Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 6. Wahlperiode Eingegangen: 23.05.2017 / Ausgegeben: 29.05.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2644 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/6462 Wiesenhof-Schlachthof in Königs Wusterhausen, Kapazitätsausweitung ohne Genehmigung Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Märkische Geflügelhof-Spezialitäten GmbH in Königs Wusterhausen/Niederlehme vermarktet ihre Produkte unter dem Markennamen „Wiesenhof “. Sie ist Teil der PHW-Gruppe, des größten deutschen Geflügelproduzenten und - verarbeiters. Die Märkische Geflügelhof-Spezialitäten GmbH beantragte im August 2016 eine Kapazitätsausweitung ihrer Geflügelschlacht- und Verarbeitungsanlage in Niederlehme von 120.000 Tieren am Tag auf durchschnittlich 160.000, zu Spitzenzeiten auf 240.000 Tiere täglich. Die Kapazitätserhöhung ist nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig . Die Inbetriebnahme mit erhöhter Kapazität sollte laut Antrag ursprünglich im 1. Quartal, nach der wegen Fehlern notwendigen Neufassung des Antrags schließlich im 2. Quartal 2017 erfolgen. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens ist noch nicht absehbar, ob die Genehmigung erteilt werden kann. Entsprechend ist derzeit auch noch nicht an die Genehmigung eines vorzeitigen Beginns zu denken. Dies teilten die Vertreter des Landesamtes für Umwelt auf dem Erörterungstermin am 30.3.2017 in Königs Wusterhausen mit. Umso erstaunlicher die Antwort auf eine Mündliche Anfrage des Abgeordneten Benjamin Raschke vom 06.04.2017, in welcher Umweltminister Vogelsänger bestätigt, dass die beantragte Kapazitätsausweitung der Geflügelschlacht- und Verarbeitungsanlage bereits stattgefunden habe. Eine Wiesenhof-Sprecherin rechtfertigte laut DPA-Meldung vom 10.4.2017 die vorzeitige Kapazitätserhöhung mit der Notsituation, die durch den Großbrand im Wiesenhof-Schlachtbetrieb in Lohne/Niedersachsen am 28.3.2016 entstanden sei. „Die Anhebung der Kapazität geschah mit Kenntnis und in Abstimmung mit den zuständigen Behörden, um tierschutzwidrige Zustände zu vermeiden“, so die Sprecherin. Mittlerweile ist jedoch bekannt geworden, dass die Antragstellerin bereits lange vor dem Brand in Lohne, nämlich Mitte 2015, eine neue Halle für den Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb mit einer Nutzfläche von 2.500 m2 angebaut und in Betrieb genommen hat (MAZ Dahme-Kurier, 08.04.2017). Kurz darauf, im September 2015, wurde der Bau eines zweiten Brunnens und eine annähernde Verdoppelung der Grundwasserentnahme auf max. 1,5 Millionen Liter am Tag (zuvor max. 0,8 Mio. l/Tag) mit folgender Begründung beantragt: „Erweiterung des Betriebsstandorts und Erhöhung der Produktion“. Die wasserrechtliche Genehmigung durch den Landkreis Dahme-Spreewald erfolgte im Oktober 2015. Im aktu- Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 2 - ell zur Genehmigung anstehenden Antrag auf Kapazitätsausweitung werden dagegen weder neue Gebäude (abgesehen von einem Abluftkamin) noch zusätzliche Wasserentnahme -mengen beantragt. Allem Anschein nach wurde die wasserrechtliche Genehmigung im Jahr 2015 in Hinblick auf die Kapazitätserhöhung eingeholt. In diesem Fall unterliegt sie jedoch dem wasserrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Koordinierungsgebot. Sie hätte nicht ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt werden dürfen. Bauliche Erweiterungen und wasserrechtliche Genehmigung Frage 1: Die derzeit zulässige Schlachtkapazität geht auf eine Genehmigung aus dem Jahr 2002 zurück. Welche Bauten und baulichen Anlagen wurden zu welchem Zweck und mit welcher Kapazität seitdem errichtet? Wann wurden diese jeweils bei wem beantragt, von wem genehmigt, fertiggestellt und in Betrieb genommen? Angaben bitte unter Nennung der Aktenzeichen und als tabellarische