Landtag Brandenburg Drucksache 6/7137 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.08.2017 / Ausgegeben: 07.08.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2813 des Abgeordneten Peter Vida (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/6922 Badestellen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Das Land Brandenburg mit seinen zahlreichen Gewässern aller Art bietet auch entsprechend viele frei zugängliche Badestellen im Bereich von Ortslagen und auch des Öfteren weiter außerhalb. Es handelt sich hier meist um so genannte wilde Badestellen (Naturbadestellen), die in keiner Weise bewirtschaftet oder überwacht werden und meist nicht sehr groß sind und schon seit Jahrzehnten von den Bürgern zum Baden genutzt werden. Nun wollen oft die Anrainerkommunen ihren Bürgern das Baden ein wenig niveauvoller gestalten, indem sie badtypische Anlagen oder Baulichkeiten wie Badeinsel, Sprungturm, Liegewiese u. ä. installieren bzw. anlegen, ohne ein Eintrittsgeld auf dem nichteingezäunten Gelände zu erheben. Und hier geraten die Kommunen oft in eine schwierige Situation, weil die Installation von badtypischen Anlagen dem Bürger suggeriert, dass es sich hier um eine bewirtschaftete und überwachte Badestelle (Bäderanlage) handelt, die dann mit entsprechendem Aufsichtspersonal ausgestattet sein muss. Das ist angesichts der finanziellen Situation vieler Kommunen und vor allem wegen des landesweiten Fehlens von Rettungsschwimmern und anderem geeigneten Aufsichtspersonals praktisch gar nicht möglich. Also wird oft sicherheitshalber der Rückbau der badtypischen Anlagen und Baulichkeiten vorgenommen. Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es zwischen wilder Badestelle und der Bäderanlage eine Zwischenform, die es der Kommune gestattet, dort badtypische Anlagen oder Baulichkeiten zu installieren bzw. anzulegen, ohne in die Verkehrssicherungspflicht zu geraten? zu Frage 1: Nach § 25 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) darf grundsätzlich jede Person oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist. In Brandenburg wird durch § 43 des Brandenburgischen Wassergesetzes das Baden in oberirdischen Gewässern mit Ausnahme der Gewässer, aus denen zur Trinkwasserversorgung Wasser entnommen wird, für zulässig erklärt. Der Eigentümer eines Gewässern, dass dem Gemeingebrauch unterliegt, kann also nicht einfach ein Badeverbot aussprechen, sondern muss vielmehr dulden, dass gebadet wird. Über diese Duldungspflicht hinaus treffen den Eigentümer grundsätzlich keine weiteren Pflichten. Daneben enthält die Brandenburgische Badegewässerverordnung - BbgBadV in Umsetzung der Richtlinie 2006/7/EG des Europäischen Parlaments Landtag Brandenburg Drucksache 6/7137 - 2 - und des Rates vom 15. Februar 2006 Regelungen zur Wasserqualität von Badegewässern , zur Bewirtschaftung der Badegewässer hinsichtlich ihrer Qualität und die Information der Öffentlichkeit über die Badegewässerqualität. Nach § 1 Abs. 3 BbgBadV sind Badegewässer jeder Abschnitt eines Oberflächengewässers (Badestelle), bei dem die zuständige Behörde mit einer großen Zahl von Badenden rechnet und für den sie kein dauerhaftes Badeverbot erlassen hat oder nicht auf Dauer vom Baden abrät. Nimmt eine Gemeinde das Baden an ihren Badegewässern nicht nur hin, sondern stellt eine Infrastruktur bereit, die das Baden attraktiver machen soll, übernimmt sie damit eine Verantwortung für die dadurch entstehenden zusätzlichen Gefahren für die Badenden. Gesetzliche Regelungen hierfür existieren nicht. Die Gerichte haben aber in zahlreichen Entscheidungen ausgehend von § 823 Abs. 1 BGB einen Regelungsrahmen geschaffen. Häufig wird hierbei auf die Empfehlungen der Richtlinie 94.13 der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. „Versicherungspflicht an Badestellen an Gewässern“ (nicht veröffentlicht ) zurückgegriffen. Nach dieser Richtlinie sind Badestellen jederzeit frei zugängliche Wasserflächen eines Badegewässers ohne Sprungeinrichtungen, Badestege, Wasserrutschen und andere bädertypische Anlagen im Wasser sowie die angrenzenden Landflächen . Nach der Richtlinie besteht zwar eine Verkehrssicherungspflicht, deren Umfang näher beschrieben wird, aber keine Verpflichtung zur Beaufsichtigung des Badebetriebs an Badestellen. Daneben sind für Kommunen in Brandenburg die Hinweise des Kommunalen Schadensausgleich (KSA) „Verkehrssicherungspflicht für Badestellen und Naturbäder“ (https://www.ksa.de/pdf/k664cd-hinweise-badestellen-a4.pdf) von Bedeutung. Die Hinweise sind im Ergebnis der medialen Berichterstattung zur Kleinen Anfrage Nr. 2481 des Abgeordneten Henryk Wichmann, Drucksache 6/6040 durch den KSA herausgegeben worden und stellen Empfehlungen an die bei ihnen versicherten Kommunen dar. Entscheidet sich die Kommune, trotz des Vorhandenseins von bädertypischen wasserseitigen Anlagen auf eine Beaufsichtigung zu verzichten, kann dies nach Badeunfällen ggf. strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen und Schadenersatzpflichten nach sich ziehen. 