Landtag Brandenburg Drucksache 6/6791 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.06.2017 / Ausgegeben: 19.06.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2706 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig (CDU-Fraktion) Drucksache 6/6612 Situation in der Justiz Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Aufgrund der Sparmaßnahmen der Landesregierung im Bereich der Justiz kommt es zu großen zeitlichen Verzögerungen bei den Verhandlungen, nur zu wenigen Einlasskontrollen und eine(r) Überlastung der verbliebenen Richterinnen und Richter im Land Brandenburg. Durch die zusätzlich anstehende Welle an Pensionierungen und die wenigen Neueinstellungen ist die Arbeitsfähigkeit der Brandenburger Justiz massiv gefährdet. Frage 1: Wie viele der zur Anzeige gebrachten Taten wurden von der Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht? Zu Frage 1: Im Jahr 2016 gingen insgesamt 270.668 Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg ein, davon 144.859 gegen bekannte und 125.809 gegen unbekannte Tatverdächtige. Im selben Jahr wurden 28.398 Verfahren zur Anklage gebracht. Frage 2: Wie viele Fälle wurden nicht zur Anklage gebracht, weil kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte? Zu Frage 2: In welcher Zahl von Fällen ein Ermittlungsverfahren mangels Ermittlung eines Tatverdächtigen eingestellt wird, wird statistisch nicht gesondert erfasst. Nach § 170 Abs. 2 StPO stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, wenn die Ermittlungen nicht genügend Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten. Das umfasst sowohl die Fälle, in denen kein Tatverdächtigter ermittelt werden konnte, als auch jene, in denen nach dem Ergebnis der Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht gegeben ist, die vorzunehmende vorläufige Tatbewertung also nicht ergeben hat, dass die Verurteilung wahrscheinlich ist. Im Jahr 2016 wurden 43.683 Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Frage 3: Wie viele Fälle müsste ein Staatsanwalt pro Monat bearbeiten, um alle angezeigten Taten zur Anklage zu bringen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/6791 - 2 - Zu Frage 3: Die hinter dieser Frage stehende These, dass alle angezeigten Taten zur Anklage gelangen müssen, lässt den Sinn des Ermittlungsverfahrens außer Acht. Im Ermittlungsverfahren ist zu klären, ob eine angezeigte Tat eine Straftat ist, die zur Ahndung angeklagt werden muss. Im Jahr 2016 hat die Staatsanwaltschaft nur in ca. zehn Prozent der Ermittlungsverfahren den für eine Anklage erforderlichen hinreichenden Tatverdacht bejaht und auch eine Einstellung z. B. gegen Erfüllung einer Auflage nicht für ausreichend gehalten. Frage 4: Wie viele Fälle müsste ein Richter in Brandenburg (1. Instanz) theoretisch pro Tag zur Verhandlung bringen, damit zwischen Anklageerhebung und Verhandlungsbeginn nicht mehr als drei Monate vergehen? Zu Frage 4: Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da hierzu keine belastbaren Daten vorliegen. Bei den Amtsgerichten gehen zahlreiche Anklagen in Form von Anträgen auf Erlass eines Strafbefehls ein, bei denen es nicht zwangsläufig zur Verhandlung kommt. Darüber hinaus hängt der Zeitraum, der zwischen Anklageerhebung und Verhandlungsbeginn vergeht, von äußeren Faktoren ab, die statistisch nicht er-fasst werden wie zum Beispiel der terminlichen Verfügbarkeit der Verteidiger, Zeugen und Sachverständigen. Bei den Landgerichten schwankt die Zahl der erforderlichen Verhandlungstage von Fall zu Fall so erheblich, dass sich auch deshalb nicht seriös bestimmen lässt, wie viele Verhandlungen täglich nötig wären, um jede Hauptverhandlung spätestens drei Monate nach Anklageerhebung zu beginnen. Frage 5: Wie viele Fälle hat ein brandenburgischer Richter durchschnittlich auf dem Tisch, die mindestens drei Monate zuvor zur Anklage kamen? Zu Frage 5: Zu dieser Frage können keine Angaben gemacht werden, da die Altersstruktur der Bestände der bei den Gerichten anhängigen Verfahren in den bundeseinheitlichen Statistiken nicht erfasst wird. Frage 6: In wie vielen Fällen kam es zur Klageerhebung? Zu Frage 6: Aufgrund des Zusammenhangs mit den Fragen 1 bis 5 wird davon ausgegangen , dass mit dem in den Fragen 6 bis 9 verwendeten Begriff „Klageerhebung“ eine Anklageerhebung im Strafverfahren gemeint ist. Für die Antwort zu Frage 6 wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. Frage 7: Für alle Fälle in Brandenburg, in denen Klage erhoben wurde: Wie viel Zeit verstrich durchschnittlich zwischen Anzeige und Klageerhebung? Zu Frage 7: Im Land Brandenburg haben die Verfahren im Jahr 2016 vom Tag der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (bei der Einleitungsbehörde) bis zur Erledigung bei der Staatsanwaltschaft im Durchschnitt 6,0 Monate gedauert. Diese Verfahrensdauer umfasst alle Arten der Erledigung durch die Staatsanwaltschaften. Angaben allein bezogen auf die Dauer der Verfahren, die durch Anklage erledigt wurden, können mangels statistischer Erfassung nicht gemacht werden. Frage 8: Wie viel Zeit verstrich durchschnittlich zwischen Klageerhebung und Aufnahme der Verhandlung (1. Gerichtstermin)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/6791 - 3 - Zu Frage 8: Wie viel Zeit zwischen der Anklageerhebung und dem ersten Verhandlungstag vergeht, wird statistisch nicht erfasst. Es wurden nachfolgende durchschnittliche Verfahrensdauern der erledigten Verfahren erhoben: durchschnittliche Dauer Amtsgerichte Landgerichte - aller erledigten Verfahren im Jahr 2016: 5,0 Monate 11,4 Monate - aller mit Urteil erledigten Verfahren im Jahr 2016: 5,4 Monate 11,5 Monate. Da die amtsgerichtlichen Verfahren 2016 in 90,1 % der Fälle mit einem Verhandlungstag erledigt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass in dieser überwiegenden Zahl der Fälle die Zeitspanne zwischen Klageerhebung und Durchführung des ersten Verhandlungstermins der Dauer der mit Urteil erledigten Verfahren im Jahr 2016 bei den Amtsgerichten entspricht bzw. darunter lag. Für die Strafverfahren vor den Landgerichten können keine entsprechenden Angaben gemacht werden, weil diese regelmäßig nicht am ersten Verhandlungstag erledigt werden können. Frage 9: Wie viel Zeit verstrich durchschnittlich zwischen Klageerhebung und Urteilsverkündung in 1. Instanz? Zu Frage 9: Die Antwort auf diese Frage lässt sich der Antwort zu Frage 8 entnehmen.