Landtag Brandenburg Drucksache 6/6548 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.05.2017 / Ausgegeben: 08.05.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2608 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/6378 Einstufungskriterien für „Gefährder“: Nachfrage zur Kleinen Anfrage Nr. 2496 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Einstufungskriterien für „Gefährder“, nach denen in der Kleinen Anfrage Nr. 2496 konkret gefragt worden ist, sind von der Landesregierung in ihrer Antwort nicht konkret benannt worden. Demnach ist der Begriff des „Gefährders“ hinsichtlich „des Begriffsinhaltes aufgrund eines Beschlusses der AG Kripo im Jahr 2004“ zwar „bundeseinheitlich abgestimmt“ und auch „bundesweit einheitlich definiert“ worden, aber die Landesregierung schreibt nicht, worin dieser Begriffsinhalt besteht. Die Landesregierung benennt keine einzige der „konkreten Tatsachen“, welche die Annahme rechtfertigen können beziehungsweise sollen, dass eine Person politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO. Es besteht daher Konkretisierungsbedarf. Vorbemerkungen der Landesregierung: Die Antworten der Landesregierung unterliegen folgenden Einschränkungen: 1. Informationen über die Auswahl, die Art, den Umfang und die Durchführung von Maßnahmen gegen Personen, die im Rahmen des Gefährderprogramms eingestuft werden , betreffen taktische Instrumente und interne Arbeitsabläufe der Sicherheitsbehörden und können deren Arbeit gefährden. Aus Gründen des Staatswohls kann daher keine Antwort im Hinblick auf Einzelaspekte in den Fragen 4 und 5 erfolgen. 2. Des Weiteren würde eine offene Übermittlung einer detaillierten Antwort zu Frage 5 letzter Satz Informationen zur Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Zudem können sich in diesem Fall Nachteile für die zukünftige Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten ergeben. Eine Antwort wäre gemäß § 7 Nr. 2 VS-Anweisung BB (VSA-BB) als Verschlusssache „VS-GEHEIM“ einzustufen. Im Übrigen liegt die Zuständigkeit für die Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten beim Bund. 3. Die Beantwortung der Frage 7 kann nicht vollständig offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antwort auf die vorliegende Landtag Brandenburg Drucksache 6/6548 - 2 - Frage als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ ist im Hinblick auf das Staatswohl jedoch erforderlich (§ 7 Nr. 4 der VSA-BB). Frage 1: Was beinhaltet der Beschluss der AG Kripo aus dem Jahr 2004 konkret zum Begriffsinhalt des „Gefährder“-Begriffs? zu Frage 1: Es wird auf die Antwort der Landesregierung zur Frage 2 der KA 2496 (LT- Drucksache 6/6272) verwiesen. Frage 2: Das Vorliegen welcher „bestimmten Tatsachen“ prüfen verschiedene Bundesund Landessicherheitsbehörden im Einzelfall, um in einem individuellen Abstimmungsprozess beurteilen zu können, ob die Annahme gerechtfertigt ist, dass eine Person politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO? zu Frage 2: Die Beurteilung zur möglichen Einstufung einer Person erfolgt auf Basis sämtlicher dem Landeskriminalamt zur Verfügung stehenden Informationen. Es erfolgt keine selektive Auswahl „bestimmter Tatsachen“. