Datum des Eingangs: 18.02.2015 / Ausgegeben: 23.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/654 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 218 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig und Steeven Bretz CDU-Fraktion Drucksache 6/498 Ladenöffnungszeiten in der Landeshauptstadt Potsdam Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 218 vom 26.01.2015: Das Land Brandenburg begrenzt die Ladenöffnungszeiten auf sechs Sonntage im Jahr und beruft sich dabei auf das Ladenschlussgesetz. Die Landeshauptstadt Potsdam versucht, die Ladenöffnungszeiten am Sonntag zu flexibilisieren. So hat die Stadtverordnetenversammlung nun mehrheitlich abgestimmt, dass die Landeshauptstadt Potsdam in vier Zonen aufgeteilt werden soll, die jeweils bis zu sechs Sonntage öffnen dürfen. Laut Presseberichterstattung gibt es hierzu eine ablehnende Haltung der Landesregierung. Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit ist der o. g. Beschluss der Landeshauptstadt Potsdam mit der Landesregierung abgestimmt? zu Frage 1: Der Beschluss über die ordnungsbehördliche Verordnung zur Festlegung von Ladenöffnungszeiten aus Anlass von besonderen Ereignissen in der Landeshauptstadt Potsdam ist nicht mit der Landesregierung abgestimmt. Eine solche Abstimmung ist auch nicht erforderlich, weil im Brandenburgischen Ladenöffnungsgesetz (BbgLöG) eindeutig geregelt ist, dass die verkaufsoffenen Sonntage sowie die Öffnungszeiten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben durch die örtliche Ordnungsbehörde festgelegt werden. Frage 2: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung Brandenburg, der Landeshauptstadt Potsdam und damit dem Einzelhandel erweiterte Sonntagsöffnungszeiten zu gewähren? zu Frage 2: Nach § 5 Absatz 1 BbgLöG dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von besonderen Ereignissen an jährlich höchstens sechs Sonn- oder Feiertagen in der Zeit von 13 bis 20 Uhr geöffnet sein. Diese Tage und die Öffnungszeiten werden durch die örtliche Ordnungsbehörde mittels ordnungsbehördlicher Verordnung festgesetzt. Darüber hinaus gilt für die Landeshauptstadt Potsdam mit ihren Ortsteilen die Ladenschluss - Ausnahmeverordnung. Danach dürfen Waren im Sinne des § 5 Absatz 2 BbgLöG an jährlich höchstens 40 Sonn- und Feiertagen von 11 bis 19 Uhr verkauft werden. Neben Waren, die für Potsdam kennzeichnend sind, gehören dazu Waren zum sofortigen Verzehr, überwiegend in der Region erzeugte oder verarbeitete landwirtschaftliche und handwerkliche Produkte, Tabakwaren, Blumen, Zeitungen und Sportartikel. Auch diese Sonn- und Feiertage werden mittels ordnungsbehördlicher Verordnung festgesetzt. Frage 3: Inwieweit kollidiert der o. g. Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Potsdam mit dem Brandenburgischen Ladenöffnungsgesetz § 5 Abs. 1? zu Frage 3: Wie bereits zu Frage 2 dargelegt, dürfen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgLöG Verkaufsstellen aus Anlass von besonderen Ereignissen an jährlich höchstens sechs Sonn- oder Feiertagen geöffnet sein. Die „Ordnungsbehördliche Verordnung der Landeshauptstadt Potsdam über Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass besonderer Ereignisse für das Jahr 2015“ lässt jedoch an insgesamt 10 Sonntagen ein Offenhalten von Verkaufsstellen zu. Zwar hat die Stadt Potsdam an diesen 10 Sonntagen nicht jeweils das gesamte Stadtgebiet, sondern nur bestimmte Gebiete von Potsdam als verkaufsoffen ausgewiesen. Jedoch bewirkt nach Rechtsauffassung der Landesregierung auch die auf bestimmte Gebiete beschränkte Freigabe den vollständigen Verbrauch des betreffenden Sonntags in dem Sinne, dass dieser Sonntag für das gesamte Stadtgebiet und nicht nur für die bestimmten Gebiete auf die maximale Anzahl von sechs Sonntagen angerechnet wird. Im Übrigen erscheint fraglich, ob es sich bei allen in der ordnungsbehördlichen Verordnung benannten Anlässen um besondere Ereignisse im Sinne des § 5 Abs. 1 BbgLöG