Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 6. Wahlperiode Eingegangen: 24.08.2017 / Ausgegeben: 29.08.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2873 der Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/7035 Aktueller Stand des Kiesabbaus in Mühlberg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Kiessand-Lagerstätten im Raum Mühlberg/Elbe gehören zu den größten Lagerstätten im Land Brandenburg. Im Gebiet um die Stadt Mühlberg wird seit 1967 Kies abgebaut. Zurzeit haben zwei Firmen - die Elbekies GmbH mit Sitz in Oßlingen (ein Unternehmen der EUROVIA mit Sitz in Frankreich) und die Berger Rohstoffe GmbH mit Sitz in Passau Bayern - die Abbaurechte am Rohstoffkörper. In der Zeit von 1967 bis heute wurde eine Landfläche von 550 ha bis in eine Tiefe von 40 m im Nassschnittverfahren abgebaut. Im Wesentlichen wurden und werden auf Grund mangelnder Rekultivierung und Renaturierung nur Wasser- und tote Sandspülflächen hinterlassen , welche fast ausschließlich für die Bevölkerung nicht zugängig sind: - Betreten verboten - Lebensgefahr! Die geplante Erweiterung der Elbekies GmbH erstreckt sich in die fruchtbare Elbaue. Hunderte Hektar wertvoller und klimarobuster Ackerböden könnten so dem Kiesabbau zum Opfer fallen. Der ortstypische Wirtschaftszweig und großer, beständiger Arbeitgeber - die Landwirtschaft - würde seine Arbeitsgrundlage zu einem Großteil verlieren , wenn der Abbau im geplanten Umfang genehmigt wird. Die Böden in den vorgesehenen Abbaugebieten wurden im INKA BB-Teilprojekt 4 „Klimaadaptierte Regionalplanung in den Regionen Uckermark-Barnim und Lausitz-Spreewald" als klimarobust, ertragreich und besonders schützenswert eingestuft. Die Wertigkeit der Auenböden erreicht laut Projekt den Status als Vorrangfläche, zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion. (vgl. http://old.region-lausitz-spreewald.de/klimzug/de/down-loads/inka-bb-tp04- abschlussdokumentation.html Frage 1: Welche Anträge auf Kiesabbau befinden sich derzeit im Landkreis Elbe-Elster im Genehmigungsverfahren? (Bitte auflisten nach geplantem Standort und Unternehmen) zu Frage 1: Im Landkreis Elbe-Elster befinden sich derzeit folgende Vorhaben im Genehmigungsverfahren : Tagebau Unternehmen Mühlberg Süderweiterung Elbekies GmbH Koßdorf-West Kies- u. Steinwerk Boerner GmbH Rückersdorf Fa. Pro Beton Zeischa Schüring Beton Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 - 2 - Kölsa-Süd Heidelberger Sand und Kies GmbH In Vorbereitung bzw. angekündigt sind: Tagebau Unternehmen Altenau Erweiterung Fa. Berger Rohstoffe GmbH Mühlberg Werk V Elbekies GmbH Kosilenzien Fa. Wolf & Müller Baustoffe GmbH Schilda-Tröbitz Erweiterung Niederlausitzer Kompostwerke GmbH Schönewalde Erweiterung RBS Bautec GmbH Frage 2: Welche Berechtigungsfelder für Sand- und Kiesabbau hat die bundeseigene Bodenverwertungs - und -verwaltungs GmbH (BVVG) im Landkreis Elbe-Elster zur Interessenbekundung ausgeschrieben? zu Frage 2: Es wird auf die Internetseite der BVVG verwiesen, auf der die aktuellen Aufrufe zur Bekundung von Kaufinteresse und Ausschreibungen abrufbar sind: http://www.bvvg.de/internet/internet.nsf/HTML/OBJEKTSUCHE?OpenDocument&q=02anh c&g=l Frage 3: Legt die BVVG bei Ausschreibungen und Veräußerungen der Bergwerksfelder Kriterien zugrunde über die Auswirkungen des vorgesehenen Bergbaus auf die weiteren Umwelt- und Naturschutzbelange und auf die Wirtschafts- und Sozialstruktur der betroffenen Regionen? Falls ja: Welche Kriterien gelten für ein solches Verfahren, falls nein, warum nicht? zu Frage 3: Bei der BVVG handelt es sich um eine Gesellschaft im Eigentum des Bundes. Über die Kriterien der