Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 6. Wahlperiode Eingegangen: 13.06.2017 / Ausgegeben: 19.06.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2695 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) und Raik Nowka (CDU-Fraktion) Drucksache 6/6583 Kinder- und Jugendnotdienste im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Kinder und Jugendliche benötigen manchmal Beratungsund Hilfeleistungen durch öffentliche Institutionen. Kinder- und Jungendnotdienste sind solche Einrichtungen, die vor allem bei akuten Krisen in Not geratene junge Menschen betreuen oder sogar vorübergehend in Obhut nehmen. Alle Jugendämter sind verpflichtet, solche Angebote bereitzuhalten. Frage 1: Wie viele Fälle von häuslicher Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen sind der Landesregierung bekannt? (Mit der Bitte um Auflistung ab dem Jahr 2010.) zu Frage 1: Der Begriff „Häusliche Gewalt“ umfasst alle Formen physischer, sexueller und/oder psychischer Gewalt, die gegenüber Personen stattfindet, ggf. auch mittelbar durch Gewalt gegen Sachen, die in enger persönlicher Beziehung zum Gewaltanwender stehen oder gestanden haben. Tatort ist am häufigsten die Wohnung. Aber auch Kindereinrichtungen, die Straße, Geschäfte, Arbeitsstellen u. a. können Tatort sein. Die Fälle häuslicher Gewalt werden statistisch ausschließlich in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Damit handelt es sich um polizeilich bekannt gewordene und registrierte Straftaten im Kontext häuslicher Gewalt. Die PKS unterscheidet die Opfer/Geschädigten u. a. nach Altersgruppen, nach Geschlecht, nach Deliktsbereichen und trifft Aussagen über die Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung. Die folgende Tabelle verzeichnet die Straftaten der „Häuslichen Gewalt“, die sich gegen Kinder und Jugendliche als Opfer bzw. Geschädigte richteten. Danach ist sowohl bei den Straftaten gegen Jugendliche als auch bei den Straftaten gegen Kinder im Zeitraum 2010 bis 2016 ein Anstieg zu verzeichnen: Tabelle 1: Straftaten „Häusliche Gewalt“ gegen Kinder und Jugendliche Berichtsjahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Straftaten gegen Kinder 216 259 266 302 316 372 373 Straftaten gegen Jugendliche 119 157 169 200 231 242 243 Quelle: MIK, PKS Brandenburg Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 2 - Frage 2: In wie vielen Fällen wurden Jugendämter und Notdienste auf Grund von Drogenkonsum der Eltern alarmiert/ aktiv? (Mit der Bitte um Auflistung ab dem Jahr 2010.) Frage 3: In wie vielen Fällen hatten Kinder und Jugendliche selbst Drogen konsumiert, wodurch Jugendämter und Notdienste zum Einsatz kamen? (Mit der Bitte um Auflistung ab dem Jahr 2010.) zu den Fragen 2 und 3: Die Landesregierung verfügt über keine statistischen Daten, in wie vielen Fällen Kriseninterventionen der Jugendämter und Notdienste mit dem Drogenkonsum der Eltern im Zusammenhang stehen. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erhebt lediglich, in wie vielen Fällen vorläufige Schutzmaßnahmen gemäß § 42 SGB VIII mit Suchtproblemen des Kindes/Jugendlichen im Zusammenhang standen: Tabelle 2: Jugendhilfe im Land Brandenburg: Vorläufige Schutzmaßnahmen/ Anlass der Maßnahme Jahr Suchtprobleme des Kindes 2010 22 2011 34 2012 47 2013 44 2014 74 2015 83 2016 101 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Statistische Berichte, Jg.: 2010 - 2016 Frage 4: Welche Kinderschutzmaßnahmen werden durch das Land Brandenburg umgesetzt oder unterstützt? zu Frage 4: Alle Maßnahmen des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Vernachlässigung, Gewalt und sexuellem Missbrauch fallen in die gesetzliche Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Jugendhilfe (§§ 69 Abs. 1, 85 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VIII, §§ 1, 2 Erstes Gesetz zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch). Die Landesregierung setzt somit keine eigenen Kinderschutzmaßnahmen um. Sie unterstützt jedoch die Fachentwicklung und