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 10 und 11 der KA 2496 (LT-Drucksache 6/6272) verwiesen. Frage 3: Welche staatlichen Stellen stufen Personen in Brandenburg als „Gefährder“ ein – das Landeskriminalamt oder „verschiedene Bundes- und Landessicherheitsbehörden in einem individuellen Abstimmungsprozess“? zu Frage 3: Es wird auf die Antwort der Landesregierung zur Frage 7 der KA 2496 (LT- Drucksache 6/6272) verwiesen. Frage 4: Was sind konkret die „Maßnahmen des polizeitaktischen Handelns“, die dem Prüfungsverfahren zugrunde liegen, in dem entschieden wird, ob eine Person als „Gefährder“ eingestuft wird? zu Frage 4: Dies ist einzelfallabhängig und erfolgt auf der Grundlage der StPO und insbesondere auch des Brandenburgischen Polizeigesetzes. Frage 5: Können bei den Daten, die das Landeskriminalamt „unter Beachtung der erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen“ bei der Einstufung von Personen als „Gefährder“ berücksichtigt, auch Daten beziehungsweise Hinweise von Nachrichten- und Geheimdiensten aus Staaten sein, die nicht die Kriterien eines demokratischen Rechtsstaats erfüllen ? Von welchen Nachrichten- und Geheimdiensten aus solchen Staaten sind bisher entsprechende Daten beziehungsweise Hinweise genutzt worden? zu Frage 5: Es wird auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 10 und 11 der KA 2496 (LT-Drucksache 6/6272) verwiesen. Frage 6: Gibt es in Brandenburg keine Rechtsextremisten, zu denen Tatsachen wie begangene Brandanschläge und/oder Gewaltstraftaten aus rassistischen Motiven die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, insbesondere im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung, in dem unter anderem der § 129 StGB (Bildung einer kriminellen Vereinigung) und § 130 StGB Landtag Brandenburg Drucksache 6/6548 - 3 - (Volksverhetzung) aufgeführt sind? zu Frage 6: Es wird auf den letzten Satz der Antwort der Landesregierung zur Frage 18 der KA 2496 (LT-Drucksache 6/6272) verwiesen. Frage 7: Wie viele Personen in Brandenburg werden von brandenburgischen Sicherheitsbehörden derzeit als „relevante Personen“ eingestuft (bitte nach Extremismus-Bereichen aufschlüsseln)? zu Frage 7: Die Zahl der als „relevante Personen“ Eingestuften liegt gegenwärtig im oberen einstelligen Bereich. Hierbei handelt es sich um Personen aus den Phänomenbereichen „religiöse Ideologie (Islamismus)“ und „Rechtsextremismus“. Ergänzend wird an dieser Stelle auf die Nr. 3 der Vorbemerkung verwiesen. Frage 8: Wie ist der Begriff der „relevanten Person“ definiert? Frage 9: Welche Einstufungskriterien müssen konkret erfüllt sein, damit eine Person als „relevante Person“ eingestuft wird? zu den Fragen 8 und 9: Eine Person ist als relevant anzusehen, wenn sie innerhalb des extremistischen/terroristischen Spektrums die Rolle a) einer Führungsperson, b) eines Unterstützers/Logistikers, c) eines Akteurs einnimmt und objektive Hinweise vorliegen, die die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO, fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt, oder d) es sich um eine Kontakt- oder Begleitperson eines Gefährders, eines Beschuldigten oder eines Verdächtigen einer politisch motivierten Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einer solchen im Sinne des § 100a StPO, handelt. Frage 10: Zu welchem Zeitpunkt erfährt eine Person, die als „Gefährder“ oder als „relevante Person“ eingestuft worden ist, von dieser Einstufung und auf welchem Wege erfährt sie von dieser Einstufung? zu Frage 10: Die Einstufung zum „Gefährder“ oder zur „relevanten Person“ unterliegt einer fortlaufenden Überprüfung. Mit ihr ist kein unmittelbarer Grundrechtseingriff zu Lasten des Betroffenen und damit auch keine Außenwirkung verbunden. Eine Information des Betroffenen ist daher nicht vorgesehen. Davon zu trennen sind entsprechende Maßnahmen z. B. der verdeckten Datenerhebung auf Basis des Brandenburgischen Polizeigesetzes. Die Unterrichtung des Betroffenen über derartige Maßnahmen richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6548 - 4 - Frage 11: Welche Rechtsmittel können Personen, die als „Gefährder“ oder als „relevante Personen“ eingestuft sind, gegen diese Einstufung einlegen und zu welchem Zeitpunkt? zu Frage 11: Es können keine Rechtsmittel eingelegt werden.