Datum des Eingangs: 17.02.2015 / Ausgegeben: 23.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/639 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 210 des Abgeordneten Danny Eichelbaum CDU-Fraktion Drucksache 6/489 Handyfunde in Brandenburger Justizvollzugsanstalten Wortlaut der Kleinen Anfrage 210 vom 23. Januar 2015 In der Presse vom 21.01.2015 wurde darüber berichtet, dass kurz vor Weihnachten in der Gefängniszelle des Angeklagten im Mordfall Alyssa ein Handy gefunden wurde . Darauf wurden unter anderem Pornobilder gefunden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Handys, Notebooks, Tablet-PCs und andere mobile Kommunikationsgeräte wurden jeweils in den Jahren 2010 bis 2015 in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten sichergestellt? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten) 2. Was unternimmt die Landesregierung, um die Nutzung von Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten in den Justizvollzugsanstalten zu verhindern? 3. Verfügt die Landesregierung über Erkenntnisse, dass durch die Nutzung von Handys , Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten durch Insassen Straftaten vorbereitet, verabredet oder begangen wurden bzw. werden? Wenn ja, wie viele Fälle und welche Straftaten? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten ) 4. Wie viele Prüfgeräte zur Ortung von Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten werden derzeit in den Brandenburgischen Justizvollzugsanstalten eingesetzt? Wie wirksam sind diese Prüfgeräte? Welche Kosten entstehen hierdurch? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten) 5. Beabsichtigt die Landesregierung, neue Suchgeräte zur Ortung von Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten anzuschaffen bzw. einzusetzen? Wenn ja, wie wirksam sind diese Suchgeräte? Wann soll die Anschaffung erfolgen? Welche Kosten werden hierdurch entstehen? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten) 6. In welchen Brandenburger Justizvollzugsanstalten gibt es für Insassen die Möglichkeit , Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten sowie das Internet zu nutzen? 7. Welche Regelungen gibt es, die den Internetverkehr und den sonstigen Telekommunikationsverkehr in diesen Justizvollzugsanstalten einschränken (auf Personen, Zeiten, Inhalte etc.)? Welche gesetzlichen Vorschriften liegen diesen Regelungen jeweils zugrunde? 8. Wird die Nutzung des Internets und der sonstigen Telekommunikation in den Justizvollzugsanstalten überwacht (durch Aufsicht, Netzwerkmonitoring etc.)? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? 9. Welche Bandbreiten stehen den Insassen nach Kenntnis der Landesregierung regelmäßig zur Verfügung (nominell und effektiv)? 10. Für welche Justizvollzugsanstalt, in denen bisher keine Möglichkeit zur Nutzung des Internets oder sonstiger Telekommunikation besteht, plant die Landesregierung die Einrichtung einer solchen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Handys, Notebooks, Tablet-PCs und andere mobile Kommunikationsgeräte wurden jeweils in den Jahren 2010 bis 2015 in den brandenburgischen Justizvollzugsanstalten sichergestellt? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten ) zu Frage 1: Nach Auswertung der dem Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz vorliegenden Quartalsberichte über die Anzahl der im Justizvollzug aufgefundenen Mobiltelefone ergibt sich die nachfolgende Übersicht. Funde von Notebooks oder Tablet-PCs wurden dem MdJEV nicht angezeigt. Eine statistische Klassifizierung der Mobiltelefone, ob es sich hierbei um herkömmliche Mobiltelefone oder andere mobile Kommunikationsgeräte wie z.B. Smartphones handelt, erfolgt nicht. Jahr JVA Brandenburg a.d.H. JVA CottbusDissenchen JVA Frankfurt (Oder)* JVA LuckauDuben JVA Neuruppin - Wulkow JVA Wriezen Außenstelle Spremberg Gesamt 2010 10 19 0 49 1 18 15 112 2011 4 23 19 40 0 14 4 104 2012 13 16 13 23 4 25 2 96 2013 5 17 0 24 7 14 15 82 2014 16 40 0 18 9 7 19 109 *zum 1. Dezember 2013 geschlossen Frage 2: Was unternimmt die Landesregierung, um die Nutzung von Handys, Notebooks , Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten in den Justizvollzugsanstalten zu verhindern? zu Frage 2: Die Landesregierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Nutzung von unerlaubten mobilen Kommunikationsgeräten in den Justizvollzugsanstalten zu verhindern. Zum einen kommen Geräte zum Aufspüren von unbefugt genutzten Mobiltelefonen (so genannte Handyfinder) in allen Justizvollzugsanstalten des Landes zum Einsatz. Zum anderen dienen die Kontrollen von Besuchern sowie von (z.B. aus Lockerungen) in die Justizvollzugsanstalten zurückkehrenden Gefangenen und die Überprüfung eingehender Pakete dem Auffinden von verbotenen Kommunikationsgeräten. Da nach den hiesigen, aber auch nach den Erfahrungen der anderen Bundesländer auch intensive Kontrollen das Einbringen von Mobiltelefonen in die Justizvollzugsanstalten nicht vollständig verhindern können, beabsichtigt die Landesregierung auf der Grundlage des § 118 BbgJVollzG künftig auch den Einsatz von technischen Geräten, welche die Frequenzen stören oder unterdrücken, die der Herstellung und Aufrechterhaltung unerlaubter Funkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen. Frage 3: Verfügt die Landesregierung über Erkenntnisse, dass durch die Nutzung von Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten durch Insassen Straftaten vorbereitet, verabredet oder begangen wurden bzw. werden ? Wenn ja, wie viele Fälle und welche Straftaten? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten ) zu Frage 3: Der Landesregierung liegen bezüglich der durch die Nutzung von mobilen Kommunikationsgeräten von Strafgefangenen begangenen Straftaten keine Statistiken zum Fallaufkommen, zu den Straftatbeständen und den Tatorten vor. Es sind aktuell zwei Fälle bekannt, in denen Anzeige gegen Gefangene wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornografischem Material auf unerlaubt eingebrachten Mobiltelefonen erstattet worden ist. Entsprechende Ermittlungsverfahren sind eingeleitet worden. Bis auf einen Fall im Jahre 2003 gibt es auch keine konkreten Erkenntnisse darüber, dass über Mobiltelefone das Einbringen von Betäubungsmitteln in die Justizvollzugsanstalten organisiert wurde. Frage 4: Wie viele Prüfgeräte zur Ortung von Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten werden derzeit in den Brandenburgischen Justizvollzugsanstalten eingesetzt? Wie wirksam sind diese Prüfgeräte? Welche Kosten entstehen hierdurch? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten) zu Frage 4: Vor dem Hintergrund der raschen technischen Entwicklung auf diesem Gebiet kommen in den Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg verschiedene Generationen von mobilen Ortungsgeräten zum Einsatz. Die Geräte der ersten Generation sind ausschließlich in der Lage, Mobilfunkverbindungen in den GSMNetzen zu detektieren. Demgegenüber erkennen Geräte neuerer Bauarten auch Verbindungen im 3G- (UMTS) bzw. 4G- (LTE) Bereich. In der JVA NeuruppinWulkow ist zudem seit ihrer Inbetriebnahme eine fest installierte Anlage in Verwendung , die für die GSM-Netze ausgelegt ist. Diese wird inzwischen durch den