Qualifizierung der Jugendämter insbesondere durch die Beratungs- und Qualifizierungsangebote der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg (Träger: Start gemeinnützige Beratungsgesellschaft mbH) sowie in Bezug auf die spezielle Problematik des sexuellen Kindesmissbrauchs durch das Sozialtherapeutische Institut Berlin- Brandenburg (STIBB) e.V. Die fachlichen Themen des Kinderschutzes sind auch wesentlicher Bestandteil des Fortbildungsangebots des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts Berlin-Brandenburg. Frage 5: Wie viele Mitarbeiter sind bei der Fachstelle Kinderschutz tätig und woraus setzt sich deren Tätigkeit konkret zusammen? zu Frage 5: Zentrale Aufgabe der Fachstelle Kinderschutz sind die Stärkung und Verbesserung der Handlungskompetenzen der sozialpädagogischen Fachkräfte der Jugendämter Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 3 - zur Gewährleistung des Kindeswohls. Bei der Fachstelle Kinderschutz sind der Leiter der Fachstelle, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie eine Verwaltungskraft fest angestellt sowie jeweils themenbezogen etwa 30 externe Honorarkräfte als freie Mitarbeiter/-innen tätig. Dem Leiter der Fachstelle obliegen die fachliche und organisatorische Arbeitsplanung sowie fachliche Anleitung und Beaufsichtigung der festen und freien Mitarbeiter/- innen, die Durchführung regelmäßiger landesweiter und regionaler Fach-/Qualifizierungsveranstaltungen mit verschiedenen mit Belangen des Kinderschutzes befassten Funktionsträgern der Jugendämter, die fachliche Beratung der Jugendämter in schwierigen Einzelfällen, die Unterstützung und Beratung der Jugendämter bei der Weiterentwicklung professioneller, interdisziplinärer Kooperationssysteme im Kinderschutz sowie die Schlussredaktion und Veröffentlichung von Arbeitsmaterialien und fachlichen Empfehlungen . Die Kernaufgaben der wissenschaftlichen Mitarbeiterin sind das Management der Öffentlichkeitsarbeit der Fachstelle, die organisatorische und fachliche Mitwirkung bei den Fach-/ Qualifizierungsveranstaltungen für Jugendämter und deren Kooperationspartner im Kinderschutz, die Berichterstattung über die Tätigkeiten der Fachstelle sowie die Vertretung des Fachstellenleiters. Die Verwaltungsmitarbeiterin der Fachstelle leistet die gemeinhin üblichen Sekretariats- und Verwaltungsaufgaben einschließlich der Finanzbuchhaltung . Externe Honorarkräfte werden vorwiegend als Expertinnen und Experten für spezifische Themen und Fragestellungen in Qualifizierungs-/Fortbildungsveranstaltungen in einzelnen Jugendämtern eingesetzt. Frage 6: Wie viele Kinder- und Jugendnotdienste gibt es im Land Brandenburg? (Mit der Bitte um Auflistung nach Standorten.) zu Frage 6: Die Kinder- und Jugendnotdienste (KJND) sind spezialisierte stationäre Angebote der Jugendhilfe zur Krisenintervention und Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen . Die 18 Kinder- und Jugendnotdienste des Landes Brandenburg befinden sich an folgenden Standorten: Tabelle 3: Standorte der Kinder- und Jugendnotdienste im Land Brandenburg (nach Postleitzahl ) 03050 Cottbus Krisenintervention/Clearingstelle 14469 Potsdam Kinder- und Jugendnotdienst „Fluchtpunkt“ 14476 Potsdam Kinderkriseneinrichtung 14548 Schwielowsee/OT Caputh Kinder- und Jugendnotdienst 14776 Brandenburg an der Havel Kinder- und Jugendnotdienst 14770 Brandenburg an der Havel Kinder- und Jugendnotdienst 14943 Luckenwalde Kinder- und Jugendnotdienst „Die Perspektive“ 14974 Ludwigsfelde Kinder- und Jugendnotdienst 15236 Frankfurt (Oder) Kinder- und Jugendnotdienst 15344 Strausberg Kinder- und Jugendnotdienst 15711 Königs Wusterhausen Kinder- und Jugendnotdienst 15890 Eisenhüttenstadt Kinder- und Jugendnotdienst Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 4 - 15907 Lübben (Spreewald ) Schutzstelle 16303 Schwedt/Oder Perspektivgruppe und Notdienst 16540 Hohen Neuendorf Kinder- und Jugendnotdienst Sozialpädagogische Krisenintervention 16816 Neuruppin Kinder- und Jugendnotdienst 