Auflistung. zu Frage 1: Welche Bauten und baulichen Anlagen zu welchem Zeitpunkt und Zweck seit 2002 errichtet wurden, ist der Anlage zu entnehmen. Der Zweck ergibt sich bei allen 19 Vorhaben aus der Bezeichnung des jeweiligen Vorhabens. Angaben zur Inbetriebnahme der Bauten und baulichen Anlagen, die nach Baurecht genehmigt wurden, liegen nicht vor, da die „alte“ Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) dies nicht regelte. Nach „alter“ Bauordnung kam es nur auf die Fertigstellung des Bauvorhabens an. Erst nach der novellierten Bauordnung wird vom Bauherrn zukünftig die Aufnahme der Nutzung angezeigt. Frage 2: Hatten die zuständigen Kreis- und Landesbehörden jeweils Kenntnis von diesen Bauten und baulichen Anlagen sowie von deren Inbetriebnahme? Wenn ja, seit wann? Auf welchem Wege haben sie davon Kenntnis erlangt? zu Frage 2: Die Bauaufsichtsbehörde hat grundsätzlich mit dem Eingang des Bauantrages Kenntnis von dem jeweiligen Vorhaben erlangt. Vereinzelt fanden Vorgespräche zu brandschutzrechtlichen Fragestellungen im Vorfeld der Antragstellung statt. Das Landesamt für Umwelt (LfU) erhielt von den Baumaßnahmen im Rahmen der regelmäßigen immissionsschutzrechtlichen Überwachungsmaßnahmen Kenntnis sowie durch Anzeigen nach § 15 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), sofern die Änderungen anzeigepflichtig waren . Frage 3: Wie behandelt das Landesamt für Umwelt LfU das Koordinierungsgebot für Genehmigungen , die in der Zuständigkeit des Kreises liegen (Wasser, Bau, ggf. weiteres) im Allgemeinen? Zu Frage 3: Gem. § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) schließt die Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich -rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vor-schriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes . Die Baugenehmigung sowie alle weiteren Zulassungen fallen unter die Konzentrationswirkung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, so dass keine parallelen Zulassungsverfahren geführt werden. Eine rückwirkende Koordinierungspflicht für Baugenehmigungen, die für nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Vorhaben erteilt wurden, besteht nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 3 - In immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu Vorhaben, bei denen die Möglichkeit besteht, dass parallele Verfahren, z. B. bei der unteren Wasserbehörde, durchzuführen sind, erfolgt beim Vorhabenträger und/oder der betroffenen Behörde eine Abfrage. Sollte ein solches Verfahren parallel anhängig oder dessen Beantragung erforderlich sein, wird abgesichert, dass ein Informationsaustausch zwischen beiden verfahrensführenden Behörden sattfindet und die entsprechenden Genehmigungen bzw. Erlaubnisse sowohl im Verfahren als auch inhaltlich gem. § 10 Abs. 5 BImSchG koordiniert wird. Sollten koordinierungspflichtige Zulassungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erteilt worden sein, wird im Einzelfall in Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden festgelegt, wie die vollständige Koordinierung nachträglich sichergestellt werden kann. Frage 4: Wie geht das LfU im vorliegenden Fall mit den Baumaßnahmen und mit der wasserrechtlichen Genehmigung von 2015 in Hinblick auf das immissionsschutzrechtliche Koordinierungsgebot um? Zu Frage 4: Bezüglich der Baugenehmigungen, die für nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige bauliche Anlagen erteilt worden sind, besteht keine rückwirkende Koordinierungspflicht. Sie unterfallen auch nicht nachträglich der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG und bleiben mithin als Baugenehmigung bestehen. Bezüglich der wasserrechtlichen Genehmigung von 2015 wurde der Vorhabenträger aufgefordert , de-taillierte Unterlagen vorzulegen, die die Prüfung erlauben, ob eine rückwirkende Koordinierungspflicht