Landtag Brandenburg Drucksache 6/7679 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.11.2017 / Ausgegeben: 27.11.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3072 des Abgeordneten Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7535 Drohende Entsorgungsengpässe bei der Entsorgung von Verpackungsabfällen ab 1. Januar 2018? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Verpackungsabfälle werden von Endverbrauchern im Land Brandenburg im „Gelben Sack“ oder in der „Gelben Tonne“, dem Papiercontainer oder der Papiertonne sowie in Glascontainern entsorgt und von kommunalen oder regionalen Entsorgungsunternehmen kostenfrei abgeholt, gesammelt und recycelt. Diese Entsorgungsunternehmen werden durch die sog. Dualen Systeme - privatwirtschaftlich getragene Firmen - beauftragt. Eine geordnete Entsorgung der Verpackungsabfälle auf diesem Weg setzt voraus, dass die Dualen Systeme jederzeit entsprechend den verbindlichen Vorgaben der Verpackungsverordnung (VerpackV) handeln. Ab 1.01.2018 könnte im Land Brandenburg bei der Entsorgung von Verpackungsabfällen ein Entsorgungsengpass drohen . Am bundesdeutschen Markt sind derzeit zehn Duale Systeme i.S.d. VerpackV tätig. Jedes Unternehmen, das als „Duales System" tätig werden will, bedarf der vorherigen Zulassung (‚Feststellung) durch die jeweils zuständige Landesbehörde. Die zehn Systembetreiber sind zugleich Gesellschafter der Gemeinsamen Stelle der dualen Systeme Deutschland GmbH" (i. S. von § 6 Abs. 7 VerpackV - sog. Clearingstelle), der sie verpflichtend angehören müssen. Die Gemeinsame Stelle sorgt für die zwingend notwendige Koordinierung der am Markt tätigen Systeme. Sie ermittelt unter anderem regelmäßig die Marktanteile der dualen Systeme im Entsorgungsgebiet , auf deren Grundlage die Anteile an den erfassten Verpackungsmengen und damit die anteiligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Entsorgungsunternehmen und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern bestimmt werden. Rechtsgrundlage dafür sind die zwischen allen Systemteilnehmern gemeinsam und einheitlich abgeschlossenen Verträge: der Ausschreibungsvertrag, der Mengenclearingvertrag (MCV) sowie ein Nebenentgeltvertrag (NECV). Die Beteiligung an der Gemeinsamen Steile ist mithin Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftskreislauf nach der VerpackV, der Mengenclearingvertrag ist die entscheidende Rechtsgrundlage für das eigentliche Funktionieren der Gemeinsamen Stelle und dem Zusammenwirken der teilnehmenden Systeme zur Sicherung der Entsorgung auch im Land Brandenburg. Aktuell haben allerdings sieben Systembetreiber (Duale Systeme) mit Wirkung zum 1.01.2018 den bisherigen Mengenclearingvertrag und den Nebenentgeltvertrag gekündigt Landtag Brandenburg Drucksache 6/7679 - 2 - Die Verträge sehen ausdrücklich vor, dass die Clearingverträge bei Ausscheiden einer oder mehrerer Parteien unter den übrigen Parteien, also den drei verbliebenen Dualen Systemen , fortgesetzt werden. Vorbemerkungen der Landesregierung: In Deutschland sammeln zehn duale Systeme Verpackungsabfälle von privaten Haushalten. Da diese für die Verwertung der Verpackungen aus denselben Wertstofftonnen bzw. gelben Säcken verantwortlich sind, regeln sie ihre Beziehungen untereinander (Aufteilung der Marktanteile) über Mengenclearingverträge mit der Gemeinsamen Stelle, an der alle dualen Systeme gemäß § 6 Abs. 7 VerpackV beteiligt sind. Da der bisherige Mengenclearingvertrag offensichtlich Interpretationsmöglichkeiten bietet, haben sieben der zehn dualen Systeme den Mengenclearingvertrag gekündigt und begonnen , ihn zu überarbeiten. Entscheidend ist, dass der Mengenclearingvertrag auch den Vorgaben der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) herausgegebenen Mitteilung M 37 „Umsetzung der Verpackungsverordnung“ entspricht. Darin ist unter anderem festgelegt, dass die Lizenzmengenmeldungen an die Gemeinsame