Datum des Eingangs: 03.03.2017 / Ausgegeben: 08.03.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6152 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2437 des Abgeordneten Andreas Galau der AfD-Fraktion Drucksache 6/5954 „Nationale Bewegung in Brandenburg“ Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: „Zwischen dem 30. Januar 2000 und dem 30. Januar 2001 verübt eine Neonazi-Gruppierung unter dem Namen Nationale Bewegung in und um Potsdam rassistische und antisemitische Anschläge und Propagandaaktionen . Eine für Februar 2001 angesetzte Polizeirazzia gegen 19 Neonazis aus Potsdam und Umgebung wird durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes verraten . Die Razzia bringt keine Ergebnisse – die Taten der Nationalen Bewegung sind bis heute nicht aufgeklärt.“ (By NSU Watch BRB on 18. November 2016) In der 4. Sitzung des Untersuchungsausschusses 6/1 am 18.11.2016 informierte der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg Prof. Dr. Rautenberg über seine Sicht zu der sogenannten „Nationalen Bewegung“. Prof. Rautenberg wies in seinem Vortrag die Ausschussmitglieder auch darauf hin, dass wegen der Besonderheiten des Falles bei der Generalbundesanwaltschaft noch die Akten vorhanden sind. Der damalige Leiter des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg Heiner Wegesin (CDU) hatte sich damals aber gegen die Übernahme des Verfahrens durch die Generalbundesanwaltschaft ausgesprochen. Nach den bereits feststehenden Erkenntnissen veröffentlichte der Verfassungsschutz auf Veranlassung von Wegesin unabgesprochen im Internet ein Bekennerschreiben der Gruppe. Die Generalbundesanwaltschaft sah darin zu Recht eine Behinderung ihrer Ermittlungen. Der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg Prof. Rautenberg sagte in der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 18.11.2016 dazu: „Ich will nicht verhehlen, dass mir Zweifel kamen, ob es die „Nationale Bewegung“ überhaupt gegeben hat.“ Frage 1: Welche Kenntnisse und seit wann hat die Landesregierung über die Organisation und Struktur der „Nationalen Bewegung“ oder ihr nahestehender und/oder vergleichbarer Organisationen und ihrer regionalen Struktur in Brandenburg? (Bitte Organisationsnamen, Personenzahl und Ort angeben!) zu Frage 1: Hinsichtlich der Erkenntnisse über die Organisation und Struktur der „Nationalen Bewegung“ inklusive der damaligen Bewertung durch die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg wird auf den Verfassungsschutzbericht des Jahres 2000, Seite 172 f. (Online-Version, Seite 146 f.) verwiesen. Frage 2: Aus welchen Gründen hatte nach Kenntnis der Landesregierung der damalige Leiter des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg Heiner Wegesin (CDU) ein angebliches Bekennerschreiben der „Nationalen Bewegung“ im Internet veröffentlicht? zu Frage 2: Zur persönlichen Motivlage bestimmter Entscheidungen des damaligen Leiters der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg hat die Landesregierung keine Erkenntnisse. Frage 3: Ist die Landesregierung auch der Auffassung des Generalstaatsanwaltes des Landes Brandenburg, dass mit der unabgesprochenen Veröffentlichung eines vermeintlichen Bekennerschreibens einer „Nationalen Bewegung“ die Ermittlungsarbeit des Generalbundesanwaltes bezogen auf die „Nationale Bewegung“ bewusst behindert worden ist? