Landtag Brandenburg Drucksache 6/7402 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.09.2017 / Ausgegeben: 02.10.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 2957 der Abgeordneten Iris Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER Gruppe) Drucksache 6/7219 „Europäisches Brandenburg - 60 Jahre Römische Verträge“ – Beschluss des Landtages vom 06.04.2017 mit Leben ausfüllen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Seit einigen Jahren unterstützen Feuerwehren aus Brandenburg und Berlin das Festival „Haltestelle Woodstock“ im polnischen Kostrzyn. In diesem Jahr wollen die Nachbarn unter dem Vorwand auf die Unterstützung verzichten, eine erhöhte Terrorgefahr in Deutschland stelle eine Bedrohung für das Festival dar. Wie dieser Tage der Presse zu entnehmen war, interveniert Ministerpräsident Dr. Woidke beim Koordinator für die polnisch-deutsche Zusammenarbeit, Staatssekretär Jakub Skiba, in der Hoffnung, dass dieses wichtige Thema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen noch einmal diskutiert werde. Am 13. Februar 2017 bricht aus bisher ungeklärter Ursache auf dem Gelände einer Recycling -Firma in Brozek, gegenüber der Kreisstadt Forst gelegen, ein Brand aus, der über mehrere Wochen die Bevölkerung auf deutscher Seite vor allem wegen seiner Rauch- und Geruchsbelästigung erregt. Die deutsch-polnischen Behördengespräche verlaufen chaotisch , was gemeinsame Aktivitäten zu einer schnellen und wirksamen Eindämmung des Brandes. Letztlich verzichten die polnischen Behörden auf die nachbarschaftliche Hilfe. Zwei Beispiele aus der jüngeren Zeit, die belegen, dass die deutsch-polnischen Beziehungen bessere Zeiten kennen. Die Ursachen für die Verschlechterung sind wohl eher auf der polnischen Seite und dort in erster Linie bei der Regierung zu suchen. Deshalb ist auf deutscher Seite eine differenzierte Betrachtung und vor allem konzeptionelles Handeln erforderlich, für das die Umsetzung des Beschlusses des Landtages vom 06.04.2017 eine solide Grundlage sein kann. Frage 1: Welche kontrollfähigen und abbrechenbaren Festlegungen hat die Landesregierung zur Umsetzung des Beschlusses des Landtags zum Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 6/6309 vom 28.03.2017), insbesondere zu Punkt 5, getroffen ? zu Frage 1: In dem in der Kleinen Anfrage genannten Beschluss fordert der Landtag „die Landesregierung auf, Landtag Brandenburg Drucksache 6/7402 - 2 - 1. sich dafür einzusetzen, dass das Friedensprojekt Europäische Union weiterverfolgt und demokratisch und sozial untersetzt wird, 2. den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern über die Europäische Union und deren zukünftige Gestaltung zu führen, 3. sich für eine Weiterführung der Kohäsionspolitik für alle Regionen einzusetzen, 4. sich im Dialog mit den europäischen Nachbarn über die europäische Zusammenarbeit intensiv auszutauschen und sie zu gestalten, 5. weiterhin die intensive Kooperation mit der Republik Polen und insbesondere ihre Botschaften zu pflegen und auszubauen.“ Mit diesem Beschluss des Landtages bringt der Landtag seine Unterstützung für die Kernziele der europapolitischen Arbeit der Landesregierung zum Ausdruck und bestärkt die Landesregierung in der Fortsetzung dieses Weges. Die Landesregierung verfolgt diese Ziele wie bisher intensiv im Rahmen ihrer europarechtlichen und bundesrechtlichen Mitwirkungsbefugnisse über den Ausschuss der Regionen, den Bundesrat und die Ministerpräsidentenkonferenz und die anderen Fachministerkonferenzen , insbesondere über die Europaministerkonferenz. Das gilt sowohl für alle europapolitischen Themenstellungen im Länderinteresse, wie z.B. die aktuellen Debatten zum Weißbuch „Zukunft der EU“ einschließlich der sozialen Dimension der EU und zum Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU („Brexit“), als auch insbesondere für die Zukunft der europäischen Kohäsionspolitik, die im September 2017 erneut Gegenstand eines Beschlusses der Europaministerkonferenz sein wird. Dieses Thema wird auch Gegenstand der Jahrestagung der Baltic Sea States Sub-regional Cooperation (BSSSC) in Potsdam sein. An dieser von der Landesregierung vom 20. bis 22. September 2017 ausgerichteten Konferenz werden voraussichtlich ca. 150 kommunale und regionale Vertreter aus den Anrainerstaaten der Ostsee teilnehmen. Die Kontakte zur Republik Polen und zu den polnischen Wojewodschaften werden vorrangig über die deutsch-polnische Regierungskommission (DPRK), ihre Ausschüsse und Arbeitsgruppen sowie die zahlreichen Fachgremien und auf bilateraler und multilateraler Ebene gepflegt. Das wichtigste Instrument für die Pflege der grenzübergreifenden Zusammenarbeit ist die Mitwirkung Brandenburgs in den Kooperationsprogrammen INTER- REG V A Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg/Polen (Wojewodschaft Zachodniopomorskie ) und Brandenburg - Polen (Wojewodschaft Lubuskie) 2014-2020. Für das letztgenannte Programm liegt die Verwaltungsverantwortung bei Brandenburg. Im Land wirbt die Landesregierung im Rahmen ihrer europapolitischen Kommunikation für die Europäische Union mit verschiedenen Diskussionsformaten. Allein für den Herbst/Winter 2017 sind sieben Bürgerdialoge in verschiedenen Orten des Landes zu den Themen „Zukunft der EU“ und „Geflüchtete und Fluchtursachen“ geplant. Da der Landtagsbeschluss vom 28.3.2017 die bisherige Politik der Landesregierung unterstützt , ist ein besonderes Maßnahmepaket zu seiner Umsetzung nicht verabschiedet worden. Frage 2: Welche finanziellen Mittel plant die Landesregierung zur Umsetzung der von ihr geplanten Maßnahmen ein? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7402 - 3 - zu Frage 2: Da die Landesregierung kein besonderes Maßnahmenpaket verabschiedet hat, hat sie hierfür finanzielle Mittel auch nicht gesondert eingeplant. Im Rahmen der beiden in der Antwort zu Frage 1 genannten INTERREG-Programme stehen für die laufende Förderperiode insgesamt 234 Mio. EUR an EFRE-Mitteln zur Unterstützung grenzüberschreitender deutsch-polnischer Projekte zur Verfügung. Diese teilen sich auf den jeweiligen gesamten Förderraum der beiden Kooperationsprogramme wie folgt auf: ein Budget von 100 Mio. EUR für das Kooperationsprogramm INTERREG V A Brandenburg/Polen (Wojewodschaft Lubuskie) 2014-2020 und ein Budget von 134 Mio. EUR für das Kooperations -programm INTERREG V A Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg/Polen (Wojewodschaft Zachodniopomorskie) 2014-2020. Frage 3: Wie stellt sich bisher der konkrete Umsetzungsstand der getroffenen Festlegungen dar? zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 2. Von den in dem Kooperationsprogramm INTERREG V A Mecklenburg-Vorpommern /Brandenburg/Polen (Wojewodschaft Zachodniopomorskie) 2014-2020 zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von 134 Mio. EUR sind im Rahmen von 4 Wettbewerbsrunden (sog. calls) ca. 54 Mio. EUR durch die Projektauswahl im Begleitausschuss gebunden und für ca. 23 Mio. EUR Förderverträge mit den Begünstigten geschlossen worden . (Stand 31.07.2017) Von den in dem Kooperationsprogramm INTERREG V A Brandenburg/Polen (Wojewodschaft Lubuskie) 2014-2020 zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von 100 Mio. EUR sind im Rahmen von 3 Wettbewerbsrunden (einschließlich KPF-Schirmprojekt) ca. 64 Mio. EUR durch die Projektauswahl im Begleitausschuss gebunden und für ca. 29 Mio. EUR Förderverträge mit den Begünstigten geschlossen worden. (Stand 31.07.2017) Frage 4: Wie erfolgt die Einbindung der deutsch-polnischen Euroregionen in die Umsetzung der von der Landesregierung geplanten Maßnahmen? zu Frage 4: Die Euroregionen sind stimmberechtigte Mitglieder der Begleitausschüsse für beide Kooperationsprogramme und wirken an der Projektauswahl und der Programmumsetzung im Übrigen mit. Frage 5: Wie erfolgt die Einbindung der Landkreise entlang von Neiße und Oder in die Umsetzung der von der Landesregierung geplanten Maßnahmen? zu Frage 5: Die Landkreise - wie auch die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) - sind Mitglieder der Euroregionen. Siehe im Übrigen Antwort zu Frage 4. Frage 6: Wie erfolgt die Einbindung der Städte, Ämter und Gemeinden entlang von Neiße und Oder in die Umsetzung der von der Landesregierung geplanten Maßnahmen? zu Frage 6: Die in Frage 6 benannten Körperschaften sind zum Teil direkt als Mitglied in den Euroregionen tätig, wie zum Beispiel die Stadt Schwedt/Oder in der Euroregion Pomerania oder die Stadt Seelow in der Euroregion Pro-Europa-Viadrina. Alle anderen, nicht in den Euroregionen organisierten Körperschaften werden durch die Landkreise vertreten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7402 - 4 - Frage 7: Welche Aufgaben und Befugnisse kommen dem Ministerpräsidenten als Polen- Beauftragten der Bundesregierung zu, die für die Umsetzung des Beschlusses des Landtages von Bedeutung sind? zu Frage 7: Aufgabe des Koordinators für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit ist es, sich für Verständigung und Vertrauen zu engagieren und die Interessen der deutsch-polnischen Grenzregion auch gegenüber Berlin und Warschau zu vertreten. Zudem richtet er sein Augenmerk auf wichtige deutsch-polnische Institutionen (beispielsweise das Deutsch-Polnische Jugendwerk), die für ein weiteres Zusammenwachsen der Grenzregion von Bedeutung sind. Der Polen-Koordinator nimmt u.a. an den Deutsch-Polnischen Regierungskonsultationen teil. Zudem tauscht er sich regelmäßig mit seinem Pendant in Warschau, dem Koordinator für polnisch-deutsche grenznahe und regionale Zusammenarbeit, zu aktuellen Themen aus.