Stelle mit den an das DIHK-Register gemeldeten Mengen sowie mit den Angaben in den Mengenstromnachweisen korrespondieren müssen. Die Landesregierung geht davon aus, dass unter den dualen Systemen eine Einigung auf einen neuen einheitlichen Mengenclearingvertrag bis zum 31.12.2017 zustande kommen wird. Die Entsorgung der Verpackungen in Deutschland respektive im Land Brandenburg ist allerdings in keinem Fall gefährdet. Die Entsorgung beruht auf Verträgen der dualen Systeme mit Entsorgungsunternehmen, die nicht angetastet werden. Im Übrigen stehen der Landesregierung für die Verpackungsentsorgung im „worst case“ Sicherheitsleistungen von jedem dualen System zur Verfügung. Bei dieser Problematik handelt es sich nicht um ein Brandenburger Problem. Die Bedingungen für die dualen Systeme sind in allen Bundesländern gleich. Insofern beziehen sich die Aussagen auf die Situation in Deutschland insgesamt. Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die durch die Kündigung der Mengenclearingverträge zum 1.01.2018 durch sieben Duale Systeme eintretende Lage, d.h. die dadurch geänderte Entsorgungssituation und den drohenden Entsorgungsengpass bei Verpackungsabfällen im Land Brandenburg? Zu Frage 1: Die Kündigung der Mengenclearingverträge zum 01.01.2018 durch sieben duale Systeme ist Instrument des Wettbewerbs unter den dualen Systemen. Die Entsorgung von Verpackungen in Deutschland und auch im Land Brandenburg ist dadurch nicht beeinträchtigt. Frage 2: Stimmt die Landesregierung der Beurteilung zu, dass die Verpackungsverordnung eine jederzeit vollzugsfähige, allseits abgestimmte und kooperative Zusammenarbeit der Dualen Systeme voraussetzt, die nicht nur eine formale Beteiligung an der Gemeinsamen Stelle, sondern auch die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Mengenclearingverträge für die Feststellung (Zulassung) als Duales System bedingt (und damit insbesondere auch Parallelstrukturen in Form mehrerer paralleler, nicht einheitlich abgestimmter Mengenclearingverträge ausschließt)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7679 - 3 - Zu Frage 2: Nein. Die Verpackungsverordnung lässt den dualen Systemen sehr viele Freiräume , ihre Geschäfte zu organisieren. Frage 3: Wie soll ein funktionierendes Clearing - als notwendige Voraussetzung für die Entsorgung der Verpackungsabfälle im Land Brandenburg - konkret aussehen und funktionieren , wenn sieben von zehn Dualen Systemen die geltenden Clearingverträge gekündigt haben und damit bereits ab dem 1.01.2018 keine Grundlage mehr für ein gemeinsames Mengenclearing besteht? Zu Frage 3: Die Entsorgung von Verpackungsabfällen basiert auf Verträgen der dualen Systeme mit Entsorgungsunternehmen, die nicht angetastet werden. Ein Entsorgungsnotstand ab dem 01.01.2018 ist nicht erkennbar. Die Entsorgung der Verpackungsabfälle in Deutschland, resp. im Land Brandenburg funktioniert auch ohne Clearing. Frage 4: Stimmt die Landesregierung der Auffassung zu, dass mit Wirksamwerden der von sieben der zehn Dualen Systeme erklärten Kündigung der Mengenclearingverträge zum 1.01.2018 die Feststellung der kündigenden Dualen Systeme nach § 6 Abs. 5, 3 VerpackV gerade dadurch unwirksam wird, weil die Kündigung sich als stärkste Form der Verweigerung der Zusammenarbeit der kündigenden Dualen Systeme darstellt und damit die Grundlage für ihre Zulassung als Duales System im Sinne der Verpackungsverordnung entfällt? Wie beurteilt die Landesregierung die konkrete Situation nach dem 1.01.2018 insoweit im Einzelnen? Zu Frage 4: Nein. Die Landesregierung geht davon aus, dass die dualen Systeme die Zeit bis Januar 2018 dazu nutzen werden, um Verträge abzustimmen. Frage 5: Stimmt die Landesregierung zu, dass Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen solche Verpackungen ab 01.01.2018 nur noch an private Endverbraucher abgeben dürfen, wenn sie sich an den drei in den geltenden Mengenclearingvorträgen