Datum des Eingangs: 06.02.2015 / Ausgegeben: 11.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/587 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 163 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig und Raik Nowka der CDU-Fraktion Drucksache 6/375 Nachfrage zur Kleinen Anfrage 102 „Jodprophylaxe in Brandenburg mit Kalium 65 AApot Tabletten“ Wortlaut der Kleinen Anfrage 163 vom 08.01.2015: Die Landesregierung teilte mit, dass „eine kostenlose Ausgabe von Kalium-Iodid- Tabletten bei Erfordernis nach einem nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor erfolgen würde.“ Diese Aussage steht im Widerspruch zur Lehrmeinung, die die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Einnahme von Kalium-Iodid-Tabletten, möglichst mehr als 24 Stunden vor dem Eintreffen einer radioaktiven Wolke, empfiehlt. Die Lehrmeinung besagt weiter, dass es nur eine schützende Wirkung für die Brandenburger Bevölkerung gibt, wenn die Einnahme vor der radioaktiven Belastung erfolgt ist. So liegt die Wirkung bei einer Einnahme drei Stunden nach einem nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor bei nur noch ca. 50 %. Nach ca. zehn Stunden ist laut Lehrmeinung keine schützende Wirkung durch Kalium-Iodid- Tabletten mehr nachweisbar. Zudem haben Wissenschaftler festgestellt, dass eine zu späte Einnahme von Kalium-Iodid-Tabletten die Bürger sogar schädigen kann, wenn die Körper bereits vorher radioaktives Jod aufgenommen haben. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche „Regelungen des Arzneimittelrechts“ lassen eine vorsorgliche Verteilung von Kaliumiodid 65 AApot Tabletten, an die potentiell gefährdete Bevölkerung in Potsdam, nicht zu? 2. Wann sieht der bestehende Katastrophenschutzplan für einen nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor die Abgabe von Kalium-Iodid-Tabletten an die Brandenburger Bürger vor? 3. Wer führt die kostenlose Ausgabe von Kalium-Iodid-Tabletten nach einem nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor in Potsdam durch? Wie hoch ist die für den Ernstfall vorgehaltene Menge an Kalium-Iodid-Tabletten für die Potsdamer Bevölkerung? 4. Wie hoch ist die Menge an Kalium-Iodid-Tabletten, die in der „dezentralen Landesbevorratung“ aktuell verfügbar ist? 5. Die Landesregierung schreibt: „Gegenwärtig werden die Erfahrungen aus dem Nuklearunfall in Fukushima auf Bund-Länder-Ebene ausgewertet.“ Das betreffende Erdbeben und der nachfolgende Tsunami waren am 11. März 2011. Wann werden die „abschließenden Ergebnisse“ voraussichtlich vorliegen? 6. Wie hoch wären die Kosten, um die potentiell gefährdete Bevölkerung in Potsdam vorsorglich mit Kaliumiodid 65 AApot Tabletten auszustatten? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche „Regelungen des Arzneimittelrechts“ lassen eine vorsorgliche Verteilung von Kaliumiodid 65 AApot Tabletten, an die potentiell gefährdete Bevölkerung in Potsdam, nicht zu? zu Frage 1: Kaliumiodid 65 AApot Tabletten sind für Deutschland nicht zugelassen und dürfen daher gemäß § 73 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht importiert werden. Die Verordnung zur Abgabe von kaliumiodidhaltigen Arzneimitteln zu Iodblockade der Schilddrüse bei radiologischen Ereignissen (Kaliumiodidverordnung – KIV) § 2 Absatz 2 i. V. m. § 1 Absatz 2 regelt, dass eine prophylaktische Abgabe auf Veranlassung der zuständigen Behörde an den Endverbraucher nur bei einem radiologischen Ereignis erfolgen kann. Frage 2: Wann sieht der bestehende Katastrophenschutzplan für einen nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor die Abgabe von Kalium-Iodid-Tabletten an die Brandenburger Bürger vor? zu Frage 2: Mit der Ausrufung des Katastrophenfalles wird die Verteilung der Kalium-Iodid- Tabletten an die betroffenen Bürger vorbereitet und bei der Möglichkeit, den Dosisschwellwert zu erreichen, realisiert. Die Einnahme der Kalium-Iodid-Tabletten wird sodann von der Zentralen Katastrophenschutzleitung in Abhängigkeit von den konkreten Bedingungen empfohlen. Es soll damit eine unnötige Einnahme der Tabletten vermieden werden. Frage 3: Wer führt die kostenlose Ausgabe von Kalium-Iodid-Tabletten nach einem nuklearen Unfall im Berliner Forschungsreaktor in Potsdam durch? Wie hoch ist die für den Ernstfall vorgehaltene Menge an Kalium-Iodid-Tabletten für die Potsdamer Bevölkerung? zu Frage 3 Die Verteilung der Kalium-Iodid-Tabletten ist im Katastrophenschutzplan der Stadt Potsdam geregelt und wird in der Verantwortung der Stadt Potsdam organisatorisch vorbereitet. Frage 4: Wie hoch ist die Menge an Kalium-Iodid-Tabletten, die in der „dezentralen Landesbevorratung“ aktuell verfügbar ist? zu Frage 4: Im Land BB gibt es gegenwärtig keine „dezentrale Landesbevorratung“. Die für die Iodid-Prophylaxe mit Bezug auf den Forschungsreaktor des Helmholtzzentrums Berlin bevorrateten Kalium-Iodid-Tabletten wurden durch die Berliner Behörden übergeben und sind an die zuständigen Katastrophenschutzbehörden der Landkreise Potsdam-Mittelmark, Havelland, Teltow-Fläming und der Stadt Potsdam ausgegeben worden Frage 5: Die Landesregierung schreibt: „Gegenwärtig werden die Erfahrungen aus dem Nuklearunfall in Fukushima auf Bund-Länder-Ebene ausgewertet.“ Das betreffende Erdbeben und der nachfolgende Tsunami waren am 11. März 2011. Wann werden die „abschließenden Ergebnisse“ voraussichtlich vorliegen? zu Frage 5: Bund und Länder sind sich einig, dass hinsichtlich der Iodid-Prophylaxe die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission des Bundes planerisch umzusetzen sind. Dabei werden die Ergebnisse aus Fukushima ebenso Berücksichtigung finden wie die Anforderungen der neuen EU-Grundnormen im Strahlenschutz (Euratom- Richtlinie 2013/59), an deren Umsetzung in deutsches Recht derzeit mit Hochdruck gearbeitet wird. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Ende 2016 alle diesbezüglichen Fragen geklärt sind. Frage 6: Wie hoch wären die Kosten, um die potentiell gefährdete Bevölkerung in Potsdam vorsorglich mit Kaliumiodid 65AApot Tabletten auszustatten? zu Frage 6: Kaliumiodid 65 AApot Tabletten dürfen in Deutschland durch Behörden außerhalb eines radiologischen Ereignisses nicht abgegeben werden. Über potentielle Kosten für Planungen entgegen des geltenden Bundesrechtes (Arzneimittelgesetz und Kaliumiodid-Verordnung) können keine Angaben erfolgen.