Datum des Eingangs: 17.02.2015 / Ausgegeben: 23.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/637 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 199 der Abgeordneten Axel Vogel und Michael Jungclaus Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/466 Wortlaut der Kleinen Anfrage 199 vom 21.01.2015: Ferienwohnungen und –häuser in Wohngebieten Ferienwohnungen und –häuser in den Brandenburger Dörfern und Städten haben eine hohe touristische Bedeutung und tragen zur lokalen Wertschöpfung bei. Die Nachfrage nach Ferienwohnungen und –häusern hat sich nach der Landestourismuskonzeption Brandenburg 2011 – 2015 in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt. Ein weiterer selektiver Ausbau wird angestrebt. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald vom 28.12.2007 stellen Ferienwohnungen und –häuser gegenüber der Wohnnutzung eine eigene Nutzungsart dar. Ferienwohnungen und –häuser sind nach § 4 Absatz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in einem von der Gemeinde festgesetzten allgemeinen oder reinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich unzulässig, soweit die Gemeinde nicht von den durch § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch macht und Ausnahmen nicht ausdrücklich durch den Bebauungsplan zugelassen werden. Sofern kein Bebauungsplan besteht, soll die zulässige Nutzung der Eigenart der näheren Umgebung entsprechen. Für ein Angebot an Ferienwohnungen und –häuser sieht die Baunutzungsverordnung die Ausweisung von Sondergebieten vor, die der Erholung dienen sollen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden zur Verhinderung weiterer Ferienwohnungen und –häuser in Wohngebieten bereits Anzeigen und Beschwerden bei den Bauaufsichtsbehörden eingereicht, die zu Bußgeldverfahren oder Nutzungsuntersagungen geführt haben. Ich frage die Landesregierung: Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Rechtslage für Ferienhäuser und – wohnungen innerhalb von allgemeinen bzw. reinen Wohngebieten und die Auswirkungen auf Brandenburg? Frage 2: Wie viele Baugenehmigungen wurden in den jeweiligen Brandenburger Landkreisen seit dem 04.10.1990 für Ferienwohnungen und –häuser in allgemeinen oder reinen Wohngebieten erteilt? In wie vielen Fällen ist dies im Rahmen der Bebauungspläne ausnahmsweise zulässig/nicht zulässig gewesen? Frage 3: Wie viele Baugenehmigungen wurden in den jeweiligen Landkreisen seit dem 04.10.1990 für Ferienwohnungen und –häuser in hierfür ausgewiesenen Sondergebieten erteilt? Frage 4: In wie vielen Fällen ist es bei Ferienwohnungen und –häusern in Wohngebieten zu Anzeigen und Beschwerden gegenüber den Bauaufsichtsbehörden im Land Brandenburg gekommen? Wie wurde mit den Anzeigen und Beschwerden umgegangen? Frage 5: Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus den bisherigen Gerichtsurteilen ? Frage 6: Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um Rechtssicherheit für die bestehende und zukünftige Ferienwohnungen und –häuser innerhalb von Wohngebieten zu schaffen? Welche Möglichkeiten bestehen auf Bundes-, Landesund Kommunalebene? Frage 7: Wie steht die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative, um eine ausnahmsweise Zulassung von Ferienwohnungen- und -häusern in reinen oder allgemeinen Wohngebieten durch Änderung der Baunutzungsverordnung zu erwirken? Frage 8: Gibt es von Seiten der Landesregierung Handlungsempfehlungen für die Kommunen zum Umgang mit der oben dargestellten Problematik? Wenn ja, wo sind diese veröffentlicht ? Wenn nein, sind diese geplant? Frage 9: Wie beurteilt die Landesregierung die Ausweitung von städtischen Beherbergungsbetrieben auf angrenzende bisher zum Wohnen genutzte Gebäude? Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen hierfür vorliegen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Rechtslage für Ferienhäuser und – wohnungen innerhalb von allgemeinen bzw. reinen Wohngebieten und die Auswirkungen auf Brandenburg? Frage 5: Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus den bisherigen Gerichtsurteilen ? Zu Frage 1 und 5: Durch Festsetzung im Bebauungsplan kann die Gemeinde die zulässige Art der baulichen Nutzung bestimmen. Die Bebauungspläne sind von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen. Mit der Aufstellung von Bebauungsplänen können auch ggf. bestehende Konflikte zwischen Ferienhaus- und Wohnnutzung einer Lösung zugeführt werden. Der Landesregierung ist bekannt, dass aufgrund des Beschlusses des OVG Greifswald vom 28.Dezember 2007 (Beschluss Az.3M 190/07) insbesondere in Mecklenburg -Vorpommern und in Schleswig-Holstein bauordnungsrechtliche Verfahren ein- geleitet wurden. In der Zwischenzeit ist mit Datum vom 18. September 2014 jedoch ein neueres Urteil des OVG Lüneburg (Az.: 1 KN 123/12) ergangen, wonach Ferienwohnungen und Dauerwohnungen als Regelnutzung nebeneinander zulässig sein können. Bezugnehmend auf das Urteil des OVG Lüneburg vom 18. September 2014 (Az.: 1 KN 123/12) vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass - die Mischung von Fremdenbeherbergung und Ferienwohnen einerseits und Dauerwohnen