Datum des Eingangs: 09.02.2017 / Ausgegeben: 14.02.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/5997 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2389 der Abgeordneten Birgit Bessin und Thomas Jung der AfD-Fraktion Drucksache 6/5865 Mehrfachidentitäten bei Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Berlin am 19.12.2016 wurde offensichtlich, dass Flüchtlinge bzw. Asylbewerber nicht selten mehrere Identitäten haben. Unabhängig von den gravierenden sicherheitsrelevanten Gefahren, die von Doppel- oder Mehrfachidentitäten ausgehen, ergeben sich daraus auch erhebliche verwaltungsund melderechtliche Probleme. Frage 1: Wie viele registrierte Asylbewerber in Brandenburg verfügten bzw. verfügen nach aktuellem Stand über Doppel- bzw. Mehrfachidentitäten? zu Frage 1: Daten im Sinne der Fragestellung werden mit dem Kerndatensystem des Bundes im Ausländerzentralregister des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gespeichert. Der Landesregierung liegen jedoch keine statistischen Auswertungen der dort oder im Polizeibereich gespeicherten Daten im Sinne der Fragestellung vor. Frage 2: Welche Anstrengungen werden aktuell unternommen und welche Möglichkeiten bestehen aktuell, um Doppel- und Mehrfachidentitäten innerhalb Brandenburgs (a) und zwischen Brandenburg und anderen Bundesländern (b) eindeutig zu ermitteln? Gibt es hier die Möglichkeit des Abgleichs biometrischer Datenbanken mit den verschiedenen Behörden der Städte und Gemeinden, des Landes, des Bundes und der EU untereinander? zu Frage 2: Auf der Grundlage des Datenaustauschverbesserungsgesetzes wurde im Februar 2016 das Kerndatensystem vom Bund eingeführt. Mit dem Kerndatensystem werden im Ausländerzentralregister die biometrischen Merkmale und Stammdaten von Asylsuchenden erfasst, wenn sich Ausländer/innen als Asylsuchende bei einer deutschen Behörde melden (siehe auch Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 2195). Es ist unerheblich, von welcher Behörde die Registrierung vorgenommen wurde. Mit dem System soll sichergestellt werden, dass Mehrfachidentitäten über die Zuordnung zu einem Fingerabdruck unterbunden werden. Die Polizei kann über eine Abfrage im bundesweiten Automatisierten Fingerabdruckidentifizierungssystem (AFIS) eine Identität anhand biometrischer Daten überprüfen. Auf europäischer Ebene haben das Europäische Parlament und der Rat im Jahr 2000 das Eurodac-System für den Abgleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens eingerichtet. Mit dem System kann über den Vergleich von Fingerabdrücken festgestellt werden, ob die betreffende Person in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat. Der Abgleich von Eurodac-Daten kann auch von Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol beantragt werden. Frage 3: Wie viele der ermittelten Asylbewerber/Flüchtlinge haben durch die Doppeloder Mehrfachidentitäten auch mehrfach unberechtigt Zuwendungen und Leistungen in Anspruch genommen? Gibt es Informationen darüber, ob sich der unberechtigte Leistungs-Mehrfachbezug hierbei neben den Leistungen aus (a) Brandenburg auch (b) zusätzlich auf Leistungen aus anderen Bundesländern bezieht? zu Frage 3: Hierzu liegen dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie keine statistischen Daten vor, da die Landkreise und kreisfreien Städte für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständig sind. Auch sind bei der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg keine statistischen Daten im Sinne der Fragestellung erfasst. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage Nr. 1944 verwiesen. Frage 4: Welche Sanktionen oder Strafen werden gegen Asylbewerber oder Flüchtlinge im Normalfall verhängt, deren (a) Doppel- und Mehrfachidentitäten aufgedeckt werden und (b) die zusätzlich einen unberechtigten mehrfachen Leistungsbezug in Anspruch genommen haben? zu Frage 4: Wenn ein Ausländer/eine Ausländerin im Asylverfahren über seine/ihre Identität täuscht oder er/sie unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen (§ 30 Absatz 3 des Asylgesetzes). Das Bundesamt droht in diesem Fall auch die Abschiebung nach einer Ausreisefrist von einer Woche an (§ 36 Absatz 1 des Asylgesetzes). Nach § 9 Absatz 4 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes gelten die Bestimmungen des § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen. § 50 SGB X regelt im Wesentlichen die Voraussetzungen und die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs des Leistungsträgers gegenüber dem begünstigten Bürger infolge zu Unrecht erbrachter Leistungen. Darüber hinaus obliegt der Justiz eine Sanktionierung straffälliger Personen – auch von Asylbewerbern – abhängig von der zur Last gelegten Straftat. Frage 5: Welche Schritte plant die Landesregierung perspektivisch, um Doppel- und Mehrfachidentitäten künftig effektiv zu ermitteln und auszuschließen? zu Frage 5: Mit der Nutzung der in der Antwort zu Frage 2 genannten Systeme können Mehrfachidentitäten bereits jetzt ermittelt und ausgeschlossen werden.