Landtag Brandenburg Drucksache 6/7531 6. Wahlperiode Eingegangen: 18.10.2017 / Ausgegeben: 23.10.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3022 des Abgeordneten Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7396 Asylrechtliche Verfahren in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Bundesweit sind die Klagen gegen Ablehnungsbescheide in Asylverfahren gestiegen. Auch das Land Brandenburg ist hiervon seit spätestens 2017 massiv betroffen. Nach Aussagen von Verbandsvertretern auf Bundes- und Landesebene sind die Verwaltungsgerichte fast nur noch mit der Abarbeitung von Asylverfahren beschäftigt. Im Juni diesen Jahres wurden zwölf weitere Richterstellen und zehn nichtrichterliche Stellen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Brandenburg bewilligt. Ich frage die Landesregierung: Frage 1: Wie haben sich die Eingangszahlen an den Verwaltungsgerichten a. insgesamt b. in Asylverfahren in den letzten fünf Jahren entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Gerichten)? zu Frage 1: a. Die Zahl der Neueingänge bei den Verwaltungsgerichten für die Jahre 2012 bis 2016 stellt sich insgesamt wie folgt dar: 2012 2013 2014 2015 2016 1. Hj. 2017 VG Cottbus 1.684 1.492 2.318 3.038 3.130 2.015 VG Frankfurt (O) 1.704 2.009 2.221 2.798 3.874 3.390 VG Potsdam 3.797 5.279 4.515 7.210 6.693 4.759 Landtag Brandenburg Drucksache 6/7531 - 2 - b. Die Zahl der Neueingänge in Asylverfahren hat sich wie folgt entwickelt: 2012 2013 2014 2015 2016 1. Hj. 2017 VG Cottbus 162 222 492 1.325 1.579 1.346 VG Frankfurt (O) 392 571 1.063 1.591 2.274 2.411 VG Potsdam 283 401 1.304 2.791 3.253 3.048 Frage 2: Was war die durchschnittliche Verfahrensdauer für Klagen im Asylrecht in den Jahren 2015 bis 2017 (bitte aufschlüsseln nach Gerichten)? zu Frage 2: Zunächst wird die Frage so verstanden, dass sie sich entsprechend dem Wortlaut ausschließlich auf Verfahren wegen Klagen im Asylrecht ohne Eilverfahren bezieht . Die Verfahrensdauer der erledigten Klageverfahren im Asylrecht - in Monaten - stellt sich seit 2015 wie folgt dar: 2015 2016 I. Quartal 2017 II. Quartal 2017 VG Cottbus 7,2 8,8 8,4 8,5 VG Frankfurt (O) 9,9 8,3 4,5 5,3 VG Potsdam 5,1 8,7 6,9 6,6 Die Angaben umfassen allein erledigte Klageverfahren, da die Verfahrensdauer noch anhängiger Klagen statistisch nicht erhoben wird. Frage 3: Wie hat sich die die Verfahrensdauer der übrigen Verfahren (also nicht im Asylrecht angesiedelt) an den Verwaltungsgerichten entwickelt, die die mit Asylrecht betrauten Kammern/Einzelrichter bearbeiteten (bitte aufschlüsseln nach Gerichten)? zu Frage 3: Eine konkrete Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da an allen Verwaltungsgerichten im Land Brandenburg Klagen in Asylsachen bearbeitet werden und die Verfahrensdauer bezogen auf einzelne Spruchkörper nicht statistisch erhoben wird. Die Verfahrensdauer der erledigten Klageverfahren ohne Asylbezug bei den einzelnen Verwaltungsgerichten stellt sich - in Monaten - wie folgt dar: 2015 2016 I. Quartal 2017 II. Quartal 2017 VG Cottbus 15,9 19,7 20,4 19,0 VG Frankfurt (O) 18,3 24,0 17,0 25,9 VG Potsdam 15,1 11,6 13,5 14,1 Landtag Brandenburg Drucksache 6/7531 - 3 - Frage 4: Wie viele Klagen gegen Ablehnungsbescheide in Asylverfahren waren erfolgreich (bitte aufschlüsseln nach Gerichten)? zu Frage 4: Ausweislich der Justizgeschäftsstatistik waren Klagen gegen eine Behörde in Asylverfahren in folgender Zahl von Fällen erfolgreich oder teilweise erfolgreich. Ob es sich dabei stets um Klagen gegen Ablehnungsbescheide handelte, lässt sich der Statistik nicht entnehmen. 2015 2016 I. Quartal 2017 II. Quartal 2017 VG Cottbus erfolgreich 7 8 6 17 teilweise erfolgreich 3 6 7 6 VG Frankfurt (O) erfolgreich 10 40 32 21 teilweise erfolgreich 10 20 6 1 VG Potsdam erfolgreich 81 169 51 37 teilweise erfolgreich 31 76 15 9 Frage 5: Wie viele Richterinnen und Richter sind an den einzelnen Verwaltungsgerichten a. eingestellt b. tatsächlich aktiv (d.h. nicht dauerhaft erkrankt o.ä.)