Landtag Brandenburg Drucksache 6/7024 6. Wahlperiode Eingegangen: 19.07.2017 / Ausgegeben: 24.07.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2783 des Abgeordneten Peter Vida (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6841 Waldumwandlung - Verkauf von Waldgebieten als Bauland? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Unter anderem aus den Gemeinden Borkwalde und Borkheide (Amt Brück) gibt es zahlreiche Beschwerden über die Praxis, Waldgebiete als „Bauland“ zu verkaufen, ohne auf zusätzliche Kosten durch anschließend notwendige Waldumwandlung hinzuweisen. Die Gemeinden wiesen in ihren Bebauungsplänen Flächen für den Wohnungsbau aus. Im Rahmen dieser Ausweisung erfolgte jedoch laut Aussage der Forstbehörden keine Waldumwandlung. Das Gelände wurde anschließend an eine Immobiliengesellschaft verkauft. Auch diese nahm keine Waldumwandlung vor. Anschließend wurden die Parzellen einzeln an Privatpersonen als Bauland zu Baulandpreisen verkauft. Über die Tatsache , dass das Gelände weiterhin als Waldgebiet behandelt wird - samt den verbundenen Zusatzkosten im Rahmen der Baugenehmigung - wurden die Käufer nicht informiert . Erst als diese auf dem Grundstück bauen oder dieses einzäunen wollten, erfuhren sie, dass hierfür Ersatzpflanzungen vorgenommen werden müssen oder eine Walderhaltungsabgabe zu entrichten ist. Besonders unangenehm ist hierbei für die Betroffenen, dass sie bei der Beantragung der „Waldumwandlung“ nicht abschätzen können, welche Kosten auf sie zukommen. Damit wird jegliche Finanzplanung der Eigenheimbauer bzw. Grundstücksnutzer über den Haufen geworfen. Zudem erhalten diese den Eindruck reiner Willkür, da die am Ende zu zahlende Summe von den Forstbehörden für sie in keiner Weise voraus berechenbar , nachvollziehbar oder auch nur grob abschätzbar festgesetzt wird. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Kommunen sind befugt, bewaldete Flächen zu überplanen und sie dadurch für eine andere Nutzungsart vorzusehen. Wald kann nur mit einer Genehmigung nach Forstrecht aus der Waldeigenschaft entlassen werden. Ein Bebauungsplan ändert daher zunächst nichts an der Waldeigenschaft und es bedarf bei der Waldinanspruchnahme einer Genehmigung für eine Nutzungsartenänderung (Waldumwandlungsgenehmigung). Eine Ausnahme bildet hier der nach Waldrecht qualifizierte Bebauungsplan gemäß § 30 Baugesetzbuch in Verbindung mit § 8 Absatz 2 Satz 3 Landeswaldgesetz. In diesem Fall werden alle Aussagen zu forstrechtlichen Landtag Brandenburg Drucksache 6/7024 - 2 - Kompensationsmaßnahmen im Bebauungsplan getroffen. Dadurch wird die Beteiligung der Forstbehörde im Zulassungsverfahren (Baugenehmigungsverfahren) entbehrlich. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, bereits im Vorfeld umfassende Regelungen festzulegen. Das hat den Vorteil, dass Investoren, Bauherren und die planende Gemeinde bereits in der Planungsphase genau wissen, welche Kompensationsmaßnahmen bei einer Inanspruchnahme des Waldes erforderlich werden. Die Entscheidung, wie der Bebauungsplan ausgestaltet wird, obliegt der Kommune. Frage 1: Wurden von der Gemeinde Borkwalde (Amt Brück) im Rahmen der Ausweisung von Bebauungsplänen Waldumwandlungen bei der Unteren Forstbehörde durchgeführt ? Wenn ja: Für welche Flächen? zu Frage 1: Nein. Frage 2: Wurden von der Gemeinde Borkheide (Amt Brück) im Rahmen der Ausweisung von Bebauungsplänen Waldumwandlungen bei der Unteren Forstbehörde durchgeführt ? Wenn ja: Für welche Flächen? zu Frage 2: Ja, bei folgenden Bebauungsplänen wurden durch die Gemeinde Borkheide Waldumwandlungen durchgeführt: Bebauungsplan „Gewerbegebiet Borkheide“, insgesamt 21,0821 ha genehmigt (jedoch