Landtag Brandenburg Drucksache 6/6631 6. Wahlperiode Eingegangen: 15.05.2017 / Ausgegeben: 22.05.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2622 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) und Roswitha Schier (CDU-Fraktion) Drucksache 6/6408 Männerfragen I – Familienpolitische Maßnahmen zur Stärkung der Männer und Väter im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Viele Männer, die zugleich auch Väter sind, haben Sorgen und Fragen, die oftmals unbeantwortet bleiben. Vor allem nach einer Trennung von der Partnerin sind gerade auch Väter allein und scheuen notwendige Beratungen. Die bewusste Inanspruchnahme von Hilfe im Sinne einer Strategieberatung beispielsweise für den Umgang mit Wut, Verlust, Ohnmacht, Trauer, Gesundheit oder Kommunikation bleibt zumeist aus. Die Hürden scheinen für Männer manchmal unüberwindbar. In Berlin, München und Frankfurt gibt es konkrete Anlaufstellen für Männer mit solchen Problemen. In Berlin steht Männern, die den Kontakt zu den Kindern und der Familie wieder intensivieren wollen und ggf. eine Zusammenführung der Familie anstreben, zum Beispiel das Väterzentrum zur Verfügung. Gerade mit Blick auf die hohe Zahl alleinerziehender Eltern im Land Brandenburg erscheint eine Anlaufstelle für Väter/ Männer äußerst sinnvoll. Wir fragen die Landesregierung: Frage 1: Wie groß ist die Anzahl alleinerziehender Frauen im Land? Frage 2: Wie groß ist die Anzahl alleinerziehender Männer im Land? zu Fragen 1 und 2: Nach Ergebnissen des Mikrozensus wurden im Jahr 2015 für das Land Brandenburg insgesamt 61.700 Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren (55.200 Frauen und 6.500 Männer) gezählt. Etwa neun von zehn Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren sind Frauen. Frage 3: Wie viele sogenannte Patchwork-Familien gibt es in Brandenburg? zu Frage 3: Zur Zahl der sogenannten Patchwork-Familien im Land Brandenburg liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 4: Wie viele Regenbogen-Familien gibt es im Land? Landtag Brandenburg Drucksache 6/6631 - 2 - zu Frage 4: Zur Zahl der Regenbogen-Familien im Land Brandenburg liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung die Chance, Familien, insbesondere Alleinerziehende , über die konsequente Unterstützung der Männer und Väter zu stärken? zu Frage 5: Das Land unterstützt Familien durch verschiedene Maßnahmen (siehe Antwort zu Frage 12). Hierbei ist die Stärkung von Ein-Eltern-Familien ein wichtiges Handlungsfeld , wobei sich Maßnahmen an alleinerziehende Mütter und Väter gleichermaßen richten. So fand im letzten Jahr im Rahmen der Initiative "Starke Familien -Starke Kinder! Runder Tisch gegen Kinderarmut" die Fachtagung "Alleinerziehende nicht allein lassen - Herausforderungen und Perspektiven" statt, die Beispiele guter Praxis zur Arbeitsmarktintegration sowie zu kommunalen Unterstützungsangeboten für diese Familienform im Land Brandenburg zum Inhalt hatte. Die Fachtagung wurde in Kooperation mit den beiden vom Land geförderten Verbänden von Alleinerziehenden durchgeführt, die weitere konkrete Angebote für Alleinerziehende vorhalten. Frage 6: Sind der Landesregierung Beratungsangebote wie beispielsweise das Väterzentrum in Berlin oder das Münchener Informationszentrum für Männer bekannt und wie bewertet die Landesregierung diese? zu Frage 6: Dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist der Berlin-Brandenburger Väterinitiative e.V. bekannt. Der Verein ist Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII und verfügt über Standorte in Berlin und Cottbus. Der Verein verfolgt als Ziele die Förderung der Wahrnehmung gemeinsamer elterlicher Verantwortung zum Wohle der Kinder, insbesondere aus der Väterperspektive, und die Unterstützung männlicher Erziehungskompetenzen in Kindertageseinrichtungen. Der Landesregierung liegen für eine Bewertung dieses und der in der Frage genannten Beratungsangebote keine spezifischen Erkenntnisse vor. Gleichwohl können diese Angebote dazu beitragen, väterliche Erziehungsverantwortung zu stärken. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Rechte der Väter im Falle einer Trennung/ Scheidung vor allem mit Blick auf das Sorgerecht? zu Frage 7: Bei einer Scheidung der Eltern bleibt das gemeinsame Sorgerecht grundsätzlich bestehen. Es obliegt zunächst den Eltern, sich untereinander zu einigen, bei wem das Kind überwiegend lebt, und wie und wann der andere Elternteil das Kind sehen darf. Bei Meinungsverschiedenheiten kann das Jugendamt den Eltern beratend zur Seite stehen. Jeder Elternteil kann jedoch auch beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Sobald ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragt, schaltet das Familiengericht das Jugendamt ein, da dieses stets an einem Gerichtsverfahren zum Sorgerecht beteiligt ist. Somit stellt die Begleitung von gerichtlichen Sorgerechtsstreitigkeiten ein weiteres wesentliches Aufgabenfeld von Jugendämtern dar. Gesetzlich sind die Rechte der Mütter und Väter gleich gewichtet. Im gerichtlichen Sorgerechtsverfahren kommt es daher auf den Einzelfall an, den die Familiengerichte im Rahmen ihrer Unabhängigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls zu bewerten haben. Die Landesregierung schätzt ein, dass aufgrund der beschriebenen Regelungen unter Einbeziehung der Jugendämter die Rechte der Väter im Falle einer Trennung bzw. Scheidung im Interesse des Kindeswohls gewahrt werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6631 - 3 - Frage 8: Wie viele Sorgerechtsstreite sind der Landesregierung seit dem Jahr 2010 bekannt ? (Mit der Bitte um Auflistung nach Jahr und zuständigem Gericht.) zu Frage 8: Die Angabe der Anzahl der anhängig gewordenen Sorgerechtsverfahren ist nicht möglich, da in den bundeseinheitlichen Statistiken nur die erledigten Verfahren ausgewiesen werden. Die Anzahl der seit dem Jahr 2010 erledigten Sorgerechtsverfahren ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Amtsgericht 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bad Liebenwerda 120 171 183 165 189 151 281 Cottbus mit Zweigst. Guben 254 321 290 333 335 324 474 Königs Wusterhausen 240 220 184 168 185 227 222 Lübben (Spreewald) 83 80 85 97 112 106 124 Senftenberg 120 115 123 162 160 158 205 Bad Freienwalde (Oder) 55 56 82 94 90 168 98 Bernau bei Berlin 118 145 181 185 206 186 206 Eberswalde 69 79 92 133 139 128 201 Eisenhüttenstadt 102 80 45 71 106 502 101 Frankfurt (Oder) 168 208 200 233 166 120 134 Fürstenwalde/Spree 250 260 262 271 294 369 366 Strausberg 175 152 154 187 175 192 197 Neuruppin 120 159 174 176 206 247 240 Oranienburg 256 320 278 290 306 337 390 Perleberg 71 85 76 88 66 193 103 Prenzlau 148 162 167 170 129 163 243 Schwedt/Oder 92 98 107 81 95 122 182 Zehdenick 67 51 49 78 83 62 120 Brandenburg an der Havel 184 277 249 304 324 312 392 Luckenwalde 172 170 188 180 252 172 259 Nauen 108 138 159 156 165 190 215 Rathenow 33 31 39 44 66 69 85 Zossen 82 110 109 126 140 157 130 Potsdam 308 371 395 456 521 524 657 Summe Amtsgerichte 3.395 3.859 3.871 4.248 4.510 5.179 5.625 Brandenburgisches Oberlandesgericht 113 218 238 241 221 212 191 Landtag Brandenburg Drucksache 6/6631 - 4 - Frage 9: Wie viele Väter, die den Kontakt zur Familie und insbesondere zu den Kindern aufrechterhalten wollen, lassen sich durch Jugendämter beraten? zu Frage 9: Zu der Zahl der Väter, die sich von Jugendämtern beraten lassen, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 10: Gibt es für Väter darüber hinaus Beratungsangebote? Wenn ja, welche? (Mit der Bitte um Auflistung.) zu Frage 10: Väter können sich an die regional vorhandenen Erziehungs- und Familienberatungsstellen wenden.1 Die vom