Landtag Brandenburg Drucksache 6/7295 6. Wahlperiode Eingegangen: 28.08.2017 / Ausgegeben: 04.09.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2849 des Abgeordneten Michael Jungclaus (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/6998 Gesundheitliche Risiken durch Alkoholkonsum Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: In der Fragestunde der 47. Sitzung des Landtages Brandenburg schätzte die Landesregierung , vertreten durch Herrn Staatssekretär Kralinski, die Wahrscheinlichkeit, bei „übermäßigem Konsum“ von Alkohol gesundheitliche Schäden davonzutragen, lediglich als eine „theoretische Möglichkeit“ ein und verglich die gesundheitlichen Risiken des Alkoholkonsums mit denen des Verzehrs von Hausmacherleberwust und Mettwurst. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. gibt die Zahl der bundesweit an Alkoholsucht leidenden Menschen mit 1,8 Millionen an und sieht Alkoholkonsum als dritthöchsten Risikofaktor für Krankheit und Tod1. Hinsichtlich der Menge konsumierten Alkohols definiert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. einen für erwachsene Frauen und Männer riskanten Konsum von Alkohol bereits ab einer Menge von 12g beziehungsweise 20g täglich. Diese Menge entspricht einer beziehungsweise zwei Flaschen Bier (0,33l). Jugendliche haben laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. ein gegenüber Erwachsenen erhöhtes Risiko, bei riskantem Konsum negative gesundheitliche Folgen zu erleiden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeit, bei „übermäßigem Konsum“ von Alkohol gesundheitliche Schäden davonzutragen, lediglich eine „theoretische Möglichkeit“ sei? Zu Frage 1: Die in Rede stehende Aussage bezog sich ausdrücklich nicht auf die jetzt in der Fragestellung benannte Wahrscheinlichkeit bei gegebenen Fällen übermäßigen Alkoholkonsums gesundheitliche Schäden davonzutragen, sondern auf die theoretische Möglichkeit, dass durch Werbung für regionale alkoholhaltige Produkte Personen zu übermäßigem Konsum von alkoholischen Getränken angeregt werden könnten. Alkohol ist ein in unserer Kultur akzeptiertes Rauschmittel, dessen Konsum in den meisten Fällen in soziale Regeln eingebettet ist. Dabei steht außer Frage, dass - insbesondere anhaltender - übermäßiger Konsum von Alkohol das Risiko gesundheitlicher Schäden deutlich erhöht. 1 http://www.aktionswoche-alkohol.de/fileadmin/user_upload/factsheets/2016-12-14-Factsheet_Alkohol_gesundh-Risiken_2014.pdf Landtag Brandenburg Drucksache 6/7295 - 2 - 2. Wie definiert sie „übermäßigen“ Alkoholkonsum? Zu Frage 2: Als übermäßiger oder „riskanter Alkoholkonsum“ wird in der Fachwelt die tägliche Trinkmenge von mehr als 10 bis 12 g Reinalkohol bei Frauen bzw. 20 bis 24 g Reinalkohol bei Männern bezeichnet [Robert-Koch-Institut: „Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen. Journal of Health Monitoring 2016 1(1)]. 3. Ist die Landesregierung tatsächlich der Auffassung, dass die Risiken von gesundheitlichen Schäden durch übermäßigen Alkoholkonsum mit denen gleichzusetzen sind, die durch den übermäßigen Konsum von Fleischprodukten ausgehen? Zu Frage 3: Die Risiken eines übermäßigen Konsums von Fleischprodukten werden nicht mit den Risiken übermäßigen Konsums von Alkohol gleichgesetzt. Bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage in der Fragestunde des Landtages am 28. Juni 2017 ging es allerdings um die Bewerbung regionaler Produkte im Allgemeinen, unabhängig davon, ob es sich um alkoholische Getränke oder um Fleischprodukte handelt. Grundsätzlich liegt ein vernünftiges (Gesundheits-) Verhalten auch in der Verantwortung des Einzelnen. Dies bezieht sich sowohl auf die Ernährung als auch auf den Konsum von Alkohol. 4. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., dass Marketing für Alkohol insbesondere auf Jugendliche eine konsumfördernde Wirkung hat? a) Falls nein, welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zum Zusammenhang zwischen Marketing und Konsum bei Alkohol und auf welchen Studien basieren diese? Bitte jeweils UrheberIn, Erscheinungsjahr und Titel der Studien angeben. b) Wenn ja, für wie sinnvoll hält die Landesregierung ein Werbeverbot bzw. stärkere Einschränkungen von Werbung für alkoholische Produkte, welche es in vielen europäischen Ländern bereits gibt? Welche Aktivitäten hat sie diesbezüglich bereits gezeigt? Zu Frage 4: Die Wirksamkeit von Marketingmaßnahmen ist im Einzelnen schwer messbar. Allerdings sind sich nationale und internationale Expertinnen und Experten darin einig, dass Alkoholwerbung für Jugendliche abzulehnen ist, weil viele Studien zu dem gleichlautenden Ergebnis kommen, dass auf Jugendliche zielende Alkoholwerbung diese zum Trinken animiert. Eine weitere Einschränkung bzw. Verbote von Alkoholwerbung betreffen den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Dabei sollten Einschränkungen Teil eines ganzen Maßnahmenbündels sein. Generell sollte die Werbung so gestaltet sein, dass sie keine Anreize für Jugendliche zum Alkoholkonsum schafft. Im Rahmen der „Arbeitsgruppe Suchthilfe“ der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) berät sich das Land Brandenburg kontinuierlich mit den anderen Bundesländern über weitere Impulse zur Suchtprävention und zum Gesundheitsschutz. 5. Wie bewertet sie die Aussage des Bierbotschafters, Biertrinken sei sein Hobby (unabhängig von der Ernsthaftigkeit), vor dem Hintergrund ihrer eigenen Aussage: „Durch einen reflektierten Umgang mit Alkohol können Erwachsene das Trinkverhalten der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen maßgeblich mit beeinflussen. Das kritische Bewusstsein bei Erwachsenen für den eigenen Alkoholkonsum und die eigenen Landtag Brandenburg Drucksache 6/7295 - 3 - Vorbildfunktion muss geschärft werden.“?2 Hat die Landesregierung ihre oben dargestellte Einschätzung mit dem von ihr unterstützten Bierbotschafter abgesprochen? 1. Wenn nein, warum nicht? Plant sie ein Gespräch, um den Bierbotschafter des Landes über ihre diesbezüglichen Einschätzungen zu informieren? 2. Wenn ja, welche konsensualen Ergebnisse wurden in dem Gespräch erzielt, wo entstand Dissens? Zu Frage 5: An der zitierten Aussage der Landesregierung wird uneingeschränkt festgehalten. Erwachsene und insbesondere die Eltern sind Vorbilder für Kinder und Jugendliche. Dies gilt auch für den Alkoholkonsum. Von daher teilt die Landesregierung nach wie vor die Position, dass Eltern sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein sollten. Der Bierbotschafter des „Vereins zur Förderung Brandenburger Klein- und Gasthausbrauereien und regionaler Strukturen e.V.“ wendet sich an Erwachsene. Seine Aussage bei der Pressekonferenz am 22.05.2017, wonach Biertrinken sein Hobby sei, war „augenzwinkernd“ gemeint und wurde von den Anwesenden auch so verstanden. Ein Gespräch im Sinne der Fragestellung ist nicht vorgesehen. 6. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Kinder und Jugendliche, für die der Bierbotschafter als Sportler eine besondere Vorbildfunktion hat, erkennen können, dass dieser lediglich „augenzwinkernd“ Biertrinken als sein Hobby bezeichnet habe, wie es von Herrn Staatssekretär Kralinski dargestellt wurde? Zu Frage 6: Jugendliche können durchaus Ironie verstehen und sich selbst ein Urteil über den Sachverhalt bilden. 7. Wie will die Landesregierung zukünftig den Zielkonflikt lösen von einerseits der Unterstützung regionaler Produkte und andererseits dem Jugendschutz sowie der Suchtprävention? Zu Frage 7: Im Regelfall gibt es keinen Zielkonflikt zwischen der Unterstützung regionaler Produkte einerseits und dem Jugendschutz und der Suchtprävention andererseits. Bei alkoholischen Getränken kann ein Konflikt gesehen werden, insbesondere wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht. Die Landesregierung wird den Weg der erfolgreichen Suchtprävention fortsetzen und dabei insbesondere Kinder und Jugendliche weiter in den Mittelpunkt stellen. Jugendliche sollen nicht mit erhobenem Zeigefinger belehrt werden. Vielmehr sollen sie auch für die Gefahren von Alkohol sensibilisiert werden. Sie sollen Alkoholwerbung einordnen können, mit Alkohol verantwortlich umgehen und auch befähigt werden, „Nein“ zu sagen. 2 http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.348165.de