Landtag Brandenburg Drucksache 6/6632 6. Wahlperiode Eingegangen: 15.05.2017 / Ausgegeben: 22.05.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2629 des Abgeordneten Peter Vida (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6431 Update: Ansprüche nach Staatshaftungsgesetz durch Abwasserzweckverbände Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Ich nehme Bezug auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 2322 (Drucksache der Antwort: 6/5822). Ich bitte hierzu um ein Update. Frage 1: Welche Aufgabenträger haben bisher in welcher Höhe Schadensersatzansprüche mit Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.11.2015 (1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14) gegenüber dem Land geltend gemacht? Bitte tabellarisch auflisten . zu Frage 1: Die Beantwortung der Frage 1 erfolgt in einer Tabelle (siehe Anlage). In der Tabelle sind die Aufgabenträger und auch die Gemeinden, die nicht selbst Aufgabenträger sind, dargestellt, welche bis zum 27.04.2017 Staatshaftungsansprüche gegenüber dem Land geltend gemacht haben. Insgesamt haben 25 Aufgabenträger sowie 2 Gemeinden (Stadt Fürstenwalde/Spree (Nr. 7), Stadt Rheinsberg (Nr. 13)) Ansprüche angemeldet. 13 Anträge sind ganz oder teilweise unbeziffert. Die Schadenshöhe ist in diesen Fällen in der Tabelle mit „0“ dargestellt. Frage 2: Wie ist der Bearbeitungs- bzw. Bescheidungsstand der geltend gemachten Ansprüche ? zu Frage 2: Alle Anträge, die von den Aufgabenträgern und den Gemeinden gestellt wurden , sind durch das Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) beschieden worden . Frage 3: Falls Anträge bereits abgelehnt worden sein sollten: aus welchen Gründen geschah dies? Bitte um Darstellung der Rechtsauffassung. zu Frage 3: Es wurden alle Anträge abgelehnt. Die Rechtslage lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen: An der erforderlichen zurechenbaren Verursachung eines Schadens bei den Aufgabenträgern durch das Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) fehlt es nach Ansicht des MIK deshalb, weil die Aufgabenträger vom MIK nicht zu einer bestimmten allgemeinen Verwaltungspraxis angehalten worden sind. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6632 - 2 - Es gab keine spezifischen und verbindlichen Weisungen durch das MIK auf Basis der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2007 dahingehend, eine vollständige Beitragserhebung sicherzustellen und insoweit auch Altanschließer heranzuziehen oder Nacherhebungen für bisher nicht vorteilsgerecht herangezogene Grundstücke vorzunehmen. Das MIK hatte seinerzeit lediglich Rundschreiben erstellt, in welchen zur Information der Aufgabenträger die bis dahin geltende Rechtsprechung wiedergegeben wurde. Rundschreiben stellen keine kommunalaufsichtlichen Eingriffsmittel dar; sie haben gegenüber den kommunalen Aufgabenträgern, welche die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen, keinen rechtsverbindlichen, sondern lediglich hinweisenden Charakter. Unabhängig davon durften sowohl die Aufgabenträger wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MIK ihr Verwaltungshandeln an der Rechtsprechung des OVG Berlin- Brandenburg ausrichten, die seit dem Urteil vom 12. Dezember 2007 - 9 B 44.06 - die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. auch auf diejenigen Fälle für rechtmäßig erklärte , in denen die Beitragserhebung nach der vor der Gesetzesänderung geltenden Rechtslage nicht mehr möglich gewesen wäre. Das Urteil vom 12. Dezember 2007 ist zudem Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gewesen, die vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Auch in dieser Entscheidung wurde die Anwendung der Vorschrift nicht als eine Verletzung des bundesrechtlich garantierten Rechtsstaatsprinzips beanstandet (Beschluss vom 14. Juli 2008 – 9 B 22/08 – juris, Rn 7). Die Aufsichtsbehörde braucht jedoch nicht klüger zu sein als die Fachgerichte (vgl. Gutachten Parlamentarischer Beratungsdienst, S. 42, das Gutachten finden Sie auf der Homepage des Brandenburgischen Landtages unter „Verwaltung “, „Parlamentarischer