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 3: Die Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit der „Nationalen Bewegung “ wurden durch den Generalbundesanwalt geführt. Ob bzw. inwieweit die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wurden , vermag die Landesregierung nicht einzuschätzen. Frage 4: Aus welchen Gründen hat nach Kenntnis der Landesregierung der damalige Leiter des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg Heiner Wegesin (CDU) der Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch den Generalbundesanwalt widersprochen ? zu Frage 4: Zur persönlichen Motivlage bestimmter Entscheidungen des damaligen Leiters der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg hat die Landesregierung keine Erkenntnisse. Grundsätzlich entscheidet der Generalbundesanwalt über die Übernahme von Ermittlungsverfahren in eigener Zuständigkeit. Der Verfassungsschutz verfügt über kein „Veto-Recht“. Frage 5: Kann die Landesregierung ausschließen, dass eine entsprechende Weisung des damals zuständigen Ministers Grundlage des Handelns des Leiters des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg Heiner Wegesin (CDU) - Veröffentlichung eines Bekennerschreibens der „Nationalen Bewegung“ im Internet – war? zu Frage 5: Eine solche Weisung des damaligen Innenministers ist nicht bekannt. Frage 6: Welche dienstrechtlichen Konsequenzen hat das in Frage 5.) aufgeworfene Handeln des Leiters des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg Heiner Wegesin (CDU) gehabt? Wenn keine dienstrechtlichen Konsequenzen erfolgten, warum nicht? zu Frage 6: Dienstrechtliche Konsequenzen sind nicht bekannt. Ebenso liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, ob eine Diskussion über das „Für und W ider “ dienstrechtlicher Konsequenzen geführt wurde. Frage 7: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zu gegenwärtigen Strukturen der „Nationalen Bewegung“ und ggf. zu geplanten Aktivitäten in Brandenburg? (Bitte Organisationsnamen, Personenzahl und Ort angeben!) Wenn keine Kenntnisse vorliegen : Aus welchen Gründen ist die Landesregierung der Auffassung, dass die „Na- tionale Bewegung“ nunmehr weder organisatorisch noch personell existent ist? Seit wann soll das der Fall sein? Auf welcher validen Faktenlage begründet die Landesregierung ihre Auffassung? zu Frage 7: Seit dem Jahr 2001 liegen der Landesregierung keine Fakten vor, die auf das Fortbestehen der „Nationalen Bewegung“ hindeuten würden. Ebenso wenig verfügt die Landesregierung über Fakten, die die Nicht-Existenz belegen. Da somit keine tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erkennbar sind, ist die „Nationale Bewegung“ kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg. Frage 8: Wie erklärt die Landesregierung den Umstand, dass sämtliche Ermittlungsverfahren trotz der Vielzahl der Aktivitäten, registrierten Anschläge und Spuren (DNA pp.) einschließlich der an den Tatorten hinterlassenen Bekennerschreiben der „Nationalen Bewegung“ ohne Ergebnis verliefen? zu Frage 8: Die Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit der „Nationalen Bewegung “ wurden durch den Generalbundesanwalt geführt. Für Auskünfte in dieser Sache ist ausschließlich die Bundesanwaltschaft zuständig. Frage 9: Teilt die Landesregierung die geäußerte Vermutung des Generalstaatsanwaltes des Landes Brandenburg Prof. Dr. Rautenberg, dass es die Organisation „Nationale Bewegung“ überhaupt nicht gegeben hat? Wenn nein: auf welchen validen Fakten basiert die Auffassung der Landesregierung über die tatsächliche Existenz einer „Nationalen Bewegung“? Frage 10: Aus welchen Gründen ist die Landesregierung der Auffassung, dass selbst unter Einbezug der bisherigen Ermittlungsergebnisse eine „Nationale Bewegung“ tatsächlich existiert und einen rechtsextremistischen Hintergrund hat/te? Auf welche validen Fakten kann die Landesregierung ihre Auffassung stützen? zu den Fragen 9 und 10: Aufgrund der begangenen Straftaten und der vorliegenden Bekennerschreiben (siehe dazu auch Antwort zu Frage 1) geht die Landesregierung davon aus, dass die „Nationale Bewegung“ damals tatsächlich existierte. Die Annahme , dass die „Nationale Bewegung“ einen rechtsextremistischen Hintergrund haben könnte, drängte sich sowohl aufgrund der rassistischen und antisemitischen Zielrichtung der Anschläge und Aktionen auf als auch aufgrund der zahllosen Bezüge auf