Datum des Eingangs: 13.02.2015 / Ausgegeben: 18.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/619 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 198 der Abgeordneten Birgit Bessin der AfD-Fraktion Drucksache 6/463 Neuer Rahmenlehrplan für das Schuljahr 2016/2017 an den allgemein bildenden Schulen in Berlin und Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 198 vom 21.01.2015: Nach einer Pressemitteilung vom 28.11.2014 soll es an den allgemein bildenden Schulen in Berlin und Brandenburg einen neuen Rahmenlehrplan geben. Dieser soll ab dem Schuljahr 2016/2017 verbindlich sein. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie und wann wurden die Lehrkräfte vorher über Umfang und über Bedingungen des neuen Rahmenlehrplans informiert? 2. Welches Gremium ist bei der Ausarbeitung der Inhalte miteinbezogen worden ? 3. Was sind außer den unterstellten Vereinfachungen und möglichen Ersparnissen die eigentlichen Beweggründe für die geplante Änderung? 4. Welche Studien unterstützen diese neue Herangehensweise? 5. Wie kann man logisch eine Zusammenlegung völlig unterschiedlicher Fächer (z.B. Geografie und Geschichte) darstellen? 6. Müssten nicht völlig neue Studienfächer entstehen? 7. Wie begegnet man Befürchtungen einer entsprechenden Wissensverfla- chung? 8. Wurden Schüler zu der geplanten Umstellung befragt, wenn ja, wann, wie vie- le und welches Ergebnis ergab diese Schüler-Befragung? 9. Wann wurde mit den Planungen für den neuen Rahmenlehrplan begonnen? 10. Wie viele Lehrkräfte werden in Brandenburg durch die Fächerzusammenle- gung eingespart im kommenden Schuljahr? 11. Müssen durch die Zusammenlegung der Fächer die Dauer des Schulbesuchs durch diese Maßnahmen wieder auf 13 Schuljahre verlängert werden, damit die Schüler den bisherigen Schulstoff vermitteln bekommen? 12. Oder wird sich durch die Maßnahme die wöchentliche Stundenzahl der Schüler erhöhen müssen um den jetzigen Schulstoff bis zum Ende des Schulbesuchs erlernen zu können? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie und wann wurden die Lehrkräfte vorher über Umfang und über Bedingungen des neuen Rahmenlehrplans informiert? Zu Frage 1: In der Zeit vom 5. bis 11. Dezember 2014 wurde alle Schulleiterinnen und Schulleiter sowie die Schulaufsicht des Landes Brandenburg im Rahmen von fünf ganztägigen Informationsveranstaltungen in die bis dahin erarbeiten Zwischenergebnisse des neuen Rahmenlehrplans eingeführt. Frage 2: Welches Gremium ist bei der Ausarbeitung der Inhalte miteinbezogen worden? Zu Frage 2: Im Frühjahr 2013 wurden alle Lehrkräfte aufgefordert, sich an der Rahmenlehrplanentwicklung zu beteiligen. Am 24. Mai 2013 wurden die ausgewählten und entsprechend qualifizierten Lehrkräfte für die fachbezogenen Rahmenlehrplankommissionen berufen. Im Rahmen der Anhörungsphase, die bis zum 26. März 2015 verlängert wurde, sind alle an Bildung beteiligten Gremien und Einzelpersonen aufgefordert, die Anhörungsfassung des Rahmenlehrplans zu bewerten und Änderungsvorschläge zu unterbreitenFN 1. Frage 3: Was sind außer den unterstellten Vereinfachungen und möglichen Ersparnissen die eigentlichen Beweggründe für die geplante Änderung? Frage 4: Welche Studien unterstützen diese neue Herangehensweise? Zu den Fragen 3 und 4: Die Umsetzbarkeit von Rahmenlehrplänen für den Schulalltag erweist sich häufig erst in der Praxis. Deshalb sehen die Schulgesetze in den Ländern Berlin und Brandenburg vor, dass die Rahmenlehrpläne auf der Basis der Unterrichtserfahrungen regelmäßig evaluiertFN2 und unter Einbeziehung wissenschaftlicher Expertise weiterentwickelt werden. Die Rückmeldungen der Lehrkräfte zu den gültigen Rahmenlehrplänen haben ergeben , dass sich Lehrkräfte inhaltlich „schlankere“, besser aufeinander abgestimmte und gut handhabbare Pläne wünschen, aber auch bessere Orientierungen für die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. FN1 Siehe unter der URL www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de die Rubrik > Unterricht > Rahmenlehrpläne > Projekt zum neuen Rahmenlehrplan 1-10 > Mitwirkungsmöglichkeiten. FN2 § 10 Absatz 5 BbgSchulG regelt „Die Rahmenlehrpläne sind in angemessenen Zeitabständen zu überarbeiten.“ Ähnlich § 11 Absatz 3 des Schulgesetzes für das Land Berlin. Die vergleichende Analyse der Curricula verschiedener LänderFN3 ergab, dass im neuen Rahmenlehrplan durchgängig und systematisch aufeinander aufbauend von der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe I aufgezeigt wird, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit erwerben sollen. Dieses neue Standardkonzept erlaubt es, besser ermitteln zu können, welche Kompetenzen die Lernenden haben und wo sie Unterstützung oder zusätzliche Angebote benötigen . Darüber hinaus wurde der Umfang der inhaltlichen Vorgaben kritisch geprüft. Generell gibt es auf der Ebene der Bundesländer verschiedene Lehrplankonzepte. Allen gemeinsam ist die Definition von fachlichen Standards, die Lernende im Laufe der Schulzeit erreichen sollen. Das Konzept des Rahmenlehrplans sieht vor, dass die Standards verständlich und im Sinne der Nutzer praktikabel sind. Frage 5: Wie kann man logisch eine Zusammenlegung völlig unterschiedlicher Fächer (z.B. Geografie und Geschichte) darstellen? Zu