besteht. Es ist darzustellen, inwieweit für die beantragte Kapazitätserhöhung eine Erhöhung des Wasserbedarfs erforderlich wird und wie dieser ggf. gedeckt wird. Sollte die Prüfung ergeben, dass eine zusätzliche Erhöhung der Wasserentnahme aus betriebseigenen Brunnen für die beantragte wesentliche Änderung notwendig ist, so wäre gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 BImSchG für die dafür erforderliche und vom immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht konzentrierte wasserrechtliche Erlaubnis eine vollständige Koordinierung mit dem derzeitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren notwendig. Diese wird dann vorzunehmen sein. Frage 5: Wie hoch waren die monatlichen Schlacht- und Verarbeitungszahlen (in Stück unter Angabe des durchschnittlichen Schlachtgewichts) jeweils vor und nach Inbetriebnahme der genannten Bauten (bitte monatlich aufschlüsseln)? Zu Frage 5: Dem LfU liegen keine Informationen über monatliche Schlacht- und Verarbeitungszahlen vor, da diese Angaben nicht der immissionsschutzrechtlichen Überwachung unterliegen. Es werden lediglich im Rahmen der Anlagenüberwachung stichprobenartig Nachweise eingesehen. Im Rahmen dieser Kontrollen wurden folgende Schlachtleistungen festgestellt: - bei Kontrolle am 27.03.2002 Ø = 64.000 Tiere/d - bei Kontrolle am 23.11.2006 Ø = 72.000 Tiere/d - bei Kontrolle am 04.03.2009 Ø = 92.000 Tiere/d - Angaben für 31. - 44. KW 2010 Ø =100.287 Tiere/d - bei Kontrolle am 19.09.2012 Ø = 80.000 Tiere/d - bei Kontrolle am 09.12.2014 Ø = 80.000 - 90.000 Tiere/d Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 4 - Eine Aufschlüsselung nach Monaten ist ebenso nicht möglich wie die Angabe der Schlachtgewichte. Frage 6: In welche Bundesländer werden die zum Verzehr bestimmten Tierprodukte seit der Erweiterung ausgeliefert (bitte monatlich aufschlüsseln nach Stück und Gewicht in t)? Zu Frage 6: Bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung handelt es sich um eine anlagenbezogene Real-konzession. Die Überwachung erstreckt sich daher nur auf die Anlage und nicht auf die in dieser Anlage erzeugten Produkte. Informationen über die Verwendungswege von Produkten liegen daher nicht vor. Frage 7: Wie wurden bei der Abluft - ohne den jetzt neu zu errichtenden "Abluftkamin" - die BImSchG-relevanten Werte eingehalten? Zu Frage 7: Die vorhandene Abluftreinigungsanlage war ausreichend, um eine Einhaltung der Anforderungen der TA Luft zu gewährleisten. Gegenstand des derzeitigen Antrages ist eine geänderte Abluftreinigungsanlage, bestehend aus einem Wäscher und einem nachgeschalteten Biofilter. Der ebenfalls beantragte Abluftkamin dient der Ableitung der Abluft aus der Zerlegung und Bratfertigung, die bisher über Dachventilatoren ins Freie geleitet wurde und die damit ersetzt werden. Er ist nicht Bestandteil der Abluftreinigungsanlage, da die Geruchsemissionen messtechnisch ermittelt wurden und nachgewiesen werden konnte, dass die Geruchsimmissionen entsprechend der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) insgesamt (neuer Kamin und Abluft Biofilter) irrelevant sind. Frage 8: Welche gefährlichen und nicht gefährlichen Abfälle fielen vor und nach Inbetriebnahme der genannten Bauten an (Angabe in t pro Monat) und wie wurden diese entsorgt (bitte monatlich aufschlüsseln unter Angabe der AVV-Nr. incl. Kurzbeschreibung)? Zu Frage 8: Als gefährliche Abfälle fallen regelmäßig an: - Kältemaschinenöl (Altöl), 1,5 t/a (AVV 13 02 05*, "nichtchlorierte Maschinen-, Getriebe - und Schmieröle auf Mineralölbasis"), Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen , - Abscheiderinhalte der Eigenverbrauchstankstelle, 5 t/a (AVV 13 05 03*, "Schlämme aus Ein-laufschächten"), Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen. Die Mengen dieser anfallenden gefährlichen Abfälle haben sich nicht