Landtag Brandenburg Drucksache 6/7558 6. Wahlperiode Eingegangen: 24.10.2017 / Ausgegeben: 30.10.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3021 des Abgeordneten Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7395 Lesen im Brandenburger Lehrplan Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Zum Bildungsauftrag der Schule gehört es, Kenntnis kanonischer Schriften zu vermitteln sowie Schüler/innen in die Lage zu versetzen, längere Ganztexte lesen zu können. Untersuchungen legen nahe, dass die Digitalisierung der Lebenswelt für die Leseförderung eine besondere Herausforderung darstellt (vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, „Wenn Kinder nicht mehr lesen können“, 09.07.2017). Seit diesem Schuljahr gilt an Brandenburger Schulen der neue Rahmenlehrplan für die Klassen 1 bis 10. Der Rahmenlehrplan sieht für das Fach Deutsch folgende Vorgaben vor: „Bei der Umsetzung der verbindlichen Inhalte werden in jeder Jahrgangsstufe im Sinne des weiten Textbegriffs Texte verschiedener medialer Formen, wie z.B. Buch, Hörbuch /Hörspiel, Kurzfilm/Film, Theateraufführung, Zeitung/Zeitschrift, Texte aus dem Internet , berücksichtigt. Hierbei werden mindestens zwei Ganztexte, auch in Verknüpfung unterschiedlicher medialer Formen, in den Unterricht jeder Jahrgangsstufe einbezogen, um die Lesefreude und Leseinteresse zu fördern.“ 1. Ist der Maßgabe von zwei Ganztexten je Jahrgangsstufe im Sinne des weiten Textbegriffs dann Genüge getan, wenn zwei der erwähnten Medien (also z.B. Film und Zeitschrift oder Hörbuch und Text aus dem Internet) berücksichtigt werden? zu Frage 1: Das Zitat in der Vorbemerkung des Fragesstellers aus dem Rahmenlehrplan 1 bis 10 (Deutsch) wurde nicht korrekt widergegeben. Daraus folgt, dass der in der Frage 1 enthaltene Begriff der „Ganztexte“ fälschlicherweise anstelle des Begriffs „Ganzschrift “ verwendet wird. Unter „Ganzschrift“ versteht der Rahmenlehrplan Werke der Kinder - und Jugendliteratur und meint damit auch das Lesen dieser Werke. Neu ist, dass diese Werke auch in Verknüpfung unterschiedlicher medialer Formen, d.h. Hörbuch, Film u.a., rezipiert werden können. Der Rahmenlehrplan führt ferner aus: „Im Unterricht werden vorhandene Neigungen und Interessen aufgegriffen, individuelle Fähigkeiten gefördert und Heterogenität innerhalb einer Lerngruppe als Bereicherung genutzt . Die Vorgaben erlauben es, ein Thema innerhalb einer Lerngruppe auf unterschiedlichen Niveaustufen zu bearbeiten. Dies erfordert sowohl die schulspezifische Anpassung durch die kollegiale Arbeitsplanung in der Fachkonferenz als auch die lerngruppenspezifische Anpassung durch die unterrichtende Lehrkraft.“ Landtag Brandenburg Drucksache 6/7558 - 2 - 2. Wer entscheidet, welche Texte in einer Klasse berücksichtigt werden? zu Frage 2: Die Auswahl der zu bearbeitenden Texte trifft für das Fach Deutsch die Fachkonferenz Deutsch. Im Brandenburgischen Schulgesetz § 87 Absatz 3 sind die Aufgaben der Fachkonferenz beschrieben. Des Weiteren bestimmt der Rahmenlehrplan: „Bis zur Jahrgangsstufe 8 sind dies vor allem Werke der Kinder- bzw. Jugendliteratur, in den Jahrgangsstufen 9 und 10 stammt jeweils eines der Werke aus der Zeit vor dem 20. Jahrhundert .“ Der Rahmenlehrplan listet dann acht Kriterien für die Auswahl von Texten auf: z.B. Lebensweltbezug und Lesevorlieben der Schülerinnen und Schüler, aber auch literaturgeschichtliche Bedeutung. 