Frage 5: Die Verbindung verschiedener gesellschaftswissenschaftlicher Fachperspektiven in einem integrierenden Fach ist in sehr vielen Bundesländern üblich und wird im Fachteil „Gesellschaftswissenschaften 5/6“ des Rahmenlehrplans schlüssig dargestellt. Über wissenschaftliche Positionen, die dieses Konzept stützen, wird im Anhörungsportal informiert (www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/11777.html). Frage 6: Müssten nicht völlig neue Studienfächer entstehen? Zu Frage 6: Grundsätzlich müssen keine neuen Studienfächer für die auszubildenden Lehrämter entstehen. Soweit sich die Frage auf die Zusammenführung der naturwissenschaftlichen Fächer zum Lernbereich Naturwissenschaften und der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer zum Lernbereich Gesellschaftswissenschaften in den Jahrgangsstufen 5 und 6 der Grundschule bezieht, ist Folgendes festzustellen: § 8 Absatz 2 der Lehramtsstudienverordnung sieht für das lehramtsbezogene Studium für das Lehramt Primarstufe vor, dass die natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfächer jeweils als zum Fach Sachunterricht gehörend studiert werden können. Insofern wird angestrebt, dass das laufende Studienprogramm für das Fach Sachunterricht so modifiziert wird, dass anstelle eines jetzt zu studierenden Bezugsfachs einer der beiden Lernbereiche studiert werden kann (Studienfach Sachunterricht mit naturwissenschaftlicher oder gesellschaftswissenschaftlicher Schwerpunktbildung). Derzeit wird geprüft, ob und wie diese Modifizierung im Rahmen der Änderung der Studienordnung für das Fach Sachunterricht erfolgen kann. Frage 7: Wie begegnet man Befürchtungen einer entsprechenden Wissensverflachung? FN3 Beispielsweise: http://www.lehrplan.ch/ oder http://www.australiancurriculum.edu.au Nähere Informationen zum neuen Rahmenlehrplan sind auch zu finden unter http://bildungsserver.berlinbrandenburg .de/10331.html Zu Frage 7: Der neue Rahmenlehrplan beinhaltet verbindliche Themen und Inhalte in allen Fächern und bildet damit eine wesentliche Grundlage für das lebenslange Lernen unserer Kinder und Jugendlichen. Die Auswahl der Themen und Inhalte berücksichtigt folgende Kriterien:  Die Themen und Inhalte bilden die Grundlage für den Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichen Kompetenzstufen.  Die Themen und Inhalte haben einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und eröffnen neue Perspektiven.  Die Themen und Inhalte sind zukunftsrelevant und berücksichtigen Diversität und Pluralität in unserer Gesellschaft.  Die Themen und Inhalte innerhalb eines Faches bauen aufeinander auf und sind vernetzbar.  Die ausgewählten Themen und Inhalte sind in der tatsächlich verfügbaren Unterrichtszeit realisierbar. Frage 8: Wurden Schüler zu der geplanten Umstellung befragt, wenn ja, wann, wie viele und welches Ergebnis ergab diese Schüler-Befragung? Zu Frage 8: Die Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der voranstehend zu Frage 2 genannten Anhörungsphase Gelegenheit, ihre Positionen zur Konzeption des neuen Rahmenlehrplans einzubringen. Darüber hinaus haben die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Mitwirkungsgremien Gelegenheit, sich fachlich zu positionieren. Frage 9: Wann wurde mit den Planungen für den neuen Rahmenlehrplan begonnen? Zu Frage 9: Im Frühjahr 2012 beauftragten das Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sowie die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) mit der Entwicklung neuer Rahmenlehrpläne für die Grundschule und die Sekundarstufe I. Das LISUM führte zunächst eine Bestandsaufnahme der gültigen Rahmen-lehrpläne durch. Es wurden wissenschaftliche Expertisen erstellt und die Schulpraxis in die Bestandsaufnahme einbezogen. Von Mai bis September 2012 hatten Fachkonferenzen in Berlin und Brandenburg die Möglichkeit, sich an einer Online-Befragung zu Erfahrungen und Erwartungen zur Arbeit mit den gültigen und künftigen Rahmenlehrplänen zu beteiligen. Ergebnisse dieser Befragung sind öffentlich zugänglich (www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/10480.html). Frage 10: Wie viele Lehrkräfte werden in Brandenburg durch die Fächerzusammenlegung eingespart im kommenden Schuljahr? Zu Frage 10: Die Schülerwochenstundenzahl für die Grundschülerinnen und Grundschüler wird aufgrund des geplanten Rahmenlehrplans Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften nicht verändert. Somit werden keine Einsparungen damit verknüpft. Frage 11: Müssen durch die Zusammenlegung der Fächer die Dauer des Schulbesuchs durch diese Maßnahmen wieder auf 13 Schuljahre verlängert werden, damit die Schüler den bisherigen Schulstoff vermitteln bekommen? Frage 12: Oder wird sich durch die Maßnahme die wöchentliche Stundenzahl der Schüler erhöhen müssen, um den jetzigen Schulstoff bis zum Ende des Schulbesuchs erlernen zu können? Zu den Fragen 11 und 12: Es erfolgt weder eine Veränderung der Stundentafel noch der sog. Schülerwochenstundenzahl . Der bisher vermittelte Unterrichtsstoff der 1-Stunden-Fächer Biologie, Physik, Geographie, Geschichte und Politische Bildung wird in den 3-StundenFächern Naturwissenschaften und Gesellschaftswissenschaften vermittelt. Damit besteht auch kein Zusammenhang zur Dauer der Schulzeit.