16866 Kyritz Inobhutnahme 17291 Prenzlau Perspektivgruppe und Notdienst Quelle: MBJS Frage 7: Werden diese Dienste aktiv von Kindern und Jugendlichen aufgesucht oder basiert die Arbeit der Notdienste auf deren eigener Initiative? zu Frage 7: Zum Teil suchen Minderjährige aus eigener Initiative einen Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) auf, sog. Selbstmelder. Dabei handelt es sich um ältere Kinder ab einem Alter von 12 bis 13 Jahren sowie um Jugendliche. Die KJND sind so konzipiert, dass sie zu jeder Tages- und Nachtzeit für Kinder und Jugendliche erreichbar sind. Weiterhin werden Kinder und Jugendliche in akuten Krisensituationen, die kurzfristig eine Rückkehr ins Elternhaus ausschließen, vor allem durch das Jugendamt oder die Polizei in einen KJND verbracht. Da Telefonnummern und Adressen der KJND öffentlich bekannt sind, rufen dort auch Bürger/-innen an, um über die akute Notsituation eines Kindes oder Jugendlichen zu informieren. Der KJND wird auf solche Anrufe hin in Abstimmung mit dem zuständigen Jugendamt tätig. Frage 8: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit dieser Dienste mit den Jugendämtern, der Polizei sowie den Gesundheitsämtern und wo gibt es hier Verbesserungsbedarf? (Gibt es beispielsweise eine gemeinsame Software für den Zugriff und Austausch von Daten /Informationen?) zu Frage 8: Die Kinder- und Jugendnotdienste (KJND) sind im Auftrag der Jugendämter tätig, insoweit letzteren die hoheitliche, weil mit Eingriffsbefugnissen in die elterliche Sorge versehene Aufgabe obliegt, vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen durchzuführen. An der Durchführung dieser Aufgabe können die öffentlichen Träger freie Träger beteiligen, etwa indem sie diese mit dem Betrieb eines Kindes- und Jugendnotdienstes beauftragen. Daraus ergibt sich für die Jugendämter und die KJND die Verpflichtung zu fallübergreifender und einzelfallbezogener enger Zusammenarbeit und Abstimmung . Das Ziel polizeilichen Handelns ist die Abwendung der Gefahr für das Kindeswohl. Grundsätzlich ist für die Inobhutnahme und Unterbringung von Minderjährigen oder Jugendlichen , die von einer akuten Gefährdung betroffen sind, das Jugendamt zuständig. Die Polizei kann diese Aufgabe in subsidiärer Zuständigkeit wahrnehmen bzw. unterstützen . Werden Hinweise im Sinne des § 8a SGB VIII auf eine Gefährdung Minderjähriger bekannt, wird das zuständige Jugendamt unmittelbar tätig. Eine Gefährdung liegt in der Regel vor, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu befürchten ist, dass Minderjährige Opfer einer rechtswidrigen Tat werden bzw. sie passive Teilnehmer eines Ereignisses sind, durch das ihnen eine unmittelbare Gefahr für ihr körperliches , geistiges oder seelisches Wohl im Sinne des § 1666 BGB droht. Nach § 8a Abs. 3 SGB VIII kann das Jugendamt, soweit das erforderlich ist, zur Abwendung einer Gefahr auch das Gesundheitsamt und die Polizei einschalten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 5 - Fälle von Kindeswohlgefährdung sind auf der Grundlage des Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 19.12.2012 im Rahmen von „Meldung von wichtigen Ereignissen“ meldepflichtig. In der Regel werden die Jugendämter per Fax informiert, wenn der Polizei Kindeswohlgefährdungen bekannt werden. Bei der Notwendigkeit von Sofortmaßnahmen erfolgt die Mitteilung an das jeweils zuständige Jugendamt bzw. den Jugendnotdienst (außerhalb der Bürodienstzeiten) telefonisch. In allen Fällen wird ein entsprechender Bericht gefertigt und dem zuständigen Jugendamt gefaxt, sodass hier am Folgetag alle notwendigen Informationen vorliegen. Die Kontaktaufnahme und die weitere Zusammenarbeit, insbesondere die sehr schnelle Übernahme und Unterbringung betroffener Kinder, funktionieren reibungslos. Aktuell wird kein Verbesserungsbedarf gesehen, da die regionale Zusammenarbeit zwischen den Polizeiinspektionen und den Jugendämtern bzw. den jeweiligen Einrichtungen und Trägern auf einem hohen Niveau liegt und eine Abfrage keine weiteren Problemfelder ergab. Das Vorhandensein einer gemeinsamen Software ist nicht bekannt. Eine elektronische Schnittstelle gibt es nicht. Dies wird auch nicht als notwendig gesehen, da über die Bereitschaftsnummern der Jugendämter eine ständige Erreichbarkeit gewährleistet wird. Frage 9: Sind diese Dienste rund um die Uhr und an jedem Tag erreichbar? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 9: Die Kinder- und Jugendnotdienste sind ganzjährig und rund um die Uhr erreichbar . Frage 10: Wie sind diese Notdienste mit Personal ausgestattet - ist das aus Sicht der Landesregierung ausreichend? zu Frage 10: Im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens für stationäre und teilstationäre Einrichtungen der Jugendhilfe zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gemäß §§ 45 ff. SGB VIII legt das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, orientiert an den jeweiligen Konzeptionen der KJND, eine Mindestpersonalausstattung fest. Auf der Grundlage der am 01.04.2017 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen gemäß §§ 45 ff. SGB VIII für stationäre und teilstationäre Angebote der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfen sowie für Wohnheime bzw. Internate im Land Brandenburg gilt für Kinder- und Jugendnotdienste mit 8 Plätzen eine Mindestausstattung mit 5,5 Stellen für pädagogische Fachkräfte (0,68 VbE pro Platz) und 0,5 VbE für psychologische Fachkräfte. Die Personalausstattung für Leitungskräfte wird mit 0,055 VbE je Platz bemessen. Sofern ein Kindernotdienst für kleine Kinder unter 4 Jahren eingerichtet wird, gilt der vorgenannte Mindestpersonalschlüssel bereits für eine Kapazität von vier Plätzen. Frage 11: Inwieweit werden Familien durch die Dienste nachhaltig betreut/ kontrolliert? zu Frage 11: Die Jugendämter und Kinder- und Jugendnotdienste binden die Familien der aufgenommenen Kinder und Jugendlichen in die Beratung zur Lösung der akuten Krise und zur Klärung der weiteren Situation sowie des möglichen Bedarfs an unterstützenden Hilfen ein. Die Organisation ggf. notwendiger und geeigneter Jugendhilfeleistungen für betroffene Familien und Kinder im Anschluss an eine Inobhutnahme fällt dann ausschließlich in die Verantwortung der zuständigen Jugendämter. Dazu ist eine Hilfeplanung unter Beteiligung der jungen Menschen und ihrer Eltern erforderlich. Eine länger andauernde Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 6 - Betreuung von Familien entspricht nicht dem konzeptionellen Arbeitsansatz von Kinderund Jugendnotdiensten. Frage 12: Wie viele Inobhutnahmen für Kinder unter 14 Jahren wurden in den letzten fünf Jahren durchgeführt? (Wenn möglich, dann mit der Bitte um Auflistung nach Ursachen - z.B. Gewalt, Missbrauch oder Drogenkonsum.) zu Frage 12: Die Beantwortung erfolgt auf der Grundlage der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik : Tabelle 4: Jugendhilfe im Land Brandenburg: Vorläufige Schutzmaßnahmen/ Anlass der Maßnahme Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 auf eigenen Wunsch 359 345 379 526 465 524 aufgrund von Gefährdung 1.150 1.112 1.055 1.247 1.565 2.406 Delinquenz des Kindes /Jugendlichen 85 77 77 99 73 128 Vernachlässigung 188 156 126 150 189 237 Schul-/ Ausbildungsprobleme 120 110 85 105 183 115 Überforderung des Elternteils 697 603 606 764 689 795 Integrationsprobleme im Heim/ in Pflegefamilie 95 104 121 118 99 132 Anzeichen für sexuellen Missbrauch 26 24 23 21 13 21 Trennung oder Scheidung der Eltern 38 42 28 35 32 37 Wohnungsprobleme 36 50 39 46 46 108 Beziehungsprobleme 426 381 437 449 357 406 sonstige Probleme 428 445 457 484 521 653 Gesamt 1.522 1.470 1.459 1.773 2.030 2.930 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Statistische Berichte, Jg.: 2011 - 2016 Frage 13: Wie viele kurzfristige Aufnahmen in Wohngruppen wurden in den letzten fünf Jahren realisiert? (Wenn möglich, dann mit der Bitte um Auflistung nach Ursachen - z.B. Gewalt, Missbrauch oder Drogenkonsum.) zu Frage 