geändert, da es keine Änderungen an der Kälteanlage und an der Eigenverbrauchstankstelle gab. Zusätzliche gefährliche Abfälle, deren Anfall unregelmäßig ist, jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, sind laut Kontrolle nach § 52 Abs.1 b S. 2 BImSchG vom 09.12.2014: - Kühltruhen, AVV 16 02 11*, "gebrauchte Geräte, die teil- und vollhalogenierte Fluorchlorkoh -lenwasserstoffe enthalten", Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen , - Leuchtstoffröhren, AVV 20 01 21*, "Leuchtstoffröhren und andere quecksilberhaltige Abfälle", Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen, - Aufsaug- und Filtermaterialien, AVV 15 02 02*, "Aufsaug- und Filtermaterialien (einschließlich Ölfilter a. n. g.), Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind", Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen, Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 5 - - gebrauchte Chemikalien, AVV 16 05 08*, "gebrauchte organische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten", Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungs-unternehmen, - Teer und teerhaltige Produkte, AVV 17 03 03*, "Kohlenteer und teerhaltige Produkte ", Entsorgung durch zugelassenes Entsorgungsunternehmen. Angaben zu Anfallmengen für diese Abfälle liegen dem LfU nicht vor. Bereits erfolgte Kapazitätsausweitung Frage 9: Seit wann besteht die von Umweltminister Vogelsänger in der Antwort auf die Mündliche Anfrage vom 6.4.2017 eingeräumte Kapazitätserhöhung? Frage 10: Welche Abteilung(en) des Ministeriums und des LfU wusste(n) seit wann von dieser Kapazitätserhöhung? Zu Fragen 9 und 10: Am 04.04.2016 wurde die Abteilung T 2 des LfU durch den Betreiber über die notwendig werdende Kapazitätserhöhung unterrichtet. Diese informierte die Abteilung 5 des Ministeriums für Ländliche Ent-wicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) über den Sachverhalt. Dieser Sachverhalt wurde gegen-über der Abt. T 1 des LfU spätestens bei einer Beratung zum vorliegenden Genehmigungsantrag am 27.04.2016 thematisiert . Eine besondere Information weiterer Fachabteilungen des MLUL ist nicht er-folgt. Frage 11: Laut Antwort auf die Mündliche Anfrage wird die vorzeitige Kapazitätserhöhung gegenwärtig einer Prüfung unterzogen. Was wird im Einzelnen von wem überprüft? Frage 12: Wird auch die Bautätigkeit seit 2002 überprüft? Frage 13: In welchem Zeitrahmen erfolgt die Prüfung? Sind hier Fristen einzuhalten? Zu Fragen 11 bis 13: Das LfU prüft die Anordnung der teilweisen Untersagung des Betriebs der Anlage gem. § 20 Abs. 2 BImSchG. Da die Bautätigkeit zulässigerweise auf der Basis von Baugenehmigungen erfolgte und nicht mit der Erhöhung der Kapazität in Verbindung steht, wird sie im Rahmen der Prüfung einer Teiluntersagung des Betriebes nicht geprüft. Für die Prüfung einer Untersagung des Betriebes gem. § 20 Abs. 2 BImSchG bestehen keine gesetzlichen Fristen. Die Dauer der Prüfung kann noch nicht abgeschätzt werden. Frage 14: Liegen bereits Ergebnisse aus der Überprüfung vor? Wenn ja welche? Falls nein: Wo sind diese künftig einzusehen? Zu Frage 14: Die Prüfung hat ergeben, dass der Abschluss des Genehmigungsverfahrens noch nicht absehbar ist, da noch Unterlagen nachzureichen und fachliche Prüfungen abzuschließen sind. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass mit Schreiben vom 26.04.2017 eine erneute Anhörung des Betreibers gem. § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zur geplanten Untersagung eingeleitet wurde. Eine Äußerung des Betreibers liegt noch nicht vor. Die entsprechenden Unterlagen können auf schriftlichen Antrag beim LfU eingesehen werden, soweit ein Rechtsanspruch auf Zugang zu den entsprechenden Informationen besteht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 6 - Frage 15: Welche Konsequenzen kann eine solche nicht genehmigte Kapazitätserhöhung