Landtag Brandenburg Drucksache 6/6765 6. Wahlperiode Eingegangen: 08.06.2017 / Ausgegeben: 13.06.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2645 der Abgeordneten Marie Luise von Halem (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/6463 Kindertagespflege Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Die Kindertagespflegepersonen in Brandenburg erfüllen eine wichtige Aufgabe in der qualifizierten Betreuung von Kindern und repräsentieren eine der Kindertagesbetreuung gleichwertige Betreuungsform. Sie sind zumeist selbstständig tätig, jedoch in der Ausübung ihrer Tätigkeit rechtlichen Regelungen des Landes und Satzungen bzw. Richtlinien und Entscheidungen des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe unterworfen . Die Kindertagespflege in Brandenburg gleicht mit ihren unterschiedlichen Richtlinien und Vorgaben einem Flickenteppich. Eine Ursache für die Probleme ist die im § 23 Abs. 1 bzw. Abs. 4 SGB VIII verankerte Regelung, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe (i.R. der Kreis/Kreisfreie Stadt) sowohl die Pflegerlaubnis erteilt als auch als Beratungsinstitution „in allen Fragen der Kindertagespflege“ tätig werden soll. Zudem erfolgt auch die Finanzierung der Kindertagespflegepersonen über die Anerkennung der Förderungsleistung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Das Jugendamt ist also in Personalunion Aufsichts-und Genehmigungsbehörde, Träger der Finanzierung und Beratungsinstitution in allen Fragen der Kindertagespflege. Hieraus ergeben sich zwangsläufig Konflikte, wenn Kindertagespflegepersonen eine Beratung benötigen, aber bei der Offenbarung von Problemen befürchten, dass ihnen die Pflegerlaubnis entzogen werden könnte. Bis zum 01. Januar 2014 erfolgte eine Online-Beratung für Kindertagespflegepersonen über den Verein „Familien für Kinder“ e.V. in Berlin. Das Land Brandenburg hat die Finanzierung der Online-Beratung für Brandenburger Kindertagespflegepersonen eingestellt. Auch hat das Land Brandenburg kein Landesjugendamt mehr; die Aufgaben wurden den Kreisjugendämtern und dem Bildungsministerium übertragen. Notwendig wäre eine fachlich kompetente Beratungsstelle für Kindertagespflegepersonen, Eltern und Fachberater/-innen. Der Brandenburger Landesverband für Kindertagespflege hat eine Beratungsstelle vorgeschlagen, die auch bei Konflikten zwischen den Jugendämtern und den Kindertagespflegepersonen vermitteln soll. (http://lvktb.de/wpcontent /uploads/2017/03/PRESSEMITTEILUNG-Landesverband-schla%CC%88gtlandesweite -Beratungsstelle-fu%CC%88r-die-Kindertagespflege-vor.pdf) Vorbemerkung der Landesregierung: Das Betreuungsangebot Kindertagespflege ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Hierbei hat die Landesregierung, in Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß § 82 SGB VIII, die für die Aufgaben der Kindertagespflege verantwortlichen Landkreise und kreisfreien Städte in erheblichem Maße beim Auf- und Ausbau Landtag Brandenburg Drucksache 6/6765 - 2 - dieses Betreuungsangebots fachlich und finanziell unterstützt. Die Antwort der Landesregierung vom 28.09.2012 auf die Große Anfrage 20 „Tagesmütter und -väter im Land Brandenburg “ der FDP-Fraktion (LT-Drs. 5/6075) in der 5. Wahlperiode und die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 981 „Kindertagespflege in Brandenburg“ der CDU- Fraktion (LT-Drs. 6/2284) dokumentieren dies ausführlich. Grundsätzlich gilt, dass die Kindertagespflege eine kommunale Aufgabe ist, die in den Landkreisen und kreisfreien Städten als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe umzusetzen und zu gestalten ist. Insofern kann die Landesregierung auch nur Fragen beantworten, die in ihre Zuständigkeit fallen. Frage 1: An wen können sich Kindertagespflegepersonen wenden, wenn es zu Konflikten mit den örtlichen Jugendämtern kommt und sie nicht den Rechtsweg beschreiten wollen? zu Frage 1: Da weder für die Kindertagespflege noch für die Kindertagesbetreuung eine Schiedsstelle eingerichtet ist, informieren sich Kindertagespflegepersonen im Austausch und im Netzwerk mit anderen Tagespflegepersonen und sichern sich eine entsprechende Unterstützung ggf. durch Mitgliedschaft in einem (Wohlfahrts-)Verband. Landesweit bietet auch der Landesverband für Kindertagespflege Brandenburg e.V. Unterstützung an. Frage 2: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, sicherzustellen, dass es zu keinem Interessenkonflikt kommt, wenn die Kindertagespflegepersonen einerseits von den Jugendämtern im Umgang mit ihren Ansprüchen beraten werden sollen und vom gleichen Jugendamt bezahlt werden bzw. die Pflegeerlaubnis erteilt bekommen? zu Frage 2: Die Zuordnung der Kindertagespflege und der damit verbundenen Aufgaben der Erlaubniserteilung, der Beratung, der Finanzierung und der Aufsichtsführung zur örtlichen Ebene folgt der bundesgesetzlich im SGB VIII vorgegebenen grundsätzlichen Allzuständigkeit des örtlichen Trägers der Jugendhilfe. Die Kindertagespflege erfüllt die besonderen Bedingungen, die den Bundesgesetzgeber bewogen haben, die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und Aufsichtsführung für Einrichtungen der Kindertagesbetreuung (Kindertagesstätten) dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe zuzuordnen, nicht. Hervorgegangen aus einer besonders familiennahen Nachbarschaftshilfe, die sich erst allmählich , befördert insbesondere durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz vom 27. Dezember 2004 und das Kinderförderungsgesetz vom 10. Dezember 2008, zu einer professionellen Form der Kindertagesbetreuung entwickelt hat, unterliegt die Kindertagespflege mit ihrer auf eine einzelne Person bezogene, persönliche Beziehung der betreuten Kinder und ihrer Eltern einer besonders wirksamen sozialen Kontrolle. Aufgrund der überschaubaren Räumlichkeiten, die für die Kindertagespflege genutzt werden, können sich die Eltern ein verlässliches Bild von den Verhältnissen machen, in denen ihr Kind betreut wird, und werden aus eigener Anschauung und durch Gespräche mit der Tagespflegeperson ggf. auf Mangelsituationen aufmerksam. Wegen dieser Kontrollmöglichkeit durch die Eltern können Erlaubniserteilung und Aufsichtsführung trotz gleichzeitiger Finanzverantwortung dem örtlichen Träger der Jugendhilfe überlassen bleiben. Daneben ist zu beachten, dass der aufgezeigte Interessenkonflikt des Jugendamtes aufgrund der Verpflichtung, die Kindertagesbetreuung zu gewährleisten und jedem anspruchsberechtigten Kind einen bedarfsgerechten Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, einem in der Praxis wirksamen Regulierungsregime unterliegt und durch Vorgaben des örtlichen Jugendhilfeausschusses in seinen Auswirkungen gesteuert werden kann. Zur Verbesserung der Position der Tagespflegepersonen kommt neben der individuellen Beratung durch das örtliche Jugendamt die Beratung, Unterstützung und Förderung eines Zusammenschlusses von Tagespflegeper- Landtag Brandenburg Drucksache 6/6765 - 3 - sonen gemäß § 23 Abs. 4 SGB VIII in Betracht. Frage 3: Wie beurteilt die Landesregierung des Landes Brandenburg die Bestrebungen des Landes Thüringen, eine Mindesthöhe der Anerkennung der Förderungsleistung für Kindertagespflegepersonen im Landesgesetz festzuschreiben? zu Frage 3: Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) ist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 5 Kindertagesstättengesetz ermächtigt, Näheres über „die angemessenen Aufwendungen im Rahmen von Kindertagespflege einschließlich der Abgeltung des Erziehungsaufwandes “ zu regeln. Allerdings wurde bislang auf Regelungen oder Empfehlungen beispielsweise zur Höhe der Zahlungen an die Tagespflegeperson verzichtet, da sowohl die regionale Situation als auch die regionalen Anforderungen sich für landeseinheitliche Festsetzungen zu unterschiedlich darstellen. Auch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die kommunalen Spitzenverbände signalisieren, dass sie für eine landesweite Regelung keine Notwendigkeit sehen. Eine landesweite Regelung müsste daher an den vorhandenen regionalen Regelungen anknüpfen. Dabei sollten die vor Ort gewachsenen vielfältigen und differenzierten Angebots - und Umsetzungsformen – vom professionellen Angebot bis zur Nachbarschaftshilfe, von der ergänzenden Kindertagesbetreuung bis zum 24-Stunden-Angebot – gewahrt werden . Das Ergebnis einer Landesregelung sollte somit kein landesweit einheitliches Angebot sein, sondern eine Palette an Möglichkeiten. Frage 4: Hat die Landesregierung ein Interesse daran, ein weiteres Auseinanderdriften der Rahmenbedingungen in der Kindertagespflege zwischen den einzelnen Kreisen einzudämmen ? Und wenn ja, welche Maßnahmen werden dafür ergriffen? zu Frage 4: Die Oberste Landesjugendbehörde berät die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Umsetzung bzw. Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Dazu gehört auch das Angebot des Fachforums „Kindertagespflege“, welches jeweils jährlich im Frühjahr und Herbst stattfindet und durch das zuständige Fachreferat im MBJS inhaltlich gestaltet und moderiert wird. Das Fachforum gewährleistet einen landesweiten Austausch und bietet die Möglichkeit zum best-practice-Austausch. Das Angebot wird durch den jährlich stattfindenden Fachtag, der sich vorrangig an die Tagespflegepersonen richtet und auch von den örtlichen Trägern der Jugendhilfe wahrgenommen wird, ergänzt. Frage 5: Hält die Landesregierung es angesichts der aktuellen Situation weiterhin für richtig , die Kofinanzierung der Beratungsstelle „Familien für Kinder“ e.V eingestellt zu haben? Wenn ja, warum? Wenn, nein warum nicht? zu Frage 5: Die Finanzierung der Beratungsstelle Kindertagespflege durch den Träger Familien für Kinder gGmbH und des damit verbundenen Internetforums Kindertagespflege wurde im Jahre 2013 eingestellt, da zum einen der Aufbau und damit die Ausbauarbeit des Systems der Kindertagespflege im Land Brandenburg abgeschlossen war, sodass die Anfragen deutlich zurückgingen, und da zum anderen das BMFSFJ durch das Portal http://kindertagespflege.fruehe-chancen.de mit dem Handbuch-Kindertagespflege1 und der 1 http://www.handbuch-kindertagespflege.de/ Landtag Brandenburg Drucksache 6/6765 - 4 - Online-Beratungsstelle2 die zuvor vom Land Brandenburg wahrgenommenen Aufgaben übernommen hat. Eine Doppelung der Angebote war schon aus haushälterischen Gründen nicht angezeigt. 2 http://www.schwerpunkt-kitas.de/kindertagespflege/online_beratung/