Beratungsdienst“). Eine Landesverwaltung kann demzufolge nicht für ein Verhalten haftungsrechtlich verantwortlich gemacht werden, das aufgrund einer rechtskräftig gewordenen ständigen Rechtsprechung erlaubt oder sogar geboten war. Die Rechtswidrigkeit setzt immer auch die objektive Vorwerfbarkeit einer Verletzung von Rechtspflichten der öffentlichen Gewalt voraus, auch wenn sie nicht mit der Amtspflichtwidrigkeit gleichzusetzen ist (vgl. Lühmann, in: Herbst/Lühmann, die Staatshaftungsgesetzes der neuen Länder, 1997, S. 196, 199). Frage 4: Sofern das Land bestimmte Anträge abgelehnt haben sollte, wird sodann die Landesregierung der Durchführung eines Musterverfahrens zur Vermeidung überbordender Gerichtskoten zustimmen? Gibt es hierzu bereits einen Meinungsstand? Wenn ja, welchen ? zu Frage 4: Die Landesregierung begrüßt prinzipiell die Durchführung von Musterverfahren . Der Landeswasserverbandstag BRANDENBURG e. V. wurde gebeten, einen konkreten Vorschlag, insbesondere auch zum Kreis der zu beteiligenden Aufgabenträger, zu machen . Nach Vorliegen eines solchen Vorschlages durch die Aufgabenträger kann eine abschließende Entscheidung über die Durchführung von Musterverfahren getroffen werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6632 - 3 - Frage 5: Gab es Gesprächsangebote seitens der Zweckverbände (Aufgabenträger) an das Land zur Klärung der Möglichkeit von Musterverfahren? Wenn ja, wie hat die Landesregierung auf diese reagiert? zu Frage 5: Ja. Bis zu einer Grundsatzentscheidung über das weitere Vorgehen, erschien es jedoch nicht angezeigt, mit einzelnen Aufgabenträgern getrennt zu sprechen. Anlage/n: 1. Anlage Anspruchsteller (Aufgabenträger) Forderungsbetrag in EUR Bemerkungen 1 WARL Region Ludwigsfelde 14.061.369,00 Antragstellung: 11.11.16 2 WAZ Blankenfelde-Mahlow 4.102.000,00 Antragstellung: 14.11.16 3 WAZ Panke/Finow 0 Antragstellung: 19.10.16, unbeziffert 4 MAWV (Märkischer Abwasser- und Wasserzweckverband) 42.800.000,00 Antragstellung: 14.11.16, teilweise noch unbeziffert 5 TAZV Oderaue 0 Antragstellung: 14.11.16, unbeziffert 6 ZOWA (Ostuckermärkische Wasserversorgung und Abwasserentsorgung) 606.000,00 Antragstellung: 25.11.16, Bezifferung nur bezügl. Verwaltungskosten, Rest noch unbeziffert 7 Stadt Fürstenwalde/Spree 0 Antragstellung: 22.06.16, als Mitgliedsgemeinde von Zweckverband Wasserver- und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland, noch unbeziffert 8 WAZ Jüterbog-Fläming 18.006.942,34 Antragstellung: 14.04.16, teilweise noch unbeziffert 9 TAVOB (Trink- und Abwasserverband Oderbruch Barnim) 0 Antragstellung: 07.12.16, unbeziffert 10 WSE (Wasserverband Strausberg-Erkner) 0 Antragstellung: 01.12.16, unbeziffert 11 TAZV Luckau 25.297.062,50 Antragstellung: 08.12.16 12 WAZ Nieplitz 0 Antragstellung: 09.12.16, unbeziffert 13 Stadt Rheinsberg 0 Antragstellung: 12.12.16, als Mitgliedsgemeinde vom Zweckverband jetzt Lindow-Gransee, unbeziffert 14 TAV Lindow Gransee 0 Antragstellung: 12.12.16, unbeziffert 15 TAV Dürrenhofe/Krugau 2.235.614,00 Antragstellung: 14.12.16 16 AZV Teupitzsee 2.616.100,00 Antragstellung: 12.12.16 17 Zweckverband KMS Zossen 0 Antragstellung: 09.12.16, unbeziffert 18 Stadt Cottbus 58.457.273,00 Antragstellung: 15.12.16, teilweise noch unbeziffert, als Verbandsmitglied des AZW Cottbus Süd-Ost) 19 WAZV Werder-Havelland 0 Antragstellung: 15.12.16, unbeziffert 20 WAH Havelland Nauen 1.347.074,38 Antragstellung: 15.12.16 21 WAS Scharmützelsee- Storkow/Mark 64.600.000,00 Antragstellung: 09.12.16 22 GWAZ (Gubener Wasser-und Abwasserzweckverband) 201.069,54 Antragstellung: 14.12.16 23 NWA (Niederbarnimer Wasser- und Abwasserzweckverband) 0 Antragstellung: 15.12.16, unbeziffert 24 Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland 0 Antragstellung: 14.12.16, unbeziffert 25 Eigenbetrieb WABAU 0 Antragstellung: 15.12.16, unbeziffert 26 Wasser- und Abwasserzweckverband "Der Teltow" 14.200.000,00 Antragstellung: 15.12.16, teilweise unbeziffert 27 Wasser- und Abwasserzweckverband "Mittelgraben" 8.400.000,00 Antragstellung: 15.12.16, teilweise unbeziffert 256.930.504,76