Landtag Brandenburg Drucksache 6/7095 6. Wahlperiode Eingegangen: 27.07.2017 / Ausgegeben: 01.08.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2798 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/6903 Aktualität der Nutzungsdaten im Liegenschaftskataster Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Bei der Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes wird darüber diskutiert, ob eine Differenzierung der Beiträge zur Unterhaltung der Gewässer 2. Ordnung nach Nutzungsarten entweder landesweit („Verbändevorschlag “) oder auf Beschluss einzelner Gewässerunterhaltungsverbände eingeführt werden kann. Voraussetzung dafür sind aktuelle und rechtssichere Daten zu den Nutzungsarten der Grundstücke im Liegenschaftskataster. Gemäß Erlass des Innenministeriums von 2013 sind die Nutzungsdaten von den zuständigen Katasterbehörden alle drei Jahre zu aktualisieren. Im Rahmen des vom damaligen MUGV beauftragten sogenannten „Planspiels“ zur Gewässerunterhaltung (Sienz 2015, http://www.mlul.brandenburg.de/cms/detail.php/ bb1.c.373766.de) erfolgte auch eine Abfrage zur Qualität der Nutzungsdaten. Fast die Hälfte der befragten Gemeinden beurteilte dabei den Pflegezustand der Nutzungsdaten im Hinblick auf die Abgrenzung von Siedlungsflächen nur mit den Schulnoten 4 bis 6 (Anlage 1, S. 119). Weiterhin wird eine Stellungnahme des MIK von 2015 zitiert, wonach zum damaligen Zeitpunkt keine verbindliche Aussage getroffen werden konnte, bis zu welchem Detailgrad die Daten der tatsächlichen Nutzung regional im Land vorliegen (S. 30). Der Gutachter schloss aus den Auskünften des Landesbetriebes Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg von Anfang 2015: „Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine zentral auswertbare Datenbasis besteht , die eine auf den aktuellen tatsächlichen Nutzungen bzw. aktuell gepflegten Nutzungsarten gemäß dem Nutzungsartenerlass des MIK basierende Ermittlung des Versieglungsgrades von Flächen eines Verbandsgebietes zulassen würde“ (S. 32). In der Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 2335 (Ds. 6/5862) weist die Landesregierung drauf hin, dass eine rechtssichere Beitragsdifferenzierung nach Nutzungsarten und Nutzungsartenanteilen eine einheitliche Erfassung in allen möglichen Nutzungsarten voraussetzt und dass das Liegenschaftskataster Brandenburgs diese Erfassungstiefe nicht landesweit abbildet. Im Fachgespräch zur Gewässerunterhaltung des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft am 26.6.2017 sagte der Vertreter des MIK, die Nutzungsdaten lägen in ausreichender Qualität vor, um eine Beitragsdifferenzierung nach Nutzungsarten gemäß „Verbändevorschlag“ landesweit einzuführen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7095 - 2 - Vorbemerkungen der Landesregierung: Gemäß § 11 Brandenburgisches Vermessungsgesetz (BbgVermG) vom 27.05.2009, zuletzt geändert am 13.04.2010, führt das Liegenschaftskataster die Nutzungsart. Im Nutzungsartenerlass vom 22.02.2013 werden weitere Details zur Erhebung und Führung der Nutzungsarten festgelegt. Aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden (anlassbezogen vor Ort oder mittels Luftbild) gibt es landesweit unterschiedliche Erfassungstiefen (kleinteilige Nutzungsart oder die Nutzungsartengruppe ), die gemäß Nummer 2.4 Nutzungsartenerlass für die Führung im Liegenschaftskataster zulässig sind. Zur Führung des Liegenschaftskatasters liegen die entsprechenden Daten somit landesweit qualitätsgerecht vor. Das im Jahr 2015 durchgeführte Planspiel zur Beitragsdifferenzierung in der Gewässerunterhaltung ging davon aus, dass die Gebührenerhebung für die Gewässerunterhaltung auf der Basis aller im Nutzungsgartenerlass aufgeführten Nutzungsarten erfolgen soll. Beispielgebend war das Vorgehensmodell in Niedersachsen. Das Ergebnis des Planspiels war, dass im Liegenschaftskataster auf der Ebene der Nutzungsart kein landesweit einheitlicher Datenbestand vorliegt und es damit am erforderlichen Detaillierungsgrad für die Beitragsbemessung fehlt. Der Verbändevorschlag sieht abweichend von diesem Ansatz eine Einteilung in drei Gruppen vor, denen Nutzungsartengruppen des Liegenschaftskatasters zugeordnet werden. Die Ebene der Nutzungsartengruppen stellt im Liegenschaftskataster die oberste Erfassungsstufe dar. Deren Verlässlichkeit wird seitens der Katasterbehörden grundsätzlich nicht in Frage gestellt. 