Baggergut aus der Vorsperre Bühlow besteht aus einer Mischung von Sedimenten, EHS, organischen Anteilen und anderer Stoffe. Nach bisherigem Kenntnisstand und eingeholten Auskünften von mit der Verwertung von EHS beschäftigten Firmen ist eine Verwertung dieses Materialgemischs nicht wirtschaftlich.