Landtag Brandenburg Drucksache 6/6751 6. Wahlperiode Eingegangen: 07.06.2017 / Ausgegeben: 12.06.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2681 der Abgeordneten Birgit Bessin (AfD-Fraktion), Thomas Jung (AfD-Fraktion) und Steffen Königer (AfD-Fraktion) Drucksache 6/6538 Aktuelle Entwicklung im Umgangsrecht im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Jedes Jahr sind in Deutschland etwa 170.000 Kinder und Jugendliche von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Hinzu kommen Tausende von Kindern und Jugendlichen, deren Eltern sich in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft trennen. Die Kindschaftsrechtsreform hatte ein Umdenken in Bezug auf das Umgangsrecht von Kind und Eltern und seine Ausgestaltung eingeleitet, sie stellte in der Umsetzung die Jugendämter und Familiengerichte vor neue Herausforderungen. Frage 1: Wie hat sich die Anzahl der Umgangsrechtstreitigkeiten in Brandenburg seit 2014 entwickelt? (Bitte nach Jahren und Gerichten aufgliedern) Frage 2: Wie ist die Entwicklung der Anzahl von Umgangsstreitigkeiten zu gerichtlichen Ehestreitfällen? (Bitte nach Jahren und Gerichten aufgliedern) Frage 3: In wie vielen Fällen spielte häusliche Gewalt eine Rolle? (Bitte nach Jahren und Gerichten aufgliedern) zu Frage 1 bis 3: Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf die als Anlage beigefügte Tabelle verwiesen. Für die gerichtlichen Verfahren zu den Umgangsrechtsstreitigkeiten, den Ehescheidungen und den Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellung nach § 1 GewSchG können nur die in den Jahren 2014 bis 2016 erledigten Verfahren angegeben werden. Bei den erledigten Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind alle Verfahren erfasst, nicht nur solche, die im Zusammenhang mit Umgangsrechtstreitigkeiten standen. Frage 4: Wie lang ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei Umgangsrechtsstreitigkeiten bis zur Entscheidung? (Bitte nach Jahren und Gerichten aufgliedern) zu Frage 4: Die Frage kann nicht beantwortet werden, weil die Bearbeitungszeiten für Umgangsrechtsstreitigkeiten bis zur Entscheidung nicht gesondert statistisch erfasst werden . Frage 5: Sieht die Landesregierung eine Anpassung des Personalberechnungssystems (PEBB§Y) im Hinblick auf die Dauer der Verfahren zur elterlichen Sorge als veranlasst? Landtag Brandenburg Drucksache 6/6751 - 2 - Wenn nein, aus welchen Gründen? zu Frage 5: Das Personalberechnungssystem PEBB§Y ist ein bundeseinheitliches System zur Berechnung des landesweiten Personalbedarfes. Nach diesem System wird anhand der empirisch ermittelten durchschnittlichen Arbeitszeit für ein Verfahren in den einzelnen Sachgebieten, der Zahl der Eingänge in diesen Sachgebieten und der jährlichen Arbeitszeit der Justizbediensteten der landesweite Personalbedarf in den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften ermittelt. Darüber, wieviel richterliche Arbeitskraft in den einzelnen Sachgebieten wie etwa Umgangsrechts -streitigkeiten eingesetzt wird, entscheiden die Präsidien der Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit. PEBB§Y legt das nicht fest. Eine Änderung des Personalberechnungssystems PEBB§Y ist daher nicht geeignet, eine Verringerung der Dauer der Verfahren zu erreichen, da damit ein Personaleinsatz in bestimmten Sachgebieten nicht bewirkt werden kann. Frage 6: Wie viele Umgangspfleger (in Vollzeit-Äquivalenzen) sind in Brandenburg in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen der örtlichen Jugendhilfe im Einsatz? zu Frage 6: Der Landesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. Die Personalbemessung obliegt der kommunalen Selbstverwaltung. Frage 7: Wie viele Fälle werden von den eingesetzten Umgangspflegern betreut? zu Frage 7: Angaben zur Anzahl der Umgangspflegschaften beim Jugendamt können nicht gemacht werden, denn deren Erfassung ist nicht Bestandteil der Jugendhilfestatistik. Gemäß § 55 Abs. 2 SGB VIII soll ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder Angestellter, der nur mit der Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist, höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormundschaften oder Pflegschaften führen. Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt geworden, in denen im Bereich der Jugendämter diese Fallzahlen überschritten wurden. Angaben über die Zahl aller Übertragungen der elterlichen Sorge auf das Jugendamt oder einen Dritten als Vormund oder Pfleger als Gesamtsumme können den jährlichen Berichten des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg entnommen werden. Aktuell liegt der Bericht aus dem Jahr 2015 vor: https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/publikationen/stat_berichte/2016/SB_K05-03- 00_2015j01_BB.pdf. Umgangspflegschaften werden dabei nicht gesondert erfasst. Frage 8: Mit welchen konkreten Maßnahmen unterstützt die Landesregierung die Institutionalisierung der Familienmediation oder anderer Methoden der außergerichtlichen Streitbeilegung auch bei Rechtshängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens? zu Frage 8: Die Landesregierung misst der außergerichtlichen Streitbeilegung große Bedeutung bei. Eine einvernehmlich erreichte Lösung kann zu einer dauerhaften, von den Beteiligten akzeptierten Bereinigung eines Konfliktes führen. Dies wird auch noch nach Einleitung eines familiengerichtlichen Verfahrens in Betracht kommen und wird in geeigneten Fällen vom Familiengericht angeregt. Es liegt dann in der Entscheidung der Verfahrensbeteiligten , Angebote der Familienmediation in Anspruch zu nehmen. Bedarf für eine Institutionalisierung solcher Angebote sieht die Landesregierung nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6751 - 3 - Frage 9: Wird in Brandenburg nach dem „Cochemer Modell“ zur Bearbeitung von gerichtlichen Sorgerechts- und Umgangsverfahren gearbeitet? Wenn ja: wo und mit welchen vernetzten Konzepten? Frage 10: Wenn ja: Welche konkreten Schlussfolgerungen hat die Landesregierung für die Notwendigkeit der Kooperation der beteiligten Professionen abgeleitet und in der Praxis umgesetzt? zu Frage 9 und 10: Das „Cochemer Modell“ im Sinne einer Zusammenarbeit der verschiedenen am gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen und Institutionen (Richter, Rechtsanwälte , Mitarbeiter von Jugendämtern und Familienberatungsstellen sowie Psychologen) zur Vermeidung einer Konflikteskalation in familien-gerichtlichen Verfahren wird im Land Brandenburg nicht angewandt. Einzelne Arbeitskreise in Brandenburg lassen sich jedoch von der Grundidee, den Standards oder Bedingungen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit inspirieren. So gibt es zum Beispiel im Landkreis Potsdam-Mittelmark gemeinsam mit der Landeshauptstadt Potsdam einen Arbeitskreis „Trennung und Scheidung“, dem Vertreter der Erziehungsberatungsstellen , der Jugendhilfe, Richter und Anwälte sowie Verfahrensbeistände angehören . Darüber hinausgehende Kenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Anlage/n: 1. Anlage 1 Anlage zur Kleinen Anfrage 2681 2014 2015 2016 2014 2015 2016 2014 2015 2016 LG-Bezirk Cottbus Bad Liebenwerda 72 68 51 192 183 176 27 27 23 Cottbus 115 123 138 428 380 373 51 41 52 Königs Wusterhausen 60 60 70 308 292 396 27 26 33 Lübben 39 35 44 105 108 93 34 14 18 Senftenberg 58 51 58 184 178 187 21 17 13 LG-Bezirk Frankfurt (Oder) Bad Freienwalde (Oder) 37 39 18 91 87 95 22 11 17 Bernau bei Berlin 89 91 77 299 323 296 21 30 31 Eberswalde 59 52 50 161 149 156 16 20 22 Eisenhüttenstadt 38 25 26 97 103 93 10 10 5 Frankfurt (Oder) 63 57 53 185 147 140 33 39 26 Fürstenwalde/Spree 121 104 107 272 260 301 96 79 56 Strausberg 98 91 93 367 318 317 31 41 30 LG-Bezirk Neuruppin Neuruppin 79 109 93 224 216 218 57 53 42 Oranienburg 128 147 130 433 418 410 73 102 104 Perleberg 49 58 59 100 163 166 12 11 12 Prenzlau 46 39 51 84 127 121 14 16 24 Schwedt/Oder 41 44 45 141 130 139 15 17 17 Zehdenick 33 41 37 72 78 81 23 19 28 LG-Bezirk Potsdam Brandenburg a.d. Havel 115 115 96 357 310 259 73 62 58 Luckenwalde 46 33 29 143 139 123 48 33 28 Nauen 64 78 46 238 245 274 39 54 40 Potsdam 196 230 197 700 700 649 59 72 81 Rathenow 31 31 34 100 91 95 18 28 18 Zossen 58 67 71 288 273 234 25 18 22 Summe insgesamt: 1.735 1.788 1.673 5.569 5.418 5.392 845 840 800 Die hier aufgeführten Zahlen sind Erledigungszahlen. Umgangsrechtstreitigkeiten Bei den erledigten Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind alle Verfahren erfasst, nicht nur solche, die im Zusammenhang mit Umgangsrechtstreitigkeiten standen. Zahl der erledigten Umgangsrechtstreitigkeiten (nach § 165 FamFG) Zahl der Ehescheidungen Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellung (nach § 1 GewSchG) Gerichte