das „Dritte Reich“, auf Adolf Hitler, Horst Wessel und der wiederholten Verwendung des „Hakenkreuzes“. Frage 11: Aus welchen Gründen haben nach Auffassung der Landesregierung trotz umfangreicher Taten-, Fakten- und Spurenlage die Ermittlungen gegen die „Nationale Bewegung“ keine Ergebnisse zu Tätern, dahinterstehenden Strukturen und Planungen der Taten erbracht? zu Frage 11: Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Frage 12: Aus welchen Gründen kann die Landesregierung ausschließen, dass die Ermittlungen zu den der „Nationalen Bewegung“ zugeordneten Straftaten durch den Verfassungsschutz des Landes Brandenburg erschwert oder gar vereitelt worden sind? zu Frage 12: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die über die Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 28. August 2003 hinausgehen. Daher liegen auch keine Fakten vor, die den Verdacht erhärten , dass die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg die Ermittlungen zur „Nationalen Bewegung“ bewusst vereitelt bzw. erschwert hätte. Frage 13: Aus welchen Gründen kann die Landesregierung ausschließen, dass die „Nationale Bewegung“ nicht allein auf den Aktivitäten des Verfassungsschutzes des Landes Brandenburg beruht und somit nicht auf einen rechtsextremistischen Hintergrund zurückzuführen sind? zu Frage 13: Der Landesregierung sind gegenwärtig keine Fakten bekannt, die den Verdacht entstehen lassen könnten, dass die „Nationale Bewegung“ auf den Aktivitäten der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg beruht. Frage 14: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zu Ermittlungsverfahren oder Durchsuchungen bei Strukturen und Einzelpersonen, die für die „Nationale Bewegung “ aktiv waren oder sind? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? zu Frage 14: Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Frage 15: Welche Quellenmeldungen existieren im Landesamt für Verfassungsschutz mit Bezug zur „Nationalen Bewegung“ seit dem Jahr 1998 oder früher (bitte nach Beobachtungsgegenstand, Jahren und Anzahl der Quellenberichte aufschlüsseln )? zu Frage 15: Zu nachrichtendienstlichen Quellen, zur Quellenführung, zu Inhalten der Quellenmeldungen oder zur nachrichtendienstlichen Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg kann eine Beantwortung aus Sicht der Landesregierung unter Berücksichtigung des vorliegenden überwiegenden Geheimhaltungsinteresses der Arbeit des Verfassungsschutzes gegenüber dem parlamentarischen Informationsinteresses nicht erfolgen. Die zwingende Geheimhaltungsbedürftigkeit der Arbeit des Verfassungsschutzes ergibt sich daraus, dass durch eine Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand des Nachrichtendienstes im Hinblick auf die Fragestellung dessen Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung erheblich gefährdet wird. Die Landesregierung äußert sich zu den geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten des Verfassungsschutzes grundsätzlich nur gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landestages bzw. in entsprechend eingestufter Sitzung eines diesbezüglichen Untersuchungsausschusses . Frage 16: Welche Kenntnisse, Informationen oder sogar Quellenmeldungen mit Bezug zur „Nationalen Bewegung“ und möglichen Kontakten zu „Blood and Honour“, „Combat 18“ oder „Honour and Pride“ seit dem Jahr 1998 existieren im Landesamt für Verfassungsschutz (bitte nach Beobachtungsgegenstand, Jahren und Anzahl der Quellenberichte aufschlüsseln)? zu Frage 16: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Frage 17: In wie vielen Fällen seit dem Jahr 1998 hat das Landesamt für Verfassungsschutz im Zuge von Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaften gegen mutmaßliche Strukturen der „Nationalen Bewegung“ Einfluss auf Behörden ausgeübt mit dem Ziel die Identität von V-Personen oder die Arbeitsweise von Geheimdiensten zu