2. Wenn Frage 1 mit Nein beantwortet wird, ist dann der Rückbau der badtypischen Anlagen und Baulichkeiten zwingend erforderlich? Das würde praktisch bedeuten, dass man eine Liegewiese z. B. verwildern lassen müsste. Kann hier nicht ein Bestandsschutz geltend gemacht werden und somit eine Duldung der nicht vorhandenen Verkehrssicherungsmöglichkeit ? zu Frage 2: Nach Auffassung des KSA sind die mit der Installation von Sprungeinrichtungen , Badeinseln oder Wasserrutschen an Badestellen verbundenen zusätzlichen Gefahren für die Badenden nur durch eine Beaufsichtigung des Badebetriebs beherrschbar. Ist keine Aufsicht vorhanden, hält es der KSA für erforderlich, die wasserseitigen Sprungeinrichtungen , Badeinseln oder Wasserrutschen zu sperren oder zurückzubauen. Anlagen an Land, die den Komfort erhöhen oder Sauberkeit und Hygiene dienen, lösen nach Auffassung des KSA keine Aufsichtspflicht aus. 3. Ist eine Steganlage im Bereich einer Badestelle als badtypische Anlage einzustufen? Zumal diese ja auch außerhalb der Badezeit bzw. witterungsbedingt als Angelsteg oder Kahnanlegestelle genutzt werden kann. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7137 - 3 - zu Frage 3: Wenn die Steganlage als Sprungeinrichtung genutzt werden kann, werden hierdurch die genannten zusätzlichen Gefahren für die Badenden realisiert. Insofern wird auf die Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 4. Wie ist die Wartung bzw. Revision und die Nachweispflicht bei badtypischen Anlagen und Baulichkeiten geregelt? Ist es hier z.B. wie bei Spielplatzanlagen geregelt oder kann das jeder Mitarbeiter der Kommune ohne besonderen Sachkundenachweis machen ? zu Frage 4: Der Landesregierung sind keine gesetzlichen Regelungen bekannt. Die Wartung von badtypischen Anlagen und Baulichkeiten ist Inhalt der Verkehrssicherungspflicht. 5. Ist hier in absehbarer Zeit eine Gesetzesänderung vorgesehen, um die geschilderte Problematik zu entschärfen und handhabbarer zu machen? zu Frage 5: Nein. 1. Gibt es zwischen wilder Badestelle und der Bäderanlage eine Zwischenform, die es der Kommune gestattet, dort badtypische Anlagen oder Baulichkeiten zu installieren bzw. anzulegen, ohne in die Verkehrssicherungspflicht zu geraten? zu Frage 1: Nach § 25 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) darf grundsätzlich jede Person oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist. In Brandenburg wird durch § 43 ... Nimmt eine Gemeinde das Baden an ihren Badegewässern nicht nur hin, sondern stellt eine Infrastruktur bereit, die das Baden attraktiver machen soll, übernimmt sie damit eine Verantwortung für die dadurch entstehenden zusätzlichen Gefahren für die Bade... Daneben sind für Kommunen in Brandenburg die Hinweise des Kommunalen Schadensausgleich (KSA) „Verkehrssicherungspflicht für Badestellen und Naturbäder“ (https://www.ksa.de/pdf/k664cd-hinweise-badestellen-a4.pdf) von Bedeutung. Die Hinweise sind im Erg... Entscheidet sich die Kommune, trotz des Vorhandenseins von bädertypischen wasserseitigen Anlagen auf eine Beaufsichtigung zu verzichten, kann dies nach Badeunfällen ggf. strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen und Schadenersatzpflichten ... 2. Wenn Frage 1 mit Nein beantwortet wird, ist dann der Rückbau der badtypischen Anlagen und Baulichkeiten zwingend erforderlich? Das würde praktisch bedeuten, dass man eine Liegewiese z. B. verwildern lassen müsste. Kann hier nicht ein Bestandsschutz... zu Frage 2: Nach Auffassung des KSA sind die mit der Installation von Sprungeinrichtungen, Badeinseln oder Wasserrutschen an Badestellen verbundenen zusätzlichen Gefahren für die Badenden nur durch eine Beaufsichtigung des Badebetriebs beherrschbar. I... 3. Ist eine Steganlage im Bereich einer Badestelle als badtypische Anlage einzustufen? Zumal diese ja auch außerhalb der Badezeit bzw. witterungsbedingt als Angelsteg oder Kahnanlegestelle genutzt werden kann. zu Frage 3: Wenn die Steganlage als Sprungeinrichtung genutzt werden kann, werden hierdurch die genannten zusätzlichen Gefahren für die Badenden realisiert. Insofern wird auf die Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 4. Wie ist die Wartung bzw. Revision und die Nachweispflicht bei badtypischen Anlagen und Baulichkeiten geregelt? Ist es hier z.B. wie bei Spielplatzanlagen geregelt oder kann das jeder Mitarbeiter der Kommune ohne besonderen Sachkundenachweis machen? zu Frage 4: Der Landesregierung sind keine gesetzlichen Regelungen bekannt. Die Wartung von badtypischen Anlagen und Baulichkeiten ist Inhalt der Verkehrssicherungspflicht. 5. Ist hier in absehbarer Zeit eine Gesetzesänderung vorgesehen, um die geschilderte Problematik zu entschärfen und handhabbarer zu machen?