grundsätzlich haben? Welche hat es im vorliegenden Fall? Wurden/werden wegen der nicht genehmigten Kapazitätserhöhung, den damit verbundenen Bauaktivitäten und der spezifischen Nutzung neuer Anlagen Bußgelder verhängt? Wird diesbezüglich eine Nutzungs - oder Betriebsuntersagung erteilt? Zu Frage 15: Die Erhöhung der Kapazität einer Anlage über die zugelassene Leistung hinaus stellt einen teilweise ungenehmigten Anlagenbetrieb und ggf. auch einen Verstoß gegen vollziehbare Auflagen einer Genehmigung dar. Der nicht genehmigte Teil des Betriebes soll gem. § 20 Abs. 2 BImSchG untersagt werden. Außerdem kann ein Bußgeld gem. § 62 BImSchG verhängt werden, wenn gegen Auflagen verstoßen wird. Ggf. kann auch eine Straftat nach § 327 Abs. 2 Strafgesetzbuch vorliegen, die durch die Strafverfolgungsbehörden aufzuklären und zu ahnden wäre. Im Zusammenhang mit der Erhöhung der Kapazität der Geflügelschlachtanlage Niederlehme wurden keinerlei Baumaßnahmen durchgeführt. Die baulichen Anlagen wurden auf der Basis von Baugenehmigungen errichtet und werden in zulässiger Weise betrieben, so dass hierfür die Festsetzung von Buß-geldern nicht in Betracht kommt. Wegen der Kapazitätserhöhung wurde ein Verfahren zur Teilstilllegung gem. § 20 Abs. 2 BImSchG eingeleitet . Nach Abschluss der laufenden Verfahren wird über die Eröffnung eines Bußgeldverfahrens gem. § 62 Abs. 1 BImSchG oder die Erstattung einer Strafanzeige entschieden. Frage 16: Gab es in Brandenburg vergleichbare Fälle? Zu Frage 16: Es sind auch in der Vergangenheit Einzelfälle vorgekommen, in denen Betreiber von Anlagen wesentliche Änderungen vorgenommen haben, ohne zuvor die erforderliche Genehmigung einzuholen. Frage 17: Wie wollen die Landesregierung und die nachgeordneten Behörden künftig verhindern , dass sich große Vorhabenträger gewünschte Erweiterungen nach deren Errichtung und Inbetriebnahme lediglich "nachgenehmigen" lassen? Zu Frage 17: Alle Anlagen werden regelmäßig im Rahmen der Überwachung auf einen genehmigungskonformen Betrieb hin überprüft. Bei Verstößen werden Betriebsuntersagungen in einem Verfahren geprüft und ggf. vorgenommen und bei Bedarf Bußgeldverfahren eingeleitet oder Strafanzeigen gestellt. Diese Maßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung ausreichend. Frage 18: Laut DPA-Meldung vom 10.04.2017 wurde infolge des Brands in Lohne vom März 2016 mit den zuständigen Behörden eine Kapazitätserhöhung in Niederlehme abgestimmt . Um welche Behörden handelte es sich? Wie wurde der Vorgang dokumentiert? Wo sind die Unterlagen einzusehen? Zu Frage 18: Es handelt sich hier offensichtlich um eine fehlerhafte Meldung, da keine Abstimmung von Behörden mit dem Betreiber zur Kapazitätserhöhung stattgefunden hat. Das LfU wurde vom Betreiber am 04.04.2016 darüber informiert, dass in Folge des genannten Brandes die Schlachtleistung am Standort Niederlehme erhöht werden müsse. Das LfU eröffnete unverzüglich nach dieser Information ein Verfahren zur Prüfung einer Teilstilllegung der Anlage. Am 29.04.2016 wurde der Betreiber hierzu schriftlich angehört. Die Unterlagen können beim LfU eingesehen werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6662 - 7 - Frage 19: Auf welcher rechtlichen Grundlage haben die Behörden die Kapazitätserweiterung zugelassen? Frage 20: Auf welcher rechtlichen Basis konnte dies ohne Öffentlichkeitsbeteiligung geschehen ? Frage 21: Wurde die mit einem Notstand begründete Genehmigung der Kapazitätserhöhung zeitlich befristet? Wenn nicht, warum nicht? Zu Fragen 19 bis 21: Die Kapazitätserweiterung wurde bisher nicht zugelassen. Das dafür erforderliche immissionsschutz-rechtliche Genehmigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen . Im Genehmigungsverfahren wurde die Öffentlichkeit beteiligt. Zuletzt fand hierzu am 30.03.2017 der Termin zur Erörterung der erhobenen