Datum des Eingangs:13.02.2015 / Ausgegeben: 18.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/628 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 215 des Abgeordneten Rene Wilke der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/495 Wortlaut der Kleinen Anfrage 215 vom 23.01.2015 Kompetenzen des Gemeinsamen Landesgremiums Die Sicherung und Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung für Bürgerinnen und Bürger wird in Brandenburg durch ein Gemeinsames Landesgremium unter- stützt. Das Gremium hat 2014 seine Arbeit aufgenommen. Ziel sind abgestimmte Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Fragen der flächendeckenden medizini- schen Versorgung, die regionale Versorgungsbedürfnisse, raumplanerische Aspekte und Perspektiven der demografischen Entwicklung berücksichtigen. In einem ersten Schritt wollte sich das Gremium laut einer Presseerklärung des Ge- sundheitsministeriums vom Vorjahr den drängendsten aktuellen Fragen in den berlin- fernen Regionen des Landes stellen. Ein Arbeitsausschuss sollte erste Vorschläge für geeignete Modellregionen unterbreiten und mögliche bundesrechtliche Umset- zungshemmnisse darstellen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist das Landesgremium nach § 90a SGB V in Brandenburg aufgestellt? 2. Welche Ziele werden in diesem Jahr mit diesem Instrument verfolgt? 3. Gibt es Möglichkeiten, das Landesgremium mit mehr Kompetenzen bei der Bedarfsplanung und Sicherstellung bei der ambulanten Versorgung auszustatten ? Welche Rechtsform wäre dafür geeignet (z. B. eine Körperschaft des öffentlichen Rechts)? 4. Welcher Instrumente bedarf es, um die Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Brandenburg vollständig zu gewährleisten? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Ge- sundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist das Landesgremium nach § 90a SGB V in Brandenburg aufgestellt? zu Frage 1: In Brandenburg gibt es seit dem 12. März 2014 das gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V. Das Gesundheitsministerium, die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen, die Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg und die kommunalen Spitzenverbände in Brandenburg werden in diesem Gremium gemeinsam mit den in Brandenburg für die Wahrnehmung der Interessen von Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen im Sin- ne des § 140f SGB V, der Landesärztekammer Brandenburg, der Ostdeutschen Psy- chotherapeutenkammer und der auf Landesebene für die Wahrnehmung der Interes- sen der Pflegeberufe maßgebliche Dachorganisation Fragen der sektorenübergrei- fenden flächendeckenden medizinischen Versorgung behandeln. Regionale Versor- gungsbedürfnisse, raumplanerische Aspekte und Perspektiven der demografischen Entwicklung werden dabei Berücksichtigung finden. Rechtsgrundlage hierfür ist das am 15. Oktober 2013 vom Landtag Brandenburg be- schlossene Gesetz zur Errichtung eines gemeinsamen Landesgremiums im Sinne des § 90a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V gemeinsames Landesgre- miumsgesetz - SGB V gLG). Das gemeinsame Landesgremium hat sich mit einer Geschäftsordnung auf die Grundlagen der Zusammenarbeit verständigt und mit sei- nem ersten Beschluss zu einer Arbeitsplanung die Grundlagen eines gemeinsamen Verständnisses seiner Aufgaben vor dem Hintergrund des bundes- und landesrecht- lichen Rahmens beschrieben. Frage 2: Welche Ziele werden in diesem Jahr mit diesem Instrument verfolgt? zu Frage 2: In der konstituierenden Sitzung des gemeinsamen Landesgremiums ist der Be- schluss gefasst worden, abgestimmte Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Fragen zu entwickeln. Dazu ist ein Arbeitsausschuss gebildet worden, um in einem ersten Schritt Regionen / Standorte zu identifizieren, in denen eine arbeitsteilige Ver- netzung von ambulanter und stationärer Versorgung besonders geeignet scheint. Darüber hinaus sollten auch konkrete Innovationsskizzen erarbeitet und zugleich et- waige rechtliche Umsetzungshindernisse benannt werden. Die Mitglieder des Ar- beitsausschusses sprachen sich einhellig dafür aus, zur Vorbereitung der dem ge- meinsamen Landesgremium gegenüber abzugebenden Empfehlungen zunächst eine Analyse der bestehenden Versorgungssituation im Land zu beginnen. Die Teilneh- mer haben vereinbart, Daten aus den verschiedenen, rechtlich auf Bundes- und Lan- desebene unterschiedlich geregelten Sektoren der medizinischen Versorgung (am- bulante Versorgung, stationäre Versorgung, Notfallversorgung) zusammenzuführen um die konkreten Versorgungssituationen in den einzelnen Raumordnungsregionen sektorenübergreifend regional und fachlich differenziert sichtbar zu machen. Die Ar- beiten dauern noch an, mit den Mitgliedern des Arbeitsausschusses wurde daher eine Anpassung der Zeitplanung verabredet. In diesem Jahr soll die Bearbeitung auf der entwickelten Datengrundlage fortgesetzt werden. Der Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes, der vom Bundeskabinett im Dezember 2014 beschlossen wurde und derzeit im Bundesrat behandelt wird, sieht die Einrichtung eines Innovationsfonds für sektorenübergreifende Versorgungsfor- men aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Für die Jahre 2016 bis 2019 sind jeweils 300 Millionen Euro vorgesehen. Die Länder sprechen sich im Bun- desratsverfahren dafür aus, dass Empfehlungen der Gemeinsamen Landesgremien nach § 90a SGB V angemessen Eingang in die Entscheidungsprozesse über die Fi- nanzierung von innovativen Projekten aus dem Fonds finden. Frage 3: Gibt es Möglichkeiten, das Landesgremium mit mehr Kompetenzen bei der Bedarfsplanung und Sicherstellung bei der ambulanten Versorgung auszustatten? Welche Rechtsform wäre dafür geeignet (z. B. eine Körperschaft des öffentlichen Rechts)? zu Frage 3: Um das Gemeinsamen Landesgremium mit mehr Kompetenzen auszustatten oder um andere Rechtsformen in Betracht zu ziehen, bedürfte es bundesrechtlicher Ände- rungen. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz wurde 2012 der neue § 90a in das SGB V eingefügt, der es den Ländern erlaubt, nach Maßgabe landesrechtlicher Bestim- mungen für den Bereich des Landes ein gemeinsames Gremium aus Vertretern des Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft sowie weiteren Be- teiligten zu bilden. § 90a SGB V regelt, dass das gemeinsame Landesgremium Emp- fehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben kann. Soweit das Landesrecht es vorsieht, ist dem gemeinsamen Landesgremium Gelegenheit zu ge- ben, zu Fragen der ambulanten Versorgung, konkret der Aufstellung und der Anpas- sung der Bedarfspläne nach § 99 Absatz 1 und zu den von den Landesausschüssen zu treffenden Entscheidungen nach § 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 sowie § 103 Absatz 1 Satz 1, Stellung zu nehmen. Von den bundesrechtlich eröff- neten Möglichkeiten hat der Landesgesetzgeber in Brandenburg vollumfänglich Ge- brauch gemacht. Frage 4: Welcher Instrumente bedarf es, um die Sicherstellung der ambulanten Ver- sorgung in Brandenburg vollständig zu gewährleisten? zu Frage 4: Hinsichtlich der medizinischen Versorgung werden in Deutschland die entscheiden- den Weichen im selbstverwalteten Gesundheitswesen durch Bundesrecht gestellt. Gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Auch die Sicherstellung der vertragsärztli- chen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst) gehört dazu. Nach § 105 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen entsprechend den Be- darfsplänen alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbes- sern oder zu fördern. Lassen sich Versorgungslücken nicht beheben, können die KVen bzw. die Kranken- kassen durch Eigeneinrichtungen die Versorgung der Versicherten sicherstellen. Auf dieser rechtlichen Grundlage können z.B. Sicherstellungspraxen und dezentrale, in- terdisziplinäre Praxen mit verschiedenen Fachrichtungen vorgehalten werden. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg ergreift sämtliche gesetzlich vorgesehe- nen Möglichkeiten zur Sicherstellung der Versorgung. Ein wichtiges Instrument ist der sogenannte Sicherstellungsfonds. Anders als in manchen anderen Bundeslän- dern wird das Instrument des Sicherstellungsfonds hier von den zuständigen Part- nern schon seit vielen Jahren offensiv genutzt. Um die Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in Regionen mit bereits bestehenden bzw. zukünftig drohenden Versorgungsengpässen zu unterstützen, hat die Kassen- ärztliche Vereinigung Brandenburg drei Förderprogramme aufgelegt, mit denen sie Umsatzgarantien, Sicherstellungszuschläge und Investitionskostenzuschüsse ge- währt. Grundlage für die Programme ist die Feststellung unterversorgter Regionen durch den Landesausschuss, in dem die Kassenärztliche Vereinigung und die Kran- kenkassen die Sicherstellung der ambulanten Versorgung auf der Grundlage des SGB V gemeinsam verantworten und vollziehen. Die Gesundheitspolitik des Landes ist seit vielen Jahren geprägt durch den engagier- ten Einsatz für Verbesserungen der bundesrechtlichen Rahmensetzungen mit Blick auf die medizinische Versorgung, etwa bezüglich - innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen, - der Rahmenbedingungen für die Ausübung des Arztberufes, - der Verankerung Medizinischer Versorgungszentren im SGB V oder - der Weiterentwicklung der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit. Die Landesregierung hat sich in intensiver Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung für eine Reform der Bedarfsplanung in der ambulanten Versorgung ein- gesetzt. Was der Bundesgesetzgeber 2012 und 2013 umgesetzt hat, war im Land Brandenburg teilweise schon jahrelange Praxis. In Brandenburg herrscht ein gutes Klima für Innovationen in der Versorgung. Die zu- ständigen Partner (Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhausträger, Gesetzliche Krankenkassen, Landesärztekammer) beweisen das durch ihre bundesweit beachte- ten Projekte wie das Telemedizinprojekt Fontane, das Preisträger des Bundesfor- schungsministeriums geworden ist oder die Fallmanagerin AGNS zwei sowie die am Krankenhaus verortete „KV RegioMed-Bereitschaftsdienstpraxis“ der Partner in der IGIB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg: KVBB, AOK NO und Bar- mer). Die Landesregierung setzt sich weiterhin für eine angemessene Vergütung für die Vertragsärztinnen und -ärzte ein. In diesem Sinne macht sie im aktuellen Gesetzge- bungsverfahren für ein GKV-Versorgungsstärkungsgesetz gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern deutlich, dass strukturelle Benachteiligungen abgebaut werden müssen.