BVVG bei Ausschreibungen und Verwertungen von Bergwerksfeldern liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Frage 4: Kann die Landesregierung bestätigen, dass im Jahresabschluss 2015 der Elbekies Mühlberg GmbH erwähnt wird, dass Überkapazitäten der Kies- und Sandindustrie bestehen? Werden derartige Erkenntnisse im Genehmigungsverfahren berücksichtigt? zu Frage 4: Der Landesregierung liegt der Jahresabschluss 2015 der Elbekies Mühlberg GmbH nicht vor. Derartige Aussagen bleiben im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren unberücksichtigt, da die Genehmigung auf die Möglichkeit des Rohstoffabbaus erteilt wird. Das wirtschaftliche Risiko trägt der Bergbautreibende selbst. Frage 5: Wie viele Tonnen Kies und Kiessande fördert das Unternehmen Elbekies GmbH jährlich und wie viele Tonnen feinkörniger Sande spült das Unternehmen davon wieder ein, weil diese (derzeit) nicht vermarktungsfähig sind? zu Frage 5: Jährlich werden durch die Elbekies GmbH im Kiessandtagebau Mühlberg II ca. 5 Mio. t Kiessande gefördert und ca. 2,5 Mio. t verspült. Frage 6: Wie viele Tonnen Kies und Kiessande fördert das Unternehmen Berger Rohstoffe jährlich und wie viele Tonnen feinkörniger Sande spült das Unternehmen davon wieder ein, weil diese (derzeit) nicht vermarktungsfähig ist? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 - 3 - zu Frage 6: Jährlich werden durch die Berger Rohstoffe GmbH im Kiessandtagebau Altenau ca. 700.000 t Kiessande gefördert und ca. 200.000 t verspült. Frage 7: Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem Gutachten zur Untersuchung zur Raumbelastung durch den vorhandenen und geplanten Kiesabbau im Raum Mühlberg im Auftrag der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung der Länder Berlin und Brandenburg? zu Frage 7: Das Gutachtenergebnis zeigt, dass Konflikte des vorhandenen und geplanten Kiesabbaus in diesem Raum insbesondere mit der Landwirtschaft nicht vollständig lösbar sind, jedoch eine Konfliktminimierung durch zeitlich gestaffelten Abbau in den potenziellen Abbaufeldern und die unverzügliche Wiedernutzbarmachung erreicht werden kann. Entsprechende Sachverhalte werden in den bergrechtlichen Verfahren berücksichtigt. Die Ergebnisse der Untersuchung liegen auch der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz- Spreewald vor. Frage 8: Besteht ein Anspruch, dass Fördergelder für hergerichtete Hochwasserschutzflächen zurückgezahlt werden müssen, wenn diese in Kiesabbauflächen umgewandelt werden ? Wenn ja, von wem, in welchem Fall und in welcher Höhe? zu Frage 8: Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen die genehmigte Inbetriebnahme von Bergwerksflächen den Bestand geförderter Hochwasserschutzanlagen oder mit Fördergeldern errichtete Polderflächen gefährden würde. Frage 9: Wann wird die Landesregierung ein Gutachten in Auftrag geben, um eine gesamträumliche Betrachtung der Auswirkungen des Kiesabbaus im Raum Mühlberg auf den Wasserhaushalt zu untersuchen, vor dem Hintergrund dass die bisher erstellten hydrologischen Gutachten nur vorhabenbezogen angelegt waren? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 9: Im Ergebnis der Auswertung und Umsetzung der Handlungsempfehlungen der in Frage 7 genannten Raumbelastungsuntersuchung wird auch zu entscheiden sein, ob eine gesamträumliche Betrachtung der Auswirkungen des Kiesabbaus auf den Wasserhaushalt der Region Mühlberg für erforderlich gehalten wird. Die Raumbelastungsstudie weist darauf hin, dass im Rahmen der Zulassungsverfahren auf Grundlage der unterschiedlichen Raumempfindlichkeiten und rechtlicher Regelungen eine Steuerung im Detail erfolgen kann. So