andererseits nicht in Widerspruch zur Baunutzungsverordnung (BauNVO) steht, - - die in § 10 BauNVO ausdrücklich bezeichneten Nutzungen des Erholungswohnens aufgrund ihres besonderen Nutzungszwecks (saisonaler Aufenthalt in Wald-, Seen-, Strandnähe) und der baulichen Realitäten (geringerer Standard der Infrastruktur, der Erschließung und der Gebäudeausstattung als in Dauerwohngebieten) eine eigene Baugebietskategorie eröffnen (Sondergebiete , die der Erholung dienen). Die Regelungen des § 10 BauNVO schließen dabei „Erholungswohnen“ in anderen Baugebietskategorien der BauNVO (bspw. in Allgemeinen Wohngebieten) nicht per se aus, - - der Begriff der „Wohnung“ auch Ferienwohnungen umfasst. §9 Abs.1 Nr.6 BauGB ermöglicht es der Gemeinde somit, die Zahl der Ferienwohnungen in Gebäuden, die ganz bzw. überwiegend mit Ferienwohnungen belegt sind, per Bebauungsplan festzusetzen. Auch der gegenwärtige - (Dauer-)Wohnungsbestand kann festgesetzt werden, wenn für die Festsetzung städtebauliche Gründe vorliegen. Frage 2: Wie viele Baugenehmigungen wurden in den jeweiligen Brandenburger Landkreisen seit dem 04.10.1990 für Ferienwohnungen und –häuser in allgemeinen oder reinen Wohngebieten erteilt? In wie vielen Fällen ist dies im Rahmen der Bebauungspläne ausnahmsweise zulässig/nicht zulässig gewesen? Frage 3: Wie viele Baugenehmigungen wurden in den jeweiligen Landkreisen seit dem 04.10.1990 für Ferienwohnungen und –häuser in hierfür ausgewiesenen Sondergebieten erteilt? Frage 4: In wie vielen Fällen ist es bei Ferienwohnungen und –häusern in Wohngebieten zu Anzeigen und Beschwerden gegenüber den Bauaufsichtsbehörden im Land Brandenburg gekommen? Wie wurde mit den Anzeigen und Beschwerden umgegangen? Zu Frage 2, 3 und 4: Der Landesregierung liegen hierzu keine Daten vor. Nach Auskunft der unteren Bauaufsichtsbehörden werden die Genehmigungen für Ferienwohnungen nicht gesondert erfasst. Anzeigen und Beschwerden werden durch die zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörden bearbeitet. Die Ergebnisse der Bearbeitung sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 6: Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um Rechtssicherheit für die bestehende und zukünftige Ferienwohnungen und –häuser innerhalb von Wohngebieten zu schaffen? Welche Möglichkeiten bestehen auf Bundes-, Landesund Kommunalebene? Frage 8: Gibt es von Seiten der Landesregierung Handlungsempfehlungen für die Kommunen zum Umgang mit der oben dargestellten Problematik? Wenn ja, wo sind diese veröffentlicht ? Wenn nein, sind diese geplant? Zu Frage 6 und 8: Aktuelle baurechtliche Themen werden bei Bedarf auf den regelmäßig stattfindenden Arbeitsberatungen mit den Planungsamtsleiter/innen der Landkreise bei der Höheren Verwaltungsbehörde besprochen. Zuletzt wurde die Thematik Ferienhäuser / Ferienwohnungen auf der Amtsleitertagung am 26.11.2014 behandelt. Die Inhalte der Arbeitsberatung können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.mil.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/Planungsamtleitertag ung.pdf Das MIL hat mit Datum vom 22.02.2010 bauplanungsrechtliche Hinweise für die Beurteilung von Wochenendhausgebieten veröffentlicht. Die „Entscheidungshilfe Ansammlung von Wochenendhäusern als faktisches Wochenendhausgebiet“ wurde auf der Internetseite des MIL veröffentlicht. http://www.mil.brandenburg.de/media_fast/4055/RundSchreiben%C2%A7%2034%2 0Wochenendhausgeebiete.pdf Den Kommunen steht darüber hinaus mit der „Arbeitshilfe Bebauungsplanung“ eine kontinuierlich aktualisierte und veröffentlichte Planungshilfe (letzte Ergänzung November 2014) zur Verfügung, die anhand von praktischen Beispielen die bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern aufzeigt. http://www.mil.brandenburg.de/media_fast/4055/Arbeitshilfe_Bebauungsplanung_Ge samtfassung_Nov2014.pdf Frage 7: Wie steht die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative, um eine ausnahmsweise Zulassung von Ferienwohnungen- und -häusern in reinen oder allgemeinen Wohngebieten durch Änderung der Baunutzungsverordnung zu erwirken? Zu Frage 7: Nach Ansicht der Landesregierung stehen den Kommunen mit den Instrumenten der Bauleitplanung ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung aktiv die Steuerung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen zu betreiben. Frage 9: Wie beurteilt die Landesregierung die Ausweitung von städtischen Beherbergungsbetrieben auf angrenzende bisher zum Wohnen genutzte Gebäude? Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen hierfür vorliegen? Zu Frage 9: Die Errichtung oder Erweiterung eines baulichen Vorhabens unterliegt in der Regel der Baugenehmigungspflicht. Ist das Vorhaben mit den Vorgaben des Bauplanungsrechts (§ 30 bzw. § 34 BauGB i. V. m. § 15 BauNVO) vereinbar und stehen dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften i. S. d. § 67 BbgBO entgegen, ist die Baugenehmigung zu erteilen. Das Baugenehmigungsverfahren obliegt den unteren Bauaufsichtsbehörden. Über die Zulässigkeit im bauaufsichtlichen Verfahren wird im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden.