Landtag Brandenburg Drucksache 6/7136 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.08.2017 / Ausgegeben: 07.08.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2811 des Abgeordneten Christoph Schulze (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6920 Kreisverwaltung Teltow-Fläming als bürgernahe Behörde Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Die Landesregierung hat am 11.06.2017 ihren Gesetzentwurf zur Durchführung einer Kreisgebietsreform beschlossen. Von der Landesregierung , aber auch von namhaften Politikern der SPD, Linkspartei und auch anderen politischen Gruppierungen wird immer wieder behauptet, die Kreisverwaltung sei keine bürgernahe Behörde. Die einzigen relevanten Angelegenheiten wären das Straßenverkehrsamt für das Nummernschild, aber das würde ja schon der Autohändler mit erledigen, für den Bauantrag müsse man gar nicht in die Kreisverwaltung. Der Rest wäre sowieso nicht bürgerrelevant. Die Behauptung, dass die Bürgerinnen und Bürger die Kreisverwaltung als Behörde persönlich und physisch gar nicht aufsuchen müssen, wird immer wieder vorgetragen. Deshalb sei auch die Frage der Größe der Landkreise und der wachsenden Entfernungen von Bürgern zur Kreisverwaltung überhaupt keine relevante Gegenargumentation. Bereits in der Stellungnahme des Landkreises Teltow-Fläming gegen die geplante Kreisgebietsreform von LDS und TF wurde ausführlich bewiesen, dass diese Behauptung unzutreffend ist. Gleichwohl wird diese Behauptung immer wieder aufgeführt. Aus diesem Grunde wäre es einfach mal an der Zeit, aufzuklären, wie denn die Aufgabenstruktur und die Fallzahlen in einer Kreisverwaltung so sind, um statt Behauptungen Fakten zu haben, welche Relevanz die Kreisverwaltung als bürgernahe Behörde für die Bürgerinnen und Bürger im jeweiligen Landkreis tatsächlich hat. Bei genauerem Hinsehen ist festzustellen, dass gerade sozialschwache Personen bzw. Personen mit Problemen im sozialen Bereich einen hohen Bedarf an behördlicher Tätigkeit durch die jeweilige Kreisverwaltung haben. Desgleichen haben auch insbesondere mittelständische Unternehmen einen hohen „Behördenbedarf“ bei der Kreisverwaltung. In diesem Zusammenhang ist es eben nicht gleichgültig, wie groß die entsprechenden Kreisstrukturen sind und wie weit die Entfernungen zu den Kreisverwaltungen sind. Insbesondere im Hinblick darauf, dass der ÖPNV im Land Brandenburg gerade für sozialschwache Menschen keine wirkliche Möglichkeit zur Erreichbarkeit der Kreisverwaltungen bietet. Alle Menschen, die auf den ÖPNV angewiesen sind, haben schon jetzt damit ein Problem, zu den jeweiligen Kreisverwaltungen zu kommen und werden in Zukunft, wenn denn die Kreisgebietsreform tatsächlich stattfinden sollte, noch größere Probleme haben, zu ihrer Kreisverwaltung, die dann noch weiter entfernt ist, zu kommen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7136 - 2 - Vorbemerkungen der Landesregierung: Im Gesetzentwurf der Landesregierung des Gesetzes zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg und zur Änderung anderer Gesetze (Drucksache 6/6776) wird entgegen der Vorbemerkung des Fragestellers nicht vorgetragen, die Kreisverwaltung sei keine bürgernahe Behörde. Vielmehr verfolgt der Gesetzentwurf in Umsetzung des Beschlusses des Landtages vom 13. Juli 2016 (Drucksache 6/4528-B) und übereinstimmend mit diesem das Ziel, „die Landkreisebene zu ertüchtigen, damit öffentliche Dienstleistungen langfristig überall im Land in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger- und sachnah erbracht werden können“ (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 39). Zum Verständnis des Begriffs der Bürgernähe wird auf die eingehenden Ausführungen des Gesetzentwurfes verwiesen (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 49-51). Ebenso wird auf die umfassende Abwägung der Auswirkungen großflächiger Verwaltungsstrukturen auf die bürgernahe Leistungserbringung des Gesetzentwurfes der Landesregierung verwiesen (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 83-88). Der Gesetzentwurf der Landesregierung nimmt hierbei Bezug auf eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes, welche die wichtigsten Behördenkontakte der Bürgerinnen und Bürger geordnet nach Lebenslagen wiedergibt. Von den 68 erfassten Verwaltungsdienstleistungen werden 13 (= 19 Prozent) von den Landkreisen erbracht (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 83 f., unter Verweis auf Statistisches Bundesamt: Kontakte der Bürgerinnen und Bürger zur Verwaltung, online verfügbar unter: www.amtlicheinfach .de). Prof. Dr. Sabine Kuhlmann, Dr. Markus Seyfried und Prof. Dr. John Siegel stellen in ihrem Gutachten „Wirkungen von Gebietsreformen, Gutachten im Auftrag des Ministeriums des Inneren und für Kommunales des Landes Brandenburg, Stand der Forschung und Empfehlungen für das Land Brandenburg“, Potsdam, Juni 2017, S. 20 (online verfügbar unter http://brandenburg-gestalten.de/wp-content/uploads/Gutachten-11-06- 17_ihz-2.pdf) fest, dass die „wesentlichen Funktionen [der Landkreisebene] sich nicht auf publikumsintensive Dienstleistungen beziehen, da der durchschnittliche Bürgerkontakt mit einer Kreisverwaltung bei weniger als einem Mal pro Jahr liegt (vgl. Seitz, [H.. Ökonomische und fiskalische Effekte der Kreisstrukturreform in Sachsen, Dresden: Technische Universität], S. 10 f.)“. Diesbezüglich differenziert der Gesetzentwurf der Landesregierung im Sinne der Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Aussage des Referentenentwurfs, dass Bürgerinnen und Bürger die Standorte der Kreisverwaltung erfahrungsgemäß durchschnittlich nur ein- bis zweimal im Jahr aufsuchen, etwa in Fragen des Straßenverkehrsrechts, des Bauordnungsrechts und des besonderen Ordnungsrechts, wie des Gewerberechts, ist jedoch nicht hinreichend.“ (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 87 f.). Der Gesetzentwurf der Landesregierung setzt sich sodann insbesondere auch mit der Stellungnahme des Landkreises Teltow-Fläming zum Referentenentwurf auseinander, auf welche der Fragesteller in seiner Vorbemerkung verweist. Der Landkreis Teltow-Fläming hat in seiner vom Kreistag am 20. Februar 2017 beschlossenen Stellungnahme vorgetragen (S. 11): „Schließlich ergeben sich zur vielfach diskutierten Bürgernähe von Verwaltung noch folgende Anmerkungen. Die Verwaltungsdienstleistungen der Landkreise beschränken sich eben nicht auf die in der Begründung auf Seite 80 aufgezählten Bereiche des Straßenverkehrsrechts, des Bauordnungsrechts und des besonderen Ordnungsrechts. Es sind insbesondere auch die sozialen und beratenden Aufgaben, die Netzwerkarbeit, z. B. in den Bereichen Jugend/Familie, Gesundheit, Integration, Pflege, deren bürgernahe Wahrnehmung ein Kriterium gesellschaftlicher Gewissheit und in diesem Sinne eben auch von Heimat darstellt. Schematische, am Durchschnittsbürger orientierte Flächenmaximierungen gefährden hier in der Tat Vertrauen in Verwaltung und Politik.“ Der Gesetzentwurf Landtag Brandenburg Drucksache 6/7136 - 3 - der Landesregierung verweist insoweit darauf, dass die Landkreise im Land Brandenburg diesem Umstand bereits durch die Einrichtung von zumeist jedenfalls stundenweise besetzten Außenstellen Rechnung getragen haben. Der Landkreis Teltow-Fläming unterhält zum Beispiel unter anderem Geschäftsstellen des Jobcenters in Luckenwalde und Zossen (https://www.jobcenter-ge.de/Jobcenter/Teltow-Flaeming/DE/UeberUns/Geschaeftsstellen- /gesch%C3%A4ftsstellen_node.html) und vier Teams des sozialpädagogischen Dienstes in Luckenwalde sowie in den Nebenstellen Jüterbog, Ludwigsfelde 1 und Zossen (http://www.teltow-flaeming.de/de/landkreis/kreisverwaltung/sprechzeiten.php). Über die Einrichtung von Nebenstellen hinaus, zeigt der Gesetzentwurf der Landesregierung ferner vielfältige weitere Lösungsmöglichkeiten auf, wie bürgernahe Leistungserbringung auch in großflächigen Verwaltungsstrukturen sichergestellt werden kann (Drucksache 6/6776, Begründung A. Allgemeiner Teil, S. 87 f.). Im Rahmen der in Bezug genommenen Ausführungen und Abwägungen des Gesetzentwurfes der Landesregierung waren Bürgerkontakte und Fallzahlen im Rahmen einzelner Aufgaben in den Landkreisen nicht in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Büro der Landrätin im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 2. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Untere Kommunalaufsichtsbehörde im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 3. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Behinderten- und Seniorenbeauftragte im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 4. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 5. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte der Beauftragter zur Korruptionsprävention und -bekämpfung im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 6. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte der Behördliche Datenschutzbeauftragte im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 7. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Hauptamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 8. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Kämmerei im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 9. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte Rechtsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 10. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Amt für Bildung und Kultur im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 11. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Stabsstelle Grundsatzsachbearbeitung SGB II im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 12. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte der Flüchtlingskoordinator im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 13. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Sozialamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7136 - 4 - 14. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Jugendamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 15. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Gesundheitsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 16. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Ordnungsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 17. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte da Straßenverkehrsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 18. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 19. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte die Untere Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? 20. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Umweltamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? zu den Fragen 1 bis 20: Da bezüglich der Daten weder eine Erhebungspflicht gegenüber staatlichen Stellen noch eine Anzeigepflicht gegenüber der Fach- bzw. Kommunalaufsichtsbehörde bestehen, werden Bürgerkontakte und Fallzahlen statistisch nicht erfasst. Der Landesregierung liegen entsprechend keine Erkenntnisse vor. 21. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Landwirtschaftsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? zu Frage 21: Im Rahmen der wahrgenommen Aufgaben des Landwirtschaftsamts gibt es Bürgerkontakte. Es erfolgt keine Erhebung zu den tatsächlichen Bürgerkontakten, entsprechend können diese nur an Hand der Agrarstruktur und der Aufgaben geschätzt werden . So ist von mindestens 600 persönlichen Kontakten im Jahr auszugehen. Im Landwirtschaftsamt ist die Landwirtschaftsschule (Regionalstelle für Bildung im Agrarbereich) eingegliedert. Der persönliche Kontakt zur Landwirtschaftsschule ist schon jetzt kreisübergreifend . 2016 wurden insgesamt 37 Schulungen mit 539 Teilnehmern durchgeführt. Darin enthalten sind zwei Ausbilderstammtische mit insgesamt 24 Teilnehmern. 22. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte Kataster - und Vermessungsamt im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? zu Frage 22: Ausweislich des Jahresberichtes 2016 der Katasterbehörde Teltow-Fläming wurden folgende Anträge von Bürgern erledigt: Auszüge aus den Bestandsdaten des Liegenschaftskatasters : 638, Auszüge aus der Liegenschaftskarte: 1247, Bescheinigungen: 13, sonstige Karten und Verzeichnisse: 250, Eigentumsrückverfolgungen: 1456, Unschädlichkeitszeugnisse : 30, Vermessungen: 53, Übernahmen von Vermessungsschriften: 991. Die Bearbeitung der einzelnen Anträge, setzt nicht voraus, dass der Bürger persönlich vor Ort einen Antrag stellt. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellung üblicherweise schriftlich erfolgt. Wie viele Bürger ihren Antrag im direkten Kontakt persönlich bei der Katasterbehörde einreichen, ist der Landesregierung nicht bekannt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7136 - 5 - 23. Wie viele Bürgerkontakte, Fallzahlen im Rahmen der Aufgaben der Behörde hatte das Amt für Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung im Landkreis Teltow-Fläming im Jahr 2016? zu Frage 23: Siehe Antwort zu den Fragen 1 bis 20.