Datum des Eingangs: 03.02.2017 / Ausgegeben: 08.02.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5967 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2368 der Abgeordneten Andrea Johlige der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/5810 Straftaten aufgrund des gesellschaftlichen Status Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Im Dezember 2016 sorgte ein versuchter Mord an einem obdachlosen Menschen in Berlin, bei dem Jugendliche versuchten, diesen anzuzünden und dessen Habe verbrannten, für Aufsehen. in der Vergangenheit kam es auch in Brandenburg zu Gewaltdelikten gegen Obdachlose oder durch die Täter für obdachlos gehaltene Menschen. Frage 1: Wie viele Straftaten aufgrund des gesellschaftlichen Status wurden in den Jahren 2001 bis 2016 in Brandenburg erfasst und welche Ermittlungsverfahren schlossen mit welchem Ergebnis ab? (Bitte nach Datum, Ort, Delikt, Alter und Geschlecht des/der Opfer sowie des/der Täter darstellen!)? zu Frage 1: Mangels statistischer Erhebung liegen weder dem Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz noch den Staatsanwaltschaften hierzu Erkenntnisse vor. Zur Erhebung der Fallzahlen für den Betrachtungszeitraum 01.01.2001 bis 31.12.2016 wurden alle im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) gemeldeten Straftaten mit dem Oberthemenfeld „Hasskriminalität“; Unterthema „gesellschaftlicher Status “ berücksichtigt. Eine Recherche zur Anzahl der Opfer und Tatverdächtigen, zu weiteren personenbezogenen Informationen (u. a. Alter und Geschlecht) sowie zum Strafmaß ist nicht möglich. Im Berichtszeitraum wurden 28 Fälle mit Begründungszusammenhang „gesellschaftlicher Status“ im Land Brandenburg registriert. Eine dezidierte Aufstellung ist der Anlage zu entnehmen. Frage 2: Welche der unter der Frage 1 aufgelisteten Straftaten wurden seitens der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden als politisch motivierte Straftaten eingeordnet? zu Frage 2: Gemäß dem Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK) des BKA werden Straftaten der PMK zugeordnet, wenn in Würdigung der Tatum- stände und Tätermotivation Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen „…ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht…“. Alle vorgenannten 28 Fälle wurden als PMK- Straftaten einklassifiziert. Frage 3: Wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer bei solchen Straftaten ein? zu Frage 3: Der Landesregierung ist eine verlässliche Aussage zur Dunkelziffer solcher Straftaten nicht möglich. Frage 4: Welche Gründe gibt es aus Sicht der Landesregierung für nicht angezeigte Straftaten aufgrund des gesellschaftlichen Status und welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen oder vor zu ergreifen, um das Anzeigeverhalten von Opfern solcher Straftaten zu verbessern? zu Frage 4: Der Landesregierung liegen keine empirisch abgesicherten Erkenntnisse zu den möglichen Gründen der Nichtanzeige solcher Straftaten vor. Frage 5: Ist der Umgang mit Opfern von Straftaten aufgrund des gesellschaftlichen Status Bestandteil der Polizeiausbildung bzw. gibt es besondere Schulungsangebote ? zu Frage 5: Sowohl im Bachelorstudium für den gehobenen als auch in der Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst ist der Umgang mit Opfern von Straftaten aufgrund des gesellschaftlichen Status Inhalt von Lehrveranstaltungen. Im Rahmen des Bausteins „Interkulturelle und interpersonelle Kommunikation“ der Reihe „Trainings sozialer Kompetenzen“ in der Ausbildung und im Studium wird neben dem polizeilichen Umgang mit Menschen aus anderen (nationalen) Kulturräumen auch der Umgang mit Angehörigen gesellschaftlicher Statusgruppen thematisiert. Wertepluralismus ist eine der Schlüsselkompetenzen, die in diesem Zusammenhang vermittelt wird. Der Umgang mit Angehörigen gesellschaftlicher Statusgruppen wird weiterhin aus der Perspektive der verschiedenen Fachdisziplinen in mehreren Lehrveranstaltungen , u. a. im Strafrecht und in der Kriminologie, thematisiert. Zur Befähigung der Polizeibediensteten für einen kompetenten Umgang mit Opfern finden dezentrale Fortbildungen statt, die auch den operativen Opferschutz umfassen. Daneben steht den Polizeibediensteten die Handreichung „Polizeilicher Opferschutz“ mit umfangreichen Informationen zur Verfügung. Frage 6: Welche Hilfs- bzw. Beratungsangebote für Opfer von aufgrund des gesellschaftlichen Status existieren in Brandenburg? Sind weitere in der Zukunft geplant? zu Frage 6: Den Opfern von Straftaten wegen der Obdachlosigkeit stehen die allgemeinen Beratungsstellen zur Seite. So können Kriminalitätsopfer und ihre Familien beim Weißen Ring e. V. persönliche Betreuung, finanzielle Unterstützung und Hilfestellungen im Umgang mit den Behörden und bei der Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche erhalten. Landesweit steht daneben ein erfahrenes multiprofessionelles Team in den Beratungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e. V. zur psychosozialen Unterstützung von Opfern und Zeugen von Straftaten sowie deren Angehörigen zur Verfügung. Neben der Sozialberatung der psychosozialen Prozessbegleitung und der Stalkingberatung erhalten sie dort psychologische Traumaberatung und therapeutische Gespräche, die ihnen bei der Verarbeitung des Erlebten helfen. Darüber hinaus berät das Landesamt für Soziales und Versorgung über die Möglichkeiten und gesetzlichen Ansprüche sowie das Verwaltungsverfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz . So erhalten Betroffene Informationen und Auskunft über das Bürgertelefon für Gewaltopfer unter der Telefonnummer 0355/ 2893-561. Auf die Beratung Betroffener von rechter Gewalt und Diskriminierung ist die Opferperspektive e. V. spezialisiert. Das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz unterstützt die Opferhilfeeinrichtungen im Land Brandenburg durch die Bereitstellung von Haushaltsmitteln und auf Antrag über die projektbezogene Vergabe von Lottomitteln aus der Konzessionsabgabe. Am 20. Dezember 2016 hat der Landtag Brandenburg das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (AGPsychPbG) beschlossen, das zeitgleich mit dem Bundesgesetz zur psychosozialen Prozessbegleitung am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Danach haben Kinder und Jugendliche, die Opfer schwerer Gewalt - und Sexualstraftaten geworden sind, einen Rechtsanspruch auf kostenlose psychosoziale Begleitung und Betreuung im Strafverfahren, wenn diese beantragt und vom Gericht bestätigt worden ist. Erwachsenen Opfern kann auf deren Antrag in diesen Fällen ein psychosozialer Prozessbegleiter bzw. Prozessbegleiterin durch das Gericht beigeordnet werden, wenn die besondere Schutzbedürftigkeit des Verletzten dies erfordert. Frage 7: Wie schätzt die Landesregierung die Gefährdungslage obdachloser Menschen in Brandenburg ein? zu Frage 7: Hierzu liegen der Landesregierung keine spezifischen Kenntnisse vor. Land Brandenburg Anlage zur KA 2368, Frage 1 Politisch motivierte Straftaten im Begründungszusammenhang "gesellschaftlicher Status" 01.01.2001 - 31.12.2016 lfd. N . Tatzeit Tatort Delikt (§§) geklärt 1 08.08.2001 Dahlewitz 211 ja 2 14.10.2001 Herzberg 131 ja 3 03.11.2001 Frankfurt (Oder) 223 ja 4 28,04.2002 Treuenbritzen 86a nein 5 02,05,2002 Friedersdorf 86a nein 6 27.08.2002 Gransee 86a nein 7 20.02.2004 Bernau 86a ja 8 14.04.2004 Brandenburg 130 ja 9 27.01.2007 Freileben 224 ja 10 13.04.2007 Massen 306 ja 11 28.09.2007 Cottbus 90 ja 12 21.07.2008 Templin 211 ja 13 10.09.2009 Seelow 303 ja 14 01.03.2010 Bersteland 188 ja 15 28.10.2011 Schwedt (Oder) 224 ja 16 17.03.2012 Oranienburg 306 ja 17 20.04.2012 Cottbus 249 ja 18 05,05.2012 Prenzlau 224 ja 19 03.08.2012 Fredersdorf-Vogelsdorf 185 ja 20 21.10.2012 Cottbus 90 ja 21 21.11.2012 Werder 253 ja 22 17.04.2014 Cottbus 30 ja 23 10.10.2015 Wriezen 185 ja 24 17.10.2015 Biesenthal 303 ja 25 19.10.2015 Bernau 126 ja 26 26.10.2015 Plattenburg 185 nein 27 15.11.2015 Potsdam 126 nein 28 02.06.2016 Potsdam 241 nein Page 1