Land mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds geförderte Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg richtet sich mit ihrem Beratungsangebot explizit auch an Väter. So ist der Anteil von Vätern bei der Beratung in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und betrug zuletzt rund 29 Prozent der beratenen Beschäftigten. Daneben beinhaltet der jährlich in aktualisierter Auflage vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie herausgegebene "Ratgeber für Familien" Informationen für Mütter und Väter sowie werdende Eltern zu verschiedenen familienrelevanten Beratungsangeboten im Land Brandenburg. Frage 11: Inwieweit werden Jungen und heranwachsende Männer bereits in Schule und Ausbildung in männerspezifischen Fragen betreut? zu Frage 11: Die Schule trägt als Stätte des Lernens, des Lebens und der Tätigkeit von Kindern und Jugendlichen zur Achtung und Verwirklichung der Werteordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Brandenburg bei und erfüllt die in Artikel 28 der Verfassung des Landes Brandenburg niedergelegten Aufgaben von Erziehung und Bildung . Bei der Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Werthaltungen fördert die Schule insbesondere die Fähigkeit und Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, die eigene Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeit zu entfalten, Beziehungen zu anderen Menschen auf der Grundlage von Achtung, Gerechtigkeit und Solidarität zu gestalten, sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau einzusetzen, eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen . Mädchen und Jungen werden dabei gemeinsam erzogen und unterrichtet. Diese Grundsätze werden über die Gestaltung der Rahmenlehrpläne konkretisiert. Mit der aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds geförderten Richtlinie „Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem“ (PAV) werden im Rahmen des Förderelementes „Gutes Lernen im Betrieb“ Angebote im Land gefördert, die Auszubildenden Orientierung und Identifikation mit den Anforderungen der Erstausbildung ermöglichen, aber auch zum Erwerb konstruktiver Kommunikations- und Problemlösungsstrategien beitragen. Diese Workshops können von weiblichen und männlichen Auszubildenden im Bereich duale Berufsausbildung gleichermaßen genutzt werden. Die Workshop-Angebote für betriebliches Ausbildungspersonal beinhalten neben grundsätzlichen Fragen zum Ausbildungsprozess auch Hilfen zur zielgruppenspezifischen Unterstützung von Auszubildenden. Darüber hinaus stehen die Ausbildungsberater der Kammern weiblichen und männlichen Auszubildenden in allen ausbildungsrelevanten Fragen zur Verfügung. 1 Eine Übersicht findet sich unter http://www.lag-bb.de; zuletzt aufgerufen am 25.04.2017. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6631 - 5 - Frage 12: Welche weiteren konkreten familienpolitischen Maßnahmen unternimmt das Land Brandenburg zur Stärkung der Männer und Väter und sind darüber hinaus bestimmte Projekte geplant? zu Frage 12: Seitens des Landes werden insbesondere die fünf im Land Brandenburg aktiven Familienverbände sowie weitere familienpolitische Netzwerke und Strukturen (Servicestelle der Landesarbeitsgemeinschaft Mehrgenerationenhäuser im Land Brandenburg, Überregionale Koordinierungsstelle der Lokalen Bündnisse für Familie, Netzwerk Gesunde Kinder, Netzwerk Gesunde Kita) gefördert, die mit ihren zahlreichen Angeboten Familien und somit auch Väter unterstützen. Daneben werden zusätzlich zu den Aktivitäten auf kommunaler Ebene vom Land Einzelprojekte im Bereich der Familienbildung gefördert. Eine Übersicht zu den in den letzten beiden Jahren geförderten Projekten ist der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2549 „Familienbildung im Land Brandenburg“ (Landtagsdrucksache 6/6418) zu entnehmen.