Datum des Eingangs: 06.04.2017 / Ausgegeben: 11.04.2017 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/6392 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2533 der Abgeordneten Roswitha Schier der CDU-Fraktion Drucksache 6/6176 Personalschlüssel in Einrichtungen der Pflege Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Für Pflegeeinrichtungen sind konkrete Personalschlüssel für Mitarbeiter vorgesehen – diese haben sowohl für Pflegehilfs-, als auch für Pflegefachkräfte Geltung. Pflegekassen kritisieren, dass Heimbetreiber, bei voller Bezahlung, ohne Konsequenzen weniger Personal einstellen können. Das Bundessozialgericht hatte hierzu in der Vergangenheit eine Entscheidung getroffen und damit die Hürden für finanzielle Kürzungen sehr hoch angesetzt. Es müssen sehr aufwändig erhebliche Mängel nachgewiesen werden, erst dann hat ein Betreib mit Kürzungen zu rechnen. Aufgrund der schlechten Aussichten auf Erfolg, überprüfen Pflegekassen die Vorgaben nur selten. Dieses Vorgehen geht vor allem zulasten des beschäftigten Pflegepersonals und insbesondere zulasten der Patienten. Frage 1: Ist der Landesregierung der Umstand der bewussten personellen Unterbesetzung bekannt und wie verhält sich die Landesregierung hierzu? zu Frage 1: Der Landesregierung ist ein Umstand von bewusster personeller Unterbesetzung in stationären Pflegeeinrichtungen im Land Brandenburg nicht bekannt. Nach Auffassung der Landesregierung wäre eine systematische und zielgerichtete Unterschreitung vertraglich vereinbarter Personalschlüssel auch ohne die Feststellung von Qualitätsmängeln sanktionsbewehrt. Frage 2: Wie sind die momentanen Personalvorgaben für Pflegeeinrichtungen ausgestaltet ? zu Frage 2: Diese richten sich nach der mit der einzelnen Einrichtung abgeschlossenen Vereinbarung gemäß § 85 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Hierfür bilden die nach § 75 SGB XI geschlossenen Rahmenverträge die Grundlage, die für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sind. Diese Rahmenverträge weisen Personalrichtwerte aus. Für Einrichtungen der vollstationären Pflege im Land Brandenburg gelten im Jahr 2017 auf Basis eines Hauses mit 80 Plätzen folgende Personalrichtwerte: Pflegegrad Personalrichtwerte 1 1 : 4,39 2 1 : 3,42 3 1 : 3,00 4 1 : 2,31 5 1 : 1,80 Zusätzlich zu den dargestellten Personalrichtwerten ist die verantwortliche Pflegefachkraft in einer: - Pflegeeinrichtung mit einer Kapazität unter 40 Plätzen mit 0,5 Vollzeitkraft, - Pflegeeinrichtung mit einer Kapazität von 40 bis 79 Plätzen im Verhältnis 1:80, - Pflegeeinrichtung mit einer Kapazität ab 80 Plätzen mit 1,0 Vollzeitkraft von der direkten Pflege freizustellen. Für solitär geführte Kurzzeitpflegeeinrichtungen bzw. für Kurzzeitpflege in einem separat geführten Wohnbereich einer Pflegeeinrichtung gilt ein Personalrichtwert von 1 : 2,5, mindestens jedoch 5,52 Vollzeitstellen. Hinzu kommen 0,5 Vollzeitkräfte der verantwortlichen Pflegefachkraft, 0,5 Vollzeitkräfte für die therapeutische Assistenz und 0,5 Vollzeitkräfte für die Sozialarbeit. Für die teilstationären Pflegeeinrichtungen im Land Brandenburg (Tages- und Nachtpflege ) wurde eine Mindestanforderung in Form eines Personalrichtwertes von 1 : 5,5 für die Pflege und soziale Betreuung festgelegt. Zusätzlich ist die verantwortliche Pflegefachkraft zur Wahrnehmung ihrer Leitungsfunktion mit 0,5 Vollzeitkraft von der direkten Pflege freizustellen. In den dargestellten Personalbemessungen ist das zusätzliche Betreuungspersonal nach § 85 Absatz 8 SGB XI, das ausschließlich aus den Mitteln der Pflegeversicherung finanziert wird, nicht enthalten. Frage 3: Wer überprüft diese Vorgaben im Land Brandenburg? zu Frage 3: Auf Verlangen einer der in § 85 Absatz 2 Satz 1 SGB XI benannten Vertragsparteien hat der Träger der Einrichtung in einem Personalabgleich nachzuweisen , dass die vereinbarte Personalausstattung tatsächlich bereitgestellt und bestimmungsgemäß eingesetzt wird. Zudem haben sich die Träger vollstationärer Pflegeeinrichtungen mit den Verbänden der Pflegekassen und den Trägern der Sozialhilfe im Land Brandenburg im Rahmen der Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und der Überleitung von Pflegestufen auf Pflegegrade zum 1. Januar 2017 auf folgendes Verfahren verständigt: Sollte der Träger abweichend zu den vereinbarten Personalrichtwerten weniger Personal vorhalten, ist das nicht vorgehaltene Personal – unabhängig von Ursachen oder Gründen – im Rahmen der nächsten Verhandlung zu „verrechnen“. Auch die Anwendung der Sanktionsmöglichkeiten nach § 115 Absatz 3 SGB XI ist in diesem Zusammenhang möglich. Damit haben sich die Vertragsparteien auf ein transparentes Verfahren bezüglich der tatsächlichen Vorhaltung von Personal und dessen Finanzierung verständigt. Frage 4: Wie gestaltet sich die Personalbesetzung in Brandenburger Pflegeeinrichtungen – sind hier entsprechende Abweichungen aus den dargelegten Gründen feststellbar ? Wenn ja, bei welchen Einrichtungen und wie groß ist der prozentuale Anteil der Abweichung vom Soll? zu Frage 4: Der Landesregierung liegen keine statistischen Zahlen zur Abweichung von vereinbarten Personalrichtwerten vor. Frage 5: Gibt es begründete Konzepte für Pflegeeinrichtungen, die eine Abweichung von den Personalvorgaben ermöglichen? Wenn ja, wie sehen diese aus und wo werden solche Konzepte umgesetzt? zu Frage 5: Nach Auskunft der Verbände der Pflegekassen im Land Brandenburg liegen derzeit keine Konzepte vor, bei denen ein Abweichen von den vereinbarten Personalrichtwerten genehmigt bzw. vereinbart worden ist. Frage 6: Befindet die Landesregierung sich hierzu mit dem zuständigen Bundesministerium im Austausch? Welchen Lösungsansatz streben die Partner auf Landesund Bundesebene an und ab wann soll diese Lösung gelten? zu Frage 6: Die Landesregierung befindet sich zu diesem Thema derzeit nicht im Austausch mit dem zuständigen Bundesministerium. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. Frage 7: Wie kann festgestellt werden, ob Betreiber bewusst kein Personal einstellen oder diese aufgrund des Fachkräftemangels kein Personal finden? zu Frage 7: Sofern die Verbände der Pflegekassen im Land Brandenburg Kenntnis von der Nichteinhaltung der Personalrichtwerte in einzelnen Einrichtungen erhalten, stehen die Kostenträger mit diesen Trägern im engen Austausch. Diese Träger weisen den Kostenträgern nach, welche Möglichkeiten sie ergreifen, um die Erfüllung der vereinbarten Personalrichtwerte zu ermöglichen. Frage 8: Gibt es im Land freie Kapazitäten/ Betten, weil nicht ausreichend Personal in Einrichtungen der Pflege vorgehalten werden kann? Wenn ja, wo? zu Frage 8: Aus der Prüftätigkeit der Aufsicht für unterstützende Wohnformen sind der Landesregierung vereinzelte Fälle bekannt, in denen sich aufgrund von Personalmangel die Einrichtungen selbst vorübergehende Aufnahmestopps auferlegt haben . Allerdings ist ein ständiger Wechsel zu verzeichnen: sobald Personal gewonnen werden konnte, wird wieder aufgenommen. Aktuell sind der Aufsicht für unterstützende Wohnformen zehn Einrichtungen bekannt, die diese Maßnahme zur Sicherung der Pflege- und Betreuungsqualität ergreifen. In weiteren zwei Einrichtungen ist durch die Aufsicht für unterstützende Wohnformen ein vorübergehender Aufnahmestopp ordnungsbehördlich angeordnet worden. Die benannten Einrichtungen befinden sich in den Landkreisen Elbe-Elster, Märkisch-Oderland, Oberspreewald-Lausitz, Potsdam-Mittelmark, Spree-Neiße, Teltow-Fläming sowie in den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Potsdam.