Datum des Eingangs: 20.02.2015 / Ausgegeben: 25.02.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/673 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 217 der Abgeordneten Barbara Richstein und Björn Lakenmacher CDU-Fraktion Drucksache 6/497 Pegida-Imitationen in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 217 vom 26.01.2015: Seit einigen Wochen finden in Dresden unter dem Motto „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) Demonstrationen statt. Mittlerweile wird das in zahlreichen deutschen Städten imitiert. Diese sollen teilweise rechtsextremistisch beeinflusst sein. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wann, wo und mit wie vielen Teilnehmern haben in Brandenburg an Pegida angelehnte Demonstrationen bereits stattgefunden (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? a) Bei welchen dieser Demonstrationen ist es auch unter Berücksichtigung von Gegendemonstrationen zu welchen Straftaten gekommen? b) Welche dieser Demonstrationen unterlagen einer rechtsextremistischen Beeinflussung und wie sah diese Beeinflussung konkret aus? c) Welche dieser an Pegida angelehnten Demonstrationen unterhalten seit wann welche eigenen Internetseiten? 2. Für welche Orte in Brandenburg sind seit wann welche Aktivitäten feststellbar, aus denen hervorgeht, zukünftig ebenfalls an Pegida angelehnte Demonstrationen organisieren zu wollen (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? Welche dieser Aktivitäten sind rechtsextremistisch beeinflusst und wie sieht diese Beeinflussung konkret aus? 3. Welche der unter 1 und 2 genannten Aktivitäten sind von Pegida offiziell anerkannt? 4. Welche Erkenntnisse liegen vor, dass die seit vielen Monaten laufenden AntiAsylaktivitäten brandenburgischer Rechtsextremisten in an Pegida angelehnte Aktivitäten umgewandelt werden? 5. In welchem Umfang haben brandenburgische Rechtsextremisten an den Dresdener Pegida-Demonstrationen teilgenommen (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann, wo und mit wie vielen Teilnehmern haben in Brandenburg an Pegida angelehnte Demonstrationen bereits stattgefunden (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? zu Frage 1: Im Land Brandenburg fanden bislang vier an PEGIDA angelehnte Demonstrationen statt: 17.12.2014: „1. Abendspaziergang für eine angemessene Asylpolitik“, Oranienburg, ca. 250 Teilnehmer 21.01.2015: „2. Abendspaziergang für eine angemessene Asylpolitik“, Oranienburg, ca. 250 Teilnehmer 26.01.2015: „1. Montagsspaziergang – Für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung im Sinne der PEGIDA-Bewegung“, Brandenburg an der Havel, ca. 200 Teilnehmer 02.02.2015: „2. Montagsspaziergang“, Brandenburg an der Havel, ca. 130 Teilnehmer Frage 1a: Bei welchen dieser Demonstrationen ist es auch unter Berücksichtigung von Gegendemonstrationen zu welchen Straftaten gekommen? zu Frage 1a: Bei der Veranstaltung in Brandenburg an der Havel am 26.01.2015 zeigte eine männliche Person, den sogenannten „Kühnengruß“. Gegen ihn wurde eine Strafanzeige gemäß § 86a StGB aufgenommen. Weitere Straftaten wurden nicht festgestellt. Frage 1b: Welche dieser Demonstrationen unterlagen einer rechtsextremistischen Beeinflussung und wie sah diese Beeinflussung konkret aus? zu Frage 1b: Von einer rechtsextremistischen Beeinflussung kann bei allen unter Frage 1 aufgeführten Demonstrationen ausgegangen werden. Unter den Teilnehmern der Demonstrationen waren zahlreiche einschlägig bekannte Neonationalsozialisten, NPD- bzw. JN-Mitglieder, Mitglieder der rechtsextremistischen Gruppierung „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ sowie Mitglieder der Identitären Bewegung bzw. verschiedene rechtsextremistische Hooligans aus Berlin und Brandenburg. Frage 1c: Welche dieser an Pegida angelehnten Demonstrationen unterhalten seit wann welche eigenen Internetseiten? zu Frage 1c: Die Mobilisierung für die Abendspaziergänge in Oranienburg findet insbesondere