Landtag Brandenburg Drucksache 6/7378 6. Wahlperiode Eingegangen: 14.09.2017 / Ausgegeben: 19.09.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2944 des Abgeordneten Wolfgang Roick (SPD-Fraktion) Drucksache 6/7182 Bewertung des gesundheitlichen Risikos als Grundlage für die Bekämpfung der Ambrosia Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia ) ist hoch allergen und kann insbesondere bei Allergikern große gesundheitliche Probleme auslösen. Das Land unternimmt seit Jahren verschiedene Anstrengungen zur Bekämpfung der Ambrosia. Dafür werden u.a. auch Daten zum Vorkommen und Ausbreitung sowie zur Bewertung der gesundheitlichen Gefahren erhoben. Dennoch gibt es bisher keine verbindliche Bewertung des gesundheitlichen Risikos. Die Bewertung der Gesundheitsgefahr ist jedoch für weitere Maßnahmen, u.a. für ordnungsbehördliche Verordnungen und die Finanzierung wichtiger Maßnahmen erforderlich. Die bisherige Praxis, wonach Bewertungen auf Grundlage des Ambrosia-Atlasses erfolgten, ersetzt die Notwendigkeit für eine verbindliche Bewertung des gesundheitlichen Risikos nicht. Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung das von Ambrosia ausgehende gesundheitliche Risiko und die Gefahrensituation? zu Frage 1: Die hauptsächliche Gesundheitsgefährdung dieser als Unkraut zu bezeichnenden Pflanze geht von ihren Pollen aus. Hierzu gibt es genügend wissenschaftlich publizierte Untersuchungen und Analysen (z.B. „Ambrosia artemisiifolia (Traubenkraut) in Deutschland - aktuelles Vorkommen, allergologische Bedeutung und Maßnahmen zur Eingrenzung“, Allergo J Int 2015; 24: 108-120). Das Besondere an den Ambrosiapollen ist, dass im Vergleich zu den „einheimischen“ pollenallergieauslösenden Pflanzenarten ihr allergenes Potenzial höher ist. Werden z. B. von Birkenpollen ca. 100/m³ benötigt, um beim Allergiker eine Reaktion auszulösen, so können bei Ambrosia-Allergikern schon 10 Ambrosiapollen/m³ Luft für eine entsprechende allergische Reaktion wie Pollinosis oder Asthma bronchiale genügen. Eine weitere Gesundheitsgefährdung geht vom Kontakt mit der Pflanze aus. Dieser kann zu Hautreaktionen wie Urtikaria oder Ekzemen führen. Die Messergebnisse der Ambrosia-Pollen in der Hauptverbreitungsregion Niederlausitz in Cottbus, Drebkau und Vetschau werden aktuell auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) unter http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.331858.de veröffentlicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7378 - 2 - Die Ambrosiapflanzen haben dieses Jahr Ende Juli/ Anfang August angefangen zu blühen, was sich in den Messergebnissen widerspiegelt. Über die Messdaten der 3 Pollenfallen in der Hauptverbreitungsregion der Pflanzen in Brandenburg lässt sich ablesen, dass es dieses Jahr (bis zum 20. August) schon an insgesamt 20 Kalendertagen Messdaten gab, die für eine starke Belastung sprechen. Die Wirkung der Beifußblättrigen Ambrosie auf die menschliche Gesundheit ist dabei nicht auf Gebiete beschränkt, die von der Pflanze unmittelbar besiedelt werden. Ambrosiapollen können über den Wind in Entfernungen von über 200 km getragen werden und dort zu Beschwerden führen. In einer 2015 veröffentlichten Studie zu „Die Häufigkeit von Sensibilisierungen gegen Allergene von Beifuß und Ambrosia“ kommt das Autorenkollektiv des Robert-Koch-Institutes zu dem Schluss, dass etwa 11 Prozent der Erwachsenen (Allgemeinbevölkerung , 18 - 79 Jahre) in Deutschland gegen Pollen des Ambrosia-Beifuß- Komplexes sensibilisiert sind. Eine Sensibilisierung stellt eine Vorbedingung dafür dar, dass sich bei erneutem Allergenkontakt bei prädisponierten Personen eine Allergie entwickeln kann. Allerdings gilt: Nicht jeder, der mit Ambrosia-Pollen in Kontakt kommt oder als Ambrosia-sensibilisiert gilt, wird ein Ambrosia-Allergiker. Die Kausalität zwischen Ursache und Wirkung ist nicht eindeutig bekannt. Zudem verlängert Ambrosia die „Saison“ für Ambrosia-Allergiker. Daher ist es notwendig, die Pflanze Ambrosia und deren Ausbreitung zu bekämpfen, um einem Anstieg der Sensibilisierungsrate und der Allergiker entgegen zu wirken. Frage 2: Auf welcher Bewertungsgrundlage der gesundheitlichen Gefahrensituation können derzeit ordnungsrechtliche Anordnungen getroffen werden zu Frage 2: Prinzipiell könnte schon eine Ambrosia-Pflanze bei einer entsprechend sensibilisierten Person über ihre Pollen oder bei Kontakt gesundheitliche Beschwerden auslösen . Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts lässt sich schwer bestimmen. Damit ist es schwierig, eine Bewertungsgrundlage für eine gesundheitliche Gefahrensituation zu erarbeiten (siehe Antwort zu Frage 1). Pollenflug und Verbreitungsdaten der Pflanzen könnten ein Indiz für eine solche Bewertungsgrundlage sein. Somit obliegt es den zuständigen Behörden vor Ort, angemessen auf Funde von Pflanzen mit Maßnahmen zu reagieren . Frage 3: Wie unterstützt das Land Brandenburg die Kommunen bei der Bekämpfung der Ambrosia? zu Frage 3: Den Kommunen stehen Informationsmaterialien zum Erkennen der Pflanzen, zum Umgang mit ihnen, zum Melden von Fundorten und zur Bekämpfung zur Verfügung. Darüber hinaus hat das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) in den vergangenen Jahren Monitoring und Bekämpfungsmaßnahmen der Städte Vetschau und Drebkau mit Lottomitteln unterstützt. Die Straßenränder an Bundesfern- und Landesstraßen werden im Rahmen des leistbaren, normalen Mahdregimes rechtzeitig vor Pollenbildung sowie Samenreifung gemäht, um eine weitere Ausbreitung von Ambrosia zu verhindern. Die zuständigen Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte sind über die gesundheitsgefährdenden Eigenschaften der Ambrosia informiert und können dementsprechend bei notwendigen Maßnahmen mitwirken und beraten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7378 - 3 - Frage 4: Welche finanziellen Mittel setzt das Land Brandenburg dauerhaft zur Umsetzung der Maßnahmen ein? zu Frage 4: Die beteiligten Ressorts finanzieren die Maßnahmen in ihrer Zuständigkeit über den laufenden Haushalt. Dazu gehören die Bekämpfung der Ambrosia an Straßenrändern von Bundesfern- und Landesstraßen, Pflanzenschutzversuche und Hinweise für die Bekämpfung auf landwirtschaftlichen Flächen sowie die Betreuung der Meldestelle Ambrosia. Es stehen keine zusätzlichen Haushaltsmittel zur Verfügung. Die Auswertung der beiden Pollenfallen in Drebkau und Cottbus finanziert das MASGF jährlich über eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1000 € (500 € je Falle). Für Updates der App „AmbrosiaScout“ bezahlt das MASGF 2016 und 2017 insgesamt € 13.000. Eine gemeinsam finanzierte Koordinierungsstelle für die Maßnahmen gegen Ambrosia wird aktuell zwischen MLUL, Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) und MASGF abgestimmt. Die zunächst befristete Stelle wird voraussichtlich ab Januar 2018 eingerichtet werden und die Maßnahmen in allen Bereichen koordinieren. Frage 5: Wie wird die weitere Zusammenarbeit der Ressorts innerhalb der Landesregierung gestaltet? zu Frage 5: Die beteiligten Ressorts haben alle notwendigen Schritte zur Reduzierung von Ambrosia in einem Maßnahmeprogramm zusammengestellt. Das Programm wird im Herbst 2017 endgültig abgestimmt. Eine gemeinsam finanzierte Koordinierungsstelle für die Maßnahmen gegen Ambrosia wird aktuell zwischen MLUL, Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) und MASGF abgestimmt. Die zunächst befristete Stelle wird voraussichtlich ab Januar 2018...