wurde z. B. für den Tagebau Altenau hinsichtlich Grundwasserhaushalt und Grundwasserqualität die Ausdehnung des zu begutachtenden Modellgebietes so groß gewählt, dass angrenzende Grundwasserleiter, beeinflussende Kiessandtagebaue um Mühlberg sowie die Trinkwasserfassung Fichtenberg mit ihren Schutzzonen komplett innerhalb des Modellgebietes liegen. Frage 10: Welche Bodenpunkte weisen die Flächen auf, auf denen die ausgeschriebenen Bergwerks-Eigentumsrechte der BVVG liegen? zu Frage 10: Die Flächen im Bergwerksfeld Mühlberg/Köttlitz weisen eine Ackerzahl von 69 auf. Die Flächen im Bergwerksfeld Mühlberg/Neuburxdorf 1(nach Abtrennung des südlichen Teils mit der Gedenkstätte inkl. Gräberfeld), weisen Ackerzahlen von unter 30 bis 46 auf. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 - 4 - Frage 11: Wie viele Hektar landwirtschaftlicher Fläche werden nicht mehr genutzt werden können, wenn der Kiesabbau in der Region ausgeweitet wird auf die aktuell im Raum Mühlberg gültigen Bergwerksrechte? zu Frage 11: Im Raum Mühlberg existieren Bergbauberechtigungen für Flächen von insgesamt 2.790,7 ha. Diese Flächen werden derzeit fast vollständig landwirtschaftlich genutzt . Das Maß der Inanspruchnahme kann erst im Rahmen der zu führenden Genehmigungsverfahren auf der Grundlage vorzulegender Planungsunterlagen, ggf. unter Hinzuziehung landwirtschaftlicher Betroffenheitsanalysen, erörtert werden. Frage 12: Ist der Landesregierung bekannt, dass durch die geplanten Erweiterungen des Kiesabbaus die Existenz der Agrargenossenschaft Mühlberg e. G. mit ihren Betriebsteilen und die Arbeitsplätze weiterer landwirtschaftliche Familienbetriebe bedroht sind? Falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung daraus, falls nein, warum nicht? zu Frage 12: Im Rahmen der erforderlichen bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren für neue bzw. zu erweiternde Kiessandtagebaue ist die Frage der Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe ein wichtiges Bewertungskriterium. Frage 13: Ist untersucht worden, wie sich die Wasserqualität der Baggerseen bei Extremhochwässern der Elbe durch Rückfluss des Hochwassers in alten Flussläufen im Untergrund oder bei Dammbrüchen entwickeln wird? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wer hat in welchem Auftrag das Gutachten erstellt und mit welchem Ergebnis? zu Frage 13: Untersuchungen zur Entwicklung der Wasserqualität von Baggerseen im Raum Mühlberg bei Extremhochwässern oder bei Deichbrüchen sind nicht erfolgt, da die Wasserqualität der Elbe bei Extremhochwassersituationen nicht vorhersehbar ist. Frage 14: Ist der Landesregierung bekannt, dass bei der vor Ort ansässigen Agrargenossenschaft der Mangangehalt im Wasser eines als Tiertränke genutzten Brunnens im Abstrom des Altenauer Kiesees ansteigt? (Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dieser Erkenntnis?) zu Frage 14: Der benannte Mangangehalt in einem für die Viehtränkung genutzten Brunnen im Bereich des Altenauer Kiessees ist der Landesregierung bekannt. Untersuchungen zu etwaigen Auswirkungen des Kiesabbaus auf die Zunahme des Mangangehaltes im Brunnenwasser werden im Rahmen des erforderlichen bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens geführt. Frage 15: Werden die Erkenntnisse des Projektes INKA BB in der Aufstellung des integrierten Regionalplanes Berücksichtigung finden und die Flächen mit den besonders fruchtbaren und klimarobusten Böden als Vorrang- bzw. Vorbehaltsflächen für die Landwirtschaft ausgewiesen? Wann kann mit der Aufstellung des integrierten Regionalplans gerechnet werden? zu Frage 15: Der Aufstellungsbeschluss für den integrierten