über die Facebook-Seite „Nein zum Heim in Oranienburg“ statt, die seit dem 19.12.2013 besteht. Seit dem 17.01.2015 wird auch auf der eigenen FacebookSeite „Abendspaziergang Oranienburg“ für die Demonstrationen geworben. Die Facebook-Gruppe „BraMM – Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ besteht seit dem 10.12.2014. Kurz vor der ersten BraMMDemonstration ging auch eine entsprechende Website „bramm2015.de“ online. Frage 2: Für welche Orte in Brandenburg sind seit wann welche Aktivitäten feststellbar, aus denen hervorgeht, zukünftig ebenfalls an Pegida angelehnte Demonstrationen organisieren zu wollen (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? Welche dieser Aktivitäten sind rechtsextremistisch beeinflusst und wie sieht diese Beeinflussung konkret aus? zu Frage 2: Folgende PEGIDA-ähnliche Strukturen sind in Brandenburg bisher bekannt geworden: Abendspaziergang Oranienburg (Oranienburg) Die erste Demonstration der Gruppe „Abendspaziergang Oranienburg“ wurde am 17.12.2014 durchgeführt. Die Aufmärsche werden insbesondere über die FacebookSeiten „Nein zum Heim in Oranienburg“, „Abendspaziergang Oranienburg“ und „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ beworben. Der „3. Abendspaziergang für eine angemessene Asylpolitik“ ist für den 11.02.2015 angekündigt. Auf Facebook betonen die Organisatoren, dass der Abendspaziergang „sich an den vielen Demonstrationen im Land“ orientiert und „als Anlehnung an die 19 Punkte der PEGIDA veranstaltet“ wird. Da an beiden bisher stattgefundenen Demonstrationen Angehörige der rechtsextremistischen Szene in größerer Anzahl teilgenommen haben, ist von einer rechtsextremistischen Beeinflussung auszugehen. PEGIDA Potsdam (Potsdam) Die Gruppe PEGIDA Potsdam wurde am 08.12.2014 bei Facebook gegründet. Eigene Demonstrationen sind bislang nicht angekündigt. Am 22.12.2014 wurde über Facebook verkündet, dass man geplante Aktivitäten zugunsten der BraMM einstellen wolle: „Pegida für Brandenburg und Potsdam, in Zukunft vereint bei BraMM, nur gemeinsam sind wir stark.“ Ob eine rechtsextremistische Beeinflussung vorliegt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. BraMM (bisher Brandenburg an der Havel) Die Facebook-Gruppe „BraMM – Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ besteht seit dem 10.12.2014. Sowohl am 26.01.2015 als auch am 02.02.2015 wurden „Montagsspaziergänge“ durchgeführt. Für den 09.02.2015 ist eine weitere Demonstration angemeldet. Die Initiatoren gehören der rechtspopulistischen Partei „Die Republikaner“ an. Da an den Demonstrationen in größerer Anzahl Angehörige der rechtsextremistischen Szene teilgenommen haben, ist von einer rechtsextremistischen Beeinflussung auszugehen. COGIDA (Cottbus) COGIDA Cottbus besteht als Facebook-Gruppe seit dem 23.12.2014. Der Slogan lautet: „Cottbuser vereint & friedlich gegen die Islamisierung und Verfremdung unserer Heimat! Für den Erhalt unserer Kultur“. Zu den Initiatoren zählt offensichtlich auch die Gruppierung VERITAS, die in anderem Zusammenhang noch nicht in Erscheinung getreten ist und zu der keine weiteren Informationen vorliegen. COGIDA Cottbus hat für den 11.02.2015 einen „1. Abendspaziergang“ in Cottbus angekündigt. Aufgrund der gemeinsamen Themen „Asylpolitik“ und „Ausländerpolitik“ ist davon auszugehen, dass vereinzelt Mitglieder der rechten Szene diese Themen aufgreifen und mit COGIDA sympathisieren. Ob eine rechtsextremistische Beeinflussung vorliegt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. PEGIDA Brandenburg (ohne Ort) Am 29.12.2014 wurde die Facebook-Gruppe PEGIDA Brandenburg gegründet. Bisher sind keine eigenen Veranstaltungen verkündet worden. Ob eine rechtsextremistische Beeinflussung vorliegt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. PEGIDA Nauen (Nauen) Die gibt PEGIDA Nauen-Facebook-Gruppe gibt es seit dem 10.01.2015. Die Gruppierung organisiert bislang keine eigenen Demonstrationen. Zuletzt