Datum des Eingangs: 01.03.2017 / Ausgegeben: 06.03.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6135 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2436 der Abgeordneten Ina Muhß der SPD-Fraktion Drucksache 6/5951 Mindestlohnzahlungen bei Minijobs Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Laut einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung bekam 2015 beinahe jeder zweite Minijobber weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde, die Arbeitsgeber damals mindestens zahlen mussten. Jeder Fünfte erhielt sogar nicht einmal 5,50 Euro. Frage 1: Gibt es Hinweise, dass auch in Brandenburg seit der Einführung gegen die Vorschriften des Mindestlohngesetzes verstoßen wurde, insbesondere im Bereich der Minijobs? zu Frage 1: Für die Kontrolle der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns sind gemäß § 14 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) die Behörden der Zollverwaltung, konkret die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), zuständig. Es handelt sich dabei um Bundesbehörden, die dem Bundesministerium der Finanzen unterstehen. Nach Auskunft des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wurden im Land Brandenburg von der FKS im Jahr 2015 insgesamt 29 Ermittlungsverfahren wegen Nichtgewährung des Mindestlohnes nach dem Mindestlohngesetz eingeleitet, im Jahr 2016 insgesamt 80. Eine Differenzierung nach geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (Minijobs) oder Vollzeitbeschäftigungsverhältnissen findet in der Arbeitsstatistik der FKS nicht statt. Aussagen speziell zu Verstößen im Bereich von Minijobs sind dem BMF zufolge daher nicht möglich. Unabhängig davon hat die FKS aber in den Jahren 2015 und 2016 Schwerpunktprüfungen in den beiden Branchen vorgenommen, in denen nach der WSI-Studie die Zahl der Verstöße gegen das Mindestlohngesetz bei Minijobs besonders hoch war, nämlich dem Gastgewerbe und dem Einzelhandel. Frage 2: Wenn ja, wie wurden und werden diese Verstöße geahndet zu Frage 2: Die Verstöße wurden mit Geldbußen (vgl. § 17 des Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG) und sog. Verfallbescheiden (vgl. § 29a OWiG) geahndet. Im Einzelnen wurden in Brandenburg im Jahr 2015 in zwei Fällen Geldbußen mit einer Gesamthöhe von 12.700 € festgesetzt und im Jahr 2016 mit einer Gesamthöhe von 35.301 € insgesamt 14 Geldbußen festgesetzt sowie 2 Verfallbescheide erlassen . In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die FKS im Einführungsjahr des gesetzlichen Mindestlohns 2015 eine sehr große Zahl von Überprüfungen durchgeführt hat, dabei aber zunächst nach dem Grundsatz „Aufklärung vor Ahndung“ verfahren wurde. Frage 3: Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Situation? Hat sich der Mindestlohn auch im Bereich der Minijobs durchgesetzt oder sind weiterhin Verstöße zu befürchten? zu Frage 3: Wenngleich der Anteil der Minijobberinnen und Minijobber (geringfügig Beschäftigte) in Brandenburg deutlich geringer ist als im Bundesdurchschnitt, ist davon auszugehen, dass die in der o.g. aktuellen Studie des WSI getroffenen Aussagen vom Grundsatz her auch auf Brandenburg zutreffen. Bereits der Gesetzgeber hatte vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erkannt, dass es sich bei Minijobs um eine besonders missbrauchsanfällige Beschäftigungsform handelt und die Beschäftigten besonders schutzbedürftig sind. Daher wurde für diese Beschäftigtengruppe eine Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit in das Mindestlohngesetz aufgenommen (§ 17 MiLoG). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/1558) wird dazu folgendes ausgeführt: „Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehören zu der Gruppe von Beschäftigten, deren Bruttolöhne sich durch den Mindestlohn am stärksten erhöhen werden. Zukünftig ist die Zahl der Arbeitsstunden begrenzt, wenn der Status der geringfügigen Beschäftigung beibehalten werden soll. Auf Grund der statusrechtlich relevanten Verdienstobergrenze kommt der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit eine besondere Bedeutung zu.“ Bei Minijobs handelt es sich generell um Beschäftigungsverhältnisse, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihre Arbeitnehmerrechte häufig vorenthalten werden. Teilweise ist weder den Beschäftigten noch den Arbeitgebern bekannt, dass es sich arbeitsrechtlich um ganz normale Teilzeitbeschäftigung handelt und nur sozialversicherungsrechtlich Besonderheiten gelten; teilweise finden aber auch gezielt rechtswidrige Umgehungen statt. Die Rechtslage aber sieht so aus, dass auch Minijobberinnen und Minijobber - wie ihre vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen - Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, Urlaub, Urlaubsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Weihnachtsgeld haben. Laut der Studie des WSI, die die Jahre 2014 und 2015 erfasst, ist der Anteil der Minijobberinnen und Minijobber mit einem Stundenverdienst unterhalb 8,50 € von 2014 auf 2015 um ca. 10 % zurückgegangen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gesetzliche Mindestlohn im Jahr 2014 noch gar nicht galt. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz kommen also erst für das Jahr 2015 in Betracht. Für das Jahr 2016 liegen bislang keine entsprechenden Untersuchungen vor. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die vom WSI skizzierte abnehmende Tendenz der Verstöße auch im Jahr 2016 fortgesetzt hat und in 2017 weiter fortsetzen wird. Außerdem ist die Zahl der Minijobs insgesamt durch die Einführung des Mindestlohns stark rückläufig; Studien gehen davon aus, dass ein signifikanter Teil der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt worden sind. Allerdings darf dies aus Sicht der Landesregierung nicht darüber hinwegtäuschen , dass die Zahl der geringfügig Beschäftigten, denen der Mindestlohn gesetzeswidrig vorenthalten wurde, gleichwohl hoch ist und auch weiterhin mit Ver- stößen in relevantem Umfang gerechnet werden muss. Eine Verstärkung der diesbezüglichen Überprüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit wäre vor dem Hintergrund der Erkenntnisse o.g. Studie aus Sicht der Landesregierung Brandenburg wünschenswert.