Datum des Eingangs: 24.03.2017 / Ausgegeben: 29.03.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6289 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2492 des Abgeordneten Dieter Dombrowski der CDU-Fraktion Drucksache 6/6081 Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der ehemaligen DDR Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg verweist in Anfragen und Gesprächen darauf, dass man sich im Land Brandenburg zur Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der ehemaligen DDR eines eng begrenzten Kreises von besonders erfahrenen Sachverständigen bediene. Die Auswahl erfolge auf der Grundlage einer vom Bundessozialministerium herausgegebenen und mit Opferverbänden abgestimmten Liste von externen Einrichtungen und Gutachtern mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen. In einer schriftlichen Antwort des Bundessozialministeriums wurde jedoch kürzlich mitgeteilt, dass eine solche Expertenliste bisher nicht existiert und eine mögliche Auswahl/ Empfehlung von Einrichtungen oder Gutachtern auch nicht in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Frage 1: Wie erklärt die Landesregierung die widersprüchlichen Aussagen des Sozialministeriums des Landes Brandenburg und des Bundessozialministeriums? zu Frage 1: Die Landesministerien sowie die für die Durchführung des Sozialen Entschädigungsrechts zuständigen Landesbehörden führen regelmäßig gemeinsame Erfahrungsaustausche durch, die durch das Bundessozialministerium koordiniert werden. Gegenstand dieser Treffen war bereits vor 16 Jahren unter anderem auch der Austausch von Erfahrungen mit Gutachterinnen und Gutachtern in der Verwaltungspraxis bei der Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der DDR, in die auch Hinweise von Gedenkstätten eingeflossen waren (z. B. Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg für die Opfer politischer Gewaltherrschaft 1945 – 1989). In diesem Zusammenhang hatte das Bundessozialministerium im Rahmen seiner Koordinierungsfunktion entsprechende Hinweise aus den Ländern gesammelt und diesen bzw. den zuständigen Behörden zur Information zur Verfügung gestellt. Die Informationen werden seitdem durch das zuständige Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus in eigener Verantwortung vorgehalten , fortlaufend überprüft sowie auf den aktuellen Stand gebracht. Die vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg in diesem Zusammenhang herausgegebenen Informationen und Ausführungen beziehen sich auf diesen Geschehensablauf. Ein Widerspruch zu den Aussagen des Bundessozialministeriums wird insoweit nicht gesehen. Frage 2: Verfügt die Landesregierung über eine Liste von Sachverständigen und welche Personen/Sachverständigen sind dort aufgeführt? (Bitte als detaillierte Anlage mit Namen beifügen.) Frage 4: Mit welchen Opferverbänden wurde diese Liste beraten bzw. abgestimmt? zu Frage 2 und Frage 4: Die Landesregierung verfügt über keine Liste von Sachverständigen . Das Landesamt für Soziales und Versorgung hält die Namen und Anschriften von Gutachterinnen und Gutachtern, die aus den Erfahrungen der Verwaltungspraxis heraus als geeignet für die Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der DDR angesehen werden, als Arbeitshilfe für die Sachbearbeitung bei der Sachverhaltsaufklärung gemäß § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Siehe insoweit auch Antwort zu Frage 1. Eine Verpflichtung zur Abstimmung solcher Arbeitshilfen mit Dritten besteht nicht. Ungeachtet dessen führt das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg in diesem Zusammenhang noch einen Dialog mit der Beauftragten des Landes Brandenburg für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur. Frage 3: Welche besonderen Kenntnissen und Erfahrungen sind nach Auffassung der Landesregierung die Voraussetzung, um als Sachverständiger in diesen Fragen gelistet zu sein? zu Frage 3: Das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg setzt im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung bei der Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der DDR in der Regel erfahrene externe Sachverständige ein, die über einschlägige Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügen. Sie sollen folgende Voraussetzungen erfüllen: eine abgeschlossene Facharzt -ausbildung in den Fachbereichen Neurologie und Psychiatrie, Psychiatrie, Psychosomatische Medizin oder Psychotherapie oder eine Approbation als psychologische Psychotherapeutin oder psychologischer Psychotherapeut, eine nachgewiesene Fortbildung als Gutachterin oder Gutachter, klinische Erfahrungen in Diagnostik und Therapie psychischer Traumafolgeschäden oder Erfahrungen als psychologische Psychotherapeutin bzw. psychologischer Psychotherapeut für Traumafolgestörungen , Rechtskenntnisse im sozialen Entschädigungsrecht, in der Versorgungsmedizin -Verordnung und den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen und das erforderliche Wissen für die Erstellung von Gutachten. Das Landesamt für Soziales und Versorgung bietet ihnen die Teilnahme an Veranstaltungen zum Wissen über die Repressionsgeschichte der DDR, Haftbedingungen politischer Gefangener und Zersetzungs - und Verhörmethoden in der DDR an. Frage 5: Wie viele Fälle zur Begutachtung psychischer Folgeschäden wurden seit 1990 im Land Brandenburg geprüft und wie hoch war dabei die Zahl der Anerkennungen ? zu Frage 5: Das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg hält die erbetenen Angaben statistisch nicht vor. Aufgrund einer Sondererhebung des Landesamtes für Soziales und Versorgung ist allein die Anzahl der psychischen Begutachtungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung haft- und verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden rückwirkend ab dem Jahr 2013 ermittelt worden. Danach wurden im Jahr 2013 neun Gutachten, im Jahr 2014 elf Gutachten, im Jahr 2015 acht Gutachten und im Jahr 2016 vier Gutachten in Auftrag gegeben. Welchen Einfluss die erstellten Gutachten auf die Höhe des Grades der Schädigungsfolge und im Ergebnis auf die Anerkennung oder Ablehnung von Leistungen hatten, wurde im Rahmen der Sondererhebung jedoch nicht ermittelt. Frage 6: Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die Situation der Begutachtung von psychischen Folgenschäden nach politischer Haft und Verfolgung in der ehemaligen DDR im Land Brandenburg? zu Frage 6: Seit dem Inkrafttreten der Gesetze zur Rehabilitierung von DDR-Unrecht nimmt das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg die Aufgaben im Zusammenhang mit der Feststellung von Versorgungsansprüchen aufgrund von Folgeschäden von politischer Haft und Verfolgung in der ehemaligen DDR wahr. Die Fallzahlen bei der Geltendmachung und Begutachtung von psychischen Folgeschäden nach politischer Haft und Verfolgung waren in den letzten Jahren rückläufig. Das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg hat auf die Entwicklung durch Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation reagiert und den Kenntnisstand über die Bedingungen und die Wirkungen der politischen Repression in der ehemaligen DDR bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den eingesetzten Gutachterinnen und Gutachtern vertieft, um die geforderte Qualität in der Rechtsanwendung und Begutachtung zu gewährleisten.