Regionalplan (IRP) wurde am 20.11.2014 von der Regionalversammlung gefasst. Das Verfahren dazu führt die Regionale Planungsgemeinschaft in eigener Verantwortung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 - 5 - Frage 16: Welche bestehenden und geplanten Kiesabbaugebiete befinden sich im Landschaftsschutzgebiet Elbaue Mühlberg? zu Frage 16: Im Landschaftsschutzgebiet Elbaue Mühlberg befinden sich der stillgelegte Kiessandtagebau Mühlberg IV und der aktive Kiessandtagebau Mühlberg II mit der geplanten Süderweiterung. Frage 17: Sieht die Landesregierung die Einhaltung der Schutzziele der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Elbaue Mühlberg gefährdet, wenn die Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes u. a. durch das Aufschütten von unansehnlichen Dämmen rings um die Kiesseen und der Schaffung anthropogener monotoner Kiesseen immer mehr zerstört wird? zu Frage 17: Die Schutzziele des Landschaftsschutzgebietes „Elbaue Mühlberg“ sind im Schutzzweck der Verordnung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung (MLUR) vom 30.10.2003 festgelegt. Inwieweit diese Schutzziele durch Vorhaben des Kiesabbaus gefährdet werden, ist in den entsprechenden Zulassungsverfahren zu ermitteln. Frage 18: Wie viele Hektar der geplanten Süderweiterung des Kiesabbaus in Mühlberg liegen außerhalb des Bergwerkseigentums und für wie viele Hektar im Landschaftsschutzgebiet wurde ein Antrag auf Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz gestellt? zu Frage 18: Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens „1. Änderung zum Rahmenbetriebsplan (RBP) Süderweiterung Kiessandtagebau Mühlberg Werk II“ wurde für eine außerhalb des Bergwerkseigentums liegende Fläche von ca. 10,8 ha eine Befreiung nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) von den Verboten der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Elbaue Mühlberg“ beantragt. Frage 19: Falls es zu einer von der Firma Berger Rohstoffe geforderten Genehmigung des Gleisanschlusses kommen sollte, durch welche Programme wird dieser finanziert? Werden hierfür Landes- bzw. Bundesmittel über eine Förderung ausgereicht? zu Frage 19: Ein Antrag auf Genehmigung eines Gleisanschlusses zum Abtransport der Rohstoffe liegt der Landesregierung bisher nicht vor. Eine geplante Finanzierung des Gleisanschlusses über Landes- oder Bundesfördermittel ist der Landesregierung nicht bekannt . Frage 20: Geht die Landesregierung davon aus, dass es durch den Gleisanschluss zu einer Verringerung des LKW-Verkehrs kommen wird? Wenn ja, auf Grundlage welcher Erkenntnisse oder Gutachten? zu Frage 20: Die Verkehrsbelastung der Region Mühlberg durch die geplante Erweiterung des Kiessandtagebaus Altenau ist im Rahmen des durchzuführenden bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zu prüfen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7250 - 6 - Frage 21: Werden seitens des Landes Brandenburg weitere infrastrukturelle Erschließungen geplant, unter anderem für die Bahnanbindung des Mühlberger Industriehafens für Kiesverfrachtung über den Wasserweg? zu Frage 21: Das Land plant keine infrastrukturellen Erschließungen, die im Zusammenhang mit dem Kiesabbau stehen. Frage 22: Wie hoch waren die Einnahmen des Landes aus Förderabgaben aus dem Kiesabbau in Mühlberg in den letzten 10 Jahren insgesamt und pro Tonne? zu Frage 22: Im Zeitraum von 2006 bis 2015 ist ca. 1 Million € als Förderabgabe aus dem Kiesabbau im Raum Mühlberg abgeführt worden. Eine pauschale Angabe der Einnahmen pro Tonne ist nicht sinnvoll, da sich die Rahmenbedingungen zur Erhebung von Förderabgaben in den letzten 10 Jahren verändert haben.