Einwendungen statt. Frage 22: Ein Masthuhn lebt vier Wochen. Warum gilt es angesichts dessen ein Jahr nach dem Brand in Lohne immer noch, einen tierschutzwidrigen Notstand abzuwenden? Zu Frage 22: Es liegt zum jetzigen Zeitpunkt keine tierschutzrechtliche Notwendigkeit für den Weiterbetrieb der Anlage mit erhöhter Kapazität vor. Von der Anordnung einer Teilstilllegung hat das LfU jedoch in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bisher abgesehen , da es sich um einen atypischen Fall handelt. Frage 23: Die Schlachtanlage in Lohne wird 2018 den Betrieb mit der ursprünglichen Kapazität wieder aufnehmen. Welche Vorgaben zur Rücknahme oder zum Rückbau der Erweiterungen in Niederlehme wurden seitens der Landes- oder Kreisbehörden vereinbart? Zu Frage 23: Der Rückbau von Anlagenteilen wird unabhängig von der Reduzierung der Kapazität der Anlage auf die bisher genehmigte Schlachtleistung nicht erforderlich, da alle errichteten Gebäude über bestandskräftige Baugenehmigungen verfügen. Die Reduzierung der Schlachtleistung wird unabhängig von der Er-richtung von Anlagen in anderen Bundesländern angeordnet, wenn die Voraussetzungen hierfür gem. § 20 Abs. 2 BImSchG vorliegen. Es sind hierzu keine Vereinbarungen mit Behörden erforderlich oder geplant. KA 2644 Anlage Genehmigungsverfahren Wiesenhof Baugenehmigungen lfd. Eingang Bauantrag Fertigstellung Bemerkungen Nr. Aktenzeichen Kurzbezeichnung des Bauvorhabens Datum Nummer Datum Datum 1 02/1/04002/BA Errichtung Trafostation 08.11.2002 1-0268/03 03.03.2003 17.04.2003 nachträgliche Baugenehmigung 2 05/1/00512/BA Errichtung Containerannahme für Lebendgeflügel 01.03.2005 1-0127/05 22.04.2005 18.07.2005 3 05/1/03725/BG Errichtung technische Anlage - Raum mit Dampferzeuger 21.12.2005 1-0102/06 27.03.2006 - Bauherr wird um Mitteilung gebeten 4 00687-09-26 Änderung Betriebsgebäude - Erweiterung Zerlegung 16.03.2009 00687-09 04.12.2009 - Akte geschlossen, Neubewertung BS erfolgt im Rahmen nachfolgender AZ 5 01346-09-26 Erweiterung der Produktion, Kommission. und Versand (Halle 1) 14.05.2009 01346-09 28.08.2009 31.03.2011 nachträgliche Baugenehmigung 6 02437-09-26 Erweiterung Kommissionierung und Lager (Halle 2) 21.08.2009 02437-09 05.11.2009 31.03.2011 7 02806-09-26 Neubau - Erweiterung Vorkühlung 23.09.2009 02806-09 18.02.2010 18.07.2011 8 00545-10-26 Neubau Grundstücksmauer 02.03.2020 00545-10 16.06.2011 01.11.2011 9 00702-10-26 1. NT zur BG 02806-09, Höhenänderung der Halle, 09.03.2010 00702-10 21.06.2010 siehe Nr. 7 Lageänderung des Verbindungstunnels, Änderung BSK 10 01986-10-26 Errichtung eines Verkaufscontainers mit Werbeanlage 21.06.2010 01986-10 29.09.2010 07.12.2010 11 00239-11-26 Erweiterung Lebendgeflügel-Annahme 26.01.2011 00239-11 22.06.2011 nicht ausgeführt, neuer BA 01055-15 12 01197-11-26 Anbringung von zwei Werbepylonen und drei Fahnemasten 07.06.2011 01197-11 25.07.2011 24.03.2013 13 02529-11-26 Errichtung eines unbeleuchteten Pylons mit drei Stelen 14.07.2011 02529-11 28.09.2011 18.10.2011 14 02459-13-26 Erweiterung und Umbau eines Kistenlages mit Kistenwäsche 29.07.2013 02459-13 25.02.2014 Besch. Prüf-Ing. Brandschutz fehlt 15 00647-14-26 Aufstellung eines mobilen Verkaufsanhängers 20.02.2014 00647-14 14.05.2014 13.06.2016 16 04273-14-26 Anbau 0°-Lager an vorh. Betriebsgebäude 28.10.2014 04273-14 06.02.2015 Prüfung ob Nachtrag erforderlich 17 01055-15-26 Erweiterung Lebensgeflügel-Annahme (nachträglich) 12.03.2015 01055-15 23.07.2015 Prüfung ob Nachtrag erforderlich 18 04245-15-26 Versetzen einer Dieseltankstelle und einer Geflügelfetttankanl. 15.10.2015 04245-15 04.02.2016 13.06.2016 Baubeginn immissionsschutzrechtliche Genehmigung 1 50.050.01/03/0702.1/P 06.08.2003 050.01.00/03 03.12.2003 15.09.2004 Baugenehmigung (BG) Verlängerung Biofilter, Verschiebung LKW-Rampe, Vorrüberg. Aufstellung Tiefkühlcontainer