Einsatz mobiler Geräte für den LTE- und UMTS-Bereich unterstützt. Eine detaillierte Übersicht über die aktuell vorhandenen Geräte ergibt sich aus der folgenden Tabelle: JVA Anzahl Geräte Brandenburg a.d.H. 8 Cottbus-Dissenchen 10 Luckau-Duben 13 Neuruppin-Wulkow (zuzüglich zur fest installierten Anlage) 3 Wriezen 7 Ein Gerät zum Detektieren von Mobilfunkverbindungen im LTE-und UMTS-Bereich kostet aktuell ca. 2.000,00 €. Folgekosten entstehen für den Ersatz von Batterien. Mit den vorhandenen Geräten sind bislang gute Erfahrungen gemacht worden. Eine Vielzahl der Handyfunde ist auf den Einsatz der Detektionsgeräte zurückzuführen. Frage 5: Beabsichtigt die Landesregierung, neue Suchgeräte zur Ortung von Handys , Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten anzuschaffen bzw. einzusetzen? Wenn ja, wie wirksam sind diese Suchgeräte? Wann soll die Anschaffung erfolgen? Welche Kosten werden hierdurch entstehen? (Bitte aufschlüsseln nach Justizvollzugsanstalten) zu Frage 5: Nach einer zentral durch das MdJEV organisierten und zum Jahresende 2014 erfolgten Beschaffung von 19 Geräten zum Detektieren im 3G- und 4G-Netz ist derzeit keine weitere Beschaffung in dieser Größenordnung vorgesehen. Die Anstalten sind jedoch gehalten, bei Bedarf in eigener Zuständigkeit ihren Bestand zu ergänzen . In einer Justizvollzugsanstalt des Landes, die aus Sicherheitsgründen nicht näher benannt werden soll, wird in der ersten Jahreshälfte 2015 eine Anlage zum Stören und Unterdrücken von Frequenzen auf dem Anstaltsgelände erprobt. Nach der Erprobung wird darüber zu befinden sein, ob dieses System weiterbetrieben bzw. auch in anderen Justizvollzugsanstalten des Landes zum Einsatz kommen soll. Frage 6: In welchen Brandenburger Justizvollzugsanstalten gibt es für Insassen die Möglichkeit, Handys, Notebooks, Tablet-PCs und anderen mobilen Kommunikationsgeräten sowie das Internet zu nutzen? zu Frage 6: In den Anstalten des geschlossenen Vollzuges ist die Nutzung mobiler Kommunikationsgeräte grundsätzlich ausgeschlossen. Den Gefangenen in den Abteilungen des offenen Vollzuges wird erlaubt, Mobiltelefone bei Ausgängen, Urlauben oder zum Freigang mit sich zu führen bzw. teilweise auch im offenen Vollzug zu nutzen . In Einzelfällen werden PC und Laptops zugelassen. Im Rahmen der schulischen und beruflichen Qualifizierung von Gefangenen werden in den Justizvollzugsanstalten des Landes moderne Kommunikationsmedien über die sogenannte e-lis (elearning im Strafvollzug) Infrastruktur genutzt. Es handelt sich dabei um eine länderübergreifend genutzte Lernplattform für Inhaftierte, die wie ein Intranet funktioniert. Die Gefangenen greifen aus gesicherten Computerräumen über eine getunnelte Verbindung (VPN) auf eine zentral verwaltete Plattform zu. Die e-lis Infrastruktur bietet einen gesicherten Zugang zu Lernangeboten in offline-Version und zu ausgewählten Onlineangeboten. Die Internetseiten können anstaltsindividuell anhand einer sog. Positivliste freigeschaltet werden. Bei diesen Internetseiten handelt es sich im Wesentlichen um Nachschlagewerke wie Wikipedia oder um Info-Portale, z.B. um solche der Arbeitsagentur, zur Stellensuche oder zu Fernlehrinstituten. Im geschlossenen Vollzug sind alle Justizvollzugsanstalten an die e-lis Infrastruktur angeschlossen. Nach einer baubedingten Unterbrechung wird auch der Anschluss der JVA Brandenburg a.d.H. im Frühjahr dieses Jahres wieder hergestellt sein. In den offenen Vollzügen der JVAen Neuruppin-Wulkow und Wriezen ist ebenfalls ein Zugang zur e-lis Lernplattform vorhanden. Auch dort wird er vorrangig für Bildungszwecke genutzt. Im Sicherungsverwahrungsvollzug wird ab 2016 ein Zugang zur e-lis Lernplattform zur Verfügung stehen. Frage 7: Welche Regelungen gibt es, die den Internetverkehr und den sonstigen Telekommunikationsverkehr in diesen Justizvollzugsanstalten einschränken (auf Personen , Zeiten, Inhalte etc.)? Welche gesetzlichen Vorschriften liegen diesen Regelungen jeweils zugrunde? zu Frage 7: Grundsätzlich gelten hierfür § 44 Satz 2 in Verbindung mit §§ 37, 42 BbgJVollzG bzw. § 37 Satz 2 in Verbindung mit §§ 30, 35 BbgSVVollzG. Auf der Grundlage von § 118 BbgJVollzG bzw. § 105 BbgSVVollzG dürfen Funkfrequenzen auch gestört bzw. unterdrückt werden. Entsprechend dem für die e-lis-Lernplattform geltenden Sicherheitskonzept sind die Haftanstalten über einen speziellen Sicherheitsserver mit der e-lis Infrastruktur verbunden und die PC in den Schulungsräumen der Vollzugsanstalten besonders gesichert. Der Betreiber der Lernplattform, das Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft (IBI), prüft die Internetseiten auf ihre Kommunikationsmöglichkeiten sowie auf mögliche Sicherheitslücken. Es unterrichtet hierüber die Vollzugsanstalten und spricht Empfehlungen aus. Die Internetseiten selbst werden vorab einer gründlichen pädagogischen und technischen Prüfung unterzogen. Deren Freischaltung erfolgt im Übrigen auf der Grundlage landeseinheitlicher Regularien. Bezüglich der Überwachung des Telefonverkehrs der Gefangenen bzw. Untergebrachten gelten die Regelungen des § 38 Abs. 1 Satz 2 BbgJVollzG in Verbindung mit § 37 BbgJVollzG bzw. § 31 Abs. 1 BbgSVVollzG in Verbindung mit § 30 BbgSVVollzG. Den Gefangenen werden auf Antrag sogenannte Telefonkonten mit einer begrenzten Anzahl von konkreten Rufnummern eingerichtet, die diese dann bei entsprechendem Guthaben und zu festgelegten Zeiten von einem zentral in der jeweiligen Abteilung installierten Telefon aus anrufen können. In der Sicherungsverwahrung stehen den Untergebrachten Telefone in ihren Zimmern zur Verfügung. Die Anzahl der Gespräche ist, ein entsprechendes Guthaben auf dem Telefonkonto vorausgesetzt , nicht begrenzt. Frage 8: Wird die Nutzung des Internets und der sonstigen Telekommunikation in den Justizvollzugsanstalten überwacht (durch Aufsicht, Netzwerkmonitoring etc.)? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 8: Siehe Antworten zu Fragen 6 und 7. Frage 9: Welche Bandbreiten stehen den Insassen nach Kenntnis der Landesregierung regelmäßig zur Verfügung (nominell und effektiv)? zu Frage 9: Um eine Gefährdung für das von der Verwaltung genutzte Landesverwaltungsnetz gänzlich auszuschließen, erfolgt die Nutzung der e-lis Lernplattform (s.o.) jeweils über einen separaten Zugang zum Internet. Hierfür stehen in den Justizvollzugsanstalten nachfolgende Anschlüsse und Bandbreiten nominell und effektiv zur Verfügung: Justizvollzugsanstalt Nomineller/ beauftragter Anschluss Effektiv nutzbare Bandbreite, die am Router der JVA anliegt Brandenburg a.d.H 50 Mbit/s 50 Mbit/s Cottbus-Dissenchen zwei Anschlüsse zu je 16 Mbit/s jeweils 2,5 Mbit/s Luckau-Duben 768 kbit/s 768 kbit/s Wriezen zwei Anschlüsse zu je 16 Mbit/s jeweils 16 Mbit/s Neuruppin-Wulkow (*) - Anschluss zu 16 Mbit/s - Anschluss zu 64 kbit/s - 16 Mbit/s - 64kbit/s (*) Voraussichtlich zum 1. Februar 2015 wird der Anschluss der JVA NeuruppinWulkow von 64 kbit/s durch einen LTE-Anschluss mit 16 Mbit/s ersetzt. Frage 10: Für welche Justizvollzugsanstalt, in denen bisher keine Möglichkeit zur Nutzung des Internets oder sonstiger Telekommunikation besteht, plant die Landesregierung die Einrichtung einer solchen? zu Frage 10: Siehe Antworten zu Fragen 6 und 7.