Datum des Eingangs: 06.02.2015 / Ausgegeben: 11.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/585 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 177 des Abgeordneten Christoph Schulze fraktionslos Drucksache 6/418 Zuständigkeit für Klagen im Bereich Schallschutz rund um den BER Wortlaut der Kleinen Anfrage 177 vom 14. Januar 2015: Zehntausende von Bürgerinnen und Bürgern haben im Rahmen des Planfeststel- lungsbeschlusses bzw. aus dem Planfeststellungsbeschluss heraus einen Anspruch auf Realisierung von Schallschutzmaßnahmen im Umfeld des Flughafen BER. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten dazu durch die privat gesellschaftsrechtlich organi- sierte Flughafen GmbH FBB (mit den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und Bund) sogenannte „Anspruchsermittlungen“ für Schallschutz oder eine Entschädigung. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger ihren Widerspruch und eine möglicherweise anderslautende Rechtsauffassung gel- tend machen können. Nach dem Grundgesetz gibt es eine Rechtswegegarantie und jeder Bürger hat das Recht, sich vor einem ordentlichen deutschen Gericht gegen eine Rechtsverkürzung zu wehren. Nun ist im § 48 Abs. 1 Ziff. 6 der Verwaltungsge- richtsordnung geklärt, dass die Zuständigkeit im erstinstanzlichen Bereich für Klagen aus allen Fragen, die ein Luftverkehrsprojekt bzw. ein Flughafenprojekt betreffen, das jeweilige Oberverwaltungsgericht ist. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, und das hat in der Vergangenheit bisher auch so stattgefunden, dass das Oberver- waltungsgericht Berlin-Brandenburg für alle Klagen von Bürgerinnen und Bürgern im Hinblick auf Rechtsschutz gegen das Handeln der Flughafengesellschaft beim Ober- verwaltungsgericht geltend machen können oder müssen. Dementsprechend ist in der Vergangenheit auch verfahren worden, und alle diesbezüglichen Verfahren wur- den beim Oberverwaltungsgericht geführt. Erstmals am 8. Dezember 2014 ließ der erkennende Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg erste Zweifel an der Zuständigkeit für alle Klagen, die vom Flughafen Berlin-Schönefeld BER ausge- hen. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: 1. Ist das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zuständig für alle Klagen von Bürgern in allen den Flughafen betreffenden Fragen, so auch bei Klagen gegen fehlerhafte Anspruchsermittlungen (ASE) für Schallschutz, oder muss sich der Bürger an andere Gerichte wenden? Wenn ja, welche? 2. Worauf stützt die Landesregierung die Rechtsauffassung der Fragen der Zuständigkeit ? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zuständig für alle Klagen von Bürgern in allen den Flughafen betreffenden Fragen, so auch bei Klagen gegen feh- lerhafte Anspruchsermittlungen (ASE) für Schallschutz, oder muss sich der Bürger an andere Gerichte wenden? Wenn ja, welche? Frage 2: Worauf stützt die Landesregierung die Rechtsauffassung der Fragen der Zuständig- keit? zu den Fragen 1 und 2: Die Fragestellungen geben Anlass darauf hinzuweisen, dass es der Landesregierung verwehrt ist, Rechtsberatung im Wege der Auskunftserteilung nach Artikel 56 Abs. 2 Satz 2 der Landesverfassung zu leisten. Daher beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf allgemeine Feststellungen zur Rechtslage. Wie sich aus dem Bezug genommenen Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, insbesondere aus der vorliegenden Begründung des Urteils vom 8. Dezember 2014 (OVG 6 A 13.14) ergibt, besteht die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO nur, soweit die Streitigkeit den Betrieb von Verkehrsflughäfen betrifft. Das ist nach der obigen Entscheidung anzunehmen, wenn ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang mit dem Betrieb des Flughafens besteht. Ein solcher Zusammenhang war in dem obigen Verfahren mit der Begründung bejaht worden, dass die Gewährleistung des passiven Schallschutzes Teil der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Flughafenbetriebs ist. In dem Planfeststellungsverfahren zum BER sind Lärmschutzauflagen festgesetzt worden, aus denen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für die betroffenen Bürger und Bürgerinnen ein Anspruch gegen die FBB GmbH auf Kostenübernahme oder unmittelbare Gewährleistung der erforderlichen passiven Schallschutzmaßnahmen abzuleiten ist, der auch gerichtlich verfolgt werden kann. Der im Verfahren streitige Leistungsanspruch auf Umsetzung der Schutzauflagen dieses Planfeststellungsbeschlusses betraf allerdings die Frage, ob die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegte Grobplanung der Flugverfahren für die Dimensionierung des Schallschutzes maßgeblich ist oder nicht viel eher - wie dies die FBB GmbH getan hatte - die Vorgaben der später erlassenen 247. und 248. Durchführungsverordnungen zur Luftverkehrs-Ordnung aus dem Jahr 2012 maßgeblich sind. Daher ist es möglich, dass anderweitige Rügen von Bürgerinnen und Bürgern, die nicht den engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang zum Flughafenbetrieb aufweisen, nicht vor dem Oberverwaltungsgericht, sondern entweder vor dem Verwaltungsgericht oder im Falle, dass es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt, vor dem örtlich zuständigen Amts- oder Landgericht (je nach Höhe des Streitwerts) geltend gemacht werden müssen. Wie schon in der Antwort zur Kleinen Anfrage Nr. 128 (LT-Drs. 6/472) unter 5. ausgeführt , entscheiden über die Zuständigkeit die Gerichte selbst verbindlich. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte für Klagen von Bürgerinnen und Bürgern ist vom jeweiligen Klagegegenstand abhängig. Darüber verfügen aber die klagenden Anwohnerinnen und Anwohner und nicht die Landesregierung.