1. Geben die oben zitierten Aussagen und Schlussfolgerungen im „Planspiel“ von 2015 zur Datengrundlage den damaligen Sachstand zutreffend wieder? zu Frage 1: Ja. 2. Wird vom Innenministerium überprüft, ob die Katasterbehörden der Pflicht zur Aktualisierung im dreijährigen Turnus nachkommen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? zu Frage 2: Die Erhebung und Führung der Nutzungsarten nach dem Brandenburgischen Vermessungsgesetz (BbgVermG) und dem Nutzungsartenerlass obliegt den zuständigen Katasterbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten im Rahmen der Wahrnehmung der übertragenen Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Anlassbezogen wird das Ministerium des Innern und für Kommunales im Rahmen der Sonderaufsicht tätig und veranlasst ggf. die Korrektur im Liegenschaftskataster. 3. Gibt es Qualitätskontrollen der Nutzungsarteneinträge durch die Aufsichtsbehörde oder durch Dritte? Wenn ja, welche Kontrollen wurden durchgeführt und mit welchem Ergebnis? zu Frage 3: Nein. 4. Für welche Flächenanteile des jeweiligen Kreisgebietes wurden in den Jahren 2014, 2015 und 2016 die Nutzungsdaten aktualisiert (bitte für die einzelnen Landkreise angeben )? zu Frage 4: Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Angaben vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7095 - 3 - 5. Änderungen von Nutzungsarten im Liegenschaftskataster auf Antrag eines Eigentümers außerhalb der routinemäßigen Aktualisierung können gebührenpflichtig vorgenommen werden (vgl. Antwort auf Kleine Anfrage Nr. 2587, Ds. 6/6472). Gilt die Gebührenpflichtigkeit auch dann, wenn die tatsächliche Nutzung bei der letzten routinemäßigen Aktualisierung falsch zugeordnet wurde oder wenn in den letzten drei Jahren keine Aktualisierung stattgefunden hat? zu Frage 5: Liegt im Zusammenhang mit der Aktualisierung einer Nutzungsart in der Zuordnung tatsächlich ein Fehler vor und der Eigentümer wendet sich sogleich an die Katasterbehörde , so korrigiert die Katasterbehörde in der Regel von Amts wegen. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 3 und 4 der Kleinen Anfrage Nr. 2587 (Ds. 6/6472) verwiesen. 6. Kann eine Differenzierung der Gewässerunterhaltungsbeiträge nach Nutzungsarten gemäß „Verbändevorschlag“ nach Einschätzung der Landesregierung landesweit oder auch in einzelnen Verbandsgebieten derzeit auf der vorhandenen Datengrundlage rechtssicher eingeführt werden? Bitte begründen. zu Frage 6: Eine rechtssichere Umlage der Kosten der Gewässerunterhaltung II. Ordnung ist dann gewährleistet, wenn die Beitragslast zumindest annähernd den Vorteilen aus der Gewässerunterhaltung entspricht. Im Fall des Flächenmaßstabs ist dies erfüllt, da die Kosten nach einem einheitlichen Maßstab (Flächengröße) auf alle Verbandsmitglieder im Einzugsgebiet der Gewässer verteilt werden. Bei einer Differenzierung des Flächenmaßstabs nach den vorgeschlagenen drei Nutzungsartengruppen bzw. Nutzungsartenbereichen mit unterschiedlichen Bemessungsfaktoren setzt die rechtssichere Umsetzung voraus, - dass die im Liegenschaftskataster angegebenen Nutzungsartengruppen im Wesentlichen die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse abbilden, - dass das der Katasterführung zugrunde liegende Dominanzprinzip, wonach nur die vorherrschende Nutzung dargestellt wird, nicht zur erheblichen Ungleichbehandlung mit vergleichbaren Grundstücken führt, - und dass die unterschiedlichen Nutzungsartengruppen eine entsprechende Ungleichbehandlung bei der Beitragshöhe nach dem Vorteilsmaßstab gemäß § 30 Absatz 1 Wasserverbandsgesetz rechtfertigen. Die ersten beiden Spiegelstriche betreffen die Erhebung und Führung der Nutzungsartengruppen im Liegenschaftskataster. Nutzer dieser Daten müssen sich der Erhebungsregeln für das Liegenschaftskataster bewusst sein und über die Verwendungsmöglichkeit in ihrer Fachanwendung entscheiden. Aufgrund der anderweitigen fachlichen Nutzung der Daten aus dem Liegenschaftskataster für die Gewässerunterhaltungsbeträge kann es Unschärfen geben, die sich aber grundsätzlich in einem hinnehmbaren Bereich bewegen, den die Rechtsprechung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in bestimmtem Umfang toleriert . In einigen Verbandsgebieten können sich Fragen der Zuordnung in die 3 Modellgruppen des Verbändevorschlags ergeben, so zum Beispiel beim Bergbau. Letzte Rechtssicherheit zum Beitragsmodell kann eine modellhafte Untersuchung geben. Bezüglich des dritten Anstrichs ist der Verbändevorschlag insbesondere wegen der Ungleichbehandlung von Landwirtschaftsflächen und der Nutzungsartengruppe Siedlungsfläche nicht rechtssicher. Erhebliche Vorteilsunterschiede zwischen Landwirtschaftsflächen und den Nutzungsarten, die die Gruppe Siedlungsfläche bilden, sind nicht hinreichend begründbar . Die Begründung des Verbändevorschlags geht insoweit von unzutreffenden Annahmen aus, zum Beispiel dass die Gewässerunterhaltungsverbände für Hochwasser- Landtag Brandenburg Drucksache 6/7095 - 4 - schutz (zuständig Land) oder die Gewährleistung trockener Keller in bebauten Gebieten (zuständig Gemeinden oder Zweckverbände) zuständig wären. Die Aspekte höhere Grundstückspreise und die Sozialverträglichkeit der Beitragslast, die tatsächlich nicht bei allen Nutzungsarten der Gruppe Siedlungsfläche in gleichem Maße gegeben sind, sind keine Gründe für größere Vorteile aus der Gewässerunterhaltung. Die Erschwerung der Gewässerunterhaltung insbesondere durch Anlagen in, an, unter oder über Gewässern führt bereits zu einer Kostenbeteiligung gemäß § 85 Brandenburgisches Wassergesetz. 7. Wenn nicht: Könnten die Nutzungsdaten im Liegenschaftskataster im Rahmen der routinemäßigen Aktualisierung oder auch durch zusätzliche Anstrengungen bis 2020 so weit qualifiziert werden, dass sie dann als Grundlage für eine entsprechende Beitragsdifferenzierung verwendet werden können? Bitte auch hinsichtlich des erforderlichen Aufwandes und der Kostentragung erläutern. zu Frage 7: Eine landesweite Aktualisierung auf der Ebene der Nutzungsarten bis 2020 ist mit der in den Kommunen vorhandenen Personalausstattung nicht umsetzbar. Sollten somit über die Nutzungsartengruppen hinausgehende Anforderungen an das Liegenschaftskataster aus dem Wassergesetz gestellt werden, bewirken diese eine Erhöhung des Aufwands in den Kommunen und in der Folge die Erstattungspflicht des Mehraufwands durch das Land (Konnexität). Der Klarstellung halber wird unter Bezugnahme auf die Antwort zu Frage 6 allerdings darauf verwiesen, dass der Modellvorschlag der Verbände insbesondere wegen der Ungleichbehandlung von Landwirtschaftsflächen und der Nutzungsartengruppe Siedlungsfläche nicht rechtssicher und mithin die Aktualität der Nutzungsarten im Liegenschaftskataster in diesem Zusammenhang nicht maßgebend ist. 8. Nach Auskunft des Parlamentarischen Beratungsdienstes setzt eine im Gesetz oder in einer Verordnung geregelte Beitragsdifferenzierung auf der Grundlage des Nutzungsartenerlasses voraus, dass dieser rechtssicher zitierfähig ist. Könnte der Nutzungsartenerlass bei Bedarf kurzfristig im Amtsblatt veröffentlicht werden? zu Frage 8: Grundsätzlich ja. Dies würde bei einer Änderung des Nutzungsartenerlasses jedoch eine ständige Nachführung des Verweises im Wassergesetz nach sich ziehen. Mithin dürfte es geeigneter erscheinen, den Bezug im Wassergesetz durch einen Verweis auf das Brandenburgische Vermessungsgesetz und der im Liegenschaftskataster geführten Nutzungen herzustellen.