handelt. Nur aus Anlass von besonderen Ereignissen dürfen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geöffnet werden. Ein besonderes Ereignis liegt nur dann vor, wenn die Veranstaltung viele Besucher und in der Regel nicht nur die Einwohner einer Gemeinde oder Stadt, sondern auch auswärtige Besucher anzieht. Diese Voraussetzungen sind z.B. erfüllt bei festgesetzten Veranstaltungen im Sinne der §§ 64 bis 68 Gewerbeordnung und bei Heimatfesten, die in der Regel seit mehreren Jahren begangen werden, regelmäßig wiederkehren und auf historischen oder ortstypischen Gegebenheiten beruhen. Darüber hinaus können auch kulturelle, touristische und sportliche Höhepunkte ein besonderes Ereignis darstellen. Auch für die Öffnung von Verkaufsstellen an Adventssonntagen muss ein besonderes Ereignis, wie z. B. ein traditioneller Weihnachtsmarkt, als Voraussetzung gegeben sein. Die Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 1 BbgLöG liegt jedoch nicht vor, wenn – unabhängig vom sonstigen Veranstaltungsprogramm sowie der Zahl der Besucher – die Offenhaltung der Verkaufsstellen im Vordergrund steht; der Besucherstrom darf also nicht erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden. Diesem Verständnis des besonderen Ereignisses haben sich die Interessenvertreter IHK, HBB, Städte- und Gemeindebund und ver.di in ihrer freiwilligen Übereinkunft vom 23.11.2013 selbst verpflichtet. Vor diesem Hintergrund hat das aufsichtführende Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Landeshauptstadt Potsdam um Überprüfung der erlassenen ordnungsbehördlichen Verordnung für das Jahr 2015 und eine entsprechende Stellungnahme gebeten . Frage 4: Inwiefern sind vom o. g. Beschluss arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen tangiert? zu Frage 4: Zusätzliche Sonntagsöffnungen von Verkaufsstellen bedeuten immer auch Sonntagsarbeitszeiten für das Verkaufspersonal. Inwieweit weitere arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen tangiert werden, kann nur im Einzelfall beurteilt werden . Frage 5: Weshalb erkennt die Landesregierung Brandenburg die touristisch äußerst beliebte Landeshauptstadt (die gesamte Innenstadt in den Grenzen der drei Stadttore ) nicht als Ausflugs- und Erholungsort nach § 5 Abs. 2 an? Frage 6: Unter welchen Umständen wäre es der Landesregierung möglich, die gesamte Innenstadt in den Grenzen der drei Stadttore der Landeshauptstadt Potsdam (und nicht ausschließlich das holländische Viertel) als „Ausflugs- und Erholungsort nach § 5 Abs. 2 anzuerkennen? zu Frage 5 und 6: Eine solche Anerkennung besteht bereits. Die Landeshauptstadt Potsdam ist ohne Beschränkung und mit ihren Ortsteilen in die LadenschlussAusnahmeverordnung vom 09. Mai 2005 aufgenommen worden. Frage 7: Wie beurteilt die Landesregierung die veröffentlichte Einschätzung der Immobiliengruppe CBRE, dass die Landeshauptstadt Potsdam auch wegen „zu wenige (r) Sonntagsöffnungszeiten für gewerbliche Anmietungen an Attraktivität einbüße? zu Frage 7: Diese Einschätzung kann nicht nachvollzogen werden. Das BbgLöG ermöglicht im Vergleich mit den Regelungen anderer Länder (in der Regel vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr) umfangreiche Sonntagsöffnungszeiten. Frage 8: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung Brandenburg aus der Tatsache, dass die Landeshauptstadt Potsdam von der bekannten Touristikwebsite „Tripadvisor“ als einzige deutsche Stadt – aufgrund der attraktiven touristischen und kulturellen Angebote – unter den 20 europäischen Top-Trendzielen auf Platz 10 geführt wird? zu Frage 8: Diese erfreuliche Tatsache belegt, dass sich die Attraktivität der Landeshauptstadt auf vielfältige touristische und kulturelle Angebote stützt. Auch die nach der Ladenschluss-Ausnahmeverordnung bestehenden Möglichkeiten zum Verkauf bestimmter, von Touristen nachgefragter ortstypischer Waren an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen im gesamten Stadtgebiet zählen dazu.