nahmen Mitglieder der Facebook-Gruppe an den BÄRGIDA-Demonstrationen in Berlin teil. Ob eine rechtsextremistische Beeinflussung vorliegt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. Frage 3: Welche der unter 1 und 2 genannten Aktivitäten sind von Pegida offiziell anerkannt? zu Frage 3: Derzeit ist COGIDA Cottbus der einzige offizielle PEGIDA-Ableger in Brandenburg. COGIDA wurde am 02.01.2015 offiziell durch den PEGIDA e. V. in Dresden anerkannt. PEGIDA Brandenburg bemüht sich seit Anfang des Jahres vergeblich um eine offizielle Anerkennung. Frage 4: Welche Erkenntnisse liegen vor, dass die seit vielen Monaten laufenden Anti-Asylaktivitäten brandenburgischer Rechtsextremisten in an Pegida angelehnte Aktivitäten umgewandelt werden? zu Frage 4: Das Thema „Asylpolitik und Überfremdung“ ist gegenwärtig eines der zentralen Themen der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg. Neben der Anmeldung und Durchführung von Versammlungen sind derzeit verstärkt Wortmeldungen auf Internetportalen wie „Nein zum Heim“ und „Brandenburg wehrt sich“ festzustellen. Durch den Erfolg der PEGIDA-Demonstrationen in Dresden ist die rechtsextremistische Szene zurzeit euphorisch gestimmt. Die Asylproblematik eignet sich aus ihrer Sicht, um das eigene Klientel zu mobilisieren und gleichzeitig ein Thema zu besetzen, das auch die sogenannte „bürgerliche Mitte“ bewegt. Zahlreiche rechtsextremistische Parteien bzw. neonationalsozialistische Gruppierungen wollen sich diese Stimmung zu Nutze machen. In den letzten Wochen wurden daher vermehrt Mahnwachen und Demonstrationen zum Thema „Asylmissbrauch“ durch die rechtsextremistische Szene durchgeführt bzw. angemeldet, beispielsweise: am 16.01.2015: „Mahnwache gegen Überfremdung“ in Schwedt am 17.01.2015: Demonstration „Stopp dem Asylmissbrauch“ in Frankfurt (Oder) am 22.01.2015: „Mahnwache gegen Asylmissbrauch“ in Königs Wusterhausen am 24.01.2015: „Mahnwache gegen die Asylflut“ in Angermünde am 04.02.2015: „Mahnwache gegen Asylheime“ in Luckenwalde am 14.02.2015: Demonstration „Gegen Asylmissbrauch und Asylantenheime“ in Frankfurt (Oder) Die durchgeführten Demonstrationen und Mahnwachen hatten jedoch durchweg einen rechtsextremistischen Charakter und stellten keine direkten Bezüge zu den PEGIDA-Demonstrationen in Dresden her. Seit November 2014 ist zudem die Internetseite der Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ existent. In der Eigendarstellung heißt es „Es geht um unsere Heimat und die Zukunft unserer Kinder. Wir wollen Beides nicht an fremde Menschen verschenken. Wir wollen Deutsche in Deutschland bleiben“ und „... Noch tragen wir diesen Widerstand nur in unseren Herzen … doch schon bald werden wir ihn gemeinsam auf die Straßen tragen.“ Die Initiatoren von „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ betreiben seit November 2014 eine subtil völkisch ausgerichtete und offen fremdenfeindliche Kampagne, die stark an der aktuellen Flüchtlingsdiskussion in Deutschland ausgerichtet ist. Sympathisanten der Kampagne nehmen regelmäßig bundesweit an Demonstrationen der „PEGIDA Bewegung“ teil, thematisieren aber auch asylkritische Versammlungen im Land Brandenburg. Während sich PEGIDA von offensichtlich rechtsgerichteten Gruppierungen und Personen abzugrenzen versucht, ist die Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ klar durch Personen dieses Spektrums initiiert und organisiert. Frage 5: In welchem Unfang haben brandenburgische Rechtsextremisten an den Dresdener Pegida-Demonstrationen teilgenommen (Stichtag: Datum der Abgabe dieser Drucksache)? zu Frage 5: Brandenburgische Rechtsextremisten haben in den vergangenen Wochen in größerem Umfang an den Demonstrationen in Dresden teilgenommen. Aktuell wird von einem Mobilisierungspotential von knapp über hundert Rechtsextremisten ausgegangen, die wöchentlich an den Montagsdemonstrationen in Sachsen teilnehmen. Schwerpunkt bildet hier das südliche Brandenburg.