3. Gibt es außer dem Rahmenlehrplan weitere Vorgaben hinsichtlich der Textauswahl? Wenn ja, welche? zu Frage 3: Der neue Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 im Fach Deutsch ist kompetenzorientiert angelegt, stellt das „Wie“ des Lernens und Lehrens in den Mittelpunkt des Deutschunterrichts und grenzt sich damit von der Tradition jener Stofflehrpläne ab, die festschrieben, was wann gelehrt und gelernt wird. Die im Rahmenlehrplan dargestellten Standards benennen wesentliche Ziele der pädagogischen Arbeit, sind an den Bildungsstandards der KMK ausgerichtet und legen fest, welche Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens erworben haben sollen. In diesem Sinne gibt es über die Kriterien hinaus keine Vorgaben hinsichtlich der Textauswahl. Jährlich erscheinen ca. 7.000 neue Titel im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur, welche in den Fortbildungsveranstaltungen des LISUM für die Beraterinnen und Berater thematisiert und diskutiert werden. Zu den nach dem Ländervergleich 2009 durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport eingeleiteten Maßnahmen (Ergänzende Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Januar 2011) gehörte u.a. die Erstellung von Lektüreempfehlungen durch das LISUM für die Jahrgangsstufen 3 und 8 im Mai 2011, die einen Orientierungsrahmen für die Auswahl von Kinder- und Jugendliteratur darstellen (zu finden unter: http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/8794.html ). 4. Welche aktuellen Rundschreiben, Empfehlungen, Fachbriefe oder Handreichungen hinsichtlich der Textauswahl gibt es, und inwieweit werden darin konkrete Texte oder zumindest Themen zur Auswahl empfohlen? zu Frage 4: Zu nennen sind die erschienenen Handreichungen des LISUM, z.B. Katja Eder, Katrin Seewald, Sarah Wildeisen: Neunauge - von der Lust am Bild zur Bildung der Sprache. Einführung in den Umgang mit textfreien Bilderbüchern in der Praxis. LISUM 20171, Irene Hoppe: In Lesewelten hineinwachsen. LISUM 2012. Im Kalender „Viele Sprachen - Eine Welt“, der allen Schulen im Land Brandenburg im September 2017 zur Verfügung gestellt wurde, sind ebenfalls Buchtipps für die Primarund Sekundarstufe unter besonderer Berücksichtigung des interkulturellen und mehrsprachigen Lernens enthalten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7558 - 3 - 5. Inwieweit gehen die pädagogischen Handreichungen auf die Herausforderungen der Digitalisierung ein, z.B. unterschiedliches Leseverhalten bei Texten am Bildschirm? zu Frage 5: Durch die verbindliche Setzung von Kompetenzanforderungen im Rahmenlehrplan 1 bis10 auf den Stufen D und G in den Basiscurricula (BC) Sprachbildung und Medienbildung und deren Umsetzung in schulinterne Curricula ist ein Ansatz definiert, wie den Herausforderungen der Digitalisierung, z.B. unterschiedliches Leseverhalten bei Texten am Bildschirm, pädagogisch begegnet werden kann. Im Projekt „medienfit:-)Grundschule “ setzt sich im Schuljahr 2017/2018 eine Gruppe von 17 Grundschulen exemplarisch mit den damit in Verbindung stehenden Fragen auseinander. Die Lösungsansätze der „medienfit:-)-Grundschulen“ werden Eingang finden in die weitere Ausgestaltung des Themas „Bildung in der digitalen Welt“ im Land Brandenburg. Der Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe wiederholt die entsprechenden Bildungsstandards der KMK für das Fach Deutsch und macht zu den Inhalten einzig die grobe Vorgabe, dass im ersten Kurshalbjahr der Qualifikationsphase „Entwicklung und Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache“, im zweiten Kurshalbjahr „Literatur um 1800‘“, im dritten Kurshalbjahr „Filmisches Erzählen“ und im vierten Kurshalbjahr „Literatur im 20./21. Jahrhundert“ behandelt wird. 6. Welche fachlichen Konkretisierungen des Rahmenlehrplans für die gymnasiale Oberstufe im Fach Deutsch gibt es, und wie werden Lehrkräfte in der gymnasialen Oberstufe bei der Umsetzung des Rahmenlehrplans fachlich unterstützt? zu Frage 6: Der Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe im Fach Deutsch ist zum Schuljahr 2014/2015 in Kraft getreten. Es hat begleitend zu seiner Implementation Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte gegeben. Dem ersten bis dritten Kurshalbjahr werden im RLP jeweils zwei Themen zugeordnet: im ersten Kurshalbjahr: „Kommunikation“ im zweiten Kurshalbjahr: „Literarische Strömungen und Epochenbegriff: Aufklärung - Empfindsamkeit - Sturm und Drang“ und im dritten Kurshalbjahr das Thema „Literatur im 19. Jahrhundert“. Das vierte Kurshalbjahr beschränkt sich auf ein Thema wegen der durch die Abiturprüfungen verkürzten Unterrichtszeit. Fachliche Konkretisierungen erfolgen im Rahmen der Prüfungsschwerpunkte, die für das jeweilige Prüfungsjahr abgerufen werden können. Sie gelten für jeweils eines der beiden pro Kurshalbjahr genannten Themen. Die Prüfungsschwerpunkte für die Jahre 2017, 2018 und 2019 können online abgerufen werden: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/unterricht/pruefungen/abitur-brandenburg/. Die Konkretisierungen betreffen beispielsweise bei den auf literarische Texte bezogenen Themen der Kurshalbjahre die Nennung von literarischen Gattungen - Lyrik, Dramatik oder Epik - und von literarischen Epochen entsprechend dem Zeitabschnitt, dem das Kurshalbjahr zugeordnet ist. 7. Wer bestimmt die Text/Werkauswahl in der gymnasialen Oberstufe? zu Frage 7: Die Auswahl der im jeweiligen Kurshalbjahr zu bearbeitenden Texte und Werke trifft für das Fach Deutsch die Fachkonferenz Deutsch sowie die unterrichtende Lehrkraft . Landtag Brandenburg Drucksache 6/7558 - 4 - 8. Welche Maßgaben außer dem Rahmenlehrplan müssen dabei berücksichtigt werden? Welche Vorgaben zu Ganztexten gibt es für die gymnasiale Oberstufe? zu Frage 8: Zu berücksichtigen ist die Passung zu den in der Antwort zu Frage 6 genannten Prüfungsschwerpunkten für das jeweilige Prüfungsjahr. Es gibt für die gymnasiale Oberstufe keine Vorgaben zu Ganzschriften. 9. Wie wird dabei zwischen Kursen auf erhöhtem und grundlegendem Anforderungsniveau bzw. künftig zwischen Leistungs- und Grundkursen unterschieden? zu Frage 9: Die geltende Gymnasiale-Oberstufen-Verordnung sieht vor, dass das Fach Deutsch nur auf erhöhtem Anforderungsniveau unterrichtet wird (GOSTV § 8 Absatz 2). Die künftige Gymnasiale-Oberstufen-Verordnung wird für das Fach Deutsch Unterricht in Grund- und Leistungskursen und auch schriftliche Abiturprüfungen auf diesen beiden Niveaus vorsehen. Es werden ein Rahmenlehrplan mit der Beschreibung der zu erreichenden Standards für den Grundkurs und den Leistungskurs sowie entsprechende Prüfungsschwerpunkte für beide Niveaus erarbeitet.