nur teilweise umgewandelt), Bebauungsplan Wohngebiet „Breite Heide“, insgesamt 18,5654 ha genehmigt (jedoch nur teilweise umgewandelt). Frage 3: Müssen Kommunen in Brandenburg bei der Ausweisung von Bebauungsplänen bereits für die Flächen Waldumwandlungen vornehmen? zu Frage 3: Nein (siehe Vorbemerkung). Frage 4: Inwiefern sind in Brandenburg für Bebauungspläne zumindest Waldumwandlungserklärungen vorgeschrieben? zu Frage 4: Solche Erklärungen sind nicht vorgeschrieben. Frage 5: Welche Informationspflicht haben Verkäufer von als Wald gewertetem „Bauland “ gegenüber dem Käufer bezüglich der Notwendigkeit der Waldumwandlung für eine Baugenehmigung und die möglichen Kosten für Waldumwandlung bzw. Walderhaltungsabgabe ? zu Frage 5: Eine gesetzliche, etwa aus dem Forstrecht abzuleitende Informationspflicht, besteht nicht. Letztendlich wird tatsächlich eine Waldfläche veräußert. Frage 6: Welche Einnahmen erzielten die Forstbehörden in den vergangenen 20 Jahren durch Waldumwandlung? Welche Flächen wurden von Wald in eine andere Nutzung umgewandelt? Welchen Kosten (Walderhaltungsabgabe) fallen in Brandenburg pro m² umgewandelter Waldfläche durchschnittlich an? Bitte tabellarisch nach Jahren geordnet darstellen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7024 - 3 - Frage 7: Wie stark variierte 2016 die Walderhaltungsabgabe je m² in Brandenburg? Wie kommen diese Unterschiede zustande? zu Fragen 6 und 7: Sofern mit „Einnahmeerzielung“ Gebühreneinnahmen bei Waldumwandlungsverfahren gemeint sind, so liegt der Landesregierung hierzu keine Statistik vor. Im Rahmen der Festsetzung einer Walderhaltungsabgabe vereinnahmte die Forstverwaltung folgende Beträge: Jahr Euro 1997 198.987,68 1998 235.994,89 1999 231.398,71 2000 179.174,91 2001 255.497,13 2002 206.769,97 2003 240.807,02 2004 200.290,24 2005 259.190,53 2006 173.166,74 2007 92.752,78 2008 157.734,78 2009 288.582,04 2010 529.043,52 2011 210.752,08 2012 454.675,98 2013 327.311,75 2014 505.833,91 2015 404.870,86 2016 404.491,22 Für folgenden Zeitraum liegen der Landesregierung die Werte für genehmigte Waldumwandlungen vor: Jahr Hektar 2000 442 2001 494 2002 411 2003 293 2004 368 2005 636 2006 397 2007 307 2008 379 2009 382 2010 282 2011 525 2012 427 2013 295 Die Datenerfassung für die Jahre 2014 bis 2016 ist noch nicht abgeschlossen. Die Höhe der Walderhaltungsabgabe je m² wird statistisch nicht erfasst. Frage 8: Welche Argumente sprechen dagegen, dass die Forstbehörden in ganz Brandenburg einheitliche Sätze für Walderhaltungsabgabe mit pauschalen Beträgen pro m² festlegen, diese veröffentlichen und jährlich anpassen? zu Frage 8: Die gesetzlich vorgegebene Regelkompensation stellt die Ersatzaufforstung dar. Die Zahlung einer Walderhaltungsabgabe kommt gemäß § 8 Absatz 4 Landeswaldgesetz erst in Betracht, wenn die nachteiligen Wirkungen nicht ausgeglichen werden können. Sie stellt damit die Ausnahme von der Regel dar. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7024 - 4 - Die untere Forstbehörde leitet den waldrechtlichen Ausgleich und Ersatz in Abhängigkeit des umzuwandelnden Eingriffsbestandes und dem Grundsatz der Standortgerechtigkeit bzw. Naturnähe des Kompensationsbestandes her. Gemäß § 8 Absatz 3 Landeswaldgesetz sind die nachteiligen Wirkungen einer Waldumwandlung auszugleichen. Da diese in jedem Einzelfall unterschiedlich sind, erklärt sich auch, warum die jeweilige Kompensationsverpflichtung und somit auch eine mögliche Walderhaltungsabgabe variieren kann. Geringe Eingriffe in den Wald ziehen eine geringere Kompensationsverpflichtung nach sich. Pauschalbeträge nivellieren diesen Effekt und geben keinen Anreiz, mit Waldflächen sparsam umzugehen.