Landtag Brandenburg Drucksache 6/6941 6. Wahlperiode Eingegangen: 03.07.2017 / Ausgegeben: 10.07.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2754 des Abgeordneten Peter Vida (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6759 Rechte und Pflichten eines Abgeordneten Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Land Brandenburg engagieren sich Tausende gewählte Mitglieder in kommunalen Vertretungen. Diese ehrenamtliche Tätigkeit lässt sich aber nicht immer außerhalb der Arbeitszeit einrichten und führt daher oft zu Konflikten mit dem Arbeitgeber, auch können durch Nichtanwesenheit wichtige Entscheidungen beeinflusst werden. Nun ist die Ausübung dieses kommunalen Engagements in § 30 Abs. 2 BbgKVerf theoretisch klar geregelt, die Praxis sieht oft jedoch anders aus. Trotz der bestehenden Gesetzeslage bedarf es einiger administrativer Klarstellungen. Frage 1: Kann der Gemeindevertreter sein Recht auf Freistellung gemäß § 30 Abs. 2 BbgK-Verf gegenüber seinem Arbeitgeber nur auf dem Klagewege durchsetzen? zu Frage 1: Gemäß § 30 Abs. 2 BbgKVerf ist den Gemeindevertretern, die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen, die für ihre Tätigkeit erforderliche freie Zeit zu gewähren . „Erforderlich“ im Sinne dieser Vorschrift ist eine Freistellung von der Arbeitsleistung jedoch nur insoweit, als eine zeitlich festgelegte Arbeits- oder Dienstleistungspflicht mit einer zeitlich festgelegten Mandatstätigkeit, z. B. der Teilnahme an einer Sitzung der Gemeindevertretung, zeitlich zusammen trifft, so dass der Gemeindevertreter ohne Freistellung an der betreffenden Mandatstätigkeit unmittelbar gehindert wäre. Die Norm berührt das Rechtsverhältnis zwischen dem in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Gemeindevertreter und seinem Arbeitgeber oder Dienstherrn. Eine Durchsetzung dieses Rechts kann nur durch den Gemeindevertreter auf dem Klageweg erfolgen. Frage 2: Hat der Gemeindevertreter einen Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz in der Nähe seines Wohnortes (im Falle wechselnder Arbeitsstätten) zumindest an Sitzungstagen , sodass er an den Sitzungen teilnehmen kann? zu Frage 2: Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers ohne regelmäßige Arbeitsstätte (sog. Einsatzwechseltätigkeit ) ist in der Regel aus betrieblichen Gründen erforderlich und arbeitsvertraglich geregelt. Ob ein in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehender Gemeindevertreter einen Anspruch auf eine Arbeitsstätte in der Nähe seines Wohnorts an Sitzungstagen haben könnte, kann nicht generell beantwortet werden und ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Von § 30 Abs. 2 BbgKVerf werden nur Benachteiligungen umfasst, die wegen der Übernahme oder Ausübung des Ehrenamts erfolgen. Nachteile Landtag Brandenburg Drucksache 6/6941 - 2 - aus anderen Gründen werden nicht umfasst. Unzulässig und von der Schutznorm des § 30 Abs. 2 BbgKVerf umfasst wäre es daher, wenn die Zuweisung an eine vom Wohnort weit entfernte Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber nur erfolgt, um den in einem Dienstoder Arbeitsverhältnis stehenden Gemeindevertreter an der Ausübung des Mandats zu hindern. Frage 3: Kann vor Durchführung der Klage gem. Pkt. 1 eine Landesbehörde bei entsprechen -der Information auf den Arbeitgeber einwirken, dass er die Freistellung genehmigt? Wenn ja, mit welchen Mitteln? zu Frage 3: Eingriffe in das Rechtsverhältnis zwischen dem in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Gemeindevertreter und seinem Arbeitgeber oder Dienstherrn durch eine Landesbehörde sind nicht möglich. Insoweit wird auf die Beantwortung zu Frage 1 verwiesen. Frage 4: Sind Beschlüsse auch gültig, wenn durch die Anwesenheit des verhinderten Gemeindevertreters ein anderes Abstimmungsergebnis mit großer Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre? zu Frage 4: Ja. Beschlüsse sind gültig, wenn sie entsprechend den Vorschriften der Kommunalverfassung mit der jeweils erforderlichen Mehrheit der Gemeindevertreter gefasst werden. Frage 5: Falls Nein, wären dann Abstimmungen mit großer Tragweite bei Anwesenheit des vorher verhinderten Gemeindevertreters wiederholbar? zu Frage 5: Siehe Antwort zu Frage 4. Frage 6: Der Gemeindevertreter hat auch eine Pflicht zur Sitzungsteilnahme. Sein regelmäßiges Fernbleiben stellt somit eine Pflichtverletzung dar. Können dazu Ordnungsmaßnahmen ergriffen werden? Wenn Ja, in welcher Art und durch wen? zu Frage 6: Unabhängig von der Frage, ob eine Nichtteilnahme an Sitzungen der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse im beschriebenen Fall ein unentschuldigtes Fehlen darstellt, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Gemeindevertretung Ordnungsmaßnahmen gegen Gemeindevertreter vornehmen kann. Dies könnte etwa eine durch die Gemeindevertretung ausgesprochene Rüge oder Missbilligung sein. Ein Beschluss der Gemeindevertretung, durch den das Verhalten eines Gemeindevertreters, des Vorsitzenden oder des Bürgermeisters missbilligt wird, oder eine Rüge des Bürgermeisters gegenüber einem Gemeindevertreter beeinträchtigt dessen Rechte aus dem Mandat/Amt und kann daher im Kommunalverfassungsstreitverfahren angegriffen werden. Des Weiteren käme eine Kürzung oder ein Wegfall der Aufwandsentschädigung in Betracht, wenn die gemeindliche Entschädigungssatzung dies vorsieht.