verbliebenen Dualen Systemen beteiligen? Wenn nein, wie sollen sich Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen im Land Brandenburg konkret verhalten, um ihren Pflichten nach der Verpackungsverordnung nach dem 1.1.2018 ordnungsgemäß entsprechen zu können? Zu Frage 5: Nein. Der Mengenclearingvertrag, an dem noch drei duale Systeme festhalten , widerspricht der Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) M 37 „Umsetzung der Verpackungsverordnung“ und muss unverzüglich überarbeitet werden. Für ein gesetzeskonformes Verhalten sollten Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen nur Verträge mit dualen Systemen abschließen, die garantieren, alle Anforderungen der LAGA-Mitteilung M 37 einzuhalten. (siehe: http://www.laga-online.de/servlet/is/23874/M%2037%20Stand_08-02- 17.pdf?command=downloadContent&filename=M%2037%20Stand_08-02-17.pdf ) Frage 6: Sofern die Feststellung (Zulassung) der kündigenden Dualen Systeme nicht unmittelbar unwirksam wird, liegen jedenfalls die Voraussetzungen für einen Widerruf ihrer Feststellung (Zulassung) durch die zuständige Landesabfallbehörde vor. Enthalten die im Land Brandenburg gegenüber den Dualen Systemen, die die Mengenclearingverträge gekündigt haben, ergangenen Feststellungsbescheide nach § 6 Abs. 3, 5 VerpackV eine Nebenbestimmung in Form eines Widerrufsvorbehaltes für den Fall, dass das jeweilige Duale Landtag Brandenburg Drucksache 6/7679 - 4 - System die Mengenclearingverträge von sich aus kündigt und damit die notwendige Voraussetzung für ein funktionierendes Clearing i.S. der VerpackV von sich aus beseitigt? Wenn ja: Wie lautet der genaue Wortlaut der Nebenbestimmung in den jeweiligen Feststellungsbescheiden ? Zu Frage 6: Die Feststellungsbescheide der dualen Systeme im Land Brandenburg enthalten keine Nebenbestimmung in Form eines Widerrufsvorbehaltes für den Fall, dass das jeweilige duale System die Mengenclearingverträge von sich aus kündigt. Ein solcher Widerrufsvorbehalt ist aus den bereits genannten Gründen auch nicht erforderlich, siehe dazu die Antworten zu Frage 1 und Frage 3. Frage 7: Soweit eine Nebenbestimmung mit Widerrufsvorbehalt nicht in den Feststellungsbescheiden enthalten ist: Sieht sich die Landesregierung verpflichtet, einen Widerruf der Feststellung nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG gegenüber den zu kündigenden Dualen Systemen zu erklären, weil durch die Kündigung der Mengenclearingverträge durch die zu kündigenden Dualen Systeme‚ „nachträglich geänderte Tatsachen“ eingetreten sind, die die ursprünglich erteilte Feststellung (Zulassung) nicht länger rechtfertigen (kein einheitliches Mengenclearing und damit keine geordnete Entsorgung mehr möglich ist)? Frage 8: Wie gedenkt die Landesregierung ihrer Verantwortung als Oberste Abfallbehörde nach der VerpackV jetzt konkret gerecht zu werden? Wird sie vor dem Hintergrund der bereits ausgesprochenen Kündigungen der Mengenclearingverträge zum 1.01.2018 durch sieben Duale Systeme aktiv werden? Welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu welchem Zeitpunkt zu ergreifen, um die Entsorgung von Verpackungsabfällen im Land Brandenburg auch nach dem 1.01.2018 - trotz des dann nicht mehr gewährleisteten einheitlichen Mengenclearings nach der VerpackV - sicher und rechtskonform zu gewährleisten und damit den drohenden Entsorgungsnotstand bei Verpackungsabfällen im Land Brandenburg abzuwenden? Zu Frage 7 und 8: Nein, die Landesregierung sieht sich nicht dazu verpflichtet, einen Widerruf der Feststellung zu erklären. Das Mengenclearing ist Instrument des Wettbewerbs unter den dualen Systemen. Die Entsorgung der Verpackungsabfälle in Deutschland, resp. im Land Brandenburg funktioniert auch ohne Clearing. Die Landesregierung geht davon aus, dass die dualen Systeme die Zeit bis Januar 2018 dazu nutzen werden, um Verträge abzustimmen. (Siehe auch Antworten zu Fragen 1, 3 und 4)