schützen? zu Frage 17: Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. Frage 18: Welche Quellenmeldungen existieren im Landeskriminalamt mit Bezug zur „Nationalen Bewegung“ aus den Jahren seit dem Jahr 1998 (bitte nach Beobachtungsgegenstand , Jahren und Anzahl der Quellenberichte aufschlüsseln)? Frage 19: Welche Unternehmen, Vereine, Homepages und Bands schätzt die Landesregierung als dem Umfeld der „Nationalen Bewegung“ zugehörig ein? Frage 20: Welche Erkenntnisse über nationale und internationale Vernetzungstreffen der „Nationalen Bewegung“ liegen der Landesregierung in der Zeit seit dem Jahr 1998, an denen deutsche Neonazis teilgenommen haben, vor (bitte nach Art der Veranstaltung, Datum, Ort und Zahl der Teilnehmenden aufschlüsseln)? Frage 21: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung durch Informationen aus anderen Bundesländern über nationale und internationale Vernetzungstreffen der „Nationalen Bewegung“ in der Zeit seit dem Jahr 1998, an denen deutsche Neonazis teilgenommen haben, vor (bitte nach Art der Veranstaltung, Datum, Ort und Zahl der Teilnehmenden aufschlüsseln)? Frage 22: Welche Mitteilungen erhielt die Landesregierung von ausländischen Nachrichtendiensten oder den Sicherheitsbehörden anderer Länder über die Teilnahme von deutschen Neonazis an internationalen Vernetzungstreffen der „Nationalen Bewegung “ in der Zeit seit dem Jahr 1998, z. B. Mecklenburg-Vorpommern (bitte nach Art der Veranstaltung, Datum, Ort und Zahl der Teilnehmenden aufschlüsseln)? Frage 23: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Vernetzungstreffen von „Nationaler Bewegung“, „Combat 18“ bzw. „Blood and Honour“ in Brandenburg vor (bitte nach Art der Veranstaltung, Datum, Ort und Zahl der Teilnehmenden aufschlüsseln )? Frage 24: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über ausländische Aktivisten der „Nationalen Bewegung“ vor, die in der Vergangenheit an Vernetzungstreffen in Brandenburg teilgenommen haben (bitte nach Beobachtungsgegenstand, Jahren und Anzahl der Quellenberichte aufschlüsseln)? Frage 25: Welche Mitteilungen erhielt die Landesregierung von ausländischen Nachrichtendiensten oder den Sicherheitsbehörden anderer Länder über die Teilnahme von ausländischen Neonazis an Vernetzungstreffen der „Nationalen Bewegung“ mit „Blood and Honour“ bzw. „Combat 18“ in Brandenburg in der Zeit seit dem Jahr 1998 (bitte nach Beobachtungsgegenstand, Jahren und Anzahl der Quellenberichte aufschlüsseln )? Frage 26: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über Waffentrainings der „Nationalen Bewegung“ in Brandenburg seit dem Jahr 1998 (bitte nach Ort, Datum und Anzahl der Beteiligten aufschlüsseln)? Frage 27: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Teilnahme deutscher Neonazis an Waffentrainings von Strukturen der „Nationalen Bewegung“ im Ausland seit dem Jahr 1998 (bitte nach Ort, Datum und Anzahl der Beteiligten aufschlüsseln )? Frage 28: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über Waffen- oder Sprengstofffunde im Zusammenhang mit Strukturen der „Nationalen Bewegung“ in Brandenburg seit dem Jahr 1998 (bitte nach Ort, Datum und sichergestellten Waffen bzw. Sprengstoff aufschlüsseln)? zu den Fragen 18,19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 und 28: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Frage 29: Welche Anschlagspläne sind der Landesregierung im Zusammenhang mit Strukturen der „Nationalen Bewegung“ in Deutschland seit dem Jahr 1998 bekannt geworden (bitte nach Ort, Datum und Art der Waffen bzw. des Sprengstoffs aufschlüsseln )? zu Frage 29: Der Landesregierung sind im Vorfeld keine Anschlagspläne der „Nationalen Bewegung“ bekannt geworden. Zur Darstellung der durchgeführten Anschläge der „Nationalen Bewegung“ sei auf den Verfassungsschutzbericht des Jahres 2000, Seite 172 f. (Online-Version, Seite 146 f.) verwiesen.