Datum des Eingangs: 10.03.2017 / Ausgegeben: 15.03.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6196 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2452 des Abgeordneten Péter Vida der BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/5992 Sicherung der Grundversorgung im ländlichen Raum Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Mit der Wende hat sich der Staat in Form von Konsum bzw. HO aus der Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum zurückgezogen . Über einige Jahre haben Privatpersonen noch versucht, diese Läden weiterzuführen , mussten allerdings in der Vergangenheit immer mehr aufgeben, da sie nicht kostendeckend mit einem auskömmlichen Gewinn arbeiten konnten. Gründe hierfür waren oft die hohen Mieten für die Räumlichkeiten. Alternativ haben einige Händler versucht, mit mobilen Verkaufseinrichtungen die Bevölkerung im ländlichen Raum weiter zu versorgen, was am Ende dann auch aus Kostengründen gescheitert ist. Aktuelles Beispiel ist die Einstellung des FRISCHEMOBIL in den Landkreisen Barnim und Uckermark. Die Praxis zeigt leider, dass solche Einrichtungen mit den Preisen bei ihren Produkten nicht mit denen der Lebensmitteldiscounter mithalten können. Hinzu kommt, dass solche alternativen Verkaufseinrichtungen nur von wenig mobilen Bürgern (Ältere, sozial Schwache ohne Auto) in Anspruch genommen werden , was für den Umsatz nicht gerade förderlich ist. Aber gerade diesem Personenkreis im ländlichen Raum muss unsere Fürsorge bzw. Daseinsvorsorge gelten. Das war auch im leider außer Kraft getretenen Vorschaltgesetz zum Landesplanungsgesetz und Landesentwicklungsprogramm für das Land Brandenburg vom 06.12.1991 in § 3 Ziffer 2 S. 3, 4 konkret geregelt : „Die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum ist grundsätzlich durch ortsfeste Infrastrukturen sicherzustellen. Bei sehr geringer Tragfähigkeit ist ein ausreichendes Angebot mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen durch Verknüpfung verschiedener Einrichtungen zu schaffen. Darüber hinaus soll ein vielfältiges Angebot durch ein Netz mobiler Versorgungssysteme gewährleistet werden“. Das Land hat sich hier aus seiner Verpflichtung zur Grundversorgung und somit zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum von der Öffentlichkeit fast unbemerkt in weiten Teilen zurückgezogen. Frage 1: Warum wurde der zitierte Passus ersatzlos außer Kraft gesetzt? zu Frage 1: Der zitierte Passus wurde im Rahmen der Aufhebung des gesamten Brandenburgischen Landesplanungsgesetzes durch Gesetz vom 21. September 2011 klarstellend formell außer Kraft gesetzt, weil er durch Ziele der Raumordnung in gemeinsamen Landesentwicklungsplänen, zuletzt durch den Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg vom 31. März 2009, bereits inhaltlich abgelöst worden war (siehe damaligen § 3 Abs. 2 BbgLplG). Frage 2: Mit welchen kommunalen Entscheidungsträgern war dieses Vorgehen abgestimmt bzw. gab es hierzu Beteiligungen irgendeiner Art? zu Frage 2: Im Rahmen der für die Aufstellung von Landesentwicklungsplänen vorgesehenen Beteiligungsverfahren wurden auch die Kommunen beteiligt. Der LEP B- B beschreibt die Tatsache der Ablösung der Ziele des BbgLplG in seinem Kapitel I. Die formelle und nur noch klarstellende Aufhebung erfolgte in einem Gesetzgebungsverfahren mit den hierfür notwendigen Verfahrensschritten. Frage 3: Wie will das Land seiner Verpflichtung zur Daseinsvorsorge bestimmter Bevölkerungsgruppen und deren Anrecht auf Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse nachkommen? Ich verweise hierzu auch auf die § 1 Abs. 2 und § 2 des Raumordnungsgesetzes. zu Frage 3: Die gemeinsamen Raumordnungspläne der Länder Berlin und Brandenburg schaffen den landesplanerischen Rahmen für die nachhaltige Daseinsvorsorge durch die Gesamtheit ihrer Festlegungen. Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs ist gemäß Kommunalverfassung § 2 des Landes Brandenburg in der gültigen Fassung keine Pflichtaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Einzelhandel und damit verbunden die Versorgung der ländlichen Bevölkerung kann nicht durch die Landesregierung bestimmt werden und liegt nicht in ihrer Zuständigkeit. Die Landesregierung kann nur im Rahmen ihrer Zuständigkeit Rahmenbedingungen z. B. im Bereich der Förderung schaffen, die es den Kommunen ermöglicht diesen Prozess zu unterstützen. Im Rahmen der LEADER- Richtlinie können Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen („Wirtschaftsförderung“ von Handwerks-, Gewerbeund Dienstleistungstätigkeiten) unterstützt werden. Im Rahmen der Umsetzung von Vorhaben bestand und besteht die Möglichkeit derartige Vorhaben zu unterstützen, wenn alle Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind und diese der Umsetzung der regionalen Entwicklungsstrategie dienen. Voraussetzung hierfür sind aber Akteure, die das unternehmerische Risiko eingehen und sich unternehmerisch engagieren. Frage 4: Welche Auswirkungen wird die geplante Kreisgebietsreform auf die Versorgungssituation der geschilderten nichtmobilen Bevölkerungsgruppe haben? zu Frage 4: Vor dem Hintergrund der alternden Bevölkerung, des Bevölkerungsrückgangs und auch angesichts der erheblichen Disparitäten im Land sollen die Landkreise neu strukturiert werden. Diese Neuordnung erfolgt im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform und soll zukunftsfeste und bürgernahe Strukturen schaffen, sichern und ertüchtigen. Wie die zukünftigen Verwaltungsträger – also die neuen Landkreise – ihre jeweiligen Verwaltungen organisieren und insbesondere die Frage, wie viele Außenstellen sie als Anlaufpunkte für die Bevölkerung schaffen werden, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch vor dem o.g. Hintergrund nicht beantwortet werden, da es sich hierbei um die Organisationshoheit der kommunalen Ebene handelt . Das Ziel einer effektiven und bürgernahen Verwaltung wird nach Auffassung der Landesregierung aber nur so wirklich zu erreichen sein. Es ist nach Auffassung der Landesregierung nicht unmittelbare Aufgabe der Kreisgebietsreform, die Bevölkerung ortsnah mit Lebensmitteln zu versorgen, sondern vielmehr gute Rahmenbedingungen zu schaffen, dass eine zeit- und ortsnahe Versorgung der Menschen vor Ort sichergestellt werden kann.