13: Im Land Brandenburg stehen zusätzlich zu den Einrichtungen zur Inobhutnahme aktuell in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe entsprechend der erteilten Betriebserlaubnisse gemäß § 45 SGBVIII für die Inobhutnahme in Wohngruppen 44 Plätze zur Verfügung. Diese werden regelmäßig durch die Jugendämter in Anspruch genommen. Die Beantwortung erfolgt auf der Grundlage der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik: Tabelle 5: Jugendhilfe im Land Brandenburg: Vorläufige Schutzmaßnahmen/ Unterbringung während der Maßnahme Jahr in einer sonstigen stationären betreuten Wohnform 2010 214 2011 201 Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 7 - 2012 212 2013 216 2014 325 2015 348 2016 495 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Statistische Berichte, Jg.: 2010 - 2016 Frage 14: Wie viele Kinder und Jugendliche wurden seit 2012 dauerhaft von ihren Eltern getrennt? (Wenn möglich, dann mit der Bitte um Auflistung nach Ursachen - z.B. Gewalt, Missbrauch oder Drogenkonsum.) zu Frage 14: Ob die Trennung eines Kindes von seinen Eltern dauerhaft war, lässt sich naturgemäß erst rückblickend erheben. Diesbezügliche empirische Daten sind der Landesregierung nicht bekannt. Bekannt sind die Maßnahmen zum Zeitpunkt der Beendigung der Inobhutnahme, bspw. der Einleitung erzieherischer Hilfen außerhalb des Elternhauses (siehe Tabelle 6). Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe implizieren die Unterbringungen in Pflegefamilien, in Einrichtungen der Heimerziehung oder betreuten Wohnformen (§§ 33, 34 SGB VIII) eine räumliche Trennung der Kinder und Jugendlichen von ihren Eltern. Diese Hilfeformen können mit dem Ziel der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie und der Rückkehr des Kindes/Jugendlichen in den elterlichen Haushalt vorübergehender Art oder auch eine auf Dauer angelegte Lebensform sein, in der das Kind oder der Jugendliche bis zu seiner Selbstständigkeit verbleibt. Damit werden im Jugendhilferecht jedoch nur die verschiedenen möglichen Perspektiven dieser Hilfeform umschrieben ; dies selbstverständlich mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Vorrang der Rückkehr des Kindes zu seinen Eltern. Im gegebenen Einzelfall lässt sich im Vorfeld oder mit dem Beginn einer familienersetzenden Hilfe jedoch nicht sicher prognostizieren, ob diese vorübergehend oder von Dauer sein wird. Daher entziehen sich diese Lebenssachverhalte einer statistischen Erhebung. Tabelle 6: Jugendhilfe im Land Brandenburg: Vorläufige Schutzmaßnahmen/ Beendigung der Maßnahme Jahr Einleitung erzieherischer Hilfen außerhalb des Elternhauses 2010 548 2011 533 2012 421 2013 402 2014 523 2015 511 2016 836 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Statistische Berichte, Jg.: 2010-2016 Ein Indiz für eine eher auf Dauer angelegte Trennung ist auch der Entzug bzw. die Einschränkung des Sorgerechts der Eltern durch das Familiengericht. Nach der Kinder- und Jugendhilfestatistik erfolgte das in den Jahren 2011 bis 2015 wie folgt: Tabelle 7: Jugendhilfe im Land Brandenburg: Entzug bzw. Einschränkung des Sorgerechts der Eltern Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 8 - Jahr 2012 2013 2014 2015 vollständige Übertragung der elterlichen Sorge auf das Jugendamt oder einen Dritten als Vormund oder Pfleger 319 161 197 251 teilweise Übertragung der elterlichen Sorge auf das Jugendamt oder einen Dritten als Vormund oder Pfleger 338 272 235 246 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Statistische Berichte, Jg.: 2012 - 2015 Frage 15: Inwieweit wird die „Nummer gegen Kummer“ (0800 1110333) durch Kinder und Jugendliche genutzt? (Wie viele Beratungsgespräche werden jährlich durchgeführt?) zu Frage 15: Das Kinder- und Jugendtelefon ist ein professionell organisiertes und fachlich angeleitetes Ehrenamtsprojekt. Die Beratungen führen ehrenamtlich engagierte Bürger/- innen durch. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport fördert zwei freie Träger des Kinder- und Jugendtelefons - das Diakonische Werk Potsdam e.V. und der Deutsche Kinderschutzbund (DKSD) -, die dem Dachverband des bundesweiten Netzwerks der Kinderund Jugendtelefone „Nummer gegen Kummer“ e.V. angehören. Beim Diakonischen Werk Potsdam e.V. ist in diesem Kontext ein weiteres, gesondertes Projekt angesiedelt, in dem Jugendliche und junge Volljährige telefonische Beratung anbieten: „Jugendliche beraten Jugendliche“. Da das Telefon bundesweit geschaltet ist, können die brandenburgischen Kinder- und Jugendtelefone Anrufe von Kindern und Jugendlichen aus Brandenburg wie auch aus anderen Bundesländern erreichen. In der Statistik der Kinder- und Jugendtelefone kann eine Unterscheidung nach Länderzugehörigkeit der Anrufenden nicht vorgenommen werden. Unter den vorgenannten Voraussetzungen verzeichnete die Statistik der brandenburgischen Kinder- und Jugendtelefone in den Jahren 2014 bis 2016 insgesamt 9.417 Beratungsgespräche sowie das Projekt „Jugendliche beraten Jugendliche“ 979 Beratungsgespräche . Das Kinder- und Jugendtelefon wird den Jahresberichten der Träger zufolge überwiegend von älteren Kindern ab 12 Jahren und Jugendlichen genutzt. Die Anlässe für Beratungswünsche sind zumeist jugendtypische Fragen und Schwierigkeiten. Am häufigsten verzeichnet die Statistik der Kinder- und Jugendtelefone Anrufe in den Kategorien „Sexualität“, „Partnerschaft/Liebe“, „Psychosoziale Probleme und Gesundheit“, „Freundeskreis/Peergroup“ sowie „Probleme in der Familie“. Frage 16: Welche weiteren Notrufnummern stehen Kindern und Jugendlichen im Notfall zur Verfügung? zu Frage 16: Die „Nummer gegen Kummer“ ist wie oben ausgeführt nicht in erster Linie ein Notruftelefon, sondern ein Beratungstelefon für jugendtypische Problemlagen und Schwierigkeiten . Alle Jugendämter im Land Brandenburg haben Rufnummern veröffentlicht, die für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern in Not- und Krisensituationen zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar sind. Eine Übersicht über diese Rufnummern ist der Internetseite der Fachstelle Kinderschutz zu entnehmen1. Diese Rufnummern sind in unterschiedlicher Weise regional öffentlich zugänglich, z. B. in Form von Flyern in offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen und Schulen etc., in der Tagespresse, in Amtsblättern und Infobroschü- 1 http://www.fachstelle-kinderschutz.de/cms/front_content.php?idcat=4&idart=94 Landtag Brandenburg Drucksache 6/6796 - 9 - ren. Frage 17: Wird die Möglichkeit der telefonischen Beratung an Schulen beworben und inwiefern wird dieses Angebot darüber hinaus bekannt gemacht? zu Frage 17: Die Beratungsangebote des Kinder- und Jugendtelefons, der Kinder- und Jugendnotdienste, auch der Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie weitere Notrufnummern der Jugendämter sind durch eine breite regionalbezogene Öffentlichkeitsarbeit allgemein bekannt. Diesbezügliches Informationsmaterial in Form von Broschüren und Flyern liegt in vielen von Kindern und Jugendlichen besuchten Einrichtungen wie Schulen, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen etc. aus. Frage 18: Welche weiteren Maßnahmen plant die Landesregierung zur Stärkung des Kinderschutzes ? zu Frage 18: Die Landesregierung plant wie bereits in der Beantwortung der Frage 4 ausgeführt keine eigenen Maßnahmen zur Stärkung des Kinderschutzes. Die Unterstützung der Jugendämter zur kontinuierlichen Verbesserung ihrer Kompetenzen im Kinderschutz durch die Beratungs- und Fortbildungsangebote der Fachstelle Kinderschutz und des STIBB e.V. wird fortgeführt. Dies erfolgt mit Schwerpunktsetzungen auf die Weiterentwicklung der präventiven, interdisziplinären Ansätze und Konzepte der helfenden Professionen (Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Psychologie, Medizin) des Schutzes von Kindern vor Gewalt und Vernachlässigung und der Unterstützung und Förderung elterlicher Kompetenzen sowie auf den Kinderschutz in Gemeinschaftsunterkünften für geflüchtete Familien.