Datum des Eingangs: 24.02.2017 / Ausgegeben: 01.03.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6099 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2411 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg und Dr. Andreas Bernig der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/5919 Beseitigung von Niederschlagswasser an Ortsdurchfahrten Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Nach § 66 des Brandenburgischen Wassergesetzes obliegt den Gemeinden die Beseitigung von Niederschlagswasser. Infolge der Rechtsprechung haben sich in den letzten Jahren Veränderungen bei den Zuständigkeiten für die Ableitung von Niederschlagswasser von Straßen in Ortslagen ergeben . Im Rahmen der Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes wurde von Verbändeseite vorgeschlagen, die Pflicht zur innerörtlichen Niederschlagswasserbeseitigung auf die Straßenbaulastträger zu übertragen. Wir fragen die Landesregierung jeweils in Bezug auf innerörtliche Straßen: Frage 1: Bei welchen Entwässerungsanlagen (z.B. Sinkkästen, Zu- und Abläufe, Entwässerungsgräben, Rohrleitungen, Leichtflüssigkeitsabscheider, Regenrückhaltebecken ) ist jeweils der Straßenbaulastträger für die Errichtung und Instandhaltung zuständig, bei welchen die Gemeinde? Bitte Rechtsgrundlage nennen. Zu Frage 1: Für die Errichtung und Instandhaltung der gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 1 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG) zum Straßenkörper gehörenden Entwässerungsanlagen ist gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 BbgStrG der jeweilige Straßenbaulastträger (vgl. § 5 Bundesfernstraßengesetz, § 9a BbgStrG) zuständig. Frage 2: Bei welchen Entwässerungsanlagen (z.B. Sinkkästen, Zu- und Abläufe, Entwässerungsgräben, Rohrleitungen, Leichtflüssigkeitsabscheider, Regenrückhaltebecken ) ist jeweils der Straßenbaulastträger für die regelmäßige Reinigung zuständig , bei welchen die Gemeinde? Bitte Rechtsgrundlage nennen. Zu Frage 2: Infolge von Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 21.06.2011 - 9 B 99/10) und des OVG Mecklenburg-Vorpommern (vom 01.09.2010 - 1 L 13/09) wurde klargestellt, dass die Reinigung der zur Straße gehö- renden Regenabwassereinläufe und Sinkkästen bundesrechtlich nach § 54 Absatz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zur Aufgabe der Abwasserbeseitigung gehört, und zwar in den Fällen, in denen das Niederschlagswasser von der Straße in die Kanalisation der Gemeinde geleitet und sodann durch die Gemeinde weiter behandelt wird. Das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten und befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser ist gemäß § 54 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 WHG als Abwasser definiert. Gemäß § 66 Absatz 1 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) ist die Gemeinde für das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser beseitigungspflichtig , soweit die Abwasserbeseitigungspflicht nicht gemäß § 66 Absatz 2 Nummer 1 BbgWG oder gemäß § 66 Absatz 4 BbgWG übertragen wurde. Frage 3: Bei welchen dieser Zuständigkeiten gab es in den letzten Jahren in der Praxis Veränderungen aufgrund der Rechtsprechung? Zu Frage 3: Auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage 241 vom 30.01.2015 (Landtagsdrucksache 6/710) wird verwiesen. Frage 4: Wie ist die Zuständigkeit bei Anlagen geregelt, die gemischt sowohl der Straßenentwässerung als auch der Entwässerung anderer Grundstücke diesen? Wie erfolgt die Festlegung der Kostentragung in der Praxis? Zu Frage 4: In der Praxis gibt es sowohl die Fälle, in denen das Niederschlagswasser von Siedlungsflächen in die Straßenentwässerungsanlagen eingeleitet wird, als auch die Zuleitung von Niederschlagswasser der Straßen in kommunale Abwasseranlagen . Im erstgenannten Fall bleibt der Straßenbaulastträger auch für die Reinigung zuständig. Über die Mitbenutzung der Entwässerungsanlage und bezüglich der Kostentragung wird eine Vereinbarung geschlossen. Im zweiten Fall ist die Gemeinde zuständig, die auch die Kosten zu tragen hat. Ein Entgelt des Straßenbaulastträgers für die Mitbenutzung der kommunalen Abwasseranlagen ist gemäß § 23 Absatz 5 Satz 3 BbgStrG ausgeschlossen. Frage 5: Wie ist die Zuständigkeit bei Entwässerungsanlagen geregelt, die durchgängig innerhalb und außerhalb von Ortschaften verlaufen? Zu Frage 5: Soweit das Niederschlagswasser außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, sind gemäß § 66 Absatz 2 Nummer 2 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) die Straßenbaulastträger zur Beseitigung von Niederschlagswasser verpflichtet. Im Übrigen wird auf die Antworten zu Fragen 1 und 2 verwiesen. Frage 6: Wer muss für die Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswasser eine wasserrechtliche Genehmigung beantragen, der Straßenbaulastträger oder die Gemeinde? Zu Frage 6: Für das Einleiten oder Versickern von gesammeltem Niederschlagswasser (Gewässerbenutzung) ist eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Die Erlaubnis ist von demjenigen zu beantragen, der die jeweilige Gewässerbenutzung mit eigenen Anlagen vornimmt. Da es sich um Abwassereinleitungen handelt, kann eine Erlaubnis nur erteilt werden, wenn und soweit sie der ordnungsgemäßen Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht dienen. Erfolgt die Benutzung über eine kommunale Abwasseranlage, ist zulässiger Antragsteller die Gemeinde bzw. der Zweckverband oder ein beauftragter Dritter. Bei Direkteinleitungen durch die Straßenentwässe- rungsanlagen ist der Straßenbaulastträger für die Antragstellung zuständig, soweit ihm die Abwasserbeseitigungspflicht übertragen wurde. Frage 7: Gibt es Fälle, in denen aktuell die „falsche“ Einrichtung Inhaber der wasserrechtlichen Erlaubnis ist? Wenn ja, wie wird damit umgegangen? Zu Frage 7: Diese Fälle gibt es. An einer Zusammenführung wird gearbeitet. Frage 8: Welche Rechtsfolgen ergäben sich, wenn in § 66 Absatz 2 Nr. 2 die Beseitigung von Niederschlagswasser auch für innerörtliche Straßen auf den Straßenbaulastträger übertragen würden? Zu Frage 8: Eine gesetzliche Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht für innerörtliche Straßen wäre verbunden mit der rechtlichen Verpflichtung, eigene Abwasseranlagen zu errichten und zu betreiben. Dies hätte Konsequenzen in den Fällen , in denen die Straßenentwässerung bereits in die kommunale Abwasserinfrastruktur eingebunden ist. Dort müsste eine Entflechtung der vorhandenen Anlagen mit möglicherweise weitreichenden finanziellen Folgen sowohl für die Gemeinde als auch für den Straßenbaulastträger erfolgen. Die Kostenbeteiligungsregelung gemäß § 23 Absatz 5 Satz 1 BbgStrG, wonach sich der Straßenbaulastträger an Herstellungs - und Erneuerungskosten von kommunalen Abwasseranlagen beteiligt, wäre hinfällig. Im Übrigen würden den Straßenbaulastträgern (Bund, Land, Landkreise, kreisfreie Städte) zusätzliche Reinigungskosten, insbesondere für Sinkkästen, auferlegt .