Landtag Brandenburg Drucksache 6/7121 6. Wahlperiode Eingegangen: 03.08.2017 / Ausgegeben: 03.08.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2749 des Abgeordneten Christoph Schulze (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6742 Beleghebammen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Nach Auskunft des Verbands Deutscher Hebammen arbeiten Beleghebammen freiberuflich in Krankenhäusern und Geburtskliniken. Beleghebammen nutzen Kreißsäle, wenn eine von ihnen betreute Geburt ansteht oder sie arbeiten im Schichtdienst in einem sogenannten Belegteam, ähnlich wie angestellte Hebammen. Laut Auskunft des Verbandes gab es 1.838 Beleghebammen in Deutschland im Jahr 2015, die insgesamt 140.075 Frauen im Jahr 2015 bei der Geburt unterstützten. Rund 20 Prozent aller Geburten in Deutschland werden von Beleghebammen begleitet, gibt der Verband an. In einer Petition bei „openPetition Deutschland“ unter der Überschrift „Erhalt der Beleghebammen “ heißt es, „Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ordert neue Vergütungsregeln für uns Hebammen. Es sollen nur noch zwei Frauen parallel abgerechnet werden dürfen - da Kinder das Licht der Welt erblicken wann sie möchten, sind die geplanten Änderungen nicht realisierbar. Jede weitere Frau, die unsere Hilfeleistung in Anspruch nehmen möchte, müsste die erbrachten Leistungen so aus eigener Tasche bezahlen. Über die Krankenkassen dürfte es nicht mehr abgerechnet werden!!! Das bedeutet: Das optimale Versorgungsangebot der Frauen würde weiter wegbrechen. Viele Kreißsäle würden mangels Fachpersonal schließen müssen, da es sich die freiberuflichen Hebammen finanziell nicht mehr leisten können, in der Klinik zu arbeiten.“ Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: Frage 1: Wie viele Entbindungsstationen und Kreißsäle gab es 1990 im Land Brandenburg in welchen Krankenhäusern? zu Frage 1: Der Landesregierung liegen Zahlen ab 1991 bezogen auf die Krankenhausstandorte vor: Landtag Brandenburg Drucksache 6/7121 - 2 - Im Jahr 1991 gab es an 39 Krankenhausstandorten im Land Brandenburg geburtshilfliche Abteilungen. - Neuruppin - Oranienburg - Perleberg - Zehdenick - Hennigsdorf - Kyritz - Pritzwalk - Schwedt - Eberswalde - Wriezen - Bernau - Prenzlau - Templin - Potsdam - Stadt Brandenburg - Königs Wusterhausen - Luckenwalde - Nauen - Belzig - Ludwigsfelde - Rathenow - Cottbus - Lübben - Lauchhammer - Altdöbern - Elsterwerda - Finsterwalde - Forst - Guben - Herzberg - Luckau - Spremberg - Frankfurt (Oder) - Bad Saarow - Fürstenwalde - Eisenhüttenstadt - Rüdersdorf - Seelow - Strausberg Frage 2: Welche Entbindungsstationen und Kreißsäle in Krankenhäusern seit 1991 wann und wo geschlossen? zu Frage 2: Seit 1991 wurden an folgenden Krankenhausstandorten die geburtshilflichen Abteilungen geschlossen: - Altdöbern 1992 geschlossen, - Seelow 1992 geschlossen, - Gransee 1994 eröffnet und 1998 wieder geschlossen, - Kyritz 1994 geschlossen, - Zehdenick 1994 geschlossen, - Hennigsdorf 1998 geschlossen, - Elsterwerda 2003 geschlossen, - Spremberg 2003 geschlossen, - Frankfurt (Oder) Lutherstift 2003 geschlossen, - Wriezen 2003 geschlossen, - Guben 2008 geschlossen, - Finsterwalde 2008 geschlossen, - Luckau 2008 geschlossen, - Pritzwalk 2009 geschlossen, - Prenzlau 2011 geschlossen, - Bad Belzig 2015 geschlossen. Frage 3: Wie viele Entbindungsstationen und Kreißsäle gibt es im Jahr 2017 im Land? zu Frage 3: Im Land Brandenburg werden derzeit an 24 Krankenhausstandorten geburtshilfliche Abteilungen vorgehalten. Frage 4: Wie viele Kinder wurden in den letzten 10 Jahren in Kreißsälen geboren? Bitte als Liste mit Ort und Anzahl. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7121 - 3 - zu Frage 4: Ort 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Versorgungsgebiet Prignitz-Oberhavel Neuruppin 592 599 625 688 741 704 768 761 755 759 824 Perleberg 282 282 297 442 432 364 374 335 330 305 378 Oranienburg 760 787 799 747 817 745 698 808 857 817 862 Pritzwalk 312 310 281 0 Summe: 1.946 1.978 2.002 1.877 1.990 1.813 1.840 1.904 1.942 1.881 2.064 Versorgungsgebiet Uckermark-Barnim Schwedt/Oder 643 583 389 435 410 435 275 381 405 342 364 Eberswalde 605 595 626 624 604 631 646 610 649 655 704 Bernau bei Berlin 388 351 333 334 347 280 329 313 425 423 535 Prenzlau 267 334 301 292 223 0 Templin 254 233 243 241 271 245 278 205 230 233 240 Summe: 2.157 2.096 1.892 1.926 1.855 1.591 1.528 1.509 1.709 1.653 1.843 Versorgungsgebiet Havelland-Fläming Potsdam 1.844 1.946 1951 2.153 2.247 2.264 2.266 2.277 2.496 2.462 2.870 Brandenburg a.d.H. 701 784 813 770 831 819 846 862 903 943 1.021 Luckenwalde 360 350 360 339 374 373 353 348 382 401 452 Nauen 335 310 660 682 660 615 616 628 654 357 389 Bad Belzig 271 266 250 245 234 259 250 209 185 43 0 Ludwigsfelde 440 448 456 415 395 399 426 383 461 428 454 Rathenow* 366 379 307 368 Summe: 4.317 4.483 4.490 4.604 4.741 4.729 4.757 4.707 5.081 4.941 5.554 Versorgungsgebiet Lausitz-Spreewald Cottbus 962 1.041 1.037 1.009 1.103 988 1.004 985 1.005 1.053 1.129 Lübben 0 0 519 576 523 527 509 494 523 495 542 Lauchhammer 420 450 531 475 571 578 591 613 580 642 680 Königs Wusterhausen 601 677 692 703 688 691 660 702 726 742 780 Finsterwalde 293 289 0 Forst 479 453 466 456 402 416 397 407 432 409 477 Herzberg 346 418 566 519 494 528 497 473 485 522 532 Luckau 505 546 0 Spremberg 70 38 28 19 0 Summe: 3.676 3.912 3.839 3.757 3.781 3.728 3.658 3.674 3.751 3.863 4.140 Landtag Brandenburg Drucksache 6/7121 - 4 - Ort 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Versorgungsgebiet Oderland-Spree Frankfurt (Oder) 808 829 817 836 830 786 776 706 805 816 896 Bad Saarow 472 474 506 495 435 450 521 583 553 510 615 Eisenhüttenstadt 391 396 368 376 368 360 315 333 331 305 351 Rüdersdorf 555 558 517 518 709 703 738 752 819 872 962 Strausberg 444 392 399 335 363 281 289 298 327 298 332 Summe: 2.670 2.649 2.607 2.560 2.705 2.580 2.639 2.672 2.835 2.801 3.156 Land Brandenburg Insgesamt: 14.766 15.118 14.830 14.724 15.072 14.441 14.422 14.466 15.318 15.139 16.757 Quelle: Geburten in Brandenburger Krankenhäusern - Angaben der Krankenhäuser gegenüber dem MASGF analog KHStatV * Für die Jahre 2008-2014 sind vom Krankenhaus die Geburten für die Standorte Nauen und Rathenow unter Nauen zusammengefasst gemeldet worden. Frage 5: Welche Krankenhäuser haben aktuell festangestellte Hebammen? Frage 6: Welche Krankenhäuser haben Beleghebammen? zu Fragen 5 und 6: Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. In den Brandenburger Krankenhäusern mit geburtshilflichen Abteilungen waren zum Stichtag 31.12.2015 insgesamt 207 festangestellte Hebammen/Entbindungspfleger und 43 Beleghebammen /Belegentbindungspfleger tätig. Von den 207 festangestellten Hebammen /Entbindungspfleger waren 127 teilzeitbeschäftigt. Von den 43 Beleghebammen /Belegentbindungspflegern waren 11 an Allgemeinen Krankhäusern in öffentlicher Trägerschaft und 32 an Allgemeinen Krankhäusern in freigemeinnütziger Trägerschaft tätig (Quelle: Statistischer Bericht A IV 2 - j / 15 Krankenhäuser im Land Brandenburg 2015). Die Angabe detaillierter Daten zu festangestellten Hebammen/Entbindungspflegern sowie Beleghebammen/Belegentbindungspfleger in einzelnen Krankenhäusern ist nicht möglich, da krankenhausbezogene Einzeldaten zum vertraglichen Status dem Datenschutz unterliegen . Frage 7: Ist der Landesregierung die Petition bei „openPetition Deutschland“ unter der Überschrift „Erhalt der Beleghebammen“ bekannt und wie stellt die Landesregierung sich dazu? zu Frage 7: Die Petition bei „openPetition Deutschland“ unter der Überschrift „Erhalt der Beleghebammen“ ist der Landesregierung bekannt. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 8 und 9 verwiesen. Frage 8: Stimmt es, dass die Forderung des Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zu den neuen Vergütungsregeln für Beleghebammen bedeutet, dass die Krankenkassen nach dem neuen Vergütungsgesetz in diesem Fall die Behandlung der zweiten Frau übernehmen würden, die der dritten allerdings nicht, falls drei Ge- Landtag Brandenburg Drucksache 6/7121 - 5 - burten parallel geschehen? Wer zahlt in diesen Fällen? Welches Rechtsverhältnis haben in diesem Fall die Gebärende und die Hebamme? Frage 9: Stimmt es, dass das optimale Versorgungsangebot der Frauen durch Beleghebammen durch die die Forderung des Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zu den neuen Vergütungsregeln für Beleghebammen wegbrechen würde und viele Kreißsäle mangels Fachpersonal würden schließen müssen, da es sich die freiberuflichen Hebammen finanziell nicht mehr leisten könnten, in der Klinik zu arbeiten? zu Fragen 8 und 9: Der Landesregierung ist es wichtig, dass Hebammen in Brandenburg auch künftig ihre Arbeit unter guten Rahmenbedingungen leisten können. Die künftige Vergütung ist Gegenstand laufender Verhandlungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Hebammenverbänden. Hierüber entscheiden wird eine neutrale Schiedsstelle. Es obliegt nicht der Landesregierung, im laufenden Verfahren Partei zu ergreifen oder eine Position einer an diesem Verfahren beteiligten Seite öffentlich zu bewerten . Die gesetzlichen Regelungen zur Versorgung mit Hebammenhilfe und zur Vergütung in der gesetzlichen Krankenversicherung bieten der Landesregierung zudem keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten. Im SGB V wird bundesweit die konkrete Ausgestaltung der Versorgung mit Hebammenhilfe geregelt. Das Gesetz sieht vor, dass Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Hebammenverbänden zu schließen sind. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird der Vertragsinhalt durch eine Schiedsstelle bestimmt (§134a SGB V). Hierfür ermittelt sie auf Grundlage der jeweiligen Anträge und Stellungnahmen umfassend die entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte und Auswirkungen der beantragten Änderungen und prüft insbesondere auch ihre Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorgaben . Auf dieser Basis und aufgrund der mündlichen Verhandlung trifft die Schiedsstelle unter Abwägung der jeweiligen Interessen ihre Entscheidung. Die Entscheidung erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder. Der Gesetzgeber hat insoweit die Entscheidung über die Einzelheiten der Versorgung mit Hebammenhilfe und ihre Vergütung bewusst in die Hände der Selbstverwaltung gelegt, die hierbei einen Entscheidungsspielraum hat. Seit Sommer 2016 verhandeln die Hebammenverbände mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen über die Vergütung. Die Verhandlungen blieben erfolglos. Nachdem sich die Verhandlungspartner auf Bundesebene nicht einigen konnten, wurde die Schiedsstelle nach § 134a Abs. 4 SGB V angerufen. Die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister am 21. und 22. Juni 2017 hat sich ebenfalls mit der Situation der Beleghebammen befasst und einen Beschluss getroffen , mit dem die Bundesregierung um einen zeitnahen Bericht über den Schiedsspruch und das Ergebnis im Hinblick auf die daraus zu erwartenden Auswirkungen für die bedarfsgerechte Versorgung insbesondere durch Beleghebammen gebeten wird. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.