? zu Frage 5: Teilfrage 5a wird dahingehend verstanden, dass sie sich nicht auf die Kopfzahl der Richter/innen, sondern auf die zugewiesenen Arbeitskraftanteile richtet. Teilfrage 5b wird dahingehend verstanden, dass sie sich darauf richtet, wie viele der zugewiesenen Arbeitskraftanteile tatsächlich einsetzbar sind. Diese stellen sich im richterlichen Dienst zum Erhebungsstichtag 30. Juni 2017 wie folgt dar: VG Cottbus VG Frankfurt (O) VG Potsdam VG gesamt Personalbestand (AKA)1) 30.06.2017 14,00 18,75 41,33 74,08 Personalverwendung2) (AKA) 30.06.2017 13,00 18,75 35,03 66,78 1) AKA = Arbeitskraftanteil 2) Im Wert „Personalverwendung“ werden krankheitsbedingte Ausfälle ab 20 Arbeitstagen je Quartal sowie Abwesenheiten wegen Elternzeit, Mutterschutz und Kuren berücksichtigt. Frage 6: Wie groß war der Bedarf an Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern nach Pebb§y und den - laut der Kleinen Anfrage 2689 - weiteren Berechnungsgrundlagen in den Jahren 2014 bis 2017 (bitte aufschlüsseln nach Gericht)? zu Frage 6: Der Personalbedarf bei den Verwaltungsgerichten stellt sich für die Jahre 2014 bis 2017 wie folgt dar: Landtag Brandenburg Drucksache 6/7531 - 4 - PB 2014 (AKA) Basis: Geschäftszahlen 2013 PB 2015 (AKA) Basis: Geschäftszahlen 2014 PB 2016 (AKA) Basis: Geschäftszahlen 2015 PB 2017 (AKA) Basis: Geschäftszahlen 2016 Richterlicher Dienst VG Cottbus 12,31 15,78 20,15 24,45 VG Frankfurt (Oder ) 18,09 18,42 22,49 31,32 VG Potsdam 44,72 36,62 56,79 54,38 VG Gesamt 75,12 70,82 99,43 110,15 PB = Personalbedarf; AKA = Arbeitskraftanteile Frage 7: Sind die im Juni bewilligten 12 neuen Richterstellen inzwischen besetzt? An welchen Gerichten werden sie eingesetzt? Falls nein: wann ist mit einer Besetzung zu rechnen ? zu Frage 7: Das Auswahlverfahren zur Besetzung der den Verwaltungsgerichten zugewiesenen acht Stellen der Besoldungsgruppe R 1 BbgBesO ist abgeschlossen. Die ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten werden dem Richterwahlausschuss in dessen Sitzung am 18. Oktober 2017 zur Wahl als Richterin oder Richter auf Probe vorgeschlagen. Die vier Stellen der Besoldungsgruppe R 2 BbgBesO (Vorsitzende Richterin oder Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht) sind im Justizministerialblatt vom 15. August 2017 für Beförderungsbewerberinnen und Beförderungsbewerber ausgeschrieben worden, die bereits als Richterin oder Richter in den Verwaltungsgerichten des Landes Brandenburg tätig sind. Das Auswahlverfahren dauert an. Angestrebt wird eine Befassung des Richterwahlausschusses in dessen Sitzung am 29. November 2017. Zu den Einsatzorten wird auf die nachfolgende tabellarische Übersicht verwiesen. Stellen VG gesamt Zuweisung zu den einzelnen VG R 1 BbgBesO und R 2 BbgBesO 12 VG Cottbus VG Frankfurt (Oder) VG Potsdam R 2 (Vors. Richter /in) 4 1 1 2 R 1 (Richter/in) 8 3 3 2 Frage 8: Ist ein weiterer Bedarf aufgrund der steigenden Asylverfahren aus Sicht der Landesregierung erforderlich? Frage 9: Geht die Landesregierung weiterhin davon aus, dass die erhebliche Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahr 2018 zurückgehen wird? Wenn ja: aus welchen Gründen? wenn nein: welche Maßnahmen Landtag Brandenburg Drucksache 6/7531 - 5 - zur Entlastung der Gerichte und zur Gewährung eines effektiven Rechtschutzes ergreift bzw. plant die Landesregierung? zu Frage 8 und 9: Die Landesregierung geht weiterhin davon aus, dass die Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in absehbarer Zeit zurückgehen wird. Zunächst sind seit dem erkennbaren Anstieg der Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten seit 2015 28 neue Planstellen im richterlichen und 24 im nichtrichterlichen Dienst geschaffen worden, um die Verfahrensmenge zu bewältigen. Diese bereits schon besetzten oder noch im Besetzungsverfahren befindlichen zusätzlichen Arbeitskraftanteile werden auch langfristig die Verwaltungsgerichtsbarkeit in die Lage versetzen, die ihr obliegende Aufgabe zu bewältigen. Zudem resultiert die erhebliche Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit maßgeblich aus der stark angestiegenen Anzahl an Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Es ist allerdings mit einem erheblichen Rückgang der Neueingänge in diesem Rechtsgebiet zu rechnen. Diese Annahme beruht darauf, dass die Zahl der Entscheidungen des BAMF über Asylanträge, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können, in absehbarer Zeit deutlich zurückgehen wird: Im Jahr 2016 hat das BAMF bundesweit knapp 700.000 Entscheidungen in Asylsachen getroffen. In den ersten sieben Monaten 2017 waren es ca. 450.000 Entscheidungen. Ende Juli 2017 waren nur noch knapp 130.000 Verfahren im BAMF zu bearbeiten. Während 2016 monatlich im Durchschnitt ca. 60.000 Asylerstanträge neu eingingen, sind es seit Dezember 2016 monatlich ca. 15.000. Diese Zahl der neu eingehenden Asylerstanträge entspricht dem Niveau von 2014. Damit würde der Personalbedarf entsprechend deutlich zurückgehen. Vor diesem Hintergrund soll die weitere Entwicklung beobachtet und zunächst die